Dienstag, 31. Dezember 2013

Die Islamisten verloren ihre “Heiligkeit”

Im vierten Jahr des „Arabischen Frühlings“ ist trotz dramatischer Turbulenzen die Hoffnung auf positiven Wandel zur Moderne nicht gestorben

Von Birgit Cerha


„Die Glut des Arabischen Frühlings hat sich in einen bitteren Herbst gewandelt“, klagt die angesehene ägyptische  „Al Ahram“, während die Region mit Angst und düsteren Befürchtungen das vierte Jahr dieser historischen Epoche beginnt. Ungeachtet aller Schrecken, des grauenvollen Blutvergießens, des politischen und sozialen Chaos, in die der Ruf der arabischen Massen nach einem Ende der Despotie, nach Achtung persönlicher Würde,  der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit mündete, hat der Prozess des „arabischen Erwachens“ in drei Jahren eine entscheidende Veränderung bewirkt: Die Barriere der Furcht ist durchstoßen. Selbst dort, wo despotische Kräfte immer noch – oder wieder - die Zügel der Macht in Händen halten, werden sich ihre Untertanen nicht mehr knebeln, nicht mehr einschüchtern lassen.

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Sonntag, 29. Dezember 2013

Ägypten auf dem Weg zum Bürgerkrieg?

Mit ihrer Strategie der Ausrottung der Moslembruderschaft wagt die Militärführung ein gefährliches Spiel

von Birgit Cerha

Zwei Gebäude der Kairoer Al-Azhar-Universität, der höchsten und ehrwürdigsten Lehranstalt des sunnitischen Islam – standen am Wochenende in Flammen. Ägyptische Universitäten entwickeln sich mehr und mehr zu Epizentren des von der Jugend geleiteten politischen Widerstandes gegen die vom Militär abgestützte Übergangsführung. „Wir werden unsere Proteste nicht beenden, bis wir Gerechtigkeit erkämpft haben für jene, die gestorben oder inhaftiert wurden“, bekräftigen Vertreter der Gruppe der „Studenten gegen den Putsch“, einer mit der Moslembruderschaft verbündeten Bewegung , die sich für die Wiedereinsetzung des am 3. Juli vom Militär abgesetzten ersten freigewählten Präsidenten Ägyptens, Mohammed Mursi, zum Ziel ihrer Aktionen gesetzt hat.

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Donnerstag, 19. Dezember 2013

Al-Kaidas Terrorherrschaft in Syrien

Mit brutalsten Methoden zwingen islamistische Extremisten Teile Nord- und Ost-Syriens unter ihre Kontrolle als wichtigen Schritt zu einem internationalen Ziel
 
von Birgit Cerha
 
Entführungen, willkürliche Gefangennahme, Folter  und Massentötungen von Gefangenen , mit solch schweren Menschenrechtsverletzungen zwingt die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundene  „ISIS“ („Islamischer Staat des Iraks und Groß-Syriens“) die von ihr in den vergangenen Monaten eroberten Regionen Nord- und Ost-Syriens  voll unter ihre Kontrolle. In ihrem jüngsten Bericht, der sich auf Interviews aus ISIS-Gefangenschaft geflüchteter Syrer in der Türkei stützt, prangert Amnesty International schwerste Brutalitäten an Zivilisten, darunter auch Kindern, an, die in einigen Fällen Kriegsverbrechen darstellen. Selbst achtjährige Kinder werden in Geheimgefängnissen festgehalten, wiederholt ausgepeitscht und sexuell missbraucht.

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Dienstag, 17. Dezember 2013

Ist Assad das kleinste Übel?

 Der Aufstieg der „Islamischen Front“ verstärkt das Dilemma des Westens bei der Suche nach einem Ende des Blutvergießens in Syrien
 
von Birgit Cerha
 
Während die gemäßigte Fraktion der syrischen Rebellen gegen das Assad-Regime unter dem wachsenden militärischen Druck ihrer radikalen islamistischen Rivalen, internen Kämpfen und schwindender Ressourcen auseinanderbröckelt, spielen die USA offen mit dem Gedanken, engere Beziehungen zu islamistischen Hardlinern aufzubauen.  Der Niedergang der gemäßigten Opposition droht ein Monat vor der geplanten Genfer Syrien-Konferenz das gesamte Konzept der Friedenssuche zum Scheitern zu bringen. Denn die Wahrscheinlichkeit wächst, dass das Assad-Regime nur Gegnern gegenübersitzt, die auf das so blutige Geschehen in Syrien keinen Einfluss mehr ausüben. Denn die diversen Islamistengruppen wollen sich nicht an den Verhandlungstisch setzen.

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Mittwoch, 11. Dezember 2013

LEXIKON: Gastarbeiter in Saudi-Arabien

„Als ob ich kein menschliches Wesen wäre“-  Wurzeln und Auswirkungen der „modernen Sklaverei“ 
Verzweifelte Männer und Frauen suchen seit Jahrzehnten der Perspektivlosigkeit und bitteren Armut in ihrer Heimat Südostasien und Ostafrika zu entfliehen und sich in den Ölmonarchien am Persischen Golf eine Lebensexistenz für sich und ihre Familien daheim  zu  schaffen. Mit ihrer unermüdlichen Arbeit sichern sie den durch den Ölboom der 1970er Jahre mit unermesslichen Reichtum gesegneten Wüstensöhnen ein Leben in Bequemlichkeit und Müßiggang. Selbst die Mütter übertragen mit Vorliebe die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder Mädchen aus den Philippinen und Sri Lanka.

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Saudi-Arabien schickt Millionen Gastarbeiter heim

Schwere Misshandlungen und humanitäre Tragödien in der größten Deportationswelle der jüngsten Zeit
 
von Birgit Cerha
 
Eine Kolonne von Bussen erreicht, von der saudischen Hauptstadt Riad kommend, die Grenze zum Jemen, an Bord Hunderte jemenitische Arbeiter, deren sich das glitzernde Ölreich entledigen will. Es sind die jüngsten der inzwischen auf mehr als 100.000 Menschen angeschwollenen Migranten, die das königliche Regime in Riad aus seinem Land verbannt. Viele der Verjagten sind total erschöpft, völlig dehydriert und  „in schlechter gesundheitlicher Verfassung“, klagt ein Vertreter der „International Organisation for Migration“ (IOM), die sich der ver Heimkehrer annimmt. Manche zeigten Spuren schwerer Schläge und brutaler Misshandlungen, die sie in Deternierungslagern erlitten.  Auch zahlreiche Tote gibt es zu beklagen. Zeugen erzählen wie saudische Arbeitgeber, Polizisten oder zivile Schlägertrupps die fremden Arbeiter brutal quälten.

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Freitag, 6. Dezember 2013

Jemen wieder auf Messers Schneide

Blutiger Terror gegen das Verteidigungsminister trifft das Land in der kritischsten Phase seines politischen Übergangsprozesses

von Birgit Cerha
Eine Serie von Terrorattacken gegen das schwerbewachte Verteidigungsministerium in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa riss Donnerstag mehr fast 30 Menschen in den Tod. Das Selbstmordattentat, dem stundenlange schwere Gefechte folgten,  trägt laut Terrorexperten den Stempel der „Al-Kaida in der Arabischen Halbinsel“ (AKAH), die fest in Arabiens ärmsten Land verankert ist.

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Donnerstag, 28. November 2013

Ägypten „Schlimmer als unter Mubarak“

Die Repression nimmt zu – Überfüllte Gefängnisse, scharfe Urteile gegen friedliche Demonstranten, radikale Restriktion der Demonstrationsfreiheit
von Birgit Cerha
Kein Zweifel: Ägyptens Herrscher drehen die Uhr zurück. Längst vergangen ist der Freiheitsrausch, in den der Sturz Diktator Mubaraks im Februar 2011 das Volk tauchte und nur wenige Optimisten hoffen noch auf eine neue Ära politischer Mitbestimmung.. Die Verurteilung von 21 Frauen, darunter sieben Minderjährige,  zu elf Jahren Gefängnis, weil sie in Alexandria  für den im Juli gestürzten ersten freigewählten Präsidenten, den Moslembruder Mursi, friedlich protestiert hatten, versetzt viele Ägyptern in Schock. Die Jüngste ist erst 15 Jahre alt.  Der ehemalige Parlamentarier Mostafa al-Naggar spricht  empört vom „Selbstmord der Justiz in Ägypten. Wer noch über ein aktives Gewissen verfügt…., wird …….nicht mehr schlafen können, solange die Mädchen hinter Gitter bleiben.“

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Sonntag, 24. November 2013

Iran feiert das “gute Abkommen” mit den Weltmächten


Khamenei bringt Gegner dieses „historischen“ Schritts zur Entschärfung der Kriegsgefahr vorerst  zum Schweigen
von Birgit Cerha

Hunderttausende Iraner harrten die ganze Nacht vor den Fernsehschirmen, verfolgten Minute zu Minute Meldungen über Facebook und Twitter aus Genf, wo sich in der Nacht auf Sonntag das Schicksal ihres Landes, ja vielleicht der ganzen Region entschied. Die große Erleichterung, die die Einigung zwischen Iran und den Weltmächten im jahrelangen, so bedrohlichen Atomkonflikt unter der Bevölkerung des „Gottesstaates“ auslöste, lässt das Maß der Verzweiflung über die quälenden Folgen der internationalen Sanktionen und die Angst vor einem zerstörerischen Militärschlag durch die USA und/oder Israel erkennen.Stundenlang wiederholte das staatliche Fernsehen, Sprachrohr des Regimes, den Austausch von Glückwunschbotschaften zwischen dem „Geistlichen Führer“ Khamenei und Präsident Rouhani, sowie anderen Würdenträgern der „Islamischen Republik“. Diese klare Botschaft lässt erkennen, dass Khameinei – zunächst? – voll hinter dem „gegenwärtigen Aktionsplan“, wie Rouhani das Genfer Abkommen nennt, steht, wiewohl er noch vor wenigen Tagen vor Angehörigen der paramilitärischen Bassidsch in außerordentlich feindseligem Ton „amerikanische Kriegsverbrechen“ anprangerte und die „Arroganz“ der Supermacht, die „wir bekämpfen“.

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Dienstag, 19. November 2013

Beirut: Die Todesbotschaft der Jihadis

Terroranschlag gegen die iranische Botschaft ist ein Signal  des eskalierenden Krieges um die „Seele des Mittleren Ostens“
 
von Birgit Cerha
 
Seit Beginn des Syrien-Krieges vor zweieinhalb Jahren herrschte im kleinen libanesischen Nachbarland panische Angst, voll in den Strudel der Gewalt hineingezogen zu werden. Die zwei katastrophalen Bombenexplosionen, die Dienstag im Bereich der iranischen Botschaft in Beirut mindestens 23 Menschen töteten, mehr als 150 zum Teil schwer verwundeten und gigantischen Sachschaden überwiegend an Wohnblocks anrichteten, ließen die schlimmsten Befürchtungen der Libanesen Wirklichkeit werden. Nicht nur droht der Libanon nun voll in den Syrienkrieg hineingezogen zu werden, das Blutvergießen um die Macht in Damaskus erhält damit eine neue, eine regionalpolitische Dimension.

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Sonntag, 17. November 2013

Libyen steht am Rande des Abgrunds


Zwei Jahre nach dem Sturz Gadafis bricht die politische Ordnung zusammen – Rivalisierende und gewalttätige Milizen werden immer mächtiger

von Birgit Cerha

„Wir wollen eine Armee, wir wollen Polizisten“, riefen Hunderten unbewaffnete Demonstranten vor dem Gebäude der mächtigen Misrata-Miliz in Libyens Hauptstadt Tripoli. Die Antwort: fast 50 Tote und mehr als 400 Verletzte durch Schüsse aus dem Hauptquartier der Brigaden. Nach diesen schwersten Gewaltakten in Tripolis seit dem Sturz Diktator Gadafis 2011 hat die Regierung einen 48-stündigen Ausnahmezustand verhängt.

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Montag, 4. November 2013

Bassem Youssef: Der unerschrockene Freiheitsträumer

Ägyptens populärster Satiriker hält dem Volk den Spiegel einer traurigen Realität vor
 
von Birgit Cerha
 
Fast hätte er den Beginn des Prozesses gegen den gestürzten Präsident Mursi in den Schatten gestellt. Tagelang  konzentrierten sich Ägyptens Medien und die öffentliche Diskussion auf das Schicksal jenes Mannes, dem es seit dem Sturz Präsident Mubaraks 2011 gelungen war, ein Lächeln in die Gesichter des zunehmend verzweifelten Volkes zu zaubern. Doch viele Ägypter haben in den Jahren dramatischer und blutiger Turbulenzen, mit sich stetig steigerndem Hass in einem dramatisch polarisierten Land allmählich das Lachen verlernt. Denn auch die neuen Herrscher vertragen trotz ihres Demokratie-Bekenntnisses, nicht mehr Humor als ihre islamistischen Vorgänger.

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Sonntag, 3. November 2013

Hochspannung vor Prozess gegen Mursi

Dem gestürzten Präsidenten droht die Todesstrafe – undt Ägypten eine neue Welle der Gewalt und  anhaltende Instabilität
 
von Birgit Cerha
 
Ein Großaufgebot an Sicherheitskräften, mindestens 20.000 Offiziere und Soldaten,  halten sich bereit, um das Land vor einem erneuten Ausbruch blutiger Gewalt zu bewahren, wenn heute, Montag, der Prozess gegen den am 3. Juli nach Massendemonstrationen vom Militär gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi und 14 andere Führer seiner Moslembruderschaft in Kairo beginnt. Viele Ägypter sehen mit Bangen dem Tag entgegen, für den die Moslembruderschaft den Beginn von zeitlich unbegrenzten  Massendemonstrationen in der Hauptstadt und anderen Landesteilen angekündigt hat. Bereits in den vergangenen Tagen kam es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern Mursis und Sicherheitskräften, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden.

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Satiriker provoziert das polarisierte Ägypten

Bassem Youssef geißelt politische Dummheit und Intoleranz auf allen Seiten  – Beliebte TV-Sendung abgesagt und Staatsanwaltschaft ermittelt
 
von Birgit Cerha
 
„Heute stoppen sie eine Fernseh-Show und morgen stopfen sie unsere Münder“, spricht ein Mitglied der Fan-Gemeinde Bassem Youssefs die wachsende Angst der schweigenden dritten Kraft Ägyptens aus. Bassem Youssef, der 39-jährige zum Satiriker mit Weltruhm gewandelte Herzchirurg, hat das Ägypten General Al-Sisis an seinem wundesten Punkt getroffen. In seiner ersten Sendung nach viermonatiger selbstauferlegter Pause geißelte  er mit Humor und scharfem Zynismus Intoleranz, Hass, politische Dummheiten auf allen Seiten des zunehmend polarisierten Landes. Eine Woche später stoppte der Privatsender CBC des Wirtschaftsmagnaten Mohammed Al-Amin Freitag unmittelbar vor der Ausstrahlung der zweiten Sendung die gesamte Show mit der Begründung die Produzenten hätten durch ihre satirische Kritik an Ägyptens „starkem Mann“, Verteidigungsminister al-Sisi, die „redaktionellen Richtlinien“ verletzt.

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Sonntag, 27. Oktober 2013

„Frauenverschwörung à la Saudia“

Sanfte Proteste gegen das strikte Fahrverbot vermögen nicht nicht an einem der brutalsten patriarchalischen Systeme zu rütteln
 
von Birgit Cerha
 
Auch wenn nur 60 Frauen, vielleicht sogar weniger, Samstag  dem Aufruf saudischer Aktivistinnen gefolgt waren und sich hinter das Lenkrad ihres Autos gesetzt hatten, die Initiatoren dieses dritten Protestes seiner Art in der Geschichte Saudi-Arabiens, feiern solchen Mut als beträchtlichen Erfolg. Immerhin hatten die Behörden des puritanischen Königsreiches und insbesondere die allmächtige Ulema (die hohe Geistlichkeit) in den vergangenen Tagen eine massive Einschüchterungskampagne betrieben, um einen starken öffentlichen Protest gegen die Verletzung des Grundrechts auf Mobilität zu verhindern.  Mit Strafen wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“, Verhaftungen und Gefängnis hatten sie gedroht, Telefonterror betrieben und selbst einige erzkonservative saudische Männer hatten physische Attacken auf Frauen angekündigt, die sich demonstrativ diesem in der Welt einzigartigen Verbot des Autofahrens widersetzen würden. Mehr als hundert Geistliche protestierten vor dem Königspalast in Riad gegen diese „Verschwörung“ der Frauen, die mit ihrer Aktion „das Land gefährden“.

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Freitag, 25. Oktober 2013

Syriens Kurden: Ein Volk ohne Stimme

Von der Welt kaum beachtet, droht ein Stellvertreterkrieg der so lange unterdrückten Minderheit eine historische Chance auf ihre legitimen Rechte  zu rauben

von Birgit Cerha

„Zu einer Zeit, da die türkische Regierung Banditengruppen unterstützt und einen Krieg gegen“ die Kurden in Syrien führe, „hat das kurdische Volk das Recht, den Kampf in die Türkei zu tragen.“ Mit dieser Drohung bezieht sich Cemil Bayik, Gründungsmitglied der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) und deren ranghöchster Führer in Freiheit, in seinem Stützpunkt in den nordirakischen Kandil-Bergen auf einen von der Welt ignorierten Stellvertreterkrieg im nordostsyrischen Kurdengebiet. Während die PKK die Bedingungen eines im März vereinbarten Waffenstillstandes einhielte, „hat die Türkei einfach die Frontlinie im Kampf gegen die Kurden nach Syrien verlegt“.   Wenn Premier Erdogan dem Friedensprozess mit den Kurden nicht konkrete Bedeutung gebe (ein Reformpaket des Regierungschefs ist nach Ansicht Bayiks bedeutungslos)  und die Unterstützung islamistischer Jihadis gegen die Kurden in Syrien einstelle,  werde die PKK ihre aus  der Türkei abgezogenen Kämpfer wieder zurück schicken. Ein 30-jähriger Krieg, der bisher mehr als 40.000 Menschen das Leben kostete, droht erneut aufzuflammen.

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Montag, 21. Oktober 2013

Der Krieg gegen Ägyptens Kopten

Islamisten machen die christliche Minderheit zum Sündenbock für den Putsch gegen Präsident Mursi und die Repressionen durch das Militär
 
 von Birgit Cerha

Und wieder sterben Kopten im Kugelhagel. Ein achtjähriges Mädchen ist unter den vier Toten, die von einem Motorradfahrer in einer willkürlichen Schussattacke Sonntag vor einer koptischen Kirche in Kairo getötet wurden. Sie sind die jüngsten Opfer einer Terrorwelle, die Ägyptens christliche Minderheit seit Monaten heimsucht.
Die mehr als acht Millionen Kopten, Nachkommen der alten Ägypter,  sind gezeichnet durch eine lange Geschichte von Verfolgung und Marginalisierung durch die am Nil jeweils herrschenden Mächte, wiewohl es auch insbesondere im 19. Und 20. Jahrhundert Perioden friedlichen Zusammenlebens mit der muslimischen Mehrheit gab. Doch nun herrscht ein Klima der Intoleranz und blutiger Gewalt, wie sie diese  Kirchengemeinde seit mindestens 300 Jahren nicht mehr durchlitten hatte. Laut „Amnesty International“  wurden allein seit dem 14. August mehr als 200 christliche Besitztümer, Häuser, Wohnungen, Geschäfte etc., attackiert, 43 Kirchen schwer beschädigt und Hunderte Kopten getötet.

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Dienstag, 15. Oktober 2013

Gemäßigte Rebellen verlieren in Syrien an Boden

Frankreich und Saudi-Arabien verstärken Militärhilfe an die zunehmend zersplitterte und unkontrollierbare militante Opposition
 
von Birgit Cerha
 
Während sich die USA seit Präsident Assads Kooperationsbereitschaft bei der Vernichtung der chemischen Waffen im Syrienkonflikt betont zurückhalten, verstärken Saudi-Arabien und Frankreich massiv ihre militärische Hilfe an die Rebellen mit dem unveränderten Ziel, den Sturz Assads zu beschleunigen. US-Präsident Obama hingegen setzt auf den Verhandlungsweg, um das Blutvergießen  zu beenden. Und zu diesem Zweck versuchen die Amerikaner, durch eng begrenzte Unterstützung die gemäßigten Gegner Assads zu stärken.

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Sonntag, 13. Oktober 2013

Auch in Syrien geht es um Öl und Gas

 Längst steht fest, dass es bei dem blutigen Krieg in Syrien keineswegs nur um die Rechte eines Volkes geht, sich von einem Diktator zu befreien und sein Schicksal selbst zu bestimmen.  Religiöse Konflikte, die uralte Rivalität zwischen den beiden Hauptströmungen des Islam – Sunniten und Schiiten – haben dem Krieg eine neue bedrohliche Dimension verliehen., ebenso auch der uralte Wettstreit globaler und regionaler Mächte um strategische Interessen. Doch wie in zahlreichen anderen Konflikten der Region hat stehen auch in diesem Krieg Öl- und Gasinteressen auf dem Spiel. Der Beiruter Ökonom und Universitätsprofessor Sami Nader setzt sich mit dieser Frage in
„ Al-Monitor“, einer neuen auf den Nahen Osten spezialisierten „Media-Site“,  auseinander.

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Sonntag, 6. Oktober 2013

Khameneis zweischneidige Botschaft

Werden Irans Hardliner wieder, wie in der Vergangenheit, die Charme-Offensive gegenüber dem Westen blockieren?
 
von Birgit Cerha
 
Unbeirrt durch die erste Stellungnahme des „Geistlichen Führers“ Khamenei zu der von Präsident Rouhani eingeleiteten außenpolitischen Öffnung des „Gottesstaates“ bekräftigte Außenminister Javad Zarif Sonntag die Entschlossenheit Teherans, den USA die Chance zu geben, ihren „guten Willen gegenüber der iranischen Nation“ zu beweisen. Die sei „ein Test für Washington“ und Teheran werde weiter auf Nuklearverhandlungen mit den „5+1-Mächten“ (den ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates plus Deutschland) drängen.
In seiner ersten Stellungnahme zu Rouhanis New-York-Besuch und dem historischen Telefongespräch mit US-Präsident Obama – dem ersten direkten Kontakt eines iranischen Präsidenten mit dem Führer des Weißen Hauses seit Gründung der „Islamischen Republik“ - lieferte Khamenei Samstag ein Meisterstück iranischer Zweideutigkeit, die sich in krass widersprüchlichen Interpretationen westlicher Medien spiegelte. Hat sich Irans Führer nun gegen Rouhanis neuen außenpolitischen Kurs gestellt oder diesen vielleicht doch unterstützt?

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Donnerstag, 19. September 2013

Die neue Stärke der Al-Kaida im Irak

Von den Ufern des Tigris aus wollen die radikalen Islamisten auch Syrien unter ihre Kontrolle bringen – Maliki spielt ihnen in die Hände
von Birgit Cerha
Im Schatten Syriens und doch direkt beeinflusst von den blutigen Ereignissen im Nachbarstaat, treibt der Irak immer näher dem Rand des Abgrunds zu. Nach einigen Jahren relativer Ruhe reißt eine Serie von Terrorattacken mit erschreckender Regelmäßigkeit und Intensität allwöchentlich Hunderte Menschen in den Tod. Allein im August lag die Bilanz bei 800. Mehr als 5000 Iraker, überwiegend Zivilisten wurden  seit Anfang 2013 bereits gewaltsam getötet. Es ist schon jetzt das blutigste Jahr seit 2008.

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Montag, 16. September 2013

Irans Wende zum Pragmatismus

Nach dem Chemiewaffen-Abkommen mit Syrien wächst die Hoffnung auf eine „historische“ Annäherung zwischen der „Islamischen Republik“ und den USA
 
von Birgit Cerha
 
Ein von den USA geführter Militärschlag gegen Syrien gelte in Wahrheit dem Iran und würde einen Angriff auf die Atomanlagen des „Gottesstaates“ mit unabsehbaren Folgen überflüssig machen. Diese unter so manchen Experten im Westen, wie auch im Iran vertretene These weckt nun, da  ein zwischen den USA und Russland ausgehandeltes Abkommen zur Übergabe des Arsenals chemischer Waffen durch Syrien an die UNO einen US-Militärschlag  - vorerst? – abgewendet hat, im Iran erneut Ängste vor einer israelischen oder amerikanischen Attacke.

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Mittwoch, 11. September 2013

Syrien: „Das Vertrauen ist endgültig verloren”

Zorn und Frustration, Spott und Gleichgültigkeit über Obamas Aufschub einer Militärintervention gegen das Assad-Regime
 
von Birgit Cerha
 
Syrische Reaktionen auf die Entscheidung von US-Präsident Obama, der russischen Initiative zur Übergabe des syrischen Chemiewaffen-Arsenals an die UNO eine Chance zu geben und eine Militärintervention gegen das Assad-Regime aufzuschieben reflektieren die tiefe Spaltung in der syrischen Gesellschaft. Die Zivilbevölkerung, die in höchst dramatischer Weise die Hauptlast dieses Krieges trägt und durch einen westlichen Militärschlag noch mehr Leid,

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Montag, 9. September 2013

„Assad ist NICHT verantwortlich für den Chemie-Unfall“

US-Geheimdienst Veteranen warnen Obama vor falschen Informationen, die zum Krieg gegen Syrien führen können
 
Zutiefst alarmiert über die Entschlossenheit US-Präsident Obamas, Syriens Regime für den angeblichen Einsatz von chemischen Waffen zu „bestrafen“, bei dem am 21. August Hunderte Menschen, darunter viele Kinder,  in einem Vorort von Damaskus ums Leben kamen, veröffentlichten die  amerikanischen „Veteran Intelligence Professionals for Sanity“ (VIPS) ein an den Präsidenten gerichtetes Memorandum. Sie vertreten darin die Überzeugung, dass Syriens Präsident Assad „NICHT für den „Chemie-Unfall“ , wie sie es nennen, verantwortlich ist. VIPS`ehemalige Geheimdienst-Mitarbeiter weisen Obamas Behauptung, Assad habe die Attacke am 21. August angeordnet „kategorisch“ zurück.  VIPS ist eine Gruppe aktiver und ehemaliger Angehöriger der US-Nachrichtendienste, darunter der Central Intelligence Agency (CIA), des U.S. State Department’s Intelligence Bureau (INR) und der Defense Intelligence Agency (DIA).  Sie wurde 2003 aus Protest gegen Fehlinformationen über Massenvernichtungswaffen im Irak gegründet, die die Basis für die amerikanisch-britische Invasion des Iraks lieferten. Ein Memorandum, das sie kurz vor Kriegsbeginn an den damaligen Präsidenten Bush richteten, verfehlte seine Wirkung.

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Sonntag, 8. September 2013

Interne Opposition fürchtet US-Schlag gegen Syrien

Während Assads externe Gegner auf eine Militärintervention drängen, wachsen die Ängste der gequälten Zivilbevölkerung, insbesondere der Christen und der Kurden
 
von Birgit Cerha
 
[Bild: von l.n.r.; Abdel Azim, Raja Nasser]
 
Die Möglichkeit eines amerikanischen Militärschlags versetzt einen großen Teil der durch den zweieinhalbjährigen grausamen Krieg fast bis zur Unerträglichkeit gequälten Zivilbevölkerung Syriens zunehmend in Panik. Sie fürchtet nicht nur, von Raketen, Bomben und einstürzenden Gebäuden getroffen zu werden, sondern durch das unweigerlich sich verschärfende Chaos verstärkt der blutigen Gewalt unkontrollierbarer Jihadis und anderer militanten Gruppen schutzlos ausgesetzt zu sein.

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Donnerstag, 5. September 2013

Wer steckt wirklich hinter dem Giftgaseinsatz in Syrien?

Rebellen in Ghouta bekennen sich zu der humanitären Katastrophe – Wahrheit oder eine Propaganda-Aktion des Assad-Regimes?
 
von Birgit Cerha
 
Die Bemühungen um Rückendeckung des US-Kongresses und des Parlaments in Frankreich für einen Militärschlag gegen das Assad-Regime in Syrien laufen auf Hochtouren. Doch wer am 21. August das Giftgas in Ghouta bei Damaskus gegen Zivilisten, darunter viele Kinder, tatsächlich eingesetzt hat, bleibt ebenso unerwiesen, wie die Zahl der Todesopfer : Die Amerikaner sprechen von 1.429, darunter 426 Kinder, der britische Geheimdienst von mindestens 350 und die Franzosen von 281.

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Die gefährlichen Machenschaften der Ölprinzen

Warum und wie Saudi-Arabien, gemeinsam mit Israel, die USA zum Krieg gegen das syrische Regime drängt
 
von Birgit Cerha
 
[Bild: Bandar bin Sultan]
Prinz Saud al Faisal, jahrzehntelang Außenminister des ölreichsten Staates der Welt, konnte seine  Enttäuschung über  den Aufschub einer US-Militäraktion gegen Syrien kaum noch hinter diplomatischem Gehabe verbergen. Worte reichten nicht mehr aus, bemerkte  der Prinz bitter vor der auch über Syrien, wie so viele andere Probleme tief zerstrittenen Arabischen Liga in Kairo.

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Sonntag, 1. September 2013

Enttäuschung und Zorn, aber auch Erleichterung in Syrien

Die Rebellen und ein Teil der Zivilbevölkerung fühlen sich von der Welt im Stich gelassen – Doch Zweifel an den wahren Urhebern der chemischen Attacken wachsen
 
von Birgit Cerha

Das offizielle Syrien feierte Sonntag einen kleinen Triumph, nachdem US-Präsident Obama Samstag abend die militärische „Strafaktion“ gegen das Damaszener Regime wegen dessen mutmaßlichen Einsatz von Giftgas aufgeschoben und die endgültige Entscheidung dem US-Kongress übertragen hatte. Es sei der „Beginn eines historischen Rückzuges“ der Amerikaner, frohlockt die regimetreue Tageszeitung „Al-Thawra“.. „Twitter“ wird seit Samstag abend überflutet mit ironischen bis sarkastischen Kommentaren über Obamas überraschende Entscheidung, die insbesondere eine Reihe von Mitgliedern der Großfamilie Assads als Schwäche der Supermacht ins Lächerliche ziehen.

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Mittwoch, 28. August 2013

Eine Region in Hochspannung

Syriens Nachbarn befürchten katastrophale Auswirkungen eines Militärschlages – Scharfe Drohungen aus Teheran
 
von Birgit Cerha
 
Das syrische Regime evakuierte Mittwoch  in Erwartung eines von den USA geführten Militärschlags  “strategische Einrichtungen“, während die Spannungen in der Region dramatisch ansteigen.  Syriens Nachbarn Jordanien und die Türkei verlegen Truppen und schweres Kriegsgerät an ihre Grenzen. Beide Länder halten sich für einen möglichen Vergeltungsschlag des Assad-Regimes bereit. Militärexperten gehen davon aus, dass US-Präsident Obama nur einen begrenzten Schlag als „Strafaktion“ wegen des Einsatzes chemischer Waffen gegen Syrien plant und deshalb auf militärische Koordination mit Jordanien, der Türkei oder etwa auch dem Libanon verzichten kann. Dennoch befürchten alle drei Staaten ein dramatisches Anschwellen der Flüchtlingswelle mit möglicherweise gravierenden Folgen für ihre Stabilität.

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Donnerstag, 22. August 2013

Mubaraks „tiefer Staat“ kehrt zurück

Besiegelt die Entlassung des Ex-Diktators aus dem Gefängnis das Ende der demokratischen Revolution in Ägypten?
von Birgit Cerha
„Willkommen daheim“, frohlockt ein ägyptischer Geschäftsmann. “Die Justiz hat (Ex-Präsident) Mubaraks Unschuld festgestellt.“ Andere zeigen offen ihre Empörung: „Die Armee hat die Uhr zurückgedreht. Die alten Tage kehren wieder, nur noch schlimmer als zuvor“, befürchtet ein junger Revolutionär, der vor zweieinhalb Jahren auf dem Kairoer Tahrir-Platz viele Tage lang mit Hunderttausenden Gesinnungsgenossen so erfolgreich nach dem Sturz des Diktators gerufen hatte. Die Kommentare zu der von einem Gericht verfügten Entlassung Mubaraks aus dem Gefängnis zeigen drastisch die tiefe Kluft, die Ägyptens Gesellschaft an den Rand den Abgrunds treibt. Während die einen triumphieren, ist der andere Teil des Landes, - Islamisten, aber auch säkulare Revolutionäre – schockiert und erboßt.

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Sonntag, 18. August 2013

Die wahren Ziele der Moslembruderschaft

Hat sich Ägyptens größte islamitische Bewegung tatsächlich gemäßigt und modernisiert? – Zwei Optionen stehen ihr nun offen
von Birgit Cerha
Der Triumph der ägyptischen Moslembruderschaft (MB) nach mehr als acht Jahrzehnten teils blutigen Ringens um politische Relevanz und Macht währte kaum ein Jahr. Wieder sitzen viele ihrer führenden Mitglieder und Hunderte Anhänger im Gefängnis. Sie präsentieren sich als gewaltlose, demokratiesuchende Opfer einer neuen Militärdiktatur, die sie des Terrors bezichtigt, um sich so den Vorwand zur totalen Zerschlagung der Organisation zu schaffen.

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Donnerstag, 15. August 2013

Ägypten: Zurück zum Nullpunkt

Viele fürchten, das Massaker vom Mittwoch werde das Ende des Weges zur Demokratie markieren und dem Land auf unabsehbare Zeit eine neue Diktatur bescheren
 
 von Birgit Cerha
 
Ägypten hält den Atem an. Die exzessive Gewalt, mit der die Polizei mit Rückendeckung durch die Armee Mittwoch zwei Protestcamps der Moslembrüder in Kairo geräumt hatte, versetzt das Land in Schock und panische Angst vor der Zukunft. Noch nie seit dem Sturz der Monarchie 1952 hatten die Bürger am Nil derart ungehemmten Staatsterror gesehen. Auch nicht unter dem weithin verhassten Diktator Mubarak.525 Tote, überwiegend Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi, lautet die offizielle Bilanz, sie dürfte in Wahrheit weit höher liegen und weiter steigen. Denn nicht nur richten Islamisten nun ihren Zorn gegen die wehrlose koptische Minderheit. Sie wollen sich nicht einschüchtern lassen. Schon stand Donnerstag ein Regierungsgebäude in Kairo in Flammen. Die demokratischen Revolutionäre, allen voran Friedensnobelpreisträger Baradei, die auf die Offiziere und General al-Sisi gesetzt hatten, um Ägypten vor einer islamischen Theokratie den Weg zur Demokratie wieder zu finden, sind konsterniert. Baradei zog die einzig mögliche Konsequenz und legte sein Amt als Vizepräsident zurück.

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Dienstag, 6. August 2013

LEXIKON. Ägypten: Zahlen und Fakten

Ägypten ist mit 84 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste arabische Land.  Der Großteil der Bevölkerung lebt an den Ufern des Nils, auf sieben Prozent der Gesamtfläche von mehr als einer Million km2. Im Großraum der Hauptstadt Kairo, der größten Stadt Afrikas, konzentrieren sich offiziell 16,2 Millionen Einwohnern, in Wahrheit wahrscheinlich 25 Mio. Die Mehrheit der Bevölkerung  bilden die heute ethnisch homogene Gruppe der Ägypter, deren Ursprung bei indigenen afrikanischen Völkern und Arabern liegt. Größte Minderheit mit 140.000 Mitgliedern sind die in Clanstrukturen organisierten Nubier, die überwiegend im Süden des Landes leben und neben dem Arabischen ihre eigene Sprache und Kultur pflegen.  In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt. Zwischen 1960- und 1970 wurde eine Spitzen-Wachstumsrate von 3% erreicht, die heute auf 1,83% gesunken ist. Das Durchschnittsalter liegt bei 23,4 Jahren, die Lebenserwartung  bei Männern wird auf 72,93 Prozent und 75,66 % bei Frauen. 33,4%  der Bevölkerung ist unter 14 Jahren, 25 Prozent zwischen 18 und 29 und nur 4,3% 65 Jahre und älter. 28,6 % sind Analphabeten.

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Die Wiedergeburt der jungen Ägypter


Die „neuen Helden“ im Land der Pharaonen wollen sich nicht mehr, wie jahrzehntelang, aus dem politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozess verdrängen lassen
von Birgit Cerha

Fasziniert blickt die Welt seit 2011 nach Ägypten, wo eine junge Generation mit enormer Kreativität per Mobiltelefon und Internet für Freiheit und Demokratie kämpft und zweimal einen autokratischen Herrscher (zuerst Hosni Mubarak und am 30. Juni Mohamed Mursi) stürzte. Weltweitbewunderten drei Millionen Menschen über YouTube Ali Mohamed, einen zwölfjährigen Mittelschüler aus einem Kairoer Armenviertel, der während einer Massendemonstration auf dem Tahrir-Platz einer lokalen Fernsehstation in eindrucksvoller Eloquenz eine kritische Analyse der Herrschaft Mursis gab. „Ich höre sehr viel den Menschen zu und ich setze mein Gehirn ein“,  bemerkt Ali auf verwunderte Fragen über sein erstaunliches Wissen und seine Ausdrucksfähigkeit. „Auf das Alter kommt es nicht an, der Verstand zählt!“

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Eine frustrierte Generation


Warum sich die Jugend am Nil nach einem „neuen Ägypten“ sehnt

Von Birgit Cerha
Osama Bisri zieht die Stirn in Falten. Der Gesichtsausdruck des 28-jährigen Ägypters verhärtet sich. Verzweiflung schwingt in seiner Stimme: „Ich will eine Sozialversicherung und eines Tages eine Pension. Ich will nicht ständig mit dem Risiko leben, krank zu werden und ein Vermögen in einem Privatspital zu lassen.“ Und in einem Wortschwall bricht es aus ihm heraus, er spricht von seinen tiefen Frustrationen, seinen quälenden Sorgen vor der Zukunft. Dabei zählt Osama noch zu den Glücklicheren der neuen Generation am Nil. Als Bachelor der Soziologie unterrichtet er in einer Privatschule. Pro Unterrichtsstunde erhält er allerdings einen Hungerlohn von acht ägyptischen Pfund (umgerechnet 0,86 Euro). Arbeitsvertrag gab ihm die Schule aber keinen. Wie viele andere Ägypter mit Hochschulbildung träumt Osama von einer Anstellung im öffentlichen Dienst, wo er all das bekommen könnte, was ihm heute fehlt: die Sicherheit, den Job nicht plötzlich zu verlieren, Sozialversicherung, fixe Arbeitsstunden, ein fixes Gehalt und bezahlten Urlaub. Nur dann kann er auch ans Heiraten denken.

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Freitag, 2. August 2013

Rouhanis „neuer Weg“ für den Iran

Mit seinem Amtsantritt warten auf den siebenten Präsidenten der „Islamischen Republik“ enorme Herausforderungen – Kann er auch nur einen Bruchteil seiner Versprechen erfüllen?
 
 von Birgit Cerha
 
"Seit 20 Jahren hat dieses Land nicht eine derart ruhige Atmosphäre erlebt“ wie heute, preist der prominente erzkonservative Politiker und führender Geschäftsmann die Stimmung im Iran zu Beginn der Amtszeit des neugewählten Präsidenten Hassan Rouhani, der Sonntag vereidigt wird. Nach den Turbulenzen und massiven Repressionen während der Herrschaft seines Vorgängers Ahmadinedschad hat die überraschende Wahl des erfahrenen Zentrumspolitikers Rouhani  mit einem Schlag enorme Hoffnungen im Iran, aber auch international geweckt.

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Sonntag, 28. Juli 2013

Was nun für Ägypten?

von Birgit Cerha
 
Männer mit Gewehren und hoher Bereitschaft, diese gegen unbewaffnete Zivilisten zu richten  geben nun in Kairo den Ton an. Der Optimismus des „Arabischen Frühlings“, der vom Nil aus die gesamte Region erfaßte, ist im Blut ertränkt. Mindestens 72 Tote, das ist die vorläufige Bilanz  der Massendemonstration, durch die sich Ägyptens neuer starker Mann, General al-Sisi, die Legitimität des Volkes für einen brutalen Kampf gegen „Gewalt und Terror“ holen wollte. Und das Ende des Blutvergießens ist nicht abzusehen. Die weitgehend unbewaffneten Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi, Hauptopfer des Blutbades vom Samstag, harren in einem an Selbstmord grenzenden Sitzstreik aus, bauen Barrikaden, in der Hoffnung, die drohende Räumung ihres Protestlagers zu überleben. Viele werden es nicht.

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Ägypten wartet auf die blutige Kollision

Anhänger Mursis mauern sich ein, während der Innenminister die „baldige“ Räumung des Protestlagers androht
 
von Birgit Cerha
 
Das Ultimatum der ägyptischen Streitkräfte zur Aufgabe des fast einmonatigen Sitzstreiks Tausender Anhänger des am 3. Juli gestürzten Präsidenten Mursi ist abgelaufen. Innenminister Ibrahim drohte Sonntag erneut, dass das Protestlager vor der Rabaa al-Adawiya-Moschee in Kairo geräumt werde: Wir werden sehr entschlossen jedem Versuch entgegentreten, die Stabilität zu untergraben.“ Doch Tausende Demonstranten, die die Wiedereinsetzung Mursis fordern, lassen sich nicht einschüchtern, obwohl bei Massendemonstrationen, zu denen Verteidigungsminister und Armeechef Al-Sisi aufgerufen hatte, in der Nacht auf Samstag nach ersten offiziellen Angaben 72 Menschen, überwiegend Anhänger Mursis, ums Leben gekommen waren. Die Demonstranten errichteten unterdessen Steinmauern, in der vagen Hoffnung, ihre Zeltstadt vor den zu erwartenden Angriffen der Sicherheitskräfte zu verteidigen.

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Freitag, 26. Juli 2013

Ägyptens neuer Pharaoh

Armeechef Al-Sisi setzt auf Härte und nicht auf Versöhnung. Dafür will sich Ägyptens neuer Pharaoh Legitimität aus dem Volk holen und glaubt, sie zu gewinnen, wenn mehr  Menschen für seine Strategie demonstrieren als die Moslembrüder für ihr Verlangen zur Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Mursi auf die Straßen bringen. Dieses hochriskante Spiel wurde Freitag  mit  gefährlichen Zündstoff versehen: die offizielle Anklage Mursis wegen Komplotts mit der palästinensischen Hamas zur Befreiung Mursis und anderer Moslembrüder aus einem Kairoer Gefängnis 2011.

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Gefährliche Kraftprobe am Nil

Armeechef Sisi ringt um Legitimität durch Massendemonstrationen, während die Justiz offizielle Anklage gegen Mursi erhebt
 
von Birgit Cerha
 
Eine riesige Menschenmenge füllte Freitag abend die Straßen um die Rabaa al-Adawiya Moschee in Kairo, wo Anhänger Ex-Präsident Mursis seit dessen Sturz am 3. Juli durch Sitzstreiks die Wiedereinsetzung ihres Idols zu erzwingen suchen. Sunnitische Geistliche hatten Donnerstag und Freitag Sympathisanten der Moslembruderschaft Mursis zu Demonstrationen aufgerufen, nachdem Ägyptens „neuer Pharaoh“, wie Medien bereits den starken Mann des Militärs, Verteidigungsminister und stellvertretenden Premier General Sisi titulieren, das Volk aufgerufen hatte in „Millionenzahl“ auf die Straßen zu gehen, um ihm ein Mandat zur „Bekämpfung des Terrors“ zu geben.  Was genau der Armeechef damit meint, wird sich erst in den nächsten Tagen herausstellen. Nicht nur Mursis Anhänger befürchten allerdings, dass sich der General Rückendeckung für ein massives und gewaltsames Vorgehen gegen die Moslembruderschaft zu verschaffen hofft.

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Montag, 22. Juli 2013

EU ächtet Hisbollah-Miliz

Libanesische Schiitenorganisation gerät nach ihrer Verwicklung im Syrienkrieg zunehmend unter Druck
 
von Birgit Cerha
 
Nach monatelangen Diskussionen haben die EU-Außenminister sind die EU-Außenminister dem wachsenden israelischen und amerikanischen Druck gewichen und setzten den militanten Flügel der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah auf ihre Terrorliste. Diesen Schritt begründeten sie mit Beweisen, dass die von Iran und Syrien seit drei Jahrzehnten unterstützte Bewegung zunehmend i n Europa Terrorakte plane. Die Entscheidung stützt sich auf zwei Ereignisse, ein Attentat auf einen Bus im bulgarischen Schwarzmeerort Burgas, bei dem vor einem Jahr fünf israelische Touristen und ein Bulgare ums Leben gekommen waren, sowie auf ein Gerichtsurteil in Zypern, wo im März ein mutmaßliches Hisbollah-Mitglied wegen der Planung von Attacken auf Israelis in Zypern verurteilt worden war. Die beiden Zwischenfälle sind nicht vollständig überzeugend, insbesondere der Fall Burgas. Im Juni erklärte der neugewählte sozialdemokratische Premier Bulgariens, dass  der Terrorakt von Burgas nicht ausreiche, um Hisbollah auf die „Schwarze Liste“ zu setzen, da die Beweise für dieses Verbrechen schwach seien. Hisbollah-Chef Nasrallah hatte die Verwicklung  in diesen Terrorakt entschieden zurückgewiesen.

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Sonntag, 21. Juli 2013

Die dunkle Seite Dubais

Wie Opfer von Vergewaltigungen zu „Kriminellen“ werden  - Der Fall einer Norwegerin erregt Aufsehen, doch er ist nichts Ungewöhnliches am Persischen Golf
 
von Birgit Cerha
 
Sie könne nicht schweigen. Ihr Fall solle die Risiken aufzeigen, die Fremden in Dubai drohen, wenn sie das von der islamischen Scharia beeinflusste Rechtssystem dieses glitzernden Ölreiches, wie auch der anderen Teilstaaten der „Vereinigten Arabischen Emirate“ (VAE)  nicht richtig begriffen. Mit diesen Worten begründet die 24-jährige norwegische Innenarchitektin Marte Deborah Dalelv die Entscheidung, ihre Verurteilung zu 16 Monaten Gefängnis durch ein Gericht in Dubai publik zu machen. Und ihr Fall löst im Westen, unter Menschenerechtsaktivisten und vielen Sympathisanten bereits Aufsehen und Empörung aus.

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Mittwoch, 17. Juli 2013

Verschärfte Polarisierung in Ägypten

von Birgit Cerha
Ägyptens neue Führer haben es nicht geschafft. Die Dienstag abend vereidigte Interimsregierung zeigt dieselben gravierenden Mängel, die  Ex-Präsident Mursi zum Verhängnis wurden: Repräsentanten etwa der Hälfte des Volkes bleiben ausgeschlossen. Nicht einmal jene Islamistengruppe – die salafistische Nour-Partei - , die sich  mit den vom Militär unterstützten Revolutionären gegen Mursi solidarisiert hatten, konnten eingebunden werden. Und die Moslembrüder demonstrieren nun nicht mehr nur für die Rückkehr Mursis an die Macht, sondern auch gegen diese „illegitime Regierung“.

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Dienstag, 16. Juli 2013

Ägypten im Zentrum regionaler Rivalitäten

Der Sturz Mursis verschiebt die Allianzen im Mittleren Osten , eröffnet dem Iran, aber auch Saudi-Arabien neue geostrategische Chancen – Ende des „türkischen Modells“?

von Birgit Cerha
 
[Bild: Alte Freundschaften sterben nicht: Beziehungen zwischen Ägypten und den Golfstaaten]
 
Die Wellen des Aufruhrs in Ägypten schlagen hoch durch die gesamte Region. Erbitterte Rivalen finden sich plötzlich auf einer Seite in ihrer Freude über den Sturz des Moslembruder-Präsidenten Mursi oder in ihrer Empörung über den Militärputsch gegen einen demokratisch gewählten Staatschef. Alle, jene, die sich als Gewinner dieser dramatischen Ereignisse empfinden, ebenso wie die Verlierer ziehen nun Bilanz und analysieren ihre neue geostrategische Position. Kein Zweifel, der Umsturz am Nil hat neue Realitäten in der Region geschaffen, deren Folgen sich noch gar nicht voll abschätzen lassen. Neue Allianzen werden sich bilden oder gescheiterte werden neubelebt und im Zentrum eines heftigen Rivalitätskampfes um regionalpolitische Macht steht Ägypten.

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Montag, 8. Juli 2013

LEXIKON: Ägypten: Wieviel Legitimität ist legitim?


Wieviel Wahrheit steckt in Zahlen? - Ein "Spiel", das den Willen des Volkes und die tiefe Spaltung des Landes in zwei Teile  reflektiert

von Birgit Cerha
 
Beide Seiten in dem sich dramatisch zuspitzenden Machtkampf in Ägypten berufen sich auf die „demokratische Legitimität“, die sie vertreten. Der gestürzte Präsident Mursi war in den ersten freien Wahlen vom Volk, wiewohl nur mit knapper Mehrheit, gewählt worden und nun durch eine Massenaktion von Millionen von Ägyptern mit Hilfe der Armee gestürzt worden. Die Ereignisse am Nil haben international heftige politische Debatten über die Frage von Legitimität ausgelöst, mit gegensätzlichen Meinungen darüber, ob die Aktion der Armee ein „legitimer Putsch“ gewesen sei, da sie sich auf den Willen der Mehrheit der Ägypter gestützt habe. In den gegenwärtigen Konfrontationen zwischen den beiden Teilen des Landes fordern die Moslembrüder energisch ihre demokratisch errungene Macht zurück, während sich die andere Seite  darüber empört, dass nicht nur die Anhänger Mursis, sondern auch viele westliche Medien  von einem Militärputsch sprechen, wiewohl es sich nur um die mehrheitlich gewünschte  Korrektur einer fehlgeleiteten Revolution handle.

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Krise in Ägypten dramatisch verschärft


Blutbad vor Armeekaserne droht das Land in einen Bürgerkrieg zu reißen – Die Kluft zwischen zwei unversöhnlichen Lagern wird immer tiefer

von Birgit Cerha
 
„Nieder, nieder mit der Herrschaft Al-Sisis (Ägyptens Armeechef)“ brüllten Montag Zehntausende Demonstranten in Kairo. ‚“Er ist ein Mörder“, der für den Tod friedlicher Menschen, die sich zum Morgengebet versammelt hätten, verantwortlich sei, rufen Sprecher der Moslembruderschaft des gestürzten Präsidenten Mursi. Mit einem Schlag hat sich die seit Tagen angespannte Situation am Nil dramatisch verschärft, als Montag Früh mehr als 40 Menschen vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden in Kairo von Soldaten erschossen und Hunderte verletzt wurden. Die Moslembrüder sprechen von „Massaker“, von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Die Armeeführung behauptet, bewaffnete „Terroristen“ hätten versucht,die Kaserne zu stürmen, die Soldaten hätten in Notwehr gehandelt.  Die Moslembrüder glauben, dass Mursi in diesem Gebäude festgehalten wird und drohten schon seit Tagen, es zu stürmen. Wer die Katastrophe ausgelöst hatte, soll nun eine von der Justiz eingesetzte  Kommission klären.

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Freitag, 5. Juli 2013

Ägyptens Moslembrüder – geschlagen und zornig

Die längerfristigen Auswirkungen der Militärintervention gegen Präsident Mursi auf die Islamisten am Nil und in der gesamten Region

von Birgit Cerha


„Wir werden nicht aufhören, für dieses Land zu arbeiten. Wir sind und bleiben hier“, bekräftigte entschieden ein Sprecher der ägyptischen Moslembruderschaft, während Aktivisten ihre Anhänger zu Massenprotesten gegen den Sturz Präsident Mursis mobilisierten. Die neuen Führer des Landes sollen die Kraft der islamischen Strömung am Nil begreifen.

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Donnerstag, 4. Juli 2013

Adly Mahmud Mansour: Ein „politischer Niemand“

Ägyptens neuer Interimspräsident ist ein einst von Ex-Präsident Mubarak eingesetzter Richter und Karrierebürokrat

von Birgit Cerha


Hätte sich Adly Mahmud Mansur unter die Massen der auf dem Kairoer Tahrir-Platz gegen den Mittwoch abend gestürzten Präsidenten Mursi gemischt, niemand hätte ihn beachtet oder erkannt. Nun soll der Vorsitzende des Obersten Verfassungsgerichts ein tief gespaltenes Ägypten als Interimspräsident zu Demokratie und Stabilität führen. In seiner Antrittsrede streckte er Donnerstag seine Hand zu den erzürnten Anhängern der Moslembrüder aus und versprach, die Verfassung und das Gesetz zu achten und im Interesse des Volkes zu handeln. Er wolle ein „fairer“ Präsident sein. Ägypten müsse „die Industrie zur Produktion von Tyrannen“ einstellen. Freie und faire Wahlen seien „der einzige Weg in eine bessere Zukunft“.

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Ägyptens „sanfter Putsch“

Mit der Hatz gegen Moslembrüder im Anschluß an den Sturz Mursis geht das Militär ein enormes Risiko ein

von Birgit Cerha

War es nun ein Putsch oder nicht? Diese Frage erhitzt die Gemüter in Ägypten und weltweit. Doch Ägyptens Offiziere, so ist zu fürchten, liefern nun eine klare Antwort selbst. Sie hätten keine Absicht, selbst die Macht zu übernehmen, würden lediglich helfen, das gespaltene Land zu einem Konsens zu führen, der Ägypten aus einer selbstzerstörerischen Sackgasse führen soll.

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Mittwoch, 3. Juli 2013

Die Macht der Straße

von Birgit Cerha

Während Ägypten voll Bangen der Entscheidung des Militärs über die Zukunft des Landes entgegenfieberte, stand eines bereits fest: Das Land hat sich für immer verändert und damit wieder der arabischen Welt ein Beispiel gesetzt. Zum dritten Mal in weniger als drei Jahren hat die „Macht der Straße“ Autoritarismus und eine paternalistische Regierungsform erfolgreich bekämpft: Zuerst Präsident Mubarak, dann den regierenden höchsten Militärrat und nun eine „Ikhwanisierung“ des Landes, die Versuche Präsident Mursis und seiner Moslembruderschaft, einen religiös-autokratischen Staat zu errichten.
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Mohammed Mursis Weg in die Katastophe

Eine Mischung aus Inkompetenz, Fehlentscheidungen und Machtgier prägte die einjährige Präsidentschaft des ersten Islamisten an der Spitze des ägyptischen Staates
von Birgit Cerha

ER werde „alle Ägypter“ repräsentierten“, schwor Mohammed Mursi nach seinem knappen Wahlsieg vor einem Jahr. Und als er als erster freigewählter Präsident die Macht am Nil übernahm, versprach der langjährige Funktionär und zuletzt auch Führer der Moslembruderschaft, einen „demokratischen, zivilen und modernen Staat“ aufzubauen, auf die Wünsche der Bevölkerung zu reagieren, die freie Meinung nicht zu unterdrücken, das Recht auf Religionsfreiheit und friedlichen Protest zu schützen.

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Dienstag, 2. Juli 2013

Der Machtkampf in Ägypten spitzt sich dramatisch zu

Vor Ablauf des Ultimatums der Armee wächst der Druck auf Präsident Mursi von allen Seiten

von Birgit Cerha

Die Uhr tickt in Ägypten, wo das von den der Armeeführung den politischen Kräften des Landes gestellte Ultimatum heute, Mittwoch abläuft. Die in Massen auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo versammelten Gegner Präsident Mursis feiern die Aufforderung der Streitkräfte von Montag abend, bis Mittwoch abend einen Kompromiss zur Beendigung der zunehmend gefährlichen Kraftprobe zwischen dem Präsidenten, den Moslembrüdern und deren Anhängern auf der einen und deren Gegnern auf der anderen Seite zu finden, als klare Unterstützung ihrer Forderungen und damit als einen wichtigen Etappensieg. Unterdessen stellte allerdings ein Sprecher des Chefs der Streitkräfte und Verteidigungsministers Abdel Fattal Al-Sisi klar, dass die Armee nicht die Macht übernehmen wolle.

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Montag, 1. Juli 2013

Kommentar: Ägypten am Wendepunkt

von Birgit Cerha

Noch nie seit dem Sturz Präsident Mubaraks 2011 war Ägypten so zornig und so bedrohlich in zwei unversöhnliche Lager gespalten. Die Gegner der islamistischen Herrscher belagern den Präsidenten. Wiewohl Mursi seine Gesinnungsgenossen in den Staatsapparat eingeschleust hat, stehen wichtige Institutionen nicht auf seiner Seite, die Justiz und die Sicherheitskräfte. Die Polizei bot oppositionellen Randalierern keinen Widerstand. Damit droht diese Kraftprobe zwischen den beiden Ägypten außer Kontrolle zu geraten. Mursi, arrogant von seiner Macht und der Schwäche, Führungs- und Visionslosigkeit der Opposition überzeugt, hat jede Hoffnung auf nationalen Konsens verspielt.

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Welle des Zorns in Ägypten

Während zunehmend gewaltsame Massenproteste gegen Präsdident Mursi anhalten, stellt die Armee den politischen Kräften ein 48-stündiges Ultimatum

von Birgit Cerha

Ägyptens Streitkräfte verlieren die Geduld. Weitgehend unwillig, sich erneut in das politische Geschehen am Nil einzumischen, sieht die Armeeführung offenbar den Zeitpunkt gekommen, das Land vor dem Sturz in ein blutiges Chaos zu retten. Nachdem Montag Massenproteste gegen Präsident Mursi bereits mehr als 14 Menschen das das Leben gekostet und Bewaffnete das Hauptquartier der Moslembruderschaft in Kairo gestürmt, teilweise zerstört und total geplündert hatten, stellte die Führung der Streitkräfte allen politischen Kräften des Landes ein 48-stündiges Ultimatum als „letzte Chance“, um die gegenwärtigen Probleme zu lösen. Sollte dies nicht gelingen, würde die Armee einen neuen Plan für die Zukunft bekanntgeben und „gewisse Maßnahmen“ mit Hilfe aller Fraktionen, inklusive der Jugend durchsetzen. Niemand solle ausgeschlossen bleiben.

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Sonntag, 30. Juni 2013

Ägyptens Generäle: Die „Retter der Nation“

Millionen von Gegnern Präsident Mursis hoffen auf den Schutz der Streitkräfte – Ist der Weg zu einer Militärdiktatur vorgezeichnet?

von Birgit Cerha

Die Armee habe „die moralische Verantwortung“ , eine blutige Konfrontation zu verhindern und „den Willen des Volkes“ zu schützen. Diese Worte, die der Chef der ägyptischen Streitkräfte, General Abdel Fattah El-Sissi, in einem eindringlichen Versöhnungsappell an Präsident Mursi und dessen Gegner richtete, weckten unter Millionen von Ägyptern die Hoffnung auf militärischen Schutz bei ihren friedlichen Protesten gegen die Politik der ersten freigewählten Präsidenten Ägyptens und ihrer Forderung nach Neuwahlen.

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Donnerstag, 27. Juni 2013

Ägypter planen die „zweite Revolution“

Massenproteste am 30. Juni sollen Rücktritt Präsident Mursis erzwingen – Wird die Armee intervenieren?

von Birgit Cerha

Am Nil herrscht Hochspannung. Wir d die größte Stabilitätskrise seit dem Sturz Präsident Mubaraks vor fast zweieinhalb Jahren Ägypten in blutige Turbulenzen mit unabsehbarem Ausgang stürzen? Während die Menschen in Kairo unter quälenden sozialen Nöten, Treibstoffmängeln und häufigen Stromausfällen leiden, fürchten viele für kommenden Sonntag das Schlimmste. Armeepanzer haben sich in diversen Stadtvierteln positioniert, und Präsident Mursi ließ um die Haupteinrichtungen des Staates Schutzmauern errichten.

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Dienstag, 25. Juni 2013

Machtwechsel in Katar

Der superreiche Ministaat spielt in seinem ehrgeizigen Streben nach einer zentralen Führungsrolle in der Region mit dem Feuer
 
 von Birgit Cerha

[Bild: Scheich Tamim bin Hamad al-Thani]
 
Der winzige Stadtstaat Katar, mit seinen nur 1,7 Millionen Einwohnern und davon nur 225.000 eigenen Staatsbürgern auf einer kleinen Halbinsel im Persischen Golf gelegen, schafft es immer häufiger in die Schlagzeilen der internationalen Medien. Nicht nur ist diese absolute Monarchie Heimat der reichsten Bürger der Welt mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von 80.870 Dollar im Jahr. Die materiellen Schätze aus Öl- und vor allem Gasquellen sollen nach den Wünschen der Herrscherfamilie al-Thani schier Unmögliches bewerkstelligen: den Aufstieg zur Großmacht in der Region. Zu diesem Ziel hat Emir Hamad bin Khalifa bereits eine Serie bemerkenswerter Schritte gesetzt.

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Sonntag, 23. Juni 2013

Rasche Nothilfe für Syrische Rebellen

Können direkte Waffenlieferungen des Westens tatsächlich das Ende des Blutvergießens beschleunigen?

von Birgit Cerha

Die militanten Gegner des syrischen Regimes frohlocken. Zwar sind sie untereinander derart zersplittert, dass sie nicht einmal an der entscheidenden Sitzung der aus elf Staaten (USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Türkei, Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien, Katar und Vereinigte Arabische Emirate) zusammengesetzten Gruppe der „Freunde Syriens“ am Wochenende in Katar teilnahmen. Dort fiel gegen den Wunsch Deutschlands und Italiens die Entscheidung, den in die Defensive geratenen Rebellen rasche militärische Hilfe zu leisten.  Doch schon seit etwa einer Woche hat Saudi-Arabien seine Lieferungen entscheidend verstärkt und erstmals den Rebellen laut Medienberichten auch tragbare Luftabwehrraketen zur Verfügung gestellt, um die Verteidigungskraft gegen Assads Luftwaffe zu stärken. „Wir haben neue, von uns lange erbetene Waffentypen erhalten die nach unserer Überzeugung den Verlauf des Krieges verändern werden“, erklärte der von den syrischen Streitkräften abgesprungene General Salim Idriss, der die „Freie Syrische Armee“ (FSA) kommandiert.

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Sonntag, 16. Juni 2013

Hassan Rohani, der “diplomatische Scheich”

Irans künftiger Präsident ist ein Pragmatiker, ein  Mann des Systems und weckt dennoch Hoffnungen auf Veränderung
 
von Birgit Cerha
 
„Eine neue Zeit der Solidarität“, „Rationalität und Mäßigung“, „Friede, Stabilität und Hoffnung“. Das sind die  in der offiziellen Lesart der „Islamischen Republik“ seit Jahren höchst ungewohnten Schlagworte, die Hassan Rohani nun neu belebt. Der so überraschend zum offiziellen Sieger der Präsidentschaftswahlen am 14. Juni deklarierte Geistliche präsentiert sich als ein „Mann des Friedens“ und kehrte in dem kurzen Wahlkampfmit Bedacht, doch nicht ohne Mut eine Seite hervor, die nur wenige an ihm bisher kannten: die Sehnsucht nach Reformen, nach Achtung von Menschenrechten, ja sogar jener der seit Gründung der  „Islamischen Republik“ – und davor schon – massiv unterdrückten Minderheiten. Seinen Wahlerfolg feiert er als „Sieg der Mäßigung über Extremismus“ und verspricht einen neuen Ton des Respekts in der Außenpolitik.

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Zeit der Veränderung im Iran

Was bedeutet der überraschende Sieg des Gemäßigten Hassan Rohanis für die „Islamische Republik“, für die Region und für die Welt?

von Birgit Cerha

Und wieder, wie bereits mehrmals in der Vergangenheit, brachten Irans Präsidentschaftswahlen eine Überraschung hervor. Niemand hatte mit einem derart überwältigenden Sieg des sich zunehmend als Reformer präsentierenden Zentrumspolitiker Hassan Rohani gerechnet. Mit 50,7 Prozent (gegenüber dem ihm nächstgelegenen Rivalen, den Ultrakonservativen Said Jalili, der nur 11,3 Prozent erreichte) sicherte sich Rohani den Aufstieg ins Präsidentenamt schon in der ersten Runde.

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Mittwoch, 12. Juni 2013

Iraner haben die „Wahl zwischen schlecht und schlechter“

Wer ist der Präsidentschaftskandidat Khameneis und der mächtigen Revolutionsgarden? – Ein Wettkampf im Lager der „Prinzipalisten“

von Birgit Cerha

[Bild: Mohammad-Baqer Qalibaf]

Spätestens seit den Turbulenzen nach dem heftig umstrittenen Wahlsieg Präsident Ahmadinedschads 2009 herrscht weithin die Überzeugung, dass die Stimmen der iranischen Wähler in Wahrheit nicht zählen. Die radikale Selektion der Kandidaten durch den „Wächterrat“, der Ende Mai nur acht von 686 Bewerbern zu den Wahlen zuließ, verstärkt noch diesen Eindruck.

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Dienstag, 11. Juni 2013

Irans Jugend ist die Triebkraft der Veränderung


Radikale sozioökonomische Veränderungen führen zu einem Wertewandel, der Wahlverhalten entscheidend beeinflusst

von Birgit Cerha

„Die Jugend ist der Schlüssel“ zu den Präsidentschafts- und allen künftigen Wahlen in  der „Islamischen Republik“, erläutert der unabhängige iranische Ökonom Bijan Khajehpour in dem Internetportal „Al-Monitor“. Und er verweist auf einen starken sozio-ökonomischen Transformationsprozess, den der Iran als Folge drastischer demographischer Veränderungen in mehr als zwei Jahrzehnten vollzogen hat. Die Misere der jungen Generation, ihre tiefen Frustrationen angesichts sozialer und politischer Repression, gigantischer Arbeitslosigkeit und quälender internationaler Isolation beeinflußt in entscheidendem Maße ihr Wahlverhalten und damit auch das Resultat. Einige der sechs Kandidaten versuchen diesem Phänomen in ihrer Wahlwerbung Rechnung zu tragen, allen voran Hassan Rohani, der sich zunehmend als Reformer gibt und gezielt den Nöten, Sorgen und Sehnsüchten der neuen Generation zuwendet.

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Hassan Rohani: Neue Hoffnung für Irans Reformbewegung?


Der einzige Geistliche unter den Präsidentschaftskandidaten stößt an die „roten Linien“ des Regimes und hofft auf die Stimmen der frustrierten Jugend

von Birgit Cerha

„Wir werden alle Schlösser, die das Leben der Menschen in den vergangenen acht Jahren blockiert haben aufbrechen. Ihr teure Studenten und jugendliche Helden, ihr seid es, die die nationale Wirtschaft wieder instand setzen und den Lebensstandard der Menschen verbessern werdet. Wir werden unser Land zurückführen zur Würde der Vergangenheit.“ Je näher der Tag der Präsidentschaftswahlen im Iran, der 14. Juni, heranrückt, desto mehr erwacht unter der seit den manipulierten Wahlen 2009 tief frustrierten Bevölkerung ein wenig Hoffnung. Hassan Rohani, der einzige Geistliche der acht Kandidaten, haucht mit einer Rhetorik, die zunehmend an jene der vor vier Jahren brutal zerschlagenen „Grünen (Reform-)Bewegung“ erinnert, ein wenig Leben in eine lahme Wahlkampagne ein. Könnten diese Wahlen ungeachtet der Disqualifizierung aller prominenten Vertreter gemäßigter oder reformorientierter Strömungen den Iranern doch noch eine Alternative zu den erzkonservativen Getreuen des „Geistlichen Führers“ Khamenei bieten?

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Samstag, 8. Juni 2013

Das Stalingrad Syriens

[ Bild: Das Zentrum von Kusair]
Kusair, nach drei Wochen heftigster Kämpfe zwischen Rebellen auf der einen, den Streitkräften und Milizen des Assad Regimes und der libanesischen Hisbollah auf der anderen Seite, ist nun voll von Regimekämpfern kontrolliert. Die Stadt liegt in Trümmern.Hier der Augenzeugenbericht des arabischen Journalisten Ali Hashem, der auf der Website "Al Monitor" 




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