Das Atomprogramm und Irans Isolation könnten die Präsidentschaftswahlen in einem ungewöhnlich harten Konkurrenzkampf entscheiden
Noch nie seit Revolutionsführer Khomeini vor drei Jahrzehnten den „Gottesstaat“ im Reich der Perser gründete, musste ein amtierender Präsident um seine Wiederwahl bangen. Doch Ahmadinedschad, der zu den Grundsätzen der Revolution zurückzukehren versprach, sieht sich völlig unerwartet massiv in die Enge gedrängt. „Extremismus“, „Verantwortungslosigkeit für die Sicherheit der ‚Islamischen Republik’“, einen „bombastischen außenpolitischen Stil“, werfen ihm seine drei Herausforderer für die Präsidentschaftswahl am 12. Juni vor. In den vier Jahren seiner Amtszeit habe der kleingewachsene Populist es geschafft, den Iran nicht nur in eine tiefe Wirtschafts- und Sozialkrise zu stürzen, sondern auch in schmerzliche internationale Isolation.
Alle drei Herausforderer – Mir Hussein Mussavi und Mehdi Karrubi, die beide den Reformern nahe stehen, sowie Mohsen Rezaie aus dem erzkonservativen Lager – sind sich völlig einig: eine Fortsetzung der Politik Ahmadinedschads käme einer Katastrophe für den Iran gleich. Selbst Rezaie, noch weniger als seine beiden Mitstreiter ein Freund des Westens, wirft dem Präsidenten vor, er haben den Iran „an den Rand des Abgrunds“ getrieben.
Solche Attacken bestärken den heiß umstrittenen Amtsträger nur in seiner radikalen Position. Er wiederholt eifrig seine Zweifel am Holocaust, der „Achillesferse des Westens“, rühmt die dank seiner Hartnäckigkeit erzielten Erfolge im Atomprogramm ( mehr als 7000 operierende Zentrifugen in der unterirdischen Atomanlage von Natanz) und schlägt als Antwort auf die wiederholten Dialogangebote des US-Präsidenten im Falle seiner Wiederwahl eine öffentliche Diskussion über die „Wurzeln der globalen Probleme“ mit Obama in New York vor. Als ob es noch nötig wäre, gibt er damit seinen um das internationale Image der „Islamischen Republik“ besorgten Kritikern weitere Nahrung.
Konfrontation, Isolation oder Entspannung mit der internationalen Gemeinschaft, das ist völlig unerwartet zur zentralen Frage in dieser zunehmend heftigen Kampagne geworden, die sich als wahlentscheidend erweisen könnte. Eine besondere Rolle dabei könnte eine öffentliche Diskussion über die iranische Atompolitik spielen, zu der Hassan Rowhani, Chefunterhändler unter dem Reformpräsidenten Khatami (1992 bis 2005), heute Leiter des iranischen Zentrums für Strategische Studien aufruft, nachdem Ahmadinedschad das von ihm einst getroffene Abkommen mit Deutschland, Frankreich und England zur vorübergehenden Einstellung des Uran-Anreicherungsprozesses als nationale „Schande“ verdammte.
Die drei Gegenkandidaten sind sich einig, dass der Iran „Detente“ suchen müsse, wie es Khatami getan hatte. Selbst Rezaie bekräftigt seine „Offenheit“ für Gespräche mit dem Westen und schlägt als einziger gar ein konkretes Programm zur gegenseitigen Annäherung an die USA nach drei Jahrzehnten der Feindschaft vor, beginnend mit nicht kontroversen Themen, wie gemeinsame Aktionen zum Umweltschutz im Persischen Golf , der Bildung eines Dreier-Komitees mit Pakistan und den USA für den Kampf gegen den Rauschgiftschmuggel und erst später Gespräche über Irans Atomprogramm und Unterstützung radikaler Gruppen im Mittleren Osten. Doch einen Dialog mit einem Präsidenten Rezaie könnte Washington kaum beginnen, wird der einstige Kommandant der Revolutionsgarden doch von Interpol und Argentinien wegen seiner mutmaßlichen Rolle bei einem blutigen Anschlag auf ein jüdisches Zentrum in Argentinien gesucht. Dennoch betont auch Rezaie, wie seine beiden Rivalen, dass Ahmadinedschads öffentlich bekundete Zweifel am Holocaust „Irans internationalem Ansehen nicht dienlich sind“.
Im Gegensatz zu Rezaie präsentieren Karrubi und Mussavi keine konkreten Pläne für ihre Strategie der „Detente“, betonen jedoch einhellig, dass sie Beziehungen mit allen Staaten der Welt pflegen wollten. Ausgenommen bleibt dezidiert allerdings Israel. Doch ungeachtet ihrer bekundeten Sympathie für die Palästinenser halten sich alle drei mit aggressiven Tönen gegen Israel zurück. Alle drei wollen trotz aller Gesprächsbereitschaft nicht vom Uran-Anreicherungsprogramm abrücken. Mit Atomwaffen – so Mussavi – habe dies allerdings nichts zu tun und man sei durchaus zu verschärfter internationaler Kontrolle bereit.
Wiewohl sich unter allen drei Gegenkandidaten Ahmadinedschads zweifellos der außenpolitische Stil ändern würde, keiner der Bewerber wird die Macht oder den Willen besitzen, sich der Linie des „Geistlichen Führers“ zu widersetzen. Alle drei sind seit langem prominenter Teil des Systems. Ali Khamenei unterstützte wiederholt Ahmadinedschads Position gegenüber dem Westen und fordert nun das iranische Volk auf, „alles zu vermeiden, damit jene an die Macht kommen, die den Iran in Schande stürzen und dem Feind ausliefern wollen“. So bekräftigte auch Musavi Khameneis Position zu Obamas Dialogangebot: „Wir müssen erst sehen, ob sie (die USA) ihre Anschuldigungen gegen uns einstellen“ und er meint damit den Plan zum Bau von Atomwaffen und die Unterstützung von Terroristen.
Wiewohl sich unter keinem der drei Gegenkandidaten Irans Beziehungen zum Westen unmittelbar entscheidend verändern werden, könnten allein durch eine kompetentere, weniger unberechenbare Führung insbesondere unter Karrubi oder Mussavi viele Spannungen abgebaut werden.
Die Wahlkampagne hat die beiden politischen Hauptlager der Islamischen Republik – die Konservativen und die Reformer – gespalten. Nach jüngsten Meinungsumfragen führt Mussavi mit 38 Prozent in den großen Städten vor Ahmadinedschad, laut staatlichem Fernsehen könnte er in Teheran gar 47 Prozent der Stimmen erreichen. Doch Meinungsforscher im Iran genießen nicht den Ruf der Verlässlichkeit.
Karrubi, der zum Reformer gemauserte Revolutionär der ersten Stunde, heute liebevoll „Scheich der Reform“ genannt, ist ein starker Herausforderer. Als Parlamentspräsident hatte er bewiesen, dass er mehr als andere Mut zur Durchsetzung seiner Überzeugungen besitzt. Er gilt heute als liberalster unter den Kandidaten, wird deshalb von prominenten Reformern wie dem Ex-Bürgermeister von Teheran, Gholamhossein Karbaschi oder Khatamis einstigen Vizepräsidenten Mohammed Ali Abtahi, sowie von vielen Frauen, der jungen Generation, Intellektuellen und Menschenrechtsaktivisten unterstützt. Viele Reformer, an der Spitze Khatami und diverse Reformgruppen favorisieren aber Mussawi, in dem Glauben, dass er größere Siegeschancen gegenüber Ahmadinedschad besitzt. Denn der im Grund stark konservative Architekt und Künstler, der sich in Kriegszeiten (gegen den Irak 1980 bis 88) als hervorragender ökonomischer Manager erwies, und die „Islamische Republik“ in „goldene Jahre“ führte, besitzt auch große Sympathien im konservativen Establishment. Den über 30-jährigen Iranern ist er trotz seiner langen politischen Abstinenz in angenehmer Erinnerung geblieben. Die junge Generation freilich muß ihn erst kennen lernen.
Zahlreiche konservative Organisationen und Persönlichkeiten stellten sich unterdessen hinter den Ex-Premier. Khamenei, der sich zwar offiziell aus dem Wahlkampf heraushält, gelang es bisher nicht, das konservative Lager geschlossen hinter Ahmadinedschad zu einen. So gewann der Präsident bisher weder im Parlament die volle Unterstützung der Abgeordneten, der einflussreiche Parlamentspräsident und prominenter Führer des konservativen Lagers, Ali Laridschani, verweigert ihm offenen Rückhalt, ebenso entschied sich die „Gesellschaft der Seminar-Lehrer“ in Qom, eine der höchsten schiitischen Autoritäten, erstmals nicht geschlossen für den konservativen Kandidaten. Sogar zwei Groß-Ayatollahs enthielten der Stimme und versetzten damit Ahmadinedschad einen empfindlichen Prestigeverlust.
In der ebenfalls mächtigen konservativen „Gesellschaft der kämpfenden Geistlichen“ gibt es heftigen Widerstand gegen Ahmadinedschad, einige einflussreiche Persönlichkeiten sympathisieren mit Mussavi, während der immer noch mächtige Ex-Präsident Rafsandschani sich intensiv für die Bildung einer starken Wahlfront gegen Ahmadinedschad unter Führung Rezaeis engagiert. Damit steigen auch die Chancen dieses einstigen Militärs, der Ahmadinedschad unter seiner Hausmacht in den Revolutionsgarden viele Stimmen rauben könnte.
Gelingt es Ahmadinedschad nicht, am 12. Juni mehr als 50 Prozent der Stimmen zu erreichen, werden die beiden führenden Kandidaten eine Woche später in eine Stichwahl gehen. Mussawi werden gute Chancen nachgesagt, den Sieg des Präsidenten in der ersten Runde zu vereiteln. Gelingt dies, so meinen Iranexperten, könnte – wie bei den Präsidentschaftswahlen 2005 – die „negative Position“ vieler über die Politik der vergangenen vier Jahre zutiefst verärgerter Iraner (damals zugunsten Ahmadinedschads und gegen dessen Rivalen Rafsandschani) eine zweite Amtszeit des Präsidenten verhindern. Doch niemand vermag die Mobilisierungsinstrumente des harten politischen Kämpfers Ahmadinedschad einzuschätzen. Schon verstummen die Beschwerden über eifrige Stimmenkäufe durch den Präsidenten nicht, der durch das Land zieht und an Krankenschwestern, Studenten, Lehrern und Pensionisten kleine Geldgeschenke verteilt. Ja sogar von finanziellen Gaben an Geistliche ist die Rede. Dass er damit, wie in den vergangenen vier Jahren, die Inflation zum Schaden der armen Massen anheizt, stört den Populisten wenig.
Entscheidend für den Ausgang ist auch die Wahlbeteiligung. Je höher sie liegt, desto geringer die Chancen großangelegter Manipulation. Deshalb rufen die Reformer, von denen keine der Organisation im Gegensatz zu 2005 diesmal einen Wahlboykott propagiert, zu hoher Wahlbeteiligung auf.
Die „Islamische Republik“ aber hat sich in ihrer Geschichte als erbitterter Feind von Prognostikern erwiesen. Meist gaben Entwicklungen in den letzten Tagen vor dem Wahlgang den entscheidenden Ausschlag.
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Samstag, 30. Mai 2009
Freitag, 29. Mai 2009
Birgit Cerha: Anschlag auf Moschee schockt Iran
Terror wirft Schlaglicht auf ärmste Unruheprovinz im Osten des Landes
Das iranische Regime beeilte sich Freitag, die Schuld an einem blutigen Anschlag auf eine Moschee in Zahedan, in der südostiranischen Provinz Sistan-Belutschistan, dem „großen Satan“ USA zuzuschieben. Mindestens 23 Personen kamen durch einen mutmaßlichen Selbstmordanschlag in der Frauenabteilung der Amir al-Momenin-Moschee, des zweitgrößten schiitischen Gotteshauses in Zahedan ums Leben. Nach Angaben des führenden Geistlichen der Moschee wurden einer der Hauptverdächtigen und „andere Angehörige einer Terrorgruppe“ bereits verhaftet.
Die Moschee gilt als wichtiger Sammelplatz für revolutionäre Schiiten in einer überwiegend von Angehörigen der sunnitischen Belutschen bewohnten Region. Der Anschlag von Donnerstag abend ist der blutigste in einer Reihe von Attentaten in dieser entlegenen Provinz. Am 18. Februar wurde bei einer ähnlichen Attacke auf die Al-Gadhir Moschee niemand verletzt.
Die Provinz ist Schauplatz eskalierender Gewalt, für die meist die sunnitische Untergrundorganisation „Jundallah“ (Soldaten Gottes), jüngst in „Volks-Widerstandsbewegung des Irans“ unbenannt die Verantwortung trägt.
Diese Gruppe wird von dem 24-jährigen Belutschen Abdulmalak Rigi geführt, der seit 2003 zunehmend kühne Attacken gegen wichtige Ziele des Staates, insbesondere der Sicherheitskräfte durchgeführt hatte. Die iranischen Behörden bezichtigen „Jundallah“ enger Kooperation mit Al-Kaida., eine Behauptung, die Rigi energisch zurückweist, wiewohl er sich zunehmend der Methoden des Terrornetzwerkes bedient und etwa Geiseln auf brutale Weise ermordet.
Trotz der wachsende Brutalität seiner Banden, findet Rigi verstärkten Zulauf aus der bitterarmen, vom Staat vernachlässigten und jüngst immer massiver unterdrückten Bevölkerung, die er als die ärmsten Untertanenen im „Gottesstaat“ bezeichnet, die „Opfer eines Genozids“. Im Gegensatz zur gleichnamigen Organisation in Pakistan, die für ein unabhängiges Groß-Belutschistan kämpft, bekennt sich Rigi aber als Iraner, der lediglich das Leben seiner Mitbürger verbessern wolle. Seine Organisation habe einzig das Ziel, „die nationalen und religiösen Rechte der Belutschen und Sunniten“ im Iran zu verteidigen.
Tatsächlich ist Belutschistan die am massivsten vernachläßigste Region des Irans, deren Armut sich jüngst auch noch durch extreme Trockenheit verschärft. Arbeitslosigkeit und Analphabetenrate liegen hier weit über dem gesamtiranischen Durchschnitt. Junge Männer suchen einen Lebensunterhalt zunehmend in Schmuggel und Rauschgifthandel, weil sich keine Alternativen bieten. Dieses riesige, stark unterbevölkerte Sistan-Belutschistan, an der Grenze zu Afghanistan und Pakistan gelegen, ist der Haupttransitweg für Schmuggler aller Art. Durch dieses Gebiet wird ein großer Teil des Rauschgiftes von Afghanistan nach Europa und in die USA transportiert. Es ist eine Region, in der die iranischen Sicherheitkräfte längst jede Kontrolle an lokale Stämmen und mit ihnen verbündete Rauschgifthändler verloren haben. Blutige Gefechte zwischen den beiden Fronten mit schweren Verlusten für iranische Streitkräfte zählen zur Tagesordnung.
Wie die arabischen Nationalisten in Ahwas seit einiger Zeit Unruhe in der ölreichen Region Khusistan schüren, könnten sich auch die Nationalisten Belutschistans für westliche Geheimdienste als wertvolle Waffe zur Destabilisierung des Regimes in Teheran erweisen. Die USA hatten lange enge Kontakte mit dem Widerstand in Belutschistan gepflegt, doch 2001 die Unterstützung eingestellt.
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Das iranische Regime beeilte sich Freitag, die Schuld an einem blutigen Anschlag auf eine Moschee in Zahedan, in der südostiranischen Provinz Sistan-Belutschistan, dem „großen Satan“ USA zuzuschieben. Mindestens 23 Personen kamen durch einen mutmaßlichen Selbstmordanschlag in der Frauenabteilung der Amir al-Momenin-Moschee, des zweitgrößten schiitischen Gotteshauses in Zahedan ums Leben. Nach Angaben des führenden Geistlichen der Moschee wurden einer der Hauptverdächtigen und „andere Angehörige einer Terrorgruppe“ bereits verhaftet.
Die Moschee gilt als wichtiger Sammelplatz für revolutionäre Schiiten in einer überwiegend von Angehörigen der sunnitischen Belutschen bewohnten Region. Der Anschlag von Donnerstag abend ist der blutigste in einer Reihe von Attentaten in dieser entlegenen Provinz. Am 18. Februar wurde bei einer ähnlichen Attacke auf die Al-Gadhir Moschee niemand verletzt.
Die Provinz ist Schauplatz eskalierender Gewalt, für die meist die sunnitische Untergrundorganisation „Jundallah“ (Soldaten Gottes), jüngst in „Volks-Widerstandsbewegung des Irans“ unbenannt die Verantwortung trägt.
Diese Gruppe wird von dem 24-jährigen Belutschen Abdulmalak Rigi geführt, der seit 2003 zunehmend kühne Attacken gegen wichtige Ziele des Staates, insbesondere der Sicherheitskräfte durchgeführt hatte. Die iranischen Behörden bezichtigen „Jundallah“ enger Kooperation mit Al-Kaida., eine Behauptung, die Rigi energisch zurückweist, wiewohl er sich zunehmend der Methoden des Terrornetzwerkes bedient und etwa Geiseln auf brutale Weise ermordet.
Trotz der wachsende Brutalität seiner Banden, findet Rigi verstärkten Zulauf aus der bitterarmen, vom Staat vernachlässigten und jüngst immer massiver unterdrückten Bevölkerung, die er als die ärmsten Untertanenen im „Gottesstaat“ bezeichnet, die „Opfer eines Genozids“. Im Gegensatz zur gleichnamigen Organisation in Pakistan, die für ein unabhängiges Groß-Belutschistan kämpft, bekennt sich Rigi aber als Iraner, der lediglich das Leben seiner Mitbürger verbessern wolle. Seine Organisation habe einzig das Ziel, „die nationalen und religiösen Rechte der Belutschen und Sunniten“ im Iran zu verteidigen.
Tatsächlich ist Belutschistan die am massivsten vernachläßigste Region des Irans, deren Armut sich jüngst auch noch durch extreme Trockenheit verschärft. Arbeitslosigkeit und Analphabetenrate liegen hier weit über dem gesamtiranischen Durchschnitt. Junge Männer suchen einen Lebensunterhalt zunehmend in Schmuggel und Rauschgifthandel, weil sich keine Alternativen bieten. Dieses riesige, stark unterbevölkerte Sistan-Belutschistan, an der Grenze zu Afghanistan und Pakistan gelegen, ist der Haupttransitweg für Schmuggler aller Art. Durch dieses Gebiet wird ein großer Teil des Rauschgiftes von Afghanistan nach Europa und in die USA transportiert. Es ist eine Region, in der die iranischen Sicherheitkräfte längst jede Kontrolle an lokale Stämmen und mit ihnen verbündete Rauschgifthändler verloren haben. Blutige Gefechte zwischen den beiden Fronten mit schweren Verlusten für iranische Streitkräfte zählen zur Tagesordnung.
Wie die arabischen Nationalisten in Ahwas seit einiger Zeit Unruhe in der ölreichen Region Khusistan schüren, könnten sich auch die Nationalisten Belutschistans für westliche Geheimdienste als wertvolle Waffe zur Destabilisierung des Regimes in Teheran erweisen. Die USA hatten lange enge Kontakte mit dem Widerstand in Belutschistan gepflegt, doch 2001 die Unterstützung eingestellt.
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Dienstag, 26. Mai 2009
Birgit Cerha: Ahmadinedschad präsentiert sich als starker Führer
Raketentest setzt Auftakt zu einem erbitterten Ringen um die Präsidentschaft im Iran – Khamenei hinter „anti-westlichem“ Kandidaten
Irans Präsident Ahmadinedschad sucht zum Auftakt seiner Kampagne für eine zweite Amtsperiode zu schärfster Rhetorik Zuflucht. Er spricht von einer „Hölle“, in die der „Gottesstaat“ jeden Ort verwandeln könnte, von dem auch nur eine Kanonenkugel gegen die „Islamische Republik“ abgefeuert würde und stellt damit nicht nur klar, dass er ungeachtet des von US-Präsident Obama angekündigten Ultimatums an einer militant-unnachgiebigen Linie festzuhalten gedenke. Er verkündete den Iranern als Beweis für die wachsende Stärke der Nation unter seiner Führung einen erneut erfolgreichen Test einer Mittelstrecken-Rakete. Obama hatte Teheran aufgefordert, bis zum Jahresende auf seine diplomatischen Annäherungsversuche zu reagieren und ernsthaft Verhandlungen über sein Atomprogramm zu beginnen. Zugleich droht die UNO mit verschärften Sanktionen, wenn der Iran nicht sein Uran-Anreicherungsprogramm stoppt.
Die „Sedschil 2“-Rakete, die mit einer Reichweite von mehr als 2000 km Ziele in Israel, in Südeuropa und US-Stützpunkte am Persischen Golf erreichen könnte, habe ihr Ziel genau getroffen, erklärte Ahmadinedschad stolz. Bereits im November hatte der Iran eine „Sedschil“-Rakete getestet und diese als eine neue Generation von Boden-Boden-Raketen bezeichnet.
Westliche Militärexperten sehen den jüngsten Test als lediglich einen weiteren Schritt im Raketenprogramm, das – wie Israel und der Westen befürchten – dem Iran eines Tages das Trägersystem für Atomwaffen liefern soll. Insbesondere hoffen die Iraner, mit ihrer laufenden Serie von Raketentests Israel und die Amerikaner von Militärattacken gegen ihre Nuklearanlagen abzuschrecken. Nach einem Bericht des „EastWest Institutes“ kann der Iran aufgrund der ihm nun zur Verfügung stehenden Technologie theoretisch Raketen mit einer Reichweite von mindestens 3000 km bauen. Doch nach Einschätzung dieses angesehenen Think-Tanks benötigt er noch zehn bis 15 Jahre, um ballistische oder Interkontinental-Rakete mit Atomsprengköpfen zu bestücken.
Der Zeitpunkt des jüngsten Tests ist freilich nicht zufällig gewählt. Am selben Tag hatte der zwölfköpfige „Wächterrat“ der „Islamischen Republik“, der über die Zulassung von Kandidaten für Wahlen entscheidet, seinen Ausscheidungsprozeß für die insgesamt mehr als 450 Bewerber um die Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen am 12. Juni bekannt gegeben. Nur vier Männer – alle erfahrene Politiker – dürfen antreten. Ahmadinedschad steht ein harter Konkurrenzkampf insbesondere gegen zwei der Gegenbewerber bevor: Ex-Parlamentspräsident Mehdi Karrubi und der bis heute wegen seiner effizienten Wirtschaftspolitik in der Zeit des iranisch-irakischen Krieges (1980 bis 1988) sehr populäre ehemalige Premierminister Mir Hussein Mussavi, hinter den sich prominente Reformer stellen, an der Spitze Ex-Präsident Khatami.
Beide den Reformern nahe stehende Kandidaten können sich auch einflussreiche Stimmen aus dem konservativen Lager sichern, während der vierte Kandidat, der 55-jährige ehemalige Kommandant der Revolutionsgarden Mohsen Rezai, Ahmadinedschads Hausmacht der Radikalen spaltet. Rezai, ein Mann höchst zweifelhaften Rufs, besitzt unter den vier Kandidaten wohl die geringsten Siegeschancen. Seine Kandidatur lässt jedoch darauf schließen, dass es dem „Geistlichen Führer“ Khamenei nicht gelungen ist, die konservativen Fraktionen hinter dem Präsidenten zu vereinen. Rezai ist einer von fünf einstigen iranischen Führern, deren Auslieferung Argentinien wegen ihrer mutmaßlichen Rolle bei einem Terroranschlag gegen ein jüdisches Zentrum 1994 fordert.
Alle drei Herausforderer kritisieren scharf Ahamdinedschads katastrophale Wirtschafts- und seine aggressive Außenpolitik. Rezai spricht gar von einem „Abgrund“, in den der Iran unter einer erneuten Führung Ahmadinedschads zu stürzen droht. Alle drei setzten sich für eine „Politik der Entspannung“ mit dem Westen ein, wiewohl nicht offen für einen Stopp des Uran-Anreicherungsprogramms. Khamenei lässt indirekt keine Zweifel an seiner Vorliebe für den Präsidenten und – was iranische Beobachter besonders alarmiert – gibt den paramilitärischen Bassidsch, den Revolutionsgarden und anderen Kräften des Regimes zu verstehen, dass er – wie bei der ersten Wahl Ahmadinedschads – gegen Wahlmanipulationen nichts einzuwenden haben dürfte.
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Irans Präsident Ahmadinedschad sucht zum Auftakt seiner Kampagne für eine zweite Amtsperiode zu schärfster Rhetorik Zuflucht. Er spricht von einer „Hölle“, in die der „Gottesstaat“ jeden Ort verwandeln könnte, von dem auch nur eine Kanonenkugel gegen die „Islamische Republik“ abgefeuert würde und stellt damit nicht nur klar, dass er ungeachtet des von US-Präsident Obama angekündigten Ultimatums an einer militant-unnachgiebigen Linie festzuhalten gedenke. Er verkündete den Iranern als Beweis für die wachsende Stärke der Nation unter seiner Führung einen erneut erfolgreichen Test einer Mittelstrecken-Rakete. Obama hatte Teheran aufgefordert, bis zum Jahresende auf seine diplomatischen Annäherungsversuche zu reagieren und ernsthaft Verhandlungen über sein Atomprogramm zu beginnen. Zugleich droht die UNO mit verschärften Sanktionen, wenn der Iran nicht sein Uran-Anreicherungsprogramm stoppt.
Die „Sedschil 2“-Rakete, die mit einer Reichweite von mehr als 2000 km Ziele in Israel, in Südeuropa und US-Stützpunkte am Persischen Golf erreichen könnte, habe ihr Ziel genau getroffen, erklärte Ahmadinedschad stolz. Bereits im November hatte der Iran eine „Sedschil“-Rakete getestet und diese als eine neue Generation von Boden-Boden-Raketen bezeichnet.
Westliche Militärexperten sehen den jüngsten Test als lediglich einen weiteren Schritt im Raketenprogramm, das – wie Israel und der Westen befürchten – dem Iran eines Tages das Trägersystem für Atomwaffen liefern soll. Insbesondere hoffen die Iraner, mit ihrer laufenden Serie von Raketentests Israel und die Amerikaner von Militärattacken gegen ihre Nuklearanlagen abzuschrecken. Nach einem Bericht des „EastWest Institutes“ kann der Iran aufgrund der ihm nun zur Verfügung stehenden Technologie theoretisch Raketen mit einer Reichweite von mindestens 3000 km bauen. Doch nach Einschätzung dieses angesehenen Think-Tanks benötigt er noch zehn bis 15 Jahre, um ballistische oder Interkontinental-Rakete mit Atomsprengköpfen zu bestücken.
Der Zeitpunkt des jüngsten Tests ist freilich nicht zufällig gewählt. Am selben Tag hatte der zwölfköpfige „Wächterrat“ der „Islamischen Republik“, der über die Zulassung von Kandidaten für Wahlen entscheidet, seinen Ausscheidungsprozeß für die insgesamt mehr als 450 Bewerber um die Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen am 12. Juni bekannt gegeben. Nur vier Männer – alle erfahrene Politiker – dürfen antreten. Ahmadinedschad steht ein harter Konkurrenzkampf insbesondere gegen zwei der Gegenbewerber bevor: Ex-Parlamentspräsident Mehdi Karrubi und der bis heute wegen seiner effizienten Wirtschaftspolitik in der Zeit des iranisch-irakischen Krieges (1980 bis 1988) sehr populäre ehemalige Premierminister Mir Hussein Mussavi, hinter den sich prominente Reformer stellen, an der Spitze Ex-Präsident Khatami.
Beide den Reformern nahe stehende Kandidaten können sich auch einflussreiche Stimmen aus dem konservativen Lager sichern, während der vierte Kandidat, der 55-jährige ehemalige Kommandant der Revolutionsgarden Mohsen Rezai, Ahmadinedschads Hausmacht der Radikalen spaltet. Rezai, ein Mann höchst zweifelhaften Rufs, besitzt unter den vier Kandidaten wohl die geringsten Siegeschancen. Seine Kandidatur lässt jedoch darauf schließen, dass es dem „Geistlichen Führer“ Khamenei nicht gelungen ist, die konservativen Fraktionen hinter dem Präsidenten zu vereinen. Rezai ist einer von fünf einstigen iranischen Führern, deren Auslieferung Argentinien wegen ihrer mutmaßlichen Rolle bei einem Terroranschlag gegen ein jüdisches Zentrum 1994 fordert.
Alle drei Herausforderer kritisieren scharf Ahamdinedschads katastrophale Wirtschafts- und seine aggressive Außenpolitik. Rezai spricht gar von einem „Abgrund“, in den der Iran unter einer erneuten Führung Ahmadinedschads zu stürzen droht. Alle drei setzten sich für eine „Politik der Entspannung“ mit dem Westen ein, wiewohl nicht offen für einen Stopp des Uran-Anreicherungsprogramms. Khamenei lässt indirekt keine Zweifel an seiner Vorliebe für den Präsidenten und – was iranische Beobachter besonders alarmiert – gibt den paramilitärischen Bassidsch, den Revolutionsgarden und anderen Kräften des Regimes zu verstehen, dass er – wie bei der ersten Wahl Ahmadinedschads – gegen Wahlmanipulationen nichts einzuwenden haben dürfte.
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Sonntag, 24. Mai 2009
Birgit Cerha:Libanons blutende Wunden
150.000 Menschen mussten in Libanons Bürgerkrieg (1975 bis 1990) ihr Leben lassen. Zahlreiche politische Führer und Intellektuelle fielen Attentaten zum Opfer.
Doch kein Mord hat das Schicksal des Levantestaates derart ins Mark getroffen, wie jener an Ex-Premier Rafik Hariri 2005. Er hat das Volk vollends entzweigerissen, in ein pro-syrisches und pro-westliches Lager. Der Besonnenheit des Armeechefs und heutigen Präsidenten Suleiman, aber auch des Hisbollah-Chefs Nasrallah ist es zu danken, dass der Libanon nicht erneut im Blutbad versank. Kurzfristig konnte sich das Land von syrischer Militärmacht befreien. Der Anschein der heiß errungenen Souveränität währte nicht lange. Über seine Verbündeten, allen voran Hisbollah, versuchen sich Damaskus und Teheran Vorherrschaft im kalten Krieg gegen den Westen und Israel zu sichern. Ob selbst ein internationales Tribunal je die Mörder zu entlarven vermag, ist höchst fraglich. Schon gilt das syrische Regime nicht mehr als hauptverdächtig. Hariri, der Selfmade-Milliardär, heute als „Heiliger“ verehrt, hatte viele Feinde, auch im Libanon. In Wahrheit aber geht es längst nicht mehr primär um die Attentäter oder um Gerechtigkeit. Es geht um geopolitische Macht. Und die Libanesen zahlen blutig den Preis.
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Doch kein Mord hat das Schicksal des Levantestaates derart ins Mark getroffen, wie jener an Ex-Premier Rafik Hariri 2005. Er hat das Volk vollends entzweigerissen, in ein pro-syrisches und pro-westliches Lager. Der Besonnenheit des Armeechefs und heutigen Präsidenten Suleiman, aber auch des Hisbollah-Chefs Nasrallah ist es zu danken, dass der Libanon nicht erneut im Blutbad versank. Kurzfristig konnte sich das Land von syrischer Militärmacht befreien. Der Anschein der heiß errungenen Souveränität währte nicht lange. Über seine Verbündeten, allen voran Hisbollah, versuchen sich Damaskus und Teheran Vorherrschaft im kalten Krieg gegen den Westen und Israel zu sichern. Ob selbst ein internationales Tribunal je die Mörder zu entlarven vermag, ist höchst fraglich. Schon gilt das syrische Regime nicht mehr als hauptverdächtig. Hariri, der Selfmade-Milliardär, heute als „Heiliger“ verehrt, hatte viele Feinde, auch im Libanon. In Wahrheit aber geht es längst nicht mehr primär um die Attentäter oder um Gerechtigkeit. Es geht um geopolitische Macht. Und die Libanesen zahlen blutig den Preis.
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Birgit Cerha: Spiegel-Enthüllung heizt Spannungen im Libanon auf
Anschuldigung über Verwicklung in den Mord an Ex-Premier Hariri könnte Hisbollah den erhofften Sieg bei Parlamentswahlen kosten
Empört wies die libanesische Schiiten-Organisation Hisbollah Sonntag jede Verantwortung an dem Mord des ehemaligen Premierministers Rafik Hariri als „Fantasiegespinst“ des „Spiegel“ zurück. Ein Bericht des Nachrichtenmagazins über neue Erkenntnisse des in den Niederlanden tagenden UN-Sondertribunals schlug im Libanon wie eine Bombe ein und verschärft zu einem besonders kritischen Zeitpunkt dramatisch die Spannungen in dem politisch ohnedies höchst labilen Levantestaat. Denn am 7. Juni wählen die Libanesen nach Jahren schwerer Turbulenzen wieder ein Parlament. Im steigenden Wahlfieber eskalieren auch die Konflikte zwischen den einander zutiefst misstrauenden Bevölkerungsgruppen.
Hariri war am 14. Februar 2005 gemeinsam mit 21 Leibwächtern und Passanten durch eine gewaltige Bombe in Beirut ums Leben gekommen. Nach jüngsten Erkenntnissen, die das Tribunal laut „Spiegel“ aber zurückhält, waren es nicht die Syrer, wie man bisher angenommen hatte, sondern Sondereinsatzkräfte der Hisbollah gewesen, die den Anschlag durchgeführt und geplant hätten.
Unabhängige Beobachter hegen vorerst allerdings Zweifel an der Richtigkeit des Spiegel-Berichts, der sich auf ungenannte Quellen stützt. Sie weisen darauf hin, dass es bis heute nicht zur Strategie der „Hisbollah“ gezählt hatte, politische Rivalen im Libanon zu ermorden. Zudem gibt der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser „neuen Erkenntnisse“ zu denken. Selbst wenn sich die „heiße Spur“ zur Hisbollah als Fälschung erweisen sollte, besteht kein Zweifel, dass dieser derart geäußerte Verdacht so knapp vor den Wahlen die Siegeschancen der mit Syrien und dem Iran verbündeten Bewegung und der Partei um ihren christlichen Mitstreiter Michel Aoun wesentlich beeinträchtigen dürfte.
Die Parlamentswahlen besitzen schicksalhafte Bedeutung für den kleinen Levantestaat und darüber hinaus für die gesamte Region. Denn es geht darum, ob es der Hisbollah-Allianz gelingt, die politische Dominanz der pro-westlichen Fraktionen unter Führung von Hariri-Sohn Saad zu brechen und damit auch Syriens und Irans Einfluss auf den strategisch so wichtigen Libanon zu verstärken. Um dies zu verhindern, hatte schon US-Vizepräsident Biden vergangenen Freitag bei einer überraschenden Steppvisite in Beirut mit einer Reduzierung der US-Wirtschafts- und Militärhilfe gedroht, sollten die Wahlen nicht das von Washington gewünschte Resultat bringen.
Hisbollah hatte bis vor kurzem einen betont gemäßigten Wahlkampf geführt, bemüht, den Wählern, aber auch dem Westen klarzumachen, dass niemand etwas von einem Sieg ihrer Allianz zu befürchten hätte. Hisbollah-Chef Nasrallah verspricht sogar, selbst bei einer klaren Mehrheit die Opposition zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit einzuladen, um die Stabilität des Staates zu sichern. Damit hofft Nasrallah zu verhindern, dass eine siegreiche Hisbollah das Schicksal der palästinensischen Hamas erleidet, die nach ihrem Wahlerfolg 2006 vom Westen vollends boykottiert wurde.
Doch mit steigenden Spannungen, insbesondere durch die Aufdeckung zahlreicher israelischer Spionage-Zellen im ganzen Land hat auch die Hisbollah ihre Rhetorik verschärft. Hisbollah-Sprecher beschuldigen Israel, Nasrallahs geheimen Aufenthaltsort auszuspionieren, um den unter der schiitischen Mehrheit populären Führer zu ermorden. Das umfangreichste Militärmanöver, das die Israelis seit 1948 Ende des Monats planen, soll nach Überzeugung in Hisbollah-Kreisen auch zur Vorbereitung eines Attentats dienen, das eine Welle der Gewalt nach sich ziehen würde.
Der Großteil der Libanesen aber sehnt sich endlich nach Ruhe und Stabilität. All die Spionagevorwürfe, der Nervenkrieg zwischen Hisbollah und Israel und nun die neuen Mordanschuldigungen könnten viele Bürger dazu bewegen, die pro-syrische Allianz nicht weiter zu stärken, um die Gefahr von Sanktionen, Isolation oder gar blutiger Konfrontation abzuwehren.
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Empört wies die libanesische Schiiten-Organisation Hisbollah Sonntag jede Verantwortung an dem Mord des ehemaligen Premierministers Rafik Hariri als „Fantasiegespinst“ des „Spiegel“ zurück. Ein Bericht des Nachrichtenmagazins über neue Erkenntnisse des in den Niederlanden tagenden UN-Sondertribunals schlug im Libanon wie eine Bombe ein und verschärft zu einem besonders kritischen Zeitpunkt dramatisch die Spannungen in dem politisch ohnedies höchst labilen Levantestaat. Denn am 7. Juni wählen die Libanesen nach Jahren schwerer Turbulenzen wieder ein Parlament. Im steigenden Wahlfieber eskalieren auch die Konflikte zwischen den einander zutiefst misstrauenden Bevölkerungsgruppen.
Hariri war am 14. Februar 2005 gemeinsam mit 21 Leibwächtern und Passanten durch eine gewaltige Bombe in Beirut ums Leben gekommen. Nach jüngsten Erkenntnissen, die das Tribunal laut „Spiegel“ aber zurückhält, waren es nicht die Syrer, wie man bisher angenommen hatte, sondern Sondereinsatzkräfte der Hisbollah gewesen, die den Anschlag durchgeführt und geplant hätten.
Unabhängige Beobachter hegen vorerst allerdings Zweifel an der Richtigkeit des Spiegel-Berichts, der sich auf ungenannte Quellen stützt. Sie weisen darauf hin, dass es bis heute nicht zur Strategie der „Hisbollah“ gezählt hatte, politische Rivalen im Libanon zu ermorden. Zudem gibt der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser „neuen Erkenntnisse“ zu denken. Selbst wenn sich die „heiße Spur“ zur Hisbollah als Fälschung erweisen sollte, besteht kein Zweifel, dass dieser derart geäußerte Verdacht so knapp vor den Wahlen die Siegeschancen der mit Syrien und dem Iran verbündeten Bewegung und der Partei um ihren christlichen Mitstreiter Michel Aoun wesentlich beeinträchtigen dürfte.
Die Parlamentswahlen besitzen schicksalhafte Bedeutung für den kleinen Levantestaat und darüber hinaus für die gesamte Region. Denn es geht darum, ob es der Hisbollah-Allianz gelingt, die politische Dominanz der pro-westlichen Fraktionen unter Führung von Hariri-Sohn Saad zu brechen und damit auch Syriens und Irans Einfluss auf den strategisch so wichtigen Libanon zu verstärken. Um dies zu verhindern, hatte schon US-Vizepräsident Biden vergangenen Freitag bei einer überraschenden Steppvisite in Beirut mit einer Reduzierung der US-Wirtschafts- und Militärhilfe gedroht, sollten die Wahlen nicht das von Washington gewünschte Resultat bringen.
Hisbollah hatte bis vor kurzem einen betont gemäßigten Wahlkampf geführt, bemüht, den Wählern, aber auch dem Westen klarzumachen, dass niemand etwas von einem Sieg ihrer Allianz zu befürchten hätte. Hisbollah-Chef Nasrallah verspricht sogar, selbst bei einer klaren Mehrheit die Opposition zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit einzuladen, um die Stabilität des Staates zu sichern. Damit hofft Nasrallah zu verhindern, dass eine siegreiche Hisbollah das Schicksal der palästinensischen Hamas erleidet, die nach ihrem Wahlerfolg 2006 vom Westen vollends boykottiert wurde.
Doch mit steigenden Spannungen, insbesondere durch die Aufdeckung zahlreicher israelischer Spionage-Zellen im ganzen Land hat auch die Hisbollah ihre Rhetorik verschärft. Hisbollah-Sprecher beschuldigen Israel, Nasrallahs geheimen Aufenthaltsort auszuspionieren, um den unter der schiitischen Mehrheit populären Führer zu ermorden. Das umfangreichste Militärmanöver, das die Israelis seit 1948 Ende des Monats planen, soll nach Überzeugung in Hisbollah-Kreisen auch zur Vorbereitung eines Attentats dienen, das eine Welle der Gewalt nach sich ziehen würde.
Der Großteil der Libanesen aber sehnt sich endlich nach Ruhe und Stabilität. All die Spionagevorwürfe, der Nervenkrieg zwischen Hisbollah und Israel und nun die neuen Mordanschuldigungen könnten viele Bürger dazu bewegen, die pro-syrische Allianz nicht weiter zu stärken, um die Gefahr von Sanktionen, Isolation oder gar blutiger Konfrontation abzuwehren.
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Sonntag, 3. Mai 2009
Birgit Cerha: Empörung über Hinrichtung im Iran
Islamisches Regime verstärkt immer mehr die Einschüchterung der Bevölkerung durch krasse Verletzung internationalen humanitären Rechts
Menschenrechtsorganisationen stehen auf den Barrikaden. Die geheime Exekution der 23-jährigen Malerin Delara Darabi im Hof des Zentral-Gefängnisses der iranischen Stadt Rasht im Morgengrauen des 1. Mai hat weltweit Entsetzen und Empörung ausgelöst. Humanitäre Organisationen setzten sich seit vielen Monaten für die junge Frau ein, die wegen Mordes an einem Verwandten, den sie im Alter von 17 Jahren begangen haben soll, zum Tode verurteilt worden war. Als Folge internationaler Appelle hatte der Chef der iranischen Justiz erst vor kurzem die Hinrichtung aufgeschoben. Doch die Verantwortlichen in Rasht ignorierten seine Order. Sie brachen iranisches Gesetz, indem sie den Eltern der jungen Frau den Abschied verwehrten und den Anwalt von der bevorstehenden Hinrichtungen nicht informierten.
Der Fall gibt aus mehreren Gründen Anlass zu besonderer Empörung. Darabi war erst 17, als sie angeblich die Tat begangen hatte. Der Iran verletzt mit ihrer Exekution die auch von ihm unterzeichnete UN-Konvention zu den Rechten von Kindern, die Hinrichtungen nicht erlaubt, wenn die zugrunde liegende Tat noch vor dem 18. Geburtstag begangen wurde.
Zudem hatte nach Überzeugung von Amnesty International Delara Darabi kein faires Verfahren erhalten. Das Gericht hatte sich geweigert später vom Anwalt eingereichte neue Beweise in Betracht zu ziehen, die klarstellen sollten, dass die junge Frau den Mord gar nicht hätte verüben können. Darabi hatte zunächst die Tat gestanden, um ihren bereits über 18-jährigen Freund vor dem Galgen zu retten. Der junge Mann wurde wegen Komplizenschaft zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Später widerrief sie ihr Geständnis und beteuerte bis zuletzt ihre Unschuld. Internationale Menschenrechtsorganisationen hatten an den Iran appelliert, das Verfahren neu aufzurollen und internationale Standards zu beachten. Darabis Schicksal durch Ausstellungen im Westen von zutiefst eindrucksvollen Bildern, die die begabte Künstlerin im Gefängnis gemalt und gezeichnet hatte, Aufmerksamkeit erregt. Ihre geheime Hinrichtung sei ein zynischer Schritt der iranischen Behörden gewesen, internationale Proteste auch noch in diesem Fall zu vermeiden, stellt Amnesty fest. Teheran steht derzeit unter massivem Druck im Fall der amerikanisch-iranischen Journalistin Roxana Saberi, die wegen „Spionage“ zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Ein Berufungsverfahren gegen Saberi soll demnächst beginnen.
Die Entwicklungen in der Tragödie Darabi zeigen aber auch erneut, dass im Iran wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen ein heftiger Machtkampf zwischen Radikalen und Gemäßigten tobt, der auch die Justiz erfasst. Justizchef Shahrudi vermag sich offenbar immer wieder nicht gegen brutale Hardliner in seinen Reihen durchzusetzen.
Kein Land der Welt exekutiert so viele junge Menschen, die die ihnen vorgeworfenen Tagen als Jugendliche begangen hatten, wie der Iran. 130 Jugendliche warten gegenwärtig auf ihre Hinrichtung. Seit 1990 wurde die Todesstrafe an 42 jungen Menschen vollstreckt. Allein vergangenen Juli wurden im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis an einem Tag 29 Jugendliche wegen Mordes, Vergewaltigung, bewaffneten Raubs oder Drogenhandels hingerichtet, meist in Verfahren die internationale Standards krass verletzen.
Insgesamt steht der „Gottesstaat“ in der Zahl der Hinrichtungen pro Kopf der Bevölkerung weltweit an der Spitze: 346 Menschen waren es 2008 bei einer Gesamtbevölkerung von 68 Millionen. An zweiter Stelle steht das von 1,3 Milliarden Menschen bewohnte China mit 1718.
Die Repression im Iran hat sich seit der Amtszeit Präsident Ahmadinedschads dramatisch verschärft. Besonders betroffen sich Menschenrechtsaktivisten, Frauenrechtlerinnen, Mitglieder illegaler Gewerkschaften und Studenten.
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Menschenrechtsorganisationen stehen auf den Barrikaden. Die geheime Exekution der 23-jährigen Malerin Delara Darabi im Hof des Zentral-Gefängnisses der iranischen Stadt Rasht im Morgengrauen des 1. Mai hat weltweit Entsetzen und Empörung ausgelöst. Humanitäre Organisationen setzten sich seit vielen Monaten für die junge Frau ein, die wegen Mordes an einem Verwandten, den sie im Alter von 17 Jahren begangen haben soll, zum Tode verurteilt worden war. Als Folge internationaler Appelle hatte der Chef der iranischen Justiz erst vor kurzem die Hinrichtung aufgeschoben. Doch die Verantwortlichen in Rasht ignorierten seine Order. Sie brachen iranisches Gesetz, indem sie den Eltern der jungen Frau den Abschied verwehrten und den Anwalt von der bevorstehenden Hinrichtungen nicht informierten.
Der Fall gibt aus mehreren Gründen Anlass zu besonderer Empörung. Darabi war erst 17, als sie angeblich die Tat begangen hatte. Der Iran verletzt mit ihrer Exekution die auch von ihm unterzeichnete UN-Konvention zu den Rechten von Kindern, die Hinrichtungen nicht erlaubt, wenn die zugrunde liegende Tat noch vor dem 18. Geburtstag begangen wurde.
Zudem hatte nach Überzeugung von Amnesty International Delara Darabi kein faires Verfahren erhalten. Das Gericht hatte sich geweigert später vom Anwalt eingereichte neue Beweise in Betracht zu ziehen, die klarstellen sollten, dass die junge Frau den Mord gar nicht hätte verüben können. Darabi hatte zunächst die Tat gestanden, um ihren bereits über 18-jährigen Freund vor dem Galgen zu retten. Der junge Mann wurde wegen Komplizenschaft zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Später widerrief sie ihr Geständnis und beteuerte bis zuletzt ihre Unschuld. Internationale Menschenrechtsorganisationen hatten an den Iran appelliert, das Verfahren neu aufzurollen und internationale Standards zu beachten. Darabis Schicksal durch Ausstellungen im Westen von zutiefst eindrucksvollen Bildern, die die begabte Künstlerin im Gefängnis gemalt und gezeichnet hatte, Aufmerksamkeit erregt. Ihre geheime Hinrichtung sei ein zynischer Schritt der iranischen Behörden gewesen, internationale Proteste auch noch in diesem Fall zu vermeiden, stellt Amnesty fest. Teheran steht derzeit unter massivem Druck im Fall der amerikanisch-iranischen Journalistin Roxana Saberi, die wegen „Spionage“ zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Ein Berufungsverfahren gegen Saberi soll demnächst beginnen.
Die Entwicklungen in der Tragödie Darabi zeigen aber auch erneut, dass im Iran wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen ein heftiger Machtkampf zwischen Radikalen und Gemäßigten tobt, der auch die Justiz erfasst. Justizchef Shahrudi vermag sich offenbar immer wieder nicht gegen brutale Hardliner in seinen Reihen durchzusetzen.
Kein Land der Welt exekutiert so viele junge Menschen, die die ihnen vorgeworfenen Tagen als Jugendliche begangen hatten, wie der Iran. 130 Jugendliche warten gegenwärtig auf ihre Hinrichtung. Seit 1990 wurde die Todesstrafe an 42 jungen Menschen vollstreckt. Allein vergangenen Juli wurden im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis an einem Tag 29 Jugendliche wegen Mordes, Vergewaltigung, bewaffneten Raubs oder Drogenhandels hingerichtet, meist in Verfahren die internationale Standards krass verletzen.
Insgesamt steht der „Gottesstaat“ in der Zahl der Hinrichtungen pro Kopf der Bevölkerung weltweit an der Spitze: 346 Menschen waren es 2008 bei einer Gesamtbevölkerung von 68 Millionen. An zweiter Stelle steht das von 1,3 Milliarden Menschen bewohnte China mit 1718.
Die Repression im Iran hat sich seit der Amtszeit Präsident Ahmadinedschads dramatisch verschärft. Besonders betroffen sich Menschenrechtsaktivisten, Frauenrechtlerinnen, Mitglieder illegaler Gewerkschaften und Studenten.
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