Montag, 11. April 2011

JEMEN: Golfstaaten entziehen Saleh die Unterstützung

Friedensplan für den Jemen sieht raschen Rücktritt des Präsidenten vor – Doch Saleh klammert sich weiterhin an die Macht.

von Birgit Cerha

Zwei Monate lang hat Jemens Überlebenskünstler, Präsident Ali Abdullah Saleh, fast täglichen Protestrufe Tausender Menschen nach seinem Rücktritt hartnäckig widerstanden und ist dabei auch vor brutaler Gewalt gegen friedliche Demonstranten nicht zurückgeschreckt. Intern in die Isolation gedrängt, von Teilen des Militärs, dem Parlament und selbst der Regierung verlassen, haben sich nun auch die engsten arabischen Verbündeten gegen Saleh gestellt. Die die im Golfkooperationsrat (GCC) zusammengeschlossenen Nachbarstaaten (Saudi-Arabien, Kuwait, Katar, Bahrain, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate) fordern erstmals offen Jemens Führer zum Rücktritt auf, einen „ehrenvollen“ allerdings. Ein Friedensplan, der einen Dialog mit der Opposition in Saudi-Arabien vorsieht, setzt keinen klaren Zeitplan für Salehs Abtritt und will dem Präsidenten, wie seiner Familie volle Immunität gegen mögliche Gerichtsverfahren wegen brutalem Machtmissbrauch und Korruption gewähren.
Seit Wochen hatte Saleh Saudi-Arabien zur Vermittlung in der schweren Krise gedrängt. Doch Riad fand sich in einem Dilemma. Einerseits wittern die Saudis, die traditionell größte Interessen in dem geostrategisch so wichtigen Nachbarland verfolgen, durch einen Fall Salehs neue Chancen, ihren Einfluss weiter zu stärken. Anderseits hegen sie keinerlei Interesse, sich am Sturz eines durch friedliche Demonstrationen bedrängten Autokraten, noch eines Nachbarn, zu beteiligen. All zu gefährlich wäre die Beispielwirkung. Zudem fürchtet Riad ein auch Saudi-Arabiens Stabilität bedrohendes Chaos, sollte der Jemen in noch größere Instabilität, ja in einen Bürgerkrieg versinken. Die Sorge wuchs auch unter den anderen Monarchen am Golf in dem Maße, in dem der Konflikt zwischen dem Regime und den Demokratie-Aktivisten eskalierte.

Doch der GCC-Plan, der die Übergabe der Macht an Vizepräsident Abdurabu Mansur Hadi und die Bildung einer von der Opposition geführten Regierung der nationalen Einheit vorsieht, wurde von der Opposition entschieden abgelehnt. Die Bewegung aus Parteien, Jugend-Aktivisten, Vertretern der Zivilgesellschaft empört insbesondere die Vorstellung, dass Saleh, der seit Beginn der Proteste am 8. Februar für den Tod von mehr als hundert Menschen, darunter mindestens 24 Kinder, verantwortlich ist, sowie für die hemmungslose Bereicherung seiner Familie auf Kosten der bitterarmen Bevölkerung, nicht im Jemen für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden soll. So halten die Protestdemonstrationen an, während hinter den Kulissen weiter um eine Lösung gerungen wird. Salehs Reaktionen sind widersprüchlich. Im besten Fall spielt er auf Zeit, um eine für sich und seine Familie beste Lösung zu erzwingen.

Saudi-Arabien besitzt Einfluss auf Saleh wie kein anderes Land. Riad ließ in den vergangenen Jahren Milliarden von Dollar in die jemenitische Staatskasse fließen, um das Regime zu „stabilisieren“. Doch die Al-Sauds treiben ein Doppelspiel, stets besorgt, dass der volksreichste Staat auf der arabischen Halbinsel politisch nicht erstarke. So unterstützen sie großzügig einige der mächtigen jemenitischen Stämme und sicherten sich dabei ein Druckmittel auf den Präsidenten, dem Riad allerdings zugleich militärisch im jahrelangen Kampf gegen die sunnitischen Huthi-Rebellen im Norden half. Die Beziehungen zwischen den beiden Regimen haben sich jedoch zusehends verschlechtert, als Saleh mehr und mehr Al-Kaida Extremisten aus Saudi-Arabien in seinem Land Unterschlupf gewährte und zusah, wie sich die Jihadis mit ihren jemenitischen Gesinnungsgenossen zur heute wohl gefährlichsten Al-Kaida Organisation entwickelten, die sich den Sturz des saudischen Königshauses als eines ihrer wichtigsten Ziele gesetzt hat. Doch ob Riads Einfluß auf einen friedlichen Übergang zu einem stabilen Jemen ausreicht, ist höchst fraglich.

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