Jihadis aus der russischen Unruheprovinz kämpfen gegen Assad
und bestärken den Kreml in seiner kompromisslosen Unterstützung des syrischen
Präsidenten
von Birgit Cerha
von Birgit Cerha
Bashar el Assad fühlt wohl den Wind in seinen Segeln.
Syriens schwer bedrängter Präsident sieht zweifellos seine Warnungen
bewahrheitet – zumindest teilweise und allmählich. Die Geschichte, so dozierte
der Syrer jüngst, beweise, dass sich die Unterstützung von Extremisten für
kurzfristigen Nutzen oft als Bumerang erweise. „Jetzt unterstützen sie (der
Westen) Al-Kaida in Syrien und sie werden dafür in Europa und im Herzen der USA
bezahlen.
“ Auch wenn die Bomben von Boston keineswegs Assads Alptraum-Szenario entsprechen, die Hintergründe noch längst nicht geklärt sind, lassen sich doch zutiefst beunruhigende Verbindungen in islamistischen Terrornetzwerken vermuten,, die jegliche internationale Aktionen – diplomatisch, ökonomisch, vor allem aber militärisch – zur Lösung des schier unlösbar scheinenden Krieges hoffnungslos erschweren.
“ Auch wenn die Bomben von Boston keineswegs Assads Alptraum-Szenario entsprechen, die Hintergründe noch längst nicht geklärt sind, lassen sich doch zutiefst beunruhigende Verbindungen in islamistischen Terrornetzwerken vermuten,, die jegliche internationale Aktionen – diplomatisch, ökonomisch, vor allem aber militärisch – zur Lösung des schier unlösbar scheinenden Krieges hoffnungslos erschweren.
Viel spricht dafür, dass die tschetschenische Identität der
mutmaßlichen Attentäter von Boston den
russischen Präsidenten Putin in seiner bedingungslosen Unterstützung Assads und
seiner Blockade jeglicher internationaler Aktion gegen den syrischen Diktator
noch mehr bestärken. Eine von US-Präsident Obama ohnedies kaum ins Auge
gefasste internationale Militärintervention zur Beendigung des Blutvergießens
in Syrien erscheint damit unwahrscheinlicher denn je, ebenso eine von den
Rebellen so eindringlich geforderte Aufrüstung durch Washington und die
Europäer, um den Krieg endlich zur Entscheidung, d.h. zum Sturz Assads, zu
bringen. Zwar verkündete US-Außenminister Kerry am Wochenende eine Verdoppelung
der Hilfe für Assads Gegner auf 250 Mio. Dollar, doch von Waffenlieferungen ist
zur Erbitterung der Rebellen keine Rede. Nachdem die militärisch erfolgreichste
Rebellengruppe, die islamistische Nusra-Front sich jüngst voll zur Ideologie
des Al-Kaida Netzwerkes bekannt hatte, erklärte der höchstrangige US-Offizier,
Vorsitzender des Joint Chiefs of Staff Martin Dempsey, dass er nicht länger
daran glaube, die USA „könnten klar die richtigen Leute identifizieren“, die
sie mit Waffen für den Kampf gegen Assad ausstatten würden. Die Tatsache, dass sich die von Säkularisten
geführte „Freie syrische Armee“ nun von al-Nusra distanzierte, ändert
wenig an der extrem unübersichtlichen militärischen Lage.
Zudem wirft nun das Attentat von Boston ein Schlaglicht auf
die Aktivitäten der tschetschenischen Rebellen, wiewohl sich deren Führung auf
ihrer Internetseite entschieden von dem Terror in den USA distanzierte. Dennoch
gibt es zunehmende Hinweise auf eine stets stärkere Verbindung zwischen den
beiden blutigen Konflikten in Syrien und Tschetschenien. Radikale
tschetschenische Islamisten, die seit den 90er Jahren in ihrer Heimat um
Unabhängigkeit von Russland kämpfen - eine Rebellion, die zeitweise mit
ungeheurer Brutalität mit Unterstützung des Kreml niedergeschlagen wird - haben schon in der Vergangenheit immer
wieder auf der Seite von Gesinnungsgenossen etwa in Afghanistan oder Bosnien
gekämpft. Nach Syrien sind sie jüngst in zunehmender Zahl infiltriert. Aleppo,
die größte, derzeit weitgehend von Al-Nusra dominierte Stadt – liegt nur etwa
1.500 km von Grozny, der Hauptstadt Tschetscheniens, entfernt. Über das
benachbarte Georgien und die Türkei können tschetschenische Jiahdis ohne
Probleme nach Syrien gelangen. Sie
zählen heute nach den Libyern zur zweitstärksten ausländischen Jihadigruppe in
Syrien. Jüngste Berichte der geheimnisvolle Nusral-Führer Abu Mohammed
al-Golani sei ein syrischer Tschetschene, verstärken den Verdacht einer
gefährlichen Verbindung zwischen den beiden Kriegen., in dem einen Fall geht es
um die Unabhängigkeit von Rußland, im anderen gegen den wichtigsten arabischen
Verbündeten des Kreml. In von Rebellen kontrollierten syrischen Gebieten
tauchten jüngst Grafitti, deren Inschriften Moskau zutiefst beunruhigen werden:
„Wir begannen in Syrien und wir werden in Rußland enden.“
Nach Informationen aus Rebellenkreisen formierte sich eine
mit Al-Nusra verbündete Brigade, genannt „Immigranten-Brüder‘“ , die, von dem
Tschetschenen „Omar Abu al-Tschechinien“ kommandiert ausschließlich aus
Islamisten aus der russischen Unruheprovinz zusammengesetzt ist. Die radikalen,
in ihrer Heimat kampferprobten Jihadis könnten das Gleichgewicht der syrischen
Rebellenkräfte zu einem stärkeren Extremismus verschieben.
Tschtscheniens Führer und der Kreml haben unterdessen
wiederholt klargestellt, dass sie eine Heimkehr dieser Jihadis unter allen
Umständen verhindern wollen. Besonders beunruhigt die Gefahr, dass sie mit
Waffen und Finanzmitteln durch Saudi-Arabien, einer der alten Erzfeinde
Rußlands, und Katar ausgestattet, den Kampf der Tschetschenen gegen den Kreml
zu neuem blutigen Schwuing verhelfen werden. Die Olympischen Winterspiele 2014
im nahegelegenen Sotschi haben sie bereits zu ihrem Hauptziel deklariert.
Ein Sieg radikaler, ja vielleicht sogar mit
tschetschenischen Rebellen verbündeter Islamisten über Assad würde für Moskau
nicht nur den Verlust seines letzten arabischen Verbündeten, zudem wichtiger ökonomischer
und militärischer Interessen (dem einzigen Marinehafen am Mittelmeer im
syrischen Tartous) bedeuten, sondern auch eine dramatisch gesteigerte
islamistische Gefahr innerhalb seines eigenen Reichs.
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