Chancen auf Wiederwahl des Iranischen Präsidenten am 12. Juni steigen – Ein Urnengang mit gravierenden Auswirkungen auf die gesamte Region
Viele hatten gehofft, andere hatten befürchtet, Irans Präsident Ahmadinedschad werde „überredet“, auf eine Wiederkandidatur bei den Präsidentschaftswahlen am 12. Juni zu verzichten. Der „Geistliche Führer“ und mächtigste Mann in der „Islamischen Republik“, Ali Khamenei, so die Hoffnung, würde den aggressiven Präsidenten von der politischen Bühne drängen, um einen „großen Handel“ mit dem Erzfeind USA zu ermöglichen. Nach einem anderen Szenario würde Ahmadinedschad selbst das Handtuch werfen, nachdem sich, die Kommandanten der Revolutionsgarden die Unterstützung versagen.
„Politische Astrologen“ im wirren iranischen „Himmel“ sehen unterdessen Ahmadinedschads Stern immer heller leuchten. So hegt etwa ein Teheraner Universitätsprofessor, der angesichts des angespannten Klimas im Iran lieber anonym bleiben will, klare Anzeichen dafür, dass sich Khamenei nun für weitere vier Jahre für Ahmadinedschad entschieden hat. Auch offiziell stellten sich eben zwei einflussreiche Fraktionen der Konservativen, „Osulgarayan“ (Prinzipalisten) im iranischen Sprachgebrauch genannt, hinter den Präsidenten: die „Islamische Revolution Fraktion“, eine neue Gruppe von 90 der 290 Parlamentsabgeordneten, und eine Koalition von 14 konservativen Gruppen, die zwar ebenfalls die erneute Kandidatur unterstützen, sich jedoch „interne Kritik“ vorbehalten will.
Die Erklärungen der beiden Fraktionen sind bemerkenswert, denn der Präsident war in den vergangenen Monaten zunehmend heftig im eigenen Lager, insbesondere in dem von Prinzipalisten dominierten Parlament, kritisiert worden. Dort hatte eine wachsende Zahl von Abgeordneten wegen Ahmadinedschds wilder Rhetorik, seiner oft als dilettantisch und katastrophal empfundenen Politik ernsthaft erwogen, ihre Stimme dem angesehenen ehemaligen Premierminister Mir Hossein Mousavi, der sich nun als Reform-Kandidat präsentiert, zu geben. Nun aber dürfte der Präsident nach jüngsten inoffiziellen Umfragen bereits 200 Abgeordnete hinter sich haben.
Diese zehnten Präsidentschaftswahlen könnten sich nach Einschätzung politischer Beobachter in Teheran als die wichtigsten seit Gründung der „Islamischen Republik“ vor 30 Jahren, für den Iran, doch darüber hinaus für die gesamte Region erweisen. Intern geht es darum, ob die Menschen in einem geschlossenen, repressiven System ausharren und die Hoffnung auf Freiheit verlieren müssen; nach außen steht Irans Position als aggressiv expandierende Regionalmacht im Konkurrenzkampf mit den an Einfluss verlierenden USA auf dem Spiel
Wiewohl Buhmann des Westens und vom Großteil der gebildeten städtischen Bevölkerung des Irans gehasst, kann sich Ahmadinedschad als Champion der Unterprivilegierten vor allem auf die arme ländliche Bevölkerung stützten. Seine revolutionäre Hausmacht wertet seine Außenpolitik als Erfolg. Vier Jahre lang widerstand er immerhin konsequent internationalem Druck, das Atomprogramm aufzugeben und nun verzichtet US-Präsident Obama gar auf die von seinem Vorgänger Bush gestellten Vorbedingungen für Kontakte mit Teheran. Der Preis der internationalen Isolation erscheint diesen Kreisen angesichts solcher „Erfolge“ als weniger bedeutend. Intern nennen Sympathisanten Ahmadinedschads größte Schwäche nicht so sehr die orientierungslose Wirtschaftspolitik, sondern die Unfähigkeit, reiche und korrupte Geistliche zur Rechenschaft zu ziehen. Dieses schon vor fünf Jahren gegebene Wahlversprechen will der Präsident nach eigenen Aussagen in seiner zweiten Amtsperiode endlich durchsetzen.
Noch freilich hat Ahmadinedschad seine Kandidatur nicht einmal angemeldet. Er wolle die Konservativen zuvor hinter sich scharen, stellt ein Vertrauter des Präsidenten klar. Einflussreiche Kreise, wie die Ayatollahs und Großayatollahs in der heiligen Stadt Qom, der Khamenei treu ergebenen „Militanten Vereinigung der Geistlichen“ oder Parlamentspräsident Ali Laridschani haben ihre Präferenzen noch nicht bekannt gegeben. Unklar ist vorerst auch noch, ob die Konservativen – etwa in der Person Laridschanis oder des ehemaligen Kommandanten der Revolutionsgarden und gegenwärtigen Sekretär der Versammlung zur Beaufsichtigung der Regierungspolitk („Schlichtungsrat“, Mohsen Rezai – einen Rivalen aufstellen. Ein Favorit, der Großbürgermeister?? Von Teheran, Qalibaf, springt nicht in den Ring, sondern – wohl ebenso schmerzhaft für Ahmadinedschad – übernahm die Wahlorganisation?? Für Musavi.
Die Reformer haben sich selbst geschwächt, indem sie sich nicht auf einen Kandidaten einigen konnten. Zwei starke Rivalen – Mousavi und der Ex-Parlamentssprecher Mehdi Karubi - spalten dieses Lager und werden wohl kaum in der Lage sein, die ob des Scheiterns der Reformpolitik unter dem damaligen Präsidenten Khatami (1997 bis 2005) tief frustrierten Anhänger für die Stimmabgabe zu mobilisieren, ein Faktum, das den Konservativen nützen dürfte.
Ein iranischer Politologe sieht gravierende außenpolitische Gründe in der Entscheidung Khameneis für Ahmadinedschad. Im engsten Kreis um den „Höchsten Führer“ ist man vor allem skeptisch gegenüber der Politik Obamas, der bisher keinerlei versöhnliche Taten gegenüber dem Iran gesetzt habe. Da Washington vielmehr mit härteren Sanktionen droht, befürchtet man eine Fortsetzung der Linie Bushs, „nur mit netteren Worten“. Hinzu kommen eine neue radikale und aggressiv anti-iranische Regierung in Israel, wachsende Unruhe unter den Nachbarn Pakistan und Irak. „Kohmeini“, so der Politologe, „will in den nächsten vier Jahren nicht eine Taube in die Region entsenden, damit sie die Falken konfrontiert.“
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Dienstag, 28. April 2009
Sonntag, 26. April 2009
Neues im Fall Saberi II.
Die zu acht Jahren wegen „Spionage“ verurteilte amerikanisch-iranische Journalistin Roxana Saberi ist seit 21. April in Hungerstreik und will nach Aussagen ihres Vaters nichts essen, bis sie freigelassen wird.Sie sei nach der Stimme zu urteilen „sehr schwach“ erklärte der Vater am Wochenende. Saberis Anwalt Abdolsamad Choramschahi hatte Samstag Berufung gegen das Urteil eingereicht. Im neuen Verfahren soll ihr nach Aussagen Choramschahis auch die Anwältin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi zur Seite stehen. Präsident Ahmadinedschad weigerte sich als Reaktion auf internationalen Druck dagegen im Fall der Journalistin zu intervenieren und besteht darauf, dass die Gerichte unabhängig gehandelt hätten. Er versprach jedoch, dass ihr volle Rechte gewährt würden.
Sadegh Zibakalam, bekannter Politologie-Professor an der Teheraner Universität setzte sich in einem offenen Brief an den Chef der Justiz Ayatollah Hashemi Shahrudi für Saberi ein und bezeichnete ihr Urteil als äußerst beunruhigend. Er erinnerte daran, dass der Vorwurf der „Spionage“, der „Vorbereitung einer sanften Revolution“ und ähnliche Anschuldigungen in zahlreichen Fällen von den Behörden ohne jegliche rechtliche Basis erhoben worden sei. Er kenne Saberi persönlich und sei überzeugt, dass die Spionagevorwürfe völlig unberechtigt seien. „Wenn Saberi wirklich eine Spionin ist, dann sollte auch ich vor demselben Gericht als ihr Komplize angeklagt werden, denn sie hat mich mehrmals interviewt und einige meiner in verschiedenen Zeitungen erschienen Kolumnen übersetzt und ausländischen Websites gesendet.“
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Sadegh Zibakalam, bekannter Politologie-Professor an der Teheraner Universität setzte sich in einem offenen Brief an den Chef der Justiz Ayatollah Hashemi Shahrudi für Saberi ein und bezeichnete ihr Urteil als äußerst beunruhigend. Er erinnerte daran, dass der Vorwurf der „Spionage“, der „Vorbereitung einer sanften Revolution“ und ähnliche Anschuldigungen in zahlreichen Fällen von den Behörden ohne jegliche rechtliche Basis erhoben worden sei. Er kenne Saberi persönlich und sei überzeugt, dass die Spionagevorwürfe völlig unberechtigt seien. „Wenn Saberi wirklich eine Spionin ist, dann sollte auch ich vor demselben Gericht als ihr Komplize angeklagt werden, denn sie hat mich mehrmals interviewt und einige meiner in verschiedenen Zeitungen erschienen Kolumnen übersetzt und ausländischen Websites gesendet.“
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Freitag, 24. April 2009
Birgit Cerha: Das Ende der Atempause
Ungelöste politische Probleme, ausgebliebene nationale Versöhnung und die harte Hand des machtgierigen Premiers stürzen Irak in eine neue Welle der Gewalt
Die erneut wachsende Zahl schwarzer Banner als Zeichen der Trauer an Häuserwänden und Straßenkreuzungen in Bagdad signalisiert alarmierend, dass die Gewalt Iraks Hauptstadt und andere Teile des Landes wieder in ihren Bann zieht. Und damit wächst nach Monaten relativer Ruhe wieder die Furcht, dass die Glut des Bürgerkrieges zu neuen Flammen emporlodert. 33 Anschläge allein im April. Mit etwa 90 Toten war der 23. April der blutigste Tag im Irak seit mehr als einem Jahr. Während sich US-Soldaten aus dem Irak zum Einsatz im afghanischen Kriegsgebiet aufmachen, beschwichtigt der Oberkommandierende der US-Streitkräfte im Zweistromland, General Raymond Odierno: „Ich kann noch keinen Trend zu zunehmender Gewalt erkennen.“ Doch noch sei die Kapazität der Al-Kaida zu großen Terroranschlägen nicht gebrochen.
Viele Iraker zeigen sich weit pessimistischer. Die Hauptursachen, die den von Diktator Saddam Hussein 2003 befreiten Irak in den Abgrund der Gewalt rissen, sind weitgehend nicht beseitigt, der Hass der Bevölkerungsgruppen aufeinander findet immer neue Nahrung, je mehr irakische Führer selbst das Schicksal des Landes in die Hand zu nehmen suchen. Besonders fatal: ein Prozess der nationalen Versöhnung hat nicht ernsthaft begonnen.
Zwar ist es gelungen, einige arabisch-sunnitische Kreise, die der Sturz dieser traditionell staatstragenden Bevölkerungsgruppe von der Macht in tiefe, teilweise gewalttätige Frustration gestürzt hatte, wieder in den politischen Prozess einzugliedern. Doch viele Konflikte bestehen fort. Es ist kein Zufall, dass die Mehrheit der Opfer des jüngsten Terrors in Bagdad Schiiten sind. Denn die arabischen Sunniten haben de facto die Kontrolle über die Hauptstadt vollends an die schiitische Bevölkerungsmehrheit verloren und Radikale in ihren Kreisen versuchen sich gewaltsam dagegen zu wehren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis militante Schiiten zurückschlagen.
Eine der Hauptursachen für die erneuten blutigen Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten ist die Entschlossenheit des schiitischen Premiers Maliki, die „Erweckungsräte“, auch „Söhne des Iraks“ („Sahwa“) genannt, vollends unter seine Kontrolle zu zwingen. Die Amerikaner hatten mit ehemaligen arabisch-sunnitischen Widerstandskämpfern und auch einigen Al-Kaida Terroristen eine 100.000 Mann starke Miliz, die „Sahwa“ aufgestellt, sie mit Waffen ausgestattet und monatlich je 300 Dollar bezahlt, damit sie nicht mehr die Besatzungstruppen und deren irakische Verbündete, sondern Al-Kaida bekämpften. Die Gewalt ging im Land dramatisch zurück. Im November stoppten die Amerikaner die Bezahlung für die „Sahwa“. Doch Maliki hielt bis heute weitgehend die Versprechen nicht, die „Söhne des Iraks“ in die Sicherheitskräfte oder in den zivilen Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen weiterhin 300 Dollar zu bezahlen.
Das Gefühl von der irakischen Führung betrogen zu werden wuchs unter diesen arabischen Sunniten, als Maliki auch das Amnestie-Versprechen für die ehemaligen Widerstandskämpfer brach und begann, gewaltsam gegen die „Sahwa“ vorzugehen. Die Spannungen zwischen beiden Seiten verschärften sich dramatisch, als Adil al-Mashhadani, einer der Bagdader Führer der „Erweckungsräte“, im März wegen Mordverdachts und Raubes verhaftet wurde. Unterdessen kursieren in Bagdad Gerüchte von einer bevorstehenden Großoffensive der irakischen Sicherheitskräfte gegen die „Sahwa“, die nach Überzeugung Malikis von Baathisten und Al-Kaida Terroristen infiltriert seien.
Der Soziologe und Direktor des Beiruter Instituts für irakische Studiem, Falih Abdul Jabbar, vertritt die Übgerzeugung, dass viele schiitische Führer unter einem „Putsch-Syndrom“ leiden, der panischen Angst, dass die Baath-Partei gewaltsam an die Macht zurückkehrt. Jabbar hält dies für einen Mythos.
Verschärft werden diese Spannungen zwischen arabischen Sunniten und Schiiten durch die Serie bis heute ungelöster politischer Probleme von zentraler Bedeutung für die Zukunft: die umstrittene föderale Struktur mit weitgehenden Rechten für die Kurden, der eskalierende Streit zwischen Kurden und Bagdad um die Ölstadt Kirkuk, ein nationales Ölgesetz, das bisher nicht verabschiedet werden konnte und die wachsende Nervosität angesichts des graduellen Abzugs der US-Truppen, die die Streitenden auseinanderhalten.
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Die erneut wachsende Zahl schwarzer Banner als Zeichen der Trauer an Häuserwänden und Straßenkreuzungen in Bagdad signalisiert alarmierend, dass die Gewalt Iraks Hauptstadt und andere Teile des Landes wieder in ihren Bann zieht. Und damit wächst nach Monaten relativer Ruhe wieder die Furcht, dass die Glut des Bürgerkrieges zu neuen Flammen emporlodert. 33 Anschläge allein im April. Mit etwa 90 Toten war der 23. April der blutigste Tag im Irak seit mehr als einem Jahr. Während sich US-Soldaten aus dem Irak zum Einsatz im afghanischen Kriegsgebiet aufmachen, beschwichtigt der Oberkommandierende der US-Streitkräfte im Zweistromland, General Raymond Odierno: „Ich kann noch keinen Trend zu zunehmender Gewalt erkennen.“ Doch noch sei die Kapazität der Al-Kaida zu großen Terroranschlägen nicht gebrochen.
Viele Iraker zeigen sich weit pessimistischer. Die Hauptursachen, die den von Diktator Saddam Hussein 2003 befreiten Irak in den Abgrund der Gewalt rissen, sind weitgehend nicht beseitigt, der Hass der Bevölkerungsgruppen aufeinander findet immer neue Nahrung, je mehr irakische Führer selbst das Schicksal des Landes in die Hand zu nehmen suchen. Besonders fatal: ein Prozess der nationalen Versöhnung hat nicht ernsthaft begonnen.
Zwar ist es gelungen, einige arabisch-sunnitische Kreise, die der Sturz dieser traditionell staatstragenden Bevölkerungsgruppe von der Macht in tiefe, teilweise gewalttätige Frustration gestürzt hatte, wieder in den politischen Prozess einzugliedern. Doch viele Konflikte bestehen fort. Es ist kein Zufall, dass die Mehrheit der Opfer des jüngsten Terrors in Bagdad Schiiten sind. Denn die arabischen Sunniten haben de facto die Kontrolle über die Hauptstadt vollends an die schiitische Bevölkerungsmehrheit verloren und Radikale in ihren Kreisen versuchen sich gewaltsam dagegen zu wehren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis militante Schiiten zurückschlagen.
Eine der Hauptursachen für die erneuten blutigen Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten ist die Entschlossenheit des schiitischen Premiers Maliki, die „Erweckungsräte“, auch „Söhne des Iraks“ („Sahwa“) genannt, vollends unter seine Kontrolle zu zwingen. Die Amerikaner hatten mit ehemaligen arabisch-sunnitischen Widerstandskämpfern und auch einigen Al-Kaida Terroristen eine 100.000 Mann starke Miliz, die „Sahwa“ aufgestellt, sie mit Waffen ausgestattet und monatlich je 300 Dollar bezahlt, damit sie nicht mehr die Besatzungstruppen und deren irakische Verbündete, sondern Al-Kaida bekämpften. Die Gewalt ging im Land dramatisch zurück. Im November stoppten die Amerikaner die Bezahlung für die „Sahwa“. Doch Maliki hielt bis heute weitgehend die Versprechen nicht, die „Söhne des Iraks“ in die Sicherheitskräfte oder in den zivilen Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen weiterhin 300 Dollar zu bezahlen.
Das Gefühl von der irakischen Führung betrogen zu werden wuchs unter diesen arabischen Sunniten, als Maliki auch das Amnestie-Versprechen für die ehemaligen Widerstandskämpfer brach und begann, gewaltsam gegen die „Sahwa“ vorzugehen. Die Spannungen zwischen beiden Seiten verschärften sich dramatisch, als Adil al-Mashhadani, einer der Bagdader Führer der „Erweckungsräte“, im März wegen Mordverdachts und Raubes verhaftet wurde. Unterdessen kursieren in Bagdad Gerüchte von einer bevorstehenden Großoffensive der irakischen Sicherheitskräfte gegen die „Sahwa“, die nach Überzeugung Malikis von Baathisten und Al-Kaida Terroristen infiltriert seien.
Der Soziologe und Direktor des Beiruter Instituts für irakische Studiem, Falih Abdul Jabbar, vertritt die Übgerzeugung, dass viele schiitische Führer unter einem „Putsch-Syndrom“ leiden, der panischen Angst, dass die Baath-Partei gewaltsam an die Macht zurückkehrt. Jabbar hält dies für einen Mythos.
Verschärft werden diese Spannungen zwischen arabischen Sunniten und Schiiten durch die Serie bis heute ungelöster politischer Probleme von zentraler Bedeutung für die Zukunft: die umstrittene föderale Struktur mit weitgehenden Rechten für die Kurden, der eskalierende Streit zwischen Kurden und Bagdad um die Ölstadt Kirkuk, ein nationales Ölgesetz, das bisher nicht verabschiedet werden konnte und die wachsende Nervosität angesichts des graduellen Abzugs der US-Truppen, die die Streitenden auseinanderhalten.
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Dienstag, 21. April 2009
Fünfte kurdische Buchmesse in Wien
20.4.bis 26.4.2009 in Wien
In der Volkshochschule im zehnten Wiener Gemeindebezirk wurde am 20. April die fünfte kurdische Buchmesse eröffnet, die eine Woche lang viele Bücher über und von Kurde ausstellt, sowie eine Serie von Veranstaltungen auf ihrem Programm hat. Diese Messe erfüllt eine äußerst wichtige Rolle im Bemühen um interkulturellen Dialog, für den Gedankenaustausch zwischen kurdischen und österreichischen Intellektuellen, und die Integration von Kurden in Österreich. Sie bietet vor allem auch Österreichern die Chance, ein wenig mit der ihnen im allgemeinen weitgehend unbekannten kurdischen Kultur und Literatur vertraut zu werden.
Die Tatsache, dass die Buchmesse bereits zu einer regelmäßigen Veranstaltung wurde und Jahr für Jahr eine größere Zahl von kurdischen und auch nicht-kurdischen Verlagen integrieren konnte, zeigt, dass hier bereits eine kleine Tradition entstanden ist, die unbedingt weiter am Leben gehalten werden muß.
Ich glaube, ich irre mich nicht, wenn ich feststelle, dass diese kurdische Buchmesse die einzige kurdische Aktivität auf dem Gebiet der kurdischen Kultur ist, die - in Österreich und auch europaweit – mit konsequenter Regelmäßigkeit stattfindet. Und sie besitzt damit ganz besondere Bedeutung. Komkar, das möchte ich hier betonen, hat sich schon lange in Europa durch die Organisation verschiedener Kulturveranstaltungen in verschiedenen Foren, durch Konferenzen und Festivals, durch Dialoge kurdischer Intellektueller verdient gemacht.
Der kurdischen Buchmesse kommt nach meiner Überzeugung vor allem auch deshalb eine besonders wichtige Rolle zu, weil das kurdische Buch, weil kurdische Publikationen das selbe schwere Schicksal erleiden wie das kurdische Volk insgesamt und seine Sprache. Bis vor kurzem war nicht nur die Publikation von kurdischen Büchern in der Türkei de facto verboten, sondern – wie Sie ja wissen – auch sogar die kurdische Sprache, ja die kurdische Identität überhaupt.
Auch wenn sich die Türkei in jüngster Zeit auf Druck der EU zu gewissen Lockerungen durchgerungen hat, bleibt die Frage der Kurden in diesem Land immer noch juridisch ungelöst. Bis heute wird Kurdisch in der türkischen Verfassung nicht anerkannt, ein Faktum, das enorme praktische Konsequenzen nach sich zieht. Im Irak haben unter der drei Jahrzehnte langen Herrschaft Saddam Husseins Kriege, Bombardierungen, Brandschatzungen, Plünderungen, Morde über Jahrzehnte kurdischen Intellektuellen und Kulturschaffenden den Atem, die Kreativität, Schriftstellern die Chance des Publizierens, all zu oft auch Freiheit und Leben geraubt. Im Iran und in Syrien sind Kurden und ihre Kultur bis heute massivem Druck ausgesetzt.
Die Liebe zur kurdischen Sprache, zu kurdischen Büchern in die Praxis umzusetzen, die Sehnsucht zu verwirklichen, in der Muttersprache zu schreiben und zu publizieren, liegt primär auf den Schultern kurdischer Intellektueller. Sie haben eine heilige Aufgabe zu erfüllen. Sie sind die einzigen, die mit ihren Werken die tiefen Wunden, die Jahrzehnte der Unterdrückung und Mißachtung in die kurdischen Seelen geschlagen haben, lindern, ja vielleicht sogar heilen können. Deshalb ist es auch so dringend nötig, die Liebe zum kurdischen Buch unter den Kurden zu wecken, zu nähren, zu stärken und die kurdische Kultur zu fördern, um der bedrohten kurdischen Identität mehr Widerstands-, mehr Überlebenskraft zu verleihen. Eine Messe, wie diese hier, leistet dafür einen wichtigen Beitrag. Es ist ein Anfang, der fortgesetzt werden muß, nämlich in den Heimatländern der Kurden, insbesondere in der Türkei. Somit übt diese Buchmesse sogar auch eine missionarische Rolle aus, indem sie zur Tradition wird, die in Istanbul, in Ankara weiterlebt und sich in Kurdistan von Stadt zu Stadt zieht.
Das „Institut für Kurdologie – Wien“ und insbesondere die „Kurdische Bibliothek Casme Calil“ in Eichgraben bei Wien atmen durch ihre Arbeit, ihre Aktivitäten den Geist der Liebe zum kurdischen Buch. Diese beiden Institution bemühen sich unter Leitung von Prof. Dr. Jalile Jalil das Bewusstsein kurdischer Intellektueller für ihre Kultur und Literatur, Respekt und Liebe für das kurdische Buch zu fördern, den literarischen Schatz durch die Publikation von Forschungsarbeiten über Literatur, Kunst und Musik zu erweitern. Ein Teil dieses Schatzes steht allen Interessierten jederzeit offen.
Birgit Cerha
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In der Volkshochschule im zehnten Wiener Gemeindebezirk wurde am 20. April die fünfte kurdische Buchmesse eröffnet, die eine Woche lang viele Bücher über und von Kurde ausstellt, sowie eine Serie von Veranstaltungen auf ihrem Programm hat. Diese Messe erfüllt eine äußerst wichtige Rolle im Bemühen um interkulturellen Dialog, für den Gedankenaustausch zwischen kurdischen und österreichischen Intellektuellen, und die Integration von Kurden in Österreich. Sie bietet vor allem auch Österreichern die Chance, ein wenig mit der ihnen im allgemeinen weitgehend unbekannten kurdischen Kultur und Literatur vertraut zu werden.
Die Tatsache, dass die Buchmesse bereits zu einer regelmäßigen Veranstaltung wurde und Jahr für Jahr eine größere Zahl von kurdischen und auch nicht-kurdischen Verlagen integrieren konnte, zeigt, dass hier bereits eine kleine Tradition entstanden ist, die unbedingt weiter am Leben gehalten werden muß.
Ich glaube, ich irre mich nicht, wenn ich feststelle, dass diese kurdische Buchmesse die einzige kurdische Aktivität auf dem Gebiet der kurdischen Kultur ist, die - in Österreich und auch europaweit – mit konsequenter Regelmäßigkeit stattfindet. Und sie besitzt damit ganz besondere Bedeutung. Komkar, das möchte ich hier betonen, hat sich schon lange in Europa durch die Organisation verschiedener Kulturveranstaltungen in verschiedenen Foren, durch Konferenzen und Festivals, durch Dialoge kurdischer Intellektueller verdient gemacht.
Der kurdischen Buchmesse kommt nach meiner Überzeugung vor allem auch deshalb eine besonders wichtige Rolle zu, weil das kurdische Buch, weil kurdische Publikationen das selbe schwere Schicksal erleiden wie das kurdische Volk insgesamt und seine Sprache. Bis vor kurzem war nicht nur die Publikation von kurdischen Büchern in der Türkei de facto verboten, sondern – wie Sie ja wissen – auch sogar die kurdische Sprache, ja die kurdische Identität überhaupt.
Auch wenn sich die Türkei in jüngster Zeit auf Druck der EU zu gewissen Lockerungen durchgerungen hat, bleibt die Frage der Kurden in diesem Land immer noch juridisch ungelöst. Bis heute wird Kurdisch in der türkischen Verfassung nicht anerkannt, ein Faktum, das enorme praktische Konsequenzen nach sich zieht. Im Irak haben unter der drei Jahrzehnte langen Herrschaft Saddam Husseins Kriege, Bombardierungen, Brandschatzungen, Plünderungen, Morde über Jahrzehnte kurdischen Intellektuellen und Kulturschaffenden den Atem, die Kreativität, Schriftstellern die Chance des Publizierens, all zu oft auch Freiheit und Leben geraubt. Im Iran und in Syrien sind Kurden und ihre Kultur bis heute massivem Druck ausgesetzt.
Die Liebe zur kurdischen Sprache, zu kurdischen Büchern in die Praxis umzusetzen, die Sehnsucht zu verwirklichen, in der Muttersprache zu schreiben und zu publizieren, liegt primär auf den Schultern kurdischer Intellektueller. Sie haben eine heilige Aufgabe zu erfüllen. Sie sind die einzigen, die mit ihren Werken die tiefen Wunden, die Jahrzehnte der Unterdrückung und Mißachtung in die kurdischen Seelen geschlagen haben, lindern, ja vielleicht sogar heilen können. Deshalb ist es auch so dringend nötig, die Liebe zum kurdischen Buch unter den Kurden zu wecken, zu nähren, zu stärken und die kurdische Kultur zu fördern, um der bedrohten kurdischen Identität mehr Widerstands-, mehr Überlebenskraft zu verleihen. Eine Messe, wie diese hier, leistet dafür einen wichtigen Beitrag. Es ist ein Anfang, der fortgesetzt werden muß, nämlich in den Heimatländern der Kurden, insbesondere in der Türkei. Somit übt diese Buchmesse sogar auch eine missionarische Rolle aus, indem sie zur Tradition wird, die in Istanbul, in Ankara weiterlebt und sich in Kurdistan von Stadt zu Stadt zieht.
Das „Institut für Kurdologie – Wien“ und insbesondere die „Kurdische Bibliothek Casme Calil“ in Eichgraben bei Wien atmen durch ihre Arbeit, ihre Aktivitäten den Geist der Liebe zum kurdischen Buch. Diese beiden Institution bemühen sich unter Leitung von Prof. Dr. Jalile Jalil das Bewusstsein kurdischer Intellektueller für ihre Kultur und Literatur, Respekt und Liebe für das kurdische Buch zu fördern, den literarischen Schatz durch die Publikation von Forschungsarbeiten über Literatur, Kunst und Musik zu erweitern. Ein Teil dieses Schatzes steht allen Interessierten jederzeit offen.
Birgit Cerha
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Montag, 20. April 2009
Neues im Fall Saberi I.
Irans Justizchef Ayatollah Shahrudi befahl Montag ein „rasches und faires“ Berufungsverfahren gegen die amerikanisch-iranischer Reporterin Roxana Saberi. Kurz zuvor hatte Präsident Ahmadinedschad betont, die Samstag wegen Spionage zu acht Jahren Gefängnis verurteilte Journalistin müsse volles Recht erhalten, sich bei dem Berufungsprozeß selbst zu verteidigen. Zugleich mahnte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran US-Präsident Obama, den Fall nicht zu kommentieren, ohne die Unterlagen gesehen zu haben. Saberis Anklage schließe „die illegale Sammlung von Informationen und Nachrichten mit ein“. Obama hatte Sonntag seine „tiefe Sorge“ über das Urteil kundgetan. Ahmadinedschads Reaktion ist ein weiterer Hinweis darauf, dass der Präsident – im Gegensatz zu anderen radikalen Kreisen im Regime – die Chance auf einen Dialog mit dem „großen Satan“ USA nicht zerstören will.
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Sonntag, 19. April 2009
Birgit Cerha: Roxana Saberi: eine Geisel iranischer Radikaler
Wie eine amerikanisch-iranische Journalistin in den Hexenkessel des Machtkampfes in der „Islamischen Republik“ geriet
Geiselnahmen, Verhaftungen, Gefängnis, ja gar Todesurteile zählen zu den Methoden der „Islamischen Republik“, außenpolitische Signale zu setzen oder auf westliche Mächte Druck auszuüben. Faradsch Sarkuhi, iranischer Journalist mit engen Beziehungen zu Deutschland, musste dies in den 90er Jahre erfahren und hätte fast mit seinem Leben bezahlt, weil das iranische Regime durch Exekutionsdrohung gegen ihn ein Berliner Gericht von der Verurteilung der Mörder von vier iranisch-kurdischen Oppositionellen abhalten wollte. Vergeblich. Internationaler Druck rettete Sarkuhis Leben und Freiheit.
Jüngstes Opfer solch barbarischer Methoden ist die 31-jährige amerikanisch-iranische Doppelstaatsbürgerin Roxana Saberi, die nach einem geheimen Schnellverfahren des Revolutionsgerichts Samstag wegen Spionage für die USA zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Amerikanisch-iranische Doppelstaatsbürger sind seit einigen Jahren im Iran besonderen Gefahren ausgesetzt. Sie gelten als Hauptverdächtige für die Durchsetzung der vom amerikanischen Ex-Präsidenten Bush entwickelten Strategie der „sanften Revolution“ zum Sturz des iranischen Regimes durch interne Subversion. Dafür ließ Bush auch Millionen von Dollar springen. Mehrere Doppelstaatsbürger waren in den vergangenen Jahren wegen Spionageverdachts verhaftet worden, doch keiner wurde angeklagt. Alle erlangten wieder ihre Freiheit. Saberi ist der erste Fall einer – zudem noch extrem harschen – Verurteilung.
Die heute 31-jährige Tochter eines Iraners und einer Japanerin wurde in den USA geboren, schloß in Minnesota ein Universitätsstudium in Massenkommunikation und Französisch ab.
Nachdem sie 1997 zur Miss North Dakota gekürt worden war, zog sie vor sechs Jahren in den Iran, um dort iranische Studien zu absolvieren und ein Buch über das Leben im Iran zu schreiben. Gleichzeitig arbeitete sie als Journalistin für amerikanische Fernsehsender und das britische BBC. 2006 wurde ihr von den Teheraner Behörden die Akkreditierung entzogen, doch Saberi stellte ihre journalistische Arbeit nicht ein.
US-Präsident Obama reagierte Sonntag vorsichtig, aber tief enttäuscht über das Urteil und Außenministerin Clinton versprach, sich voll für ihre Freilassung zu engagieren. Behauptungen des Richters, Saberi hätte von Regierungsbeamten Informationen und Dokumente gesammelt und dem US-Geheimdienst übergeben, weisen die US-Behörden energisch zurück. Beweise präsentierte das iranische Gericht bisher keine.
Die Entwicklung in Saberis Fall nährt den Verdacht, dass die junge Frau tatsächlich in den Hexenkessel politischer Machenschaften geraten ist, dass radikale Kräften im Regime ihre Kontrolle der Sicherheitsapparate nicht nur für persönliche Zwecke, sondern auch zur Verfolgung politischer Interessen nutzen, die Journalistin missbrauchen, um die Annäherung zwischen den USA und Iran zu boykottieren. Roxanas Verhaftung im Januar – offiziell wegen des Kaufs einer Flasche des Muslimen verbotenen Weins – fiel mit der Inauguration Obamas zusammen, der schon im voraus die Absicht eines direkten Dialogs mit Teheran bekundet hatte. Kurz nach Obamas Friedensbotschaft zum iranischen Neujahr, Nowruz, am 21. März, bezichtigten iranische Ankläger Saberi illegaler journalistischer Aktivitäten und der plötzliche Vorwurf der Spionage fiel zusammen mit dem – bemerkenswerterweise vom iranischen Außenministerium eifrig dementierten – Händedruck zwischen dem US-Afghanistan-Unterhändler Holbrooke und dem stellvertretenden iranischen Außenminister bei der jüngsten Afghanistan-Konferenz in Den Haag. In der Vorwoche führte Holbrooke eine kurze Konversation mit Irans Außenminister Mottaki bei einer Konferenz in Tokio, während sich die Anzeichen auf amerikanische Entschlossenheit mehren, mit dem Iran in direktem Dialog zu treten mehren.
Der Fall Saberi baut sich nun als neue Hürde in der Annäherung zwischen den beiden Erzfeinden auf. Einerseits geht es den Iranern zweifellos darum, bei möglichen Gesprächen mit den USA vom Atomprogramm abzulenken, an dem sie demonstrativ festzuhalten gedenken. Das Schicksal von drei amerikanisch-iranischen Bürgern – neben Saberi die im Oktober verhaftete Frauenrechtlerin Esha Momeni, die zwar derzeit in Freiheit ist, doch das Land nicht verlassen darf, und der mit Zigarettenschmuggel befasste Privatdetektiv Rober Levinson, der 2007 auf der iranischen Insel Kish verschwand - sollte nun im Zentrum eines Dialogs und eines möglichen Handels stehen. Teheran geht es um die Freilassung von drei iranischen Diplomaten, die seit 2007 von US-Truppen im Irak ohne Gerichtsverfahren festgehalten werden.
Während weite Kreise der iranischen Bevölkerung und auch Kräfte im Regime eine Annäherung an die USA befürworten, sehen mächtige Radikale ihre Interessen und ihren Einfluß durch eine Versöhnungspolitik ernsthaft gefährdet. Wer in diesem Tauziehen die Oberhand gewinnt, entscheidet über Roxana Saberis Schicksal.
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Geiselnahmen, Verhaftungen, Gefängnis, ja gar Todesurteile zählen zu den Methoden der „Islamischen Republik“, außenpolitische Signale zu setzen oder auf westliche Mächte Druck auszuüben. Faradsch Sarkuhi, iranischer Journalist mit engen Beziehungen zu Deutschland, musste dies in den 90er Jahre erfahren und hätte fast mit seinem Leben bezahlt, weil das iranische Regime durch Exekutionsdrohung gegen ihn ein Berliner Gericht von der Verurteilung der Mörder von vier iranisch-kurdischen Oppositionellen abhalten wollte. Vergeblich. Internationaler Druck rettete Sarkuhis Leben und Freiheit.
Jüngstes Opfer solch barbarischer Methoden ist die 31-jährige amerikanisch-iranische Doppelstaatsbürgerin Roxana Saberi, die nach einem geheimen Schnellverfahren des Revolutionsgerichts Samstag wegen Spionage für die USA zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Amerikanisch-iranische Doppelstaatsbürger sind seit einigen Jahren im Iran besonderen Gefahren ausgesetzt. Sie gelten als Hauptverdächtige für die Durchsetzung der vom amerikanischen Ex-Präsidenten Bush entwickelten Strategie der „sanften Revolution“ zum Sturz des iranischen Regimes durch interne Subversion. Dafür ließ Bush auch Millionen von Dollar springen. Mehrere Doppelstaatsbürger waren in den vergangenen Jahren wegen Spionageverdachts verhaftet worden, doch keiner wurde angeklagt. Alle erlangten wieder ihre Freiheit. Saberi ist der erste Fall einer – zudem noch extrem harschen – Verurteilung.
Die heute 31-jährige Tochter eines Iraners und einer Japanerin wurde in den USA geboren, schloß in Minnesota ein Universitätsstudium in Massenkommunikation und Französisch ab.
Nachdem sie 1997 zur Miss North Dakota gekürt worden war, zog sie vor sechs Jahren in den Iran, um dort iranische Studien zu absolvieren und ein Buch über das Leben im Iran zu schreiben. Gleichzeitig arbeitete sie als Journalistin für amerikanische Fernsehsender und das britische BBC. 2006 wurde ihr von den Teheraner Behörden die Akkreditierung entzogen, doch Saberi stellte ihre journalistische Arbeit nicht ein.
US-Präsident Obama reagierte Sonntag vorsichtig, aber tief enttäuscht über das Urteil und Außenministerin Clinton versprach, sich voll für ihre Freilassung zu engagieren. Behauptungen des Richters, Saberi hätte von Regierungsbeamten Informationen und Dokumente gesammelt und dem US-Geheimdienst übergeben, weisen die US-Behörden energisch zurück. Beweise präsentierte das iranische Gericht bisher keine.
Die Entwicklung in Saberis Fall nährt den Verdacht, dass die junge Frau tatsächlich in den Hexenkessel politischer Machenschaften geraten ist, dass radikale Kräften im Regime ihre Kontrolle der Sicherheitsapparate nicht nur für persönliche Zwecke, sondern auch zur Verfolgung politischer Interessen nutzen, die Journalistin missbrauchen, um die Annäherung zwischen den USA und Iran zu boykottieren. Roxanas Verhaftung im Januar – offiziell wegen des Kaufs einer Flasche des Muslimen verbotenen Weins – fiel mit der Inauguration Obamas zusammen, der schon im voraus die Absicht eines direkten Dialogs mit Teheran bekundet hatte. Kurz nach Obamas Friedensbotschaft zum iranischen Neujahr, Nowruz, am 21. März, bezichtigten iranische Ankläger Saberi illegaler journalistischer Aktivitäten und der plötzliche Vorwurf der Spionage fiel zusammen mit dem – bemerkenswerterweise vom iranischen Außenministerium eifrig dementierten – Händedruck zwischen dem US-Afghanistan-Unterhändler Holbrooke und dem stellvertretenden iranischen Außenminister bei der jüngsten Afghanistan-Konferenz in Den Haag. In der Vorwoche führte Holbrooke eine kurze Konversation mit Irans Außenminister Mottaki bei einer Konferenz in Tokio, während sich die Anzeichen auf amerikanische Entschlossenheit mehren, mit dem Iran in direktem Dialog zu treten mehren.
Der Fall Saberi baut sich nun als neue Hürde in der Annäherung zwischen den beiden Erzfeinden auf. Einerseits geht es den Iranern zweifellos darum, bei möglichen Gesprächen mit den USA vom Atomprogramm abzulenken, an dem sie demonstrativ festzuhalten gedenken. Das Schicksal von drei amerikanisch-iranischen Bürgern – neben Saberi die im Oktober verhaftete Frauenrechtlerin Esha Momeni, die zwar derzeit in Freiheit ist, doch das Land nicht verlassen darf, und der mit Zigarettenschmuggel befasste Privatdetektiv Rober Levinson, der 2007 auf der iranischen Insel Kish verschwand - sollte nun im Zentrum eines Dialogs und eines möglichen Handels stehen. Teheran geht es um die Freilassung von drei iranischen Diplomaten, die seit 2007 von US-Truppen im Irak ohne Gerichtsverfahren festgehalten werden.
Während weite Kreise der iranischen Bevölkerung und auch Kräfte im Regime eine Annäherung an die USA befürworten, sehen mächtige Radikale ihre Interessen und ihren Einfluß durch eine Versöhnungspolitik ernsthaft gefährdet. Wer in diesem Tauziehen die Oberhand gewinnt, entscheidet über Roxana Saberis Schicksal.
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Dienstag, 14. April 2009
Birgit:Cerha: Bleibt die Faust im Samthandschuh?
US-Präsident Obama baut verbale Brücken zur islamischen Welt – Doch nur wenn den Worten auch Taten folgen lässt sich Vertrauen aufbauen
„Ein Wendepunkt“, „eine frische Brise“: Medien und Politiker der arabischen, der islamischen Welt werden nicht müde, US-Präsident Obama in hoffnungsfrohen Worten als „Brückenbauer“ zu feiern, seine „mutige, demütige und ehrliche“ Friedensbotschaft an die Muslime („Die USA stehen nicht in einem Krieg mit dem Islam“) in ihrer weit reichenden Bedeutung zu analysieren. Libyens Revolutionsführer Gadafi hält Obama gar für „ein Leuchtfeuer in der Finsternis des Imperialismus“, da er den Muslimen Respekt zollt.
Es ist Obamas Abkehr von der Arroganz seines Vorgängers Bush, von der wiederholten Demütigung der Welt des Islam, die im Mittleren Osten einen tiefen Eindruck hinterlässt, Obamas Bruch mit der Islamophobie, die seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 das Handeln der US-Führer in den Augen vieler Menschen der Region beherrschte. Mit seinen milden, beruhigenden Worten hätte er den von Bush geprägten Begriff der „Achse des Bösen“ (Saddam Husseins Irak, Iran, Nord-Korea und Syrien) aus der Welt geschafft. „Hierin liegt die größte Bedeutung (von Obamas Aussagen), dass es keine Stereotypen über ‚Gute’ und ‚Böse“ mehr gibt“, analysiert der ägyptische Politiker Ezzedine Choukri. „Stattdessen werden wir uns künftig mit Sachfragen befassen und darüber mit verschiedenen Ländern diskutieren.“
Auch aus höchsten religiösen Kreisen kommt Lob für den Amerkaner, der den Dialog zwischen Islam und dem Westen fördere, so Scheich Abdel Fattah Alaam, hoher Repräsentant der Kairoer Al Azhar Universität, und zur Verbreitung von Toleranz und Gerechtigkeit beitrage. Selbst konservative islamische Würdenträger zeigen sich beeindruckt: Die islamische Welt müsse positiv reagieren, fordert Nimaa Al-Abadi von der einflussreichen schiitischen Hochschule im irakischen Nadschaf und einer der höchsten schiitischen Autoritäten, der libanesische Groß-Ayatollah Mohammed Hussein Fadlallah, geistlicher Mentor der Hisbollah, preist Obamas „Ernsthaftigkeit“ und „menschliche Werte“, doch man müsse ihn an seinen Taten messen.
In Saudi-Arabien spricht Scheich Mohammed al Nujaimi die Hoffnung vor allem pro-westlicher, gemäßigter Kreise der Region, wie des saudischen, ägyptischen oder jordanischen Regimes aus, dass Obamas Botschaft den radikalen, gewalttätigen Islamisten den Boden entziehen werde. Diese neue Position der USA würde es weit schwieriger machen, „junge Muslime für Terrorattacken zu rekrutieren, da ihnen die Argumente ausgehen“, meint Nuhaimi, der als führendes Mitglied eines Komitees zur Rehabilitierung militanter Muslime über reiche Erfahrung im Umgang mit Extremisten verfügt. Bush, darin sind sich viele gemäßigte Muslime einig, „war ein Segen für radikale Ideologen“, da er es ihnen so einfach machte, Amerika zu dämonisiseren. Al-Kaida Führer wie Ayman al-Zawahiri erkannten dies schon früh und begannen Obama in Videobotschaften zu attackieren, bevor er überhaupt sein Amt angetreten hatte.
Doch Bushs Haß-Ideologie hat in der arabischen Welt tiefe Spuren hinterlassen. So hochwillkommen Obamas sanfte Rhetorik auch sein mag, die Wunden sitzen tief. Nach den ersten euphorischen Kommentaren gewinnt die Skepsis an Boden. Zahlreiche politische Analytiker befürchten, Obama habe Erwartungen auf einen tiefgreifenden Wandel in der US-Politik gegenüber der Region geweckt, die er nicht werde erfüllen können. Aus Umfragen geht längst hervor, dass die Lösung des Palästinenserproblems durch Gründung eines eigenen Staates höchste Priorität in den Erwartungen vieler Menschen von den US-Politik besitzt. Wiewohl ein immer wieder von manchen Kreisen insbesondere im Westen heraufbeschworener „Konflikt der Kulturen“ zwar Spannungen verschärfte, liegt „das eigentliche Problem“ zwischen dem Westen und der islamischen Welt „nicht im Glauben, sondern in der Außenpolitik, vor allem der amerikanischen Unterstützung Israels und diverser Diktatoren und Autokraten in der arabischen und asiatischen Region“, stellt der libanesische Kommentator Rami Khouri fest. Und er kritisiert Obamas „leere Verallgemeinerungen“, mit denen er die islamische Welt angesprochen hätte. Sie ließen auf ein Zögern im politischen Umgang mit dieser Region erkennen.
Dieser Kritik schließen sich auch andere an, allen voran die Palästinenser. Während man weithin Obamas wiederholte Bekräftigung der “Zweistaatenlösung“ preist, lebt die Sorge vieler fort, auch Obama werde, wie seine Vorgänger, Israel nicht zu Zugeständnissen drängen. Nichts lässt vorerst erkennen, dass der US-Präsident bereit sein könnte, mit gemäßigteren Kräften der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah in Dialog zu treten. Wenn von Friedensverhandlungen die Rede ist, dann befürchten viele Palästinenser, dass Israel durch seine Siedlungspolitik bereits die Gründung eines Palästinenserstaates unmöglich gemacht habe. Als ersten großen Test für die wahren Intentionen Obamas sieht man die Frage, ob Obama die neue radikale israelische Regierung, die von einem Palästinenserstaat nicht einmal in der Theorie etwas wissen will, zu einem Stopp der Besiedlung westjordanischen Landes zwingen werde.
Auch im Irak weckt Obama gemischte Gefühle. Wiewohl die arabischen Iraker einhellig die Entschlossenheit zum Rückzug der US-Truppen aus dem Lande begrüßen, irritiert viele die Tatsache, dass mindestens 50.000 Mann noch für unabsehbare Zeit im Land verbleiben werden.
Dennoch werden die Iraker Obama letztlich danach beurteilen, ob die USA ihre Heimat endlich zu Sicherheit und Stabilität zu führen vermögen.
Aus dem Iran, dem Obama in seiner Mittelostpolitik allerhöchste Priorität einräumt, blieben bisher positive Reaktionen aus. Man müsse die Botschaften des US-Präsidenten erst einmal sorgfältig analysieren, heißt es, während Präsident Ahmadinedschad klarstellt, dass es in der Atompolitik keine Zugeständnisse geben könne. In politischen Kreisen Teherans misstraut man dem Amerikaner, der zwar, im Gegensatz zu Bush, auf offene Drohungen verzichtete, dennoch sehr deutliche Worte fand: die Führer der „Islamischen Republik müssen entscheiden, ob sie (Atom-)Waffen oder eine bessere Zukunft für ihre Bevölkerung bauen wollen…“ Solche Worte erzürnen die islamischen Herrscher, bleibt doch bisher unbewiesen, dass sie überhaupt Atomwaffen bauen. Dass Obama Teherans Forderung nach Anerkennung als gleichwertigen Gesprächspartner erfüllen könnte, vermag man in der „Islamischen Republik“ deshalb nicht zu erkennen. „Obama muß seinen Worten Taten folgen lassen“, stellt Ahmadinedschad in einem Interview mit „Der Spiegel“ klar, sonst könne von einem von einem „Neuanfang in den Beziehungen“ keine Rede sein.
Während Präsident Assad, mit dem Obama eine vorsichtige Annäherung begann, seine Bereitschaft zur Vermittlung im Iran-Konflikt bekundet, irritiert viele Syrer, wie andere arabische Kreise die latente westliche Doppelmoral, an der sich auch der neue US-Präsident orientiere. „Wie kann er über Atomwaffen in der Region reden, den Iran erwähnen und Israel völlig ignorieren, das über mehr als 500 atomare Sprengköpfe verfügt“, eine Frage, die viele stellen.
Im Grunde scheine sich Obama auf die Erhaltung des Status quo in der Region zu konzentrieren, meint der Orient-Experte Joshua Landis und er versuche, die Radikalisierung durch eine Mischung von Einbindung gemäßigt-militanter Kräfte und kleinen Zuckerbroten, wie die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen etwa zu Syrien und die Aufhebung von Sanktionen gegen Damaskus abzuschwächen. Etwas weniger pessimistisch sieht es Rami Khouri: Die Region werde nun gespannt auf die politischen Zeichen warten, die Obamas „netter Rhetorik“ folgen sollten.
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„Ein Wendepunkt“, „eine frische Brise“: Medien und Politiker der arabischen, der islamischen Welt werden nicht müde, US-Präsident Obama in hoffnungsfrohen Worten als „Brückenbauer“ zu feiern, seine „mutige, demütige und ehrliche“ Friedensbotschaft an die Muslime („Die USA stehen nicht in einem Krieg mit dem Islam“) in ihrer weit reichenden Bedeutung zu analysieren. Libyens Revolutionsführer Gadafi hält Obama gar für „ein Leuchtfeuer in der Finsternis des Imperialismus“, da er den Muslimen Respekt zollt.
Es ist Obamas Abkehr von der Arroganz seines Vorgängers Bush, von der wiederholten Demütigung der Welt des Islam, die im Mittleren Osten einen tiefen Eindruck hinterlässt, Obamas Bruch mit der Islamophobie, die seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 das Handeln der US-Führer in den Augen vieler Menschen der Region beherrschte. Mit seinen milden, beruhigenden Worten hätte er den von Bush geprägten Begriff der „Achse des Bösen“ (Saddam Husseins Irak, Iran, Nord-Korea und Syrien) aus der Welt geschafft. „Hierin liegt die größte Bedeutung (von Obamas Aussagen), dass es keine Stereotypen über ‚Gute’ und ‚Böse“ mehr gibt“, analysiert der ägyptische Politiker Ezzedine Choukri. „Stattdessen werden wir uns künftig mit Sachfragen befassen und darüber mit verschiedenen Ländern diskutieren.“
Auch aus höchsten religiösen Kreisen kommt Lob für den Amerkaner, der den Dialog zwischen Islam und dem Westen fördere, so Scheich Abdel Fattah Alaam, hoher Repräsentant der Kairoer Al Azhar Universität, und zur Verbreitung von Toleranz und Gerechtigkeit beitrage. Selbst konservative islamische Würdenträger zeigen sich beeindruckt: Die islamische Welt müsse positiv reagieren, fordert Nimaa Al-Abadi von der einflussreichen schiitischen Hochschule im irakischen Nadschaf und einer der höchsten schiitischen Autoritäten, der libanesische Groß-Ayatollah Mohammed Hussein Fadlallah, geistlicher Mentor der Hisbollah, preist Obamas „Ernsthaftigkeit“ und „menschliche Werte“, doch man müsse ihn an seinen Taten messen.
In Saudi-Arabien spricht Scheich Mohammed al Nujaimi die Hoffnung vor allem pro-westlicher, gemäßigter Kreise der Region, wie des saudischen, ägyptischen oder jordanischen Regimes aus, dass Obamas Botschaft den radikalen, gewalttätigen Islamisten den Boden entziehen werde. Diese neue Position der USA würde es weit schwieriger machen, „junge Muslime für Terrorattacken zu rekrutieren, da ihnen die Argumente ausgehen“, meint Nuhaimi, der als führendes Mitglied eines Komitees zur Rehabilitierung militanter Muslime über reiche Erfahrung im Umgang mit Extremisten verfügt. Bush, darin sind sich viele gemäßigte Muslime einig, „war ein Segen für radikale Ideologen“, da er es ihnen so einfach machte, Amerika zu dämonisiseren. Al-Kaida Führer wie Ayman al-Zawahiri erkannten dies schon früh und begannen Obama in Videobotschaften zu attackieren, bevor er überhaupt sein Amt angetreten hatte.
Doch Bushs Haß-Ideologie hat in der arabischen Welt tiefe Spuren hinterlassen. So hochwillkommen Obamas sanfte Rhetorik auch sein mag, die Wunden sitzen tief. Nach den ersten euphorischen Kommentaren gewinnt die Skepsis an Boden. Zahlreiche politische Analytiker befürchten, Obama habe Erwartungen auf einen tiefgreifenden Wandel in der US-Politik gegenüber der Region geweckt, die er nicht werde erfüllen können. Aus Umfragen geht längst hervor, dass die Lösung des Palästinenserproblems durch Gründung eines eigenen Staates höchste Priorität in den Erwartungen vieler Menschen von den US-Politik besitzt. Wiewohl ein immer wieder von manchen Kreisen insbesondere im Westen heraufbeschworener „Konflikt der Kulturen“ zwar Spannungen verschärfte, liegt „das eigentliche Problem“ zwischen dem Westen und der islamischen Welt „nicht im Glauben, sondern in der Außenpolitik, vor allem der amerikanischen Unterstützung Israels und diverser Diktatoren und Autokraten in der arabischen und asiatischen Region“, stellt der libanesische Kommentator Rami Khouri fest. Und er kritisiert Obamas „leere Verallgemeinerungen“, mit denen er die islamische Welt angesprochen hätte. Sie ließen auf ein Zögern im politischen Umgang mit dieser Region erkennen.
Dieser Kritik schließen sich auch andere an, allen voran die Palästinenser. Während man weithin Obamas wiederholte Bekräftigung der “Zweistaatenlösung“ preist, lebt die Sorge vieler fort, auch Obama werde, wie seine Vorgänger, Israel nicht zu Zugeständnissen drängen. Nichts lässt vorerst erkennen, dass der US-Präsident bereit sein könnte, mit gemäßigteren Kräften der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah in Dialog zu treten. Wenn von Friedensverhandlungen die Rede ist, dann befürchten viele Palästinenser, dass Israel durch seine Siedlungspolitik bereits die Gründung eines Palästinenserstaates unmöglich gemacht habe. Als ersten großen Test für die wahren Intentionen Obamas sieht man die Frage, ob Obama die neue radikale israelische Regierung, die von einem Palästinenserstaat nicht einmal in der Theorie etwas wissen will, zu einem Stopp der Besiedlung westjordanischen Landes zwingen werde.
Auch im Irak weckt Obama gemischte Gefühle. Wiewohl die arabischen Iraker einhellig die Entschlossenheit zum Rückzug der US-Truppen aus dem Lande begrüßen, irritiert viele die Tatsache, dass mindestens 50.000 Mann noch für unabsehbare Zeit im Land verbleiben werden.
Dennoch werden die Iraker Obama letztlich danach beurteilen, ob die USA ihre Heimat endlich zu Sicherheit und Stabilität zu führen vermögen.
Aus dem Iran, dem Obama in seiner Mittelostpolitik allerhöchste Priorität einräumt, blieben bisher positive Reaktionen aus. Man müsse die Botschaften des US-Präsidenten erst einmal sorgfältig analysieren, heißt es, während Präsident Ahmadinedschad klarstellt, dass es in der Atompolitik keine Zugeständnisse geben könne. In politischen Kreisen Teherans misstraut man dem Amerikaner, der zwar, im Gegensatz zu Bush, auf offene Drohungen verzichtete, dennoch sehr deutliche Worte fand: die Führer der „Islamischen Republik müssen entscheiden, ob sie (Atom-)Waffen oder eine bessere Zukunft für ihre Bevölkerung bauen wollen…“ Solche Worte erzürnen die islamischen Herrscher, bleibt doch bisher unbewiesen, dass sie überhaupt Atomwaffen bauen. Dass Obama Teherans Forderung nach Anerkennung als gleichwertigen Gesprächspartner erfüllen könnte, vermag man in der „Islamischen Republik“ deshalb nicht zu erkennen. „Obama muß seinen Worten Taten folgen lassen“, stellt Ahmadinedschad in einem Interview mit „Der Spiegel“ klar, sonst könne von einem von einem „Neuanfang in den Beziehungen“ keine Rede sein.
Während Präsident Assad, mit dem Obama eine vorsichtige Annäherung begann, seine Bereitschaft zur Vermittlung im Iran-Konflikt bekundet, irritiert viele Syrer, wie andere arabische Kreise die latente westliche Doppelmoral, an der sich auch der neue US-Präsident orientiere. „Wie kann er über Atomwaffen in der Region reden, den Iran erwähnen und Israel völlig ignorieren, das über mehr als 500 atomare Sprengköpfe verfügt“, eine Frage, die viele stellen.
Im Grunde scheine sich Obama auf die Erhaltung des Status quo in der Region zu konzentrieren, meint der Orient-Experte Joshua Landis und er versuche, die Radikalisierung durch eine Mischung von Einbindung gemäßigt-militanter Kräfte und kleinen Zuckerbroten, wie die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen etwa zu Syrien und die Aufhebung von Sanktionen gegen Damaskus abzuschwächen. Etwas weniger pessimistisch sieht es Rami Khouri: Die Region werde nun gespannt auf die politischen Zeichen warten, die Obamas „netter Rhetorik“ folgen sollten.
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