Mittwoch, 17. Juli 2013

Verschärfte Polarisierung in Ägypten

von Birgit Cerha
Ägyptens neue Führer haben es nicht geschafft. Die Dienstag abend vereidigte Interimsregierung zeigt dieselben gravierenden Mängel, die  Ex-Präsident Mursi zum Verhängnis wurden: Repräsentanten etwa der Hälfte des Volkes bleiben ausgeschlossen. Nicht einmal jene Islamistengruppe – die salafistische Nour-Partei - , die sich  mit den vom Militär unterstützten Revolutionären gegen Mursi solidarisiert hatten, konnten eingebunden werden. Und die Moslembrüder demonstrieren nun nicht mehr nur für die Rückkehr Mursis an die Macht, sondern auch gegen diese „illegitime Regierung“.
Der Oberkommandierende der Streitkräfte, El-Sisi hat sich als stellvertretender Ministerpräsident weit größeren Einfluss im neuen Kabinett gesichert als versprochen und durch die Verhaftungswelle gegen führende Funktionäre der Moslembruderschaft das Land noch tiefer polarisiert. Hass und Unversöhnlichkeit geben nun den Ton an.
Dabei sitzen im neuen Kabinett äußerst kompetente Technokraten, zahlreiche  auch international angesehene Ökonomen, die unter Führung des neuen Premiers und erfahrenen Wirtschaftsexperten Beblawi wohl der Rettung des Landes vor dem wirtschaftlichen Ruin allerhöchste Priorität geben werden. Kluge Wirtschaftspolitik, abgestützt durch zwölf Mrd. Dollar von arabischen Ölpotentaten versprochene Hilfe, könnte tatsächlich das sich in zweieinhalb Jahren revolutionärer Turbulenzen dramatisch verschlimmerte soziale Elend der Massen lindern und damit der neuen Führung am Nil Glaubwürdigkeit und stärkere Unterstützung in der Bevölkerung verschaffen. Doch gelingt es nicht, die tiefe, vorerst völlig unüberbrückbar erscheinende Kluft zu den radikaleren und gemäßigteren islamistischen Ideologen und deren Anhängern zu überbrücken, wird Ägypten keine Ruhe finden. Ein nationaler Versöhnungsprozess ist eiligst geboten und nur wenn er mit der Freilassung all jener, vor allem aus dem Führungskreis der Moslembrüder beginnt, die auf Basis konstruierter Vorwürfe festgenommen wurden, - Mursi an erster Stelle – wächst die Chance, die aufgebrachten Gemüter zu beschwichtigen und das „andere“, das islamistische Ägypten für einen neuen Dialog und einen echten demokratischen Prozess zu gewinnen.

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