Islamisches Regime verstärkt immer mehr die Einschüchterung der Bevölkerung durch krasse Verletzung internationalen humanitären Rechts
Menschenrechtsorganisationen stehen auf den Barrikaden. Die geheime Exekution der 23-jährigen Malerin Delara Darabi im Hof des Zentral-Gefängnisses der iranischen Stadt Rasht im Morgengrauen des 1. Mai hat weltweit Entsetzen und Empörung ausgelöst. Humanitäre Organisationen setzten sich seit vielen Monaten für die junge Frau ein, die wegen Mordes an einem Verwandten, den sie im Alter von 17 Jahren begangen haben soll, zum Tode verurteilt worden war. Als Folge internationaler Appelle hatte der Chef der iranischen Justiz erst vor kurzem die Hinrichtung aufgeschoben. Doch die Verantwortlichen in Rasht ignorierten seine Order. Sie brachen iranisches Gesetz, indem sie den Eltern der jungen Frau den Abschied verwehrten und den Anwalt von der bevorstehenden Hinrichtungen nicht informierten.
Der Fall gibt aus mehreren Gründen Anlass zu besonderer Empörung. Darabi war erst 17, als sie angeblich die Tat begangen hatte. Der Iran verletzt mit ihrer Exekution die auch von ihm unterzeichnete UN-Konvention zu den Rechten von Kindern, die Hinrichtungen nicht erlaubt, wenn die zugrunde liegende Tat noch vor dem 18. Geburtstag begangen wurde.
Zudem hatte nach Überzeugung von Amnesty International Delara Darabi kein faires Verfahren erhalten. Das Gericht hatte sich geweigert später vom Anwalt eingereichte neue Beweise in Betracht zu ziehen, die klarstellen sollten, dass die junge Frau den Mord gar nicht hätte verüben können. Darabi hatte zunächst die Tat gestanden, um ihren bereits über 18-jährigen Freund vor dem Galgen zu retten. Der junge Mann wurde wegen Komplizenschaft zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Später widerrief sie ihr Geständnis und beteuerte bis zuletzt ihre Unschuld. Internationale Menschenrechtsorganisationen hatten an den Iran appelliert, das Verfahren neu aufzurollen und internationale Standards zu beachten. Darabis Schicksal durch Ausstellungen im Westen von zutiefst eindrucksvollen Bildern, die die begabte Künstlerin im Gefängnis gemalt und gezeichnet hatte, Aufmerksamkeit erregt. Ihre geheime Hinrichtung sei ein zynischer Schritt der iranischen Behörden gewesen, internationale Proteste auch noch in diesem Fall zu vermeiden, stellt Amnesty fest. Teheran steht derzeit unter massivem Druck im Fall der amerikanisch-iranischen Journalistin Roxana Saberi, die wegen „Spionage“ zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Ein Berufungsverfahren gegen Saberi soll demnächst beginnen.
Die Entwicklungen in der Tragödie Darabi zeigen aber auch erneut, dass im Iran wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen ein heftiger Machtkampf zwischen Radikalen und Gemäßigten tobt, der auch die Justiz erfasst. Justizchef Shahrudi vermag sich offenbar immer wieder nicht gegen brutale Hardliner in seinen Reihen durchzusetzen.
Kein Land der Welt exekutiert so viele junge Menschen, die die ihnen vorgeworfenen Tagen als Jugendliche begangen hatten, wie der Iran. 130 Jugendliche warten gegenwärtig auf ihre Hinrichtung. Seit 1990 wurde die Todesstrafe an 42 jungen Menschen vollstreckt. Allein vergangenen Juli wurden im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis an einem Tag 29 Jugendliche wegen Mordes, Vergewaltigung, bewaffneten Raubs oder Drogenhandels hingerichtet, meist in Verfahren die internationale Standards krass verletzen.
Insgesamt steht der „Gottesstaat“ in der Zahl der Hinrichtungen pro Kopf der Bevölkerung weltweit an der Spitze: 346 Menschen waren es 2008 bei einer Gesamtbevölkerung von 68 Millionen. An zweiter Stelle steht das von 1,3 Milliarden Menschen bewohnte China mit 1718.
Die Repression im Iran hat sich seit der Amtszeit Präsident Ahmadinedschads dramatisch verschärft. Besonders betroffen sich Menschenrechtsaktivisten, Frauenrechtlerinnen, Mitglieder illegaler Gewerkschaften und Studenten.