Mittwoch, 28. August 2013

Eine Region in Hochspannung

Syriens Nachbarn befürchten katastrophale Auswirkungen eines Militärschlages – Scharfe Drohungen aus Teheran
 
von Birgit Cerha
 
Das syrische Regime evakuierte Mittwoch  in Erwartung eines von den USA geführten Militärschlags  “strategische Einrichtungen“, während die Spannungen in der Region dramatisch ansteigen.  Syriens Nachbarn Jordanien und die Türkei verlegen Truppen und schweres Kriegsgerät an ihre Grenzen. Beide Länder halten sich für einen möglichen Vergeltungsschlag des Assad-Regimes bereit. Militärexperten gehen davon aus, dass US-Präsident Obama nur einen begrenzten Schlag als „Strafaktion“ wegen des Einsatzes chemischer Waffen gegen Syrien plant und deshalb auf militärische Koordination mit Jordanien, der Türkei oder etwa auch dem Libanon verzichten kann. Dennoch befürchten alle drei Staaten ein dramatisches Anschwellen der Flüchtlingswelle mit möglicherweise gravierenden Folgen für ihre Stabilität.

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Donnerstag, 22. August 2013

Mubaraks „tiefer Staat“ kehrt zurück

Besiegelt die Entlassung des Ex-Diktators aus dem Gefängnis das Ende der demokratischen Revolution in Ägypten?
von Birgit Cerha
„Willkommen daheim“, frohlockt ein ägyptischer Geschäftsmann. “Die Justiz hat (Ex-Präsident) Mubaraks Unschuld festgestellt.“ Andere zeigen offen ihre Empörung: „Die Armee hat die Uhr zurückgedreht. Die alten Tage kehren wieder, nur noch schlimmer als zuvor“, befürchtet ein junger Revolutionär, der vor zweieinhalb Jahren auf dem Kairoer Tahrir-Platz viele Tage lang mit Hunderttausenden Gesinnungsgenossen so erfolgreich nach dem Sturz des Diktators gerufen hatte. Die Kommentare zu der von einem Gericht verfügten Entlassung Mubaraks aus dem Gefängnis zeigen drastisch die tiefe Kluft, die Ägyptens Gesellschaft an den Rand den Abgrunds treibt. Während die einen triumphieren, ist der andere Teil des Landes, - Islamisten, aber auch säkulare Revolutionäre – schockiert und erboßt.

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Sonntag, 18. August 2013

Die wahren Ziele der Moslembruderschaft

Hat sich Ägyptens größte islamitische Bewegung tatsächlich gemäßigt und modernisiert? – Zwei Optionen stehen ihr nun offen
von Birgit Cerha
Der Triumph der ägyptischen Moslembruderschaft (MB) nach mehr als acht Jahrzehnten teils blutigen Ringens um politische Relevanz und Macht währte kaum ein Jahr. Wieder sitzen viele ihrer führenden Mitglieder und Hunderte Anhänger im Gefängnis. Sie präsentieren sich als gewaltlose, demokratiesuchende Opfer einer neuen Militärdiktatur, die sie des Terrors bezichtigt, um sich so den Vorwand zur totalen Zerschlagung der Organisation zu schaffen.

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Donnerstag, 15. August 2013

Ägypten: Zurück zum Nullpunkt

Viele fürchten, das Massaker vom Mittwoch werde das Ende des Weges zur Demokratie markieren und dem Land auf unabsehbare Zeit eine neue Diktatur bescheren
 
 von Birgit Cerha
 
Ägypten hält den Atem an. Die exzessive Gewalt, mit der die Polizei mit Rückendeckung durch die Armee Mittwoch zwei Protestcamps der Moslembrüder in Kairo geräumt hatte, versetzt das Land in Schock und panische Angst vor der Zukunft. Noch nie seit dem Sturz der Monarchie 1952 hatten die Bürger am Nil derart ungehemmten Staatsterror gesehen. Auch nicht unter dem weithin verhassten Diktator Mubarak.525 Tote, überwiegend Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi, lautet die offizielle Bilanz, sie dürfte in Wahrheit weit höher liegen und weiter steigen. Denn nicht nur richten Islamisten nun ihren Zorn gegen die wehrlose koptische Minderheit. Sie wollen sich nicht einschüchtern lassen. Schon stand Donnerstag ein Regierungsgebäude in Kairo in Flammen. Die demokratischen Revolutionäre, allen voran Friedensnobelpreisträger Baradei, die auf die Offiziere und General al-Sisi gesetzt hatten, um Ägypten vor einer islamischen Theokratie den Weg zur Demokratie wieder zu finden, sind konsterniert. Baradei zog die einzig mögliche Konsequenz und legte sein Amt als Vizepräsident zurück.

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Dienstag, 6. August 2013

LEXIKON. Ägypten: Zahlen und Fakten

Ägypten ist mit 84 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste arabische Land.  Der Großteil der Bevölkerung lebt an den Ufern des Nils, auf sieben Prozent der Gesamtfläche von mehr als einer Million km2. Im Großraum der Hauptstadt Kairo, der größten Stadt Afrikas, konzentrieren sich offiziell 16,2 Millionen Einwohnern, in Wahrheit wahrscheinlich 25 Mio. Die Mehrheit der Bevölkerung  bilden die heute ethnisch homogene Gruppe der Ägypter, deren Ursprung bei indigenen afrikanischen Völkern und Arabern liegt. Größte Minderheit mit 140.000 Mitgliedern sind die in Clanstrukturen organisierten Nubier, die überwiegend im Süden des Landes leben und neben dem Arabischen ihre eigene Sprache und Kultur pflegen.  In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Bevölkerung mehr als verdoppelt. Zwischen 1960- und 1970 wurde eine Spitzen-Wachstumsrate von 3% erreicht, die heute auf 1,83% gesunken ist. Das Durchschnittsalter liegt bei 23,4 Jahren, die Lebenserwartung  bei Männern wird auf 72,93 Prozent und 75,66 % bei Frauen. 33,4%  der Bevölkerung ist unter 14 Jahren, 25 Prozent zwischen 18 und 29 und nur 4,3% 65 Jahre und älter. 28,6 % sind Analphabeten.

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Die Wiedergeburt der jungen Ägypter


Die „neuen Helden“ im Land der Pharaonen wollen sich nicht mehr, wie jahrzehntelang, aus dem politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozess verdrängen lassen
von Birgit Cerha

Fasziniert blickt die Welt seit 2011 nach Ägypten, wo eine junge Generation mit enormer Kreativität per Mobiltelefon und Internet für Freiheit und Demokratie kämpft und zweimal einen autokratischen Herrscher (zuerst Hosni Mubarak und am 30. Juni Mohamed Mursi) stürzte. Weltweitbewunderten drei Millionen Menschen über YouTube Ali Mohamed, einen zwölfjährigen Mittelschüler aus einem Kairoer Armenviertel, der während einer Massendemonstration auf dem Tahrir-Platz einer lokalen Fernsehstation in eindrucksvoller Eloquenz eine kritische Analyse der Herrschaft Mursis gab. „Ich höre sehr viel den Menschen zu und ich setze mein Gehirn ein“,  bemerkt Ali auf verwunderte Fragen über sein erstaunliches Wissen und seine Ausdrucksfähigkeit. „Auf das Alter kommt es nicht an, der Verstand zählt!“

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Eine frustrierte Generation


Warum sich die Jugend am Nil nach einem „neuen Ägypten“ sehnt

Von Birgit Cerha
Osama Bisri zieht die Stirn in Falten. Der Gesichtsausdruck des 28-jährigen Ägypters verhärtet sich. Verzweiflung schwingt in seiner Stimme: „Ich will eine Sozialversicherung und eines Tages eine Pension. Ich will nicht ständig mit dem Risiko leben, krank zu werden und ein Vermögen in einem Privatspital zu lassen.“ Und in einem Wortschwall bricht es aus ihm heraus, er spricht von seinen tiefen Frustrationen, seinen quälenden Sorgen vor der Zukunft. Dabei zählt Osama noch zu den Glücklicheren der neuen Generation am Nil. Als Bachelor der Soziologie unterrichtet er in einer Privatschule. Pro Unterrichtsstunde erhält er allerdings einen Hungerlohn von acht ägyptischen Pfund (umgerechnet 0,86 Euro). Arbeitsvertrag gab ihm die Schule aber keinen. Wie viele andere Ägypter mit Hochschulbildung träumt Osama von einer Anstellung im öffentlichen Dienst, wo er all das bekommen könnte, was ihm heute fehlt: die Sicherheit, den Job nicht plötzlich zu verlieren, Sozialversicherung, fixe Arbeitsstunden, ein fixes Gehalt und bezahlten Urlaub. Nur dann kann er auch ans Heiraten denken.

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Freitag, 2. August 2013

Rouhanis „neuer Weg“ für den Iran

Mit seinem Amtsantritt warten auf den siebenten Präsidenten der „Islamischen Republik“ enorme Herausforderungen – Kann er auch nur einen Bruchteil seiner Versprechen erfüllen?
 
 von Birgit Cerha
 
"Seit 20 Jahren hat dieses Land nicht eine derart ruhige Atmosphäre erlebt“ wie heute, preist der prominente erzkonservative Politiker und führender Geschäftsmann die Stimmung im Iran zu Beginn der Amtszeit des neugewählten Präsidenten Hassan Rouhani, der Sonntag vereidigt wird. Nach den Turbulenzen und massiven Repressionen während der Herrschaft seines Vorgängers Ahmadinedschad hat die überraschende Wahl des erfahrenen Zentrumspolitikers Rouhani  mit einem Schlag enorme Hoffnungen im Iran, aber auch international geweckt.

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