Montag, 3. August 2009

Birgit Cerha: Khamenei bestätigt Ahmadinedschad als Staatschef

Während sich im Iran die Fronten verhärten, droht eine neue Periode der Konfrontation mit dem Westen

Ungeachtet der anhaltenden Proteste gegen den heftig umstrittenen Ausgang der Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni, bestätigte Irans „Geistlicher Führer“ Khamenei Montag in einer von den Oppositionsführern, wie dem mächtigen Ex-Präsidenten Rafsandschani boykottierten Feier Ahmadinedschad für eine zweite Amtsperiode. Der Weg ist damit frei für die Angelobung als Präsident durch das Parlament am Mittwoch. „Die Nation hat für den Kampf gegen die Arroganz (gemeint ist der Westen) gewählt“, betonte Khamenei in einer kurzen Rede vor einigen hundert Personen, darunter auch ausländischen Diplomaten. Bilder der im staatlichen Fernsehen übertragenen Zeremonie zeigten, wie Khamenei Ahmadinedschad seine Hand entzog, als dieser sie – wie 2005, als er vom „Führer“ für die erste Amtsperiode bestätigt worden war - küssen wollte und ihm stattdessen – mit sichtlichem Unbehagen - einen Kuß auf die Schulter gestattete.

Es war keineswegs eine Siegesfeier, mit der Khamenei seinen erbitterten Kampf um weitere vier Jahre Ahmadinedschad zu krönen versuchte. Offen sprach der „Führer“ die politischen Differenzen an, die das Land in seine tiefste Krise seit der Revolution stürzten: „Die politische Szene setzt sich aus drei Gruppen zusammen: eine steht in Opposition zur Regierung, eine andere unterstützt die Regierung und eine dritte kritisiert die Regierung.“ Und einlenkend fügte er hinzu: „Die Regierung sollte die Kritiker willkommen heißen und beachten.“
Indem er Ahmadinedschads Präsidentschaft unbeirrt durch den anhaltenden Widerstand in der Bevölkerung bestätigte, verknüpft Khamenei endgültig seine eigene politische Zukunft, ja vielleicht sogar das Schicksal der „Islamischen Republik“ mit jenem dieses umstrittenen Präsidenten. Zugleich droht dem Iran unter Ahmadinedschad verschärfte diplomatische Isolation, insbesondere seit die Radikalen im Regime mit hemmungsloser Brutalität gegen ihre Kritiker und unschuldige Demonstranten vorgehen und nun einen Schauprozeß eröffneten.

Der Iran wird nun mit einem drastisch geschwächten Regime und Präsidenten erneut die politische Bühne betreten, angesichts der anhaltenden Turbulenzen im Inland kaum in der Lage zu einer entschlossenen außenpolitischen Strategie, die so dringend nötig wäre, um die gefährliche Krise mit dem Westen über das Atomprogramm zu entschärfen und die Chance zu ergreifen, die US-Präsident Obama durch seine ausgestreckt Hand dem „Gottesstaat“ bietet. Vielmehr droht nun eine neue Phase verschärfter Konfrontation. US-Präsident Obama und der G-8-Gipfel setzten Teheran eine Frist bis Ende September, um sich zu entscheiden, ob es den Verhandlungsweg zur Lösung des Atomkonflikts wählen wolle. Außenminister Mottaki reagierte darauf hin mit der Ankündigung eines Vorschlagspakets, das zur Zeit in Vorbereitung sei und eine „gute Basis“ für künftige Gespräche bieten würde. Wiewohl Einzelheiten des Inhalts noch nicht klar sind, steht bereits fest, dass Teheran unter Ahmadinedschad primär die globale atomare Abrüstung, die weltweite Wirtschaftskrise, kulturelle Probleme und internationale Sicherheitsfragen erörtern wolle, nicht aber das Atomprogramm. Ein ähnliches Angebotspaket hatte der Westen bereits im Vorjahr abgelehnt, weil auch damals der Atomstreit ausgeklammert worden war.

Dass Ahmadinedschad aufgrund seiner geschwächten Position zu größerem Entgegenkommen bereit wäre, ist nach Einschätzung von Iran-Kennern auszuschließen. Vielmehr erscheint die Führung – zunächst zumindest – durch die schweren internen Konflikte außenpolitisch vollends gelähmt. So reagierte einzig der Oberkommandieren der Revolutionsgarden, Generalmajor Mohammed Ali Jaafari auf jüngst verschärfte Drohungen gegen sein Land und die erneut wachsende Gefahr eines israelischen Militärschlags, nachdem Israelis Militärmanöver im Roten Meer durchgeführt und hohe US-Sicherheitsoffiziere jüngst mit israelischen Vertretern zusammengetroffen waren. Sollte Israel den Iran angreifen, so Jaafari, werde der Iran gegen israelische Atomanlagen losschlagen.

Unterdessen drohen den Iranern bei ausbleibender Gesprächsbereitschaft verschärfte Sanktionen entweder durch den Weltsicherheitsrat oder sollten diese dort an russischem und chinesischem Veto scheitern durch die USA und deren Verbündete. In Erwägung gezogen wird ein Verbot der Lieferung von Raffinerie-Produkten, wie Kerosin, Benzin, Diesel, Propan- und Butan-Gas, auf deren Importe der Iran angewiesen ist. Zudem planen die USA Einschränkungen der Öl- und Gaskäufe aus dem Iran und der Investitionen im iranischen Öl- und Gas-Sektor. Solche Maßnahmen, die Obama – wenn nötig – bis zum Jahresende verfügen will, würden allerdings primär die nun durch das Regime ohnedies schon so massiv unter Druck stehende Zivilbevölkerung treffen. Für eine totale Isolation Ahmadinedschads als Reaktion auf die massiven Repressionen dürfte es im Westen jedoch angesichts der enormen sicherheitspolitischen Bedeutung des Atomstreits an Einigung fehlen. Hier liegt das Dilemma: Je stärker in die Enge getrieben, desto brutaler und hemmungslöser könnten Irans Despoten im Konflikt im dem Ausland und gegenüber der eigenen Bevölkerung zuschlagen.

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