Donnerstag, 28. April 2016

Dramatisches Chaos in Bagdad

Iraks mit US-Hilfe aufgebautes politisches System droht zusammen zu brechen – Massenproteste und Turbulenzen im Parlament lähmen das Land
 
 von Birgit Cerha

13 Jahre nach dem Sturz Diktator Saddam Husseins und viereinhalb Jahre nach dem Abzug der US-Truppen steckt der Irak in einer seiner schwersten politischen Krisen. Seit mehr als drei Wochen schafft es Premier Abadi nicht, die Mehrheit im Parlament für ein Technokratenkabinett zu gewinnen, das einen Weg aus der das Land zerstörenden Korruption finden soll. Zunächst hatte das Parlament die Hälfte seiner Ministervorschläge akzeptiert, doch bei der Diskussion über die restlichen Kandidaten kam es zu schweren Turbulenzen, bei denen der Premier mit Wasserflaschen aus dem Abgeordnetenhaus gejagt und Parlamentssprecher Salim al-Jibouri, einer der erfahrensten Politiker der sunnitischen Minderheit, abgesetzt wurde. Zugleich stürzen seit Mitte April Massenproteste und Sitzstreiks Zehntausender Anhänger des mächtigen Schiitengeistlichen Moktada Sadr die Hauptstadt ins Chaos.

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Donnerstag, 21. April 2016

Der rasante Aufstieg eines Alleinherrschers

Wie Saudi-Arabiens junger Verteidigungsminister Macht anhäuft, mit sprunghaften und auch aggressiven Entscheidungen die Stabilität zu gefährden droht

von Birgit Cerha

Mohammed bin Salman kannten nur wenige Saudis, als ihn sein Vater vor einem Jahr zum Verteidigungsminister und stellvertretenden Kronprinzen ernannte. Kurz zuvor hatte der 79-jährige Salman den Thron Saudi-Arabiens bestiegen. Sein 30-Jähriger Lieblingssohn, von seiner Umwelt „MbS“ genannt, häufte in nur wenigen Monaten zahlreiche der wichtigsten Ämter des Königreiches an, präsentiert, dirigiert, visioniert und stürzt sein Land in gefährliche, teils sehr blutige Abenteuer, die nichts anderes erreichen, als die ohnedies schwer angeschlagene Stabilität in der Region weiter zu untergraben. An zweiter Stelle in der Thronfolge, übernimmt MbS zunehmend auch höchste Repräsentationsgeschäfte von seinem demenzkranken Vater, wie auch bei dem gegenwärtig in Riad tagenden Gipfel des Golfkooperationsrates. Niemand kann ihn mehr ignorieren, denn er ist heute der wichtigste Entscheidungsträger eines der reichsten Ölstaaten der Welt und weitet seine Macht stetig aus.

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Saudi-Arabiens Traum von Hegemonie

Teile die Macht in der Region, lautet Obamas Botschaft bei einem Versöhnungsversuch mit dem Haus Saud und dessen Verbündeten am Persischen Golf
Von Birgit Cerha

„Kompliziert“ nennt  Washington die Beziehungen zu Saudi-Arabien. Um in der Endphase seiner Präsidentschaft die Wogen des Ärgers über gravierende Differenzen zwischen den beiden Ländern zu glätten, traf US-Präsident Obama Mittwoch in Riad König Salman und nimmt heute, Donnerstag, am Gipfel des „Golfkooperationsrates“ (GCC) teil. 

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Donnerstag, 14. April 2016

Assads Zukunft bleibt tabu

Syrische Friedensgespräche in kritischer Phase während die wochenlange Feuerpause zusammenzubrechen droht
 
von Birgit Cerha
 
Bashar el Assad spielt auf Zeit und demonstriert Stärke. Während für Mittwoch in Genf der Beginn der nächsten Runde der syrischen Friedensverhandlungen angesetzt war, hat es Syriens Diktator nicht eilig. Seine Delegation wird erst am Donnerstag eintreffen, denn Assad ließ Mittwoch das unter seiner Herrschaft stehende Volk für ein neues Parlament wählen und will damit demonstrieren, dass unter seiner Führung der syrische Staat auch nach fünf grauenvollen Kriegsjahren und mehr als 250.000 Toten immer noch existiert und funktioniert. Seine internen und äußeren Gegner sprechen von Farce und einer ungeheuerlichen Provokation, sollte doch die neue Runde der Friedensgespräche nach den Wünschen des UN-Syrienbeauftragten de Mistura erstmals konkrete Pläne für eine politische Übergangsphase und eine neue Verfassung bringen. Doch die Frage der Zukunft, ja sogar einer Übergangsperiode, ohne ihn - worauf die Opposition beharrt - bleibt für Assad  tabu, seit den dank russischer Hilfe jüngst erzielten Geländegewinnen im Land wohl mehr denn je.

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Dienstag, 12. April 2016

Jemen: Vielleicht wenigstens eine Atempause

von Birgit Cerha

Es ist einer der verheerendsten – und dennoch von der Welt fast vollständig ignorierten - Kriege. Mehr als 9.000 Menschen starben seit Saudi-Arabien im März 2015 an der Spitze einer von den USA, Großbritannien und Kanada unterstützten arabischen Koalition durch Luftangriffe und eine Bodenoffensive die schiitischen Houthi-Rebellen im bitterarmen Nachbarstaat Jemen zu besiegen hoffte. Unterdessen versinkt das Land inmitten allgemeiner Gleichgültigkeit im Chaos. 15 Millionen Menschen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung, sind laut UN „stark hilfsbedürftig“, sieben Millionen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, zehn der 22 Provinzen stehen – aufgrund einer von Riad verhängten Blockade - am Rande der Hungersnot.
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Dienstag, 5. April 2016

Palmyra – die Ikone kultureller Vielfalt

Der Geist der aus den Fängen der islamistischen Barbaren befreiten Wüstenperle lebt fort – Doch die antike Stadt steht vor ihrer größten Herausforderung
 
von Birgit Cerha
 
„Ihre Augen waren schwarz und von außergewöhnlich majestätischem Glanz; ihr Geist von göttlicher Stärke und ihre Schönheit atemberaubend….“ Dichter der Antike wurden nicht müde, sie zu preisen, Zenobia, die „Königin des Ostens“, die sich als Nachfolgerin der schönen Cleopatra sah und die Oase in der syrische Wüste, Palmyra, zu einer Macht aufbaute, die selbst Rom zu trotzen wagte.  „Sie konnte streng sein wie ein Tyrann“, schreiben historische Quellen, „und wohltätig wie ein gütiger Kaiser;  sie trank mit ihren Generälen, sie jagte wie ein Spanier und sie führte Krieg gegen Rom.“
Diese Beschreibung der als „die Schönste und mutigste ihres Geschlechts“ Gepriesenen hat den Test der Zeit überstanden. Sie fasziniert bis heute Wissenschaftler und Laien. Zenobia, die 273 n.Chr. 33-jährig starb, baute die Wüstenoase  nach den Worten des Historikers David Potter „zu einer der außergewöhnlichsten Städte der Antike“ auf.

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