Dienstag, 27. Juli 2010
IRAN: Wo Sanktionen Iran am meisten schmerzen
Der Druck wächst und ein zunehmend bedrängtes Regime reagiert widersprüchlich kriegerisch und versöhnlich zugleich
von Birgit Cerha
Der „Gottesstaat“ schlägt die „Kriegstrommeln“. Als Reaktion auf die radikal verschärften Sanktionen zunächst durch die UNO, dann die USA, die EU, sowie Kanada, hat der Iran ein eigenes, „inoffizielles Kriegspropaganda-Hauptquartier“ eingerichtet. Führende Politiker und Militärs überstürzen sich mit Erklärungen über die Spannungen zwischen der „Islamischen Republik“ und einem großen Teil der Weltgemeinschaft. Da enthüllt Präsident Ahmadinedschad angeblich „höchst geheime militärische Bewegungen des Feindes in der Region“, zugleich verkünden die Oberkommandanten der Revolutionsgarden und der paramilitärischen Bassidsch ihre „außergewöhnliche“ Kriegsbereitschaft. Auch von einem Komplott durch das zionistische Regime ist die Rede, das rasch durch Irans Verbündeten, die libanesische Hisbollah, höchst effizient beantwortet würde.
Aber auch die europäischen Handelspartner werden nicht verschont: „Jedem Staat“, so der Vizechef der iranischen Zentralbank Hamid Borhani, „der unsere Aktivitäten oder iranische Handelsguthaben einschränkt, werden wir unsere wirtschaftlichen Kontakte aufkündigen.“ Das Parlament in Teheran verabschiedete ein Gesetz, nach dem der Iran künftig die Ladung von Schiffen jener Länder kontrollieren würden, die Schiffe mit für den Iran bestimmten Gütern nicht frei passieren lassen. Gemeint sind vor allem die die USA. Jedes im Persischen Golf kreuzende US-Kriegsschiffe, so drohen die Revolutionsgarden, könnte mit hundert eigenen konfrontiert werden. Durch den Golf werden etwa 40 Prozent des Weltölbedarfs transportiert.
Doch, wie stets, ist iranische Politik zutiefst widersprüchlich. Versöhnungsgesten begleiten die Kriegspropaganda. Gleich nach dem Ramadan, dem im August beginnenden islamischen Fastenmonat, wolle sich Teheran „bedingungslos“ mit der EU an den Verhandlungstisch setzen, über eine Lösung des Streits um sein Atomprogramm diskutieren. Erste Anzeichen, dass der massive internationale Sanktionsdruck Wirkung erzielen könnte?
Tatsächlich lassen sich bereits erste Anzeichen dafür erkennen, dass die Sanktionen zu schmerzen beginnen. Nicht nur weigern sich große Ölkonzerne, iranische Transportmaschinen auf internationalen Flughäfen aufzutanken und dem „Gottesstaat“ dringend nötige Raffinerie-Produkte, insbesondere Benzin und Diesel zu liefern (wovon der Iran 40 Prozent des Eigenbedarfs importieren muss). Laut Schiffsindustrie in Dubai erreichten im Juli bisher nur drei Schiffsladungen Benzin die iranische Küste, während die Iraner im Schnitt in diesem Sommermonat elf bis 13 Schiffsladungen benötigen. Eine wachsende Zahl an Schiffen würde aufgrund des verschärften Sanktionsdrucks nicht mehr iranische Ziele anfahren. Insgesamt lassen sich bereits enorme Probleme beim Güterimport erkennen, da sich aufgrund US-Drucks große westliche Versicherungsunternehmen weigern, iranische Schiffe zu versichern. Allerdings haben Russland und Indien klargestellt, dass sie ihren legalen Handel mit der „Islamischen Republik“ fortsetzen wollen, ebenso er politische Freund Venezuela.
Um seinen heimischen Bedarf an Benzin und anderen Raffinerieprodukten zu decken, setzen die Iraner einerseits auf eine radikale Einschränkung des Konsums, durch Preiserhöhungen, bzw. Reduzierung staatlicher Subventionen erzwungen, sowie auf Schmuggel, ein Gewerbe, das die allmächtigen, die Wirtschaft dominierenden Revolutionsgarden über die Jahre bereits zur Perfektion und enormen Profiten für sie selbst entwickelt haben. Zentralasiatische Nachbarn, aber auch das an guten Beziehungen zum Iran interessierte irakische Kurdistan sind dabei wichtige Quellen.
Unabhängige Experten sind dennoch überzeugt, dass Irans Ölindustrie – sowohl ehrgeizige Pläne zum Neubau von Raffinerien, wie auch Modernisierung und Weiterentwicklung der Öl- und Gasproduktion – mittelfristig schwer unter den Sanktionen leiden werden. Vorerst gelingt es Teheran, westliches Know-how durch asiatisches, vor allem chinesisches, zu ersetzen, was allerdings Qualitätseinbußen bedeuten und insgesamt die Projekte verzögern dürfte.
Aber auch politisch macht sich der wachsende Sanktionsdruck bereits bemerkbar. Der Versuch einer massiven Steuererhöhung für Irans Bazaar-Geschäftsleute hatte im Juli nur den letzten Anstoß zu einem tagelangen Streik in Teheran und anderen Städten gegeben, dem sich der Präsident schließlich weitgehend beugte und die Steuerbelastungen wesentlich reduzierte. Doch der Unmut der Händler hat sich nur oberflächlich gelegt. Der Ärger über die katastrophale Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahren und die dramatische Isolation des Landes treibt den mächtigen Bazaar, jene Institution des Irans, die einst entscheidend zum Sturz des Schahs beigetragen hatte, mehr und mehr in die stetig erstarkenden Arme der Opposition.
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von Birgit Cerha
Der „Gottesstaat“ schlägt die „Kriegstrommeln“. Als Reaktion auf die radikal verschärften Sanktionen zunächst durch die UNO, dann die USA, die EU, sowie Kanada, hat der Iran ein eigenes, „inoffizielles Kriegspropaganda-Hauptquartier“ eingerichtet. Führende Politiker und Militärs überstürzen sich mit Erklärungen über die Spannungen zwischen der „Islamischen Republik“ und einem großen Teil der Weltgemeinschaft. Da enthüllt Präsident Ahmadinedschad angeblich „höchst geheime militärische Bewegungen des Feindes in der Region“, zugleich verkünden die Oberkommandanten der Revolutionsgarden und der paramilitärischen Bassidsch ihre „außergewöhnliche“ Kriegsbereitschaft. Auch von einem Komplott durch das zionistische Regime ist die Rede, das rasch durch Irans Verbündeten, die libanesische Hisbollah, höchst effizient beantwortet würde.
Aber auch die europäischen Handelspartner werden nicht verschont: „Jedem Staat“, so der Vizechef der iranischen Zentralbank Hamid Borhani, „der unsere Aktivitäten oder iranische Handelsguthaben einschränkt, werden wir unsere wirtschaftlichen Kontakte aufkündigen.“ Das Parlament in Teheran verabschiedete ein Gesetz, nach dem der Iran künftig die Ladung von Schiffen jener Länder kontrollieren würden, die Schiffe mit für den Iran bestimmten Gütern nicht frei passieren lassen. Gemeint sind vor allem die die USA. Jedes im Persischen Golf kreuzende US-Kriegsschiffe, so drohen die Revolutionsgarden, könnte mit hundert eigenen konfrontiert werden. Durch den Golf werden etwa 40 Prozent des Weltölbedarfs transportiert.
Doch, wie stets, ist iranische Politik zutiefst widersprüchlich. Versöhnungsgesten begleiten die Kriegspropaganda. Gleich nach dem Ramadan, dem im August beginnenden islamischen Fastenmonat, wolle sich Teheran „bedingungslos“ mit der EU an den Verhandlungstisch setzen, über eine Lösung des Streits um sein Atomprogramm diskutieren. Erste Anzeichen, dass der massive internationale Sanktionsdruck Wirkung erzielen könnte?
Tatsächlich lassen sich bereits erste Anzeichen dafür erkennen, dass die Sanktionen zu schmerzen beginnen. Nicht nur weigern sich große Ölkonzerne, iranische Transportmaschinen auf internationalen Flughäfen aufzutanken und dem „Gottesstaat“ dringend nötige Raffinerie-Produkte, insbesondere Benzin und Diesel zu liefern (wovon der Iran 40 Prozent des Eigenbedarfs importieren muss). Laut Schiffsindustrie in Dubai erreichten im Juli bisher nur drei Schiffsladungen Benzin die iranische Küste, während die Iraner im Schnitt in diesem Sommermonat elf bis 13 Schiffsladungen benötigen. Eine wachsende Zahl an Schiffen würde aufgrund des verschärften Sanktionsdrucks nicht mehr iranische Ziele anfahren. Insgesamt lassen sich bereits enorme Probleme beim Güterimport erkennen, da sich aufgrund US-Drucks große westliche Versicherungsunternehmen weigern, iranische Schiffe zu versichern. Allerdings haben Russland und Indien klargestellt, dass sie ihren legalen Handel mit der „Islamischen Republik“ fortsetzen wollen, ebenso er politische Freund Venezuela.
Um seinen heimischen Bedarf an Benzin und anderen Raffinerieprodukten zu decken, setzen die Iraner einerseits auf eine radikale Einschränkung des Konsums, durch Preiserhöhungen, bzw. Reduzierung staatlicher Subventionen erzwungen, sowie auf Schmuggel, ein Gewerbe, das die allmächtigen, die Wirtschaft dominierenden Revolutionsgarden über die Jahre bereits zur Perfektion und enormen Profiten für sie selbst entwickelt haben. Zentralasiatische Nachbarn, aber auch das an guten Beziehungen zum Iran interessierte irakische Kurdistan sind dabei wichtige Quellen.
Unabhängige Experten sind dennoch überzeugt, dass Irans Ölindustrie – sowohl ehrgeizige Pläne zum Neubau von Raffinerien, wie auch Modernisierung und Weiterentwicklung der Öl- und Gasproduktion – mittelfristig schwer unter den Sanktionen leiden werden. Vorerst gelingt es Teheran, westliches Know-how durch asiatisches, vor allem chinesisches, zu ersetzen, was allerdings Qualitätseinbußen bedeuten und insgesamt die Projekte verzögern dürfte.
Aber auch politisch macht sich der wachsende Sanktionsdruck bereits bemerkbar. Der Versuch einer massiven Steuererhöhung für Irans Bazaar-Geschäftsleute hatte im Juli nur den letzten Anstoß zu einem tagelangen Streik in Teheran und anderen Städten gegeben, dem sich der Präsident schließlich weitgehend beugte und die Steuerbelastungen wesentlich reduzierte. Doch der Unmut der Händler hat sich nur oberflächlich gelegt. Der Ärger über die katastrophale Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahren und die dramatische Isolation des Landes treibt den mächtigen Bazaar, jene Institution des Irans, die einst entscheidend zum Sturz des Schahs beigetragen hatte, mehr und mehr in die stetig erstarkenden Arme der Opposition.
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Montag, 19. Juli 2010
IRAN: Vom „sanften zum harten Krieg“
Schon zeigen sich erste Auswirkungen der verschärften Sanktionen gegen den Iran – Doch sie könnten sich als zweischneidiges Schwert erweisen
von Birgit Cerha
Der Ton hat sich radikal gewandelt seit die UNO, die USA und die Europäer zu einer neuen, verschärften Sanktionsrunde gegen den Iran bliesen. Wie ein verwundeter Bär schlägt die Theokratie in alle Richtungen und stimmt das Volk auf Konfrontation ein. „Sie wollen uns die Angst einjagen, dass etwas sehr Gefährliches hinter ihren Drohungen steckt…. Wir müssen für alles bereit sein“, so die eindringliche Mahnung des „Geistlichen Führers“ Khamenei, zum „sanften“, aber auch zum „harten Krieg“. Zugleich versucht Präsident Ahmadinedschad die Sanktionen als „lästige Fliegen“ abzutun, sie glichen einem „gebrauchten Taschentuch“, böten aber die Chance, die Bevölkerung gegen „Verseuchung“ durch „ungläubige“ Kulturen zu schützen.
Doch massiv verschärfte Repressionen zeigen, dass das Regime nicht wirklich an Segnungen dieser Strafmaßnahmen glauben. Das Thema ist für die Medien tabu. „Der Druck auf die Presse hat unvorstellbare Ausmaße erreicht“, gesteht ein Journalist einer regimetreuen Zeitung ein. Es herrscht eine Atmosphäre der Hochspannung, und das Volk macht sich große Sorgen. Dass selbst Iran erzkonservative Herrscher in dieser neuen Konfrontationsrunde mit einem großen Teil der Welt gespalten sind, lässt sich durch erste differenzierte Kommentare erkennen. So gesteht der in den USA ausgebildete Chef des iranischen Atomprogramms, Ali Akbar Salehi, offen ein, dass die verschärften Sanktionen dieses Programm erheblich verlangsamen würden und Alaeddin Borujerdi, erzkonservativer Chef der parlamentarischen Sicherheitskommission, sagt offen schmerzliche Folgen voraus und spricht gar von der Möglichkeit, dass der Iran die heiß umstrittene Uran-Anreicherung bis zu 20 Prozent reduzieren könnte. Doch eine Abkehr vom Atomprogramm schließen alle aus.
Prominente Exil-Iraner wie Ex-Präsident Bani Sadr sind überzeugt vom enormen Schaden, der nun der Wirtschaft droht: galoppierende Inflation, Verschärfung der Armut. Nach einer Einschätzung der Teheraner Handelskammer dürfte das jährliche Wirtschaftswachstum von derzeit drei um 1,8 Prozent sinken. Das Arbeitsministerium fürchtet, dass täglich 3000 Jobs verloren gehen und eine für das Handelsministerium erarbeitete Studie schätzt gar, dass in den nächsten drei Jahre 40.000 Unternehmen, darunter einige große Firmen, schließen müssen.
Wiewohl die USA und ihre Verbündeten hohe Regierungsbeamte und vor allem die für das Atomprogramm verantwortlichen Revolutionsgarden – und nicht die Bevölkerung – unter Druck setzen wollen, herrscht unter Analysten, Aktivisten und Journalisten in Teheran wachsende Sorge, dass die Angehörigen der Mittelschicht Hauptleidtragende sein werden.
Wie sehr Irans Privatwirtschaft um ihre Existenz fürchtet, illustrierte ein tagelanger Streik der Bazaar-Händler gegen eine geplant Erhöhung der Mehrwertsteuer um 70 Prozent. Es war die erste große Protestaktion gegen das Regime, seit 1979, als die politisch einflussreichen Bazaaris durch ihre Unterstützung der islamischen Revolution entscheidend zum Sieg Ayatollah Khomeinis über den Schah beigetragen hatten. Diesmal quält die Händler vor allem die Sorge vor einer durch die Sanktionen ausgelösten Welle von Bankrotten, eine Gefahr, für die sie die Politik Ahmadinedschads verantwortlich machen.
Einen Schock unter der gebildeten Mittelschicht löste die Suspendierung von englischen Sprachtests im Iran durch das amerikanische „Educational Testing Service“ (ETS) aus, da die neuen US-Finanz-Sanktionen die Bezahlung unmöglich machten. Iraner klagen, dass auf diese Weise genau jene Schichte junger, moderner und zur Außenwelt hin orientierter Menschen getroffen werde, die sich nach Demokratie sehnten, und gegen die Despotie wehren wollten. Die ETS-Examen öffneten bisher vielen Iranern das Tor zur Welt. Eine Schwächung dieser Bevölkerungsschichte liegt freilich durchaus im Interesse des Regimes, das die Sanktionen auch nützen könnte, um den Druck auf diese politischen Gegner nun auch noch ökonomisch zu verschärfen.
Der Weltsicherheitsrat hatte am 9. Juni die Liste iranischer Organisationen und Einzelpersonen, die finanziellen Restriktionen und Einreiseverboten unterworfen werden erweitert und das bisher schärfste Waffenembargo verhängt. Kurz darauf verschärfte der US-Kongreß radikale Strafen gegen Firmen und andere Institutionen, die der iranischen Ölindustrie Güter und Dienstleistungen zur Verfügung stellen und raffinierte Ölprodukte liefern, sowie Restriktionen im Finanzbereich. 16 iranische Banken wurden auf die schwarze Liste gesetzt. Auch die EU wird bis Ende Juli eine neue Serie von Sanktionen gegen Irans Handels-, Finanzsektor, Öl- und Gasindustrie in Kraft setzen.
Schon weigerte sich British Petroleum (BP), auf mehreren Flughäfen weltweit iranische Maschinen aufzutanken und ließ den Vertrag mit Iran Air Ende Juni auslaufen. Große Ölkonzerne, wie Shell, Total und Repsol stoppten ihre Lieferung von Raffinerie-Produkten an die Islamische Republik oder beschlossen, wie die italienische ENI und Russlands Lukoil, sich derzeit um keine neuen Investitionen im Iran zu bewerben. Andere, darunter die norwegische Statoil, wollen sich aus dem Iran zurückziehen, sobald begonnene Projekte fertig gestellt sind. Erste Probleme bei den Rohölexporten stellen sich ein. Um Käufer zu gewinnen, sucht Teheran zu Preisnachlässen Zuflucht. Niedrigere Ölerträge drohen die Devisenreserven binnen einen Jahres auf einen kritischen Stand reduzieren und das Regime entweder zu einer Abwertung der Landeswährung oder zu anderen drastischen Entscheidungen zwingen würden.
Besonders schmerzt der Boykott von Raffinerieprodukten, deren heimischen Bedarf der Iran zu 40 Prozent durch Importe decken muss. Nach einer Expertenstudie könnten die Sanktionen etwa ein Defizit von 88.000 Barrel des Tagesbedarfs von 128.000 importierten Benzins bewirken. Schon stiegen die Importkosten um zehn Dollar pro Tonne, was allein im Juli drei Mio. Dollar ausmachen wird. Vorläufig bieten sich noch einige Alternativquellen an: China, Venezuela, die Türkei, sogar Russland zeigt sich zur Lieferung bereit, ebenso die energiereichen zentralasiatischen Nachbarn. Schmuggel über die Grenze verspricht lukrative Geschäfte für illegale Händler auf beiden Seiten, doch höhere Preise für die Bevölkerung.
Ahmadinedschad will in all diesen Problemen eine große Chance sehen, um die Industrialisierung voranzutreiben. Neben möglicher verschärfter Benzinrationierung und Preiserhöhungen (derzeit kostet Benzin weniger als die vergleichbare Menge Mineralwassers) verheißt der Präsident dem Volk Autarkie bei Raffinerieprodukten bis zum Jahresende. Einige Anlagen werden ausgeweitet, neue Projekte begonnen. In Ermangelung westlichen Know-hows hofft Teheran auf die Chinesen. Doch viele Hürden und der enorme Finanzbedarf könnten die Pläne entscheidend verzögern und damit soziale Unruhen bewirken.
Einen großen Erfolg im Kampf um die Durchsetzung der verschärften Sanktionen haben die Amerikaner bereits erzielt: Irans jahrelang wichtigste „Hintertür“, Dubai, beginnt sich zu schließen. Durch seine schwere Finanzkrise im Vorjahr empfindlich geschwächt und unter Druck des großen Bruders und Retters Abu Dhabi begann der Emir dem regen Re-Export in den Iran zu Leibe zu rücken. An die 8000 iranische Firmen operieren seit vielen Jahren von Dubai aus. Allerlei Güter, erlaubte und verbotene, gelangen seit langem in kleinen Booten, den Dhows, an die iranische Küste. Insgesamt wurden in Dubai und anderen Scheichtümern der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Dutzende Firmen wegen illegaler Geschäfte geschlossen, 41 Bankkonten von führenden Vertretern des Teheraner Regimes gesperrt und 30 verdächtige Schiffs- und Flugzeugs-Ladungen beschlagnahmt.
Doch iranische Geschäftsleute in den VAE klagen, diese Maßnahmen träfen legale Händler und nicht die eigentlichen Übeltäter: die Revolutionsgarden, die durch viele Tricks ungestört ein höchst lukratives Schmuggelgeschäft betrieben. Tatsächlich meinen Iraner, wie auch unabhängige Experten, die Sanktionen könnten ihr eigentliches Ziel - Zerschlagung des Machtapparats der Revolutionsgarden - nicht nur verfehlen, sondern dieses Mafiaimperium gar noch stärken. Die Garden, die heute 30 bis 40 Prozent der iranischen Wirtschaftsaktivitäten dominieren, haben seit drei Jahrzehnten eine riesige Schmuggelindustrie von heute geschätzten fast zwölf Mrd. Dollar im Jahr aufgebaut und ausgeklügelte Methoden entwickelt. Dazu zählen die regelmäßge Neugründung oder Umbenennung von Firmen, Neubeflaggung von Schiffen, die Eröffnung von Scheinfirmen zur Maskierung illegaler Geschäfte, sowie Geldwäsche. „Sie haben überall ihre Finger drin“, meint der heute in den USA lebende Mohsen Sazegara, der einst entscheidend mitgeholfen hatte, die Garden aufzubauen. In dem Versteckspiel mit dem Westen genießen sie dank ihrer langjährigen Schmuggel-Praxis enormen taktischen Vorsprung.
Im Iran selbst verschaffen ihnen die Sanktionen tatsächlich die Chance, ihr Imperium – mit Hilfe Ahmadinedschads – weiter auszubauen. Indem sich westliche Firmen zurückziehen verlieren die Garden bei der Vergabe höchst lukrativer Staatsaufträge ihre wichtigsten Konkurrenten. Zunehmend übernehmen sie auch Großprojekte in der Öl- und Gas-Industrie. Wo ihnen die Expertise fehlt, holen sie Subunternehmer etwa aus China und lassen sich dafür reichlich bezahlen. „Sie gleichen einem Riesen, der allmählich die ganze Nation verschlingt“, meint ein Ökonom in Teheran.
Fest steht allerdings, dass sich vorerst die Auswirkungen der Sanktionen nicht abschätzen lassen. „Wenn die Regierung entschlossen und geschickt agiert“ glaubt Sohrab Razzaghi, einst Kabinettsmitglied von Präsident Khatami, „dann kann sie die Bevölkerung“ in einem aufwallenden Nationalismus „hinter sich scharen. Gelingt dies nicht, dann könnte das Regime zusammenbrechen.“
Bildquelle: Oneworldnews
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Der Ton hat sich radikal gewandelt seit die UNO, die USA und die Europäer zu einer neuen, verschärften Sanktionsrunde gegen den Iran bliesen. Wie ein verwundeter Bär schlägt die Theokratie in alle Richtungen und stimmt das Volk auf Konfrontation ein. „Sie wollen uns die Angst einjagen, dass etwas sehr Gefährliches hinter ihren Drohungen steckt…. Wir müssen für alles bereit sein“, so die eindringliche Mahnung des „Geistlichen Führers“ Khamenei, zum „sanften“, aber auch zum „harten Krieg“. Zugleich versucht Präsident Ahmadinedschad die Sanktionen als „lästige Fliegen“ abzutun, sie glichen einem „gebrauchten Taschentuch“, böten aber die Chance, die Bevölkerung gegen „Verseuchung“ durch „ungläubige“ Kulturen zu schützen.
Doch massiv verschärfte Repressionen zeigen, dass das Regime nicht wirklich an Segnungen dieser Strafmaßnahmen glauben. Das Thema ist für die Medien tabu. „Der Druck auf die Presse hat unvorstellbare Ausmaße erreicht“, gesteht ein Journalist einer regimetreuen Zeitung ein. Es herrscht eine Atmosphäre der Hochspannung, und das Volk macht sich große Sorgen. Dass selbst Iran erzkonservative Herrscher in dieser neuen Konfrontationsrunde mit einem großen Teil der Welt gespalten sind, lässt sich durch erste differenzierte Kommentare erkennen. So gesteht der in den USA ausgebildete Chef des iranischen Atomprogramms, Ali Akbar Salehi, offen ein, dass die verschärften Sanktionen dieses Programm erheblich verlangsamen würden und Alaeddin Borujerdi, erzkonservativer Chef der parlamentarischen Sicherheitskommission, sagt offen schmerzliche Folgen voraus und spricht gar von der Möglichkeit, dass der Iran die heiß umstrittene Uran-Anreicherung bis zu 20 Prozent reduzieren könnte. Doch eine Abkehr vom Atomprogramm schließen alle aus.
Prominente Exil-Iraner wie Ex-Präsident Bani Sadr sind überzeugt vom enormen Schaden, der nun der Wirtschaft droht: galoppierende Inflation, Verschärfung der Armut. Nach einer Einschätzung der Teheraner Handelskammer dürfte das jährliche Wirtschaftswachstum von derzeit drei um 1,8 Prozent sinken. Das Arbeitsministerium fürchtet, dass täglich 3000 Jobs verloren gehen und eine für das Handelsministerium erarbeitete Studie schätzt gar, dass in den nächsten drei Jahre 40.000 Unternehmen, darunter einige große Firmen, schließen müssen.
Wiewohl die USA und ihre Verbündeten hohe Regierungsbeamte und vor allem die für das Atomprogramm verantwortlichen Revolutionsgarden – und nicht die Bevölkerung – unter Druck setzen wollen, herrscht unter Analysten, Aktivisten und Journalisten in Teheran wachsende Sorge, dass die Angehörigen der Mittelschicht Hauptleidtragende sein werden.
Wie sehr Irans Privatwirtschaft um ihre Existenz fürchtet, illustrierte ein tagelanger Streik der Bazaar-Händler gegen eine geplant Erhöhung der Mehrwertsteuer um 70 Prozent. Es war die erste große Protestaktion gegen das Regime, seit 1979, als die politisch einflussreichen Bazaaris durch ihre Unterstützung der islamischen Revolution entscheidend zum Sieg Ayatollah Khomeinis über den Schah beigetragen hatten. Diesmal quält die Händler vor allem die Sorge vor einer durch die Sanktionen ausgelösten Welle von Bankrotten, eine Gefahr, für die sie die Politik Ahmadinedschads verantwortlich machen.
Einen Schock unter der gebildeten Mittelschicht löste die Suspendierung von englischen Sprachtests im Iran durch das amerikanische „Educational Testing Service“ (ETS) aus, da die neuen US-Finanz-Sanktionen die Bezahlung unmöglich machten. Iraner klagen, dass auf diese Weise genau jene Schichte junger, moderner und zur Außenwelt hin orientierter Menschen getroffen werde, die sich nach Demokratie sehnten, und gegen die Despotie wehren wollten. Die ETS-Examen öffneten bisher vielen Iranern das Tor zur Welt. Eine Schwächung dieser Bevölkerungsschichte liegt freilich durchaus im Interesse des Regimes, das die Sanktionen auch nützen könnte, um den Druck auf diese politischen Gegner nun auch noch ökonomisch zu verschärfen.
Der Weltsicherheitsrat hatte am 9. Juni die Liste iranischer Organisationen und Einzelpersonen, die finanziellen Restriktionen und Einreiseverboten unterworfen werden erweitert und das bisher schärfste Waffenembargo verhängt. Kurz darauf verschärfte der US-Kongreß radikale Strafen gegen Firmen und andere Institutionen, die der iranischen Ölindustrie Güter und Dienstleistungen zur Verfügung stellen und raffinierte Ölprodukte liefern, sowie Restriktionen im Finanzbereich. 16 iranische Banken wurden auf die schwarze Liste gesetzt. Auch die EU wird bis Ende Juli eine neue Serie von Sanktionen gegen Irans Handels-, Finanzsektor, Öl- und Gasindustrie in Kraft setzen.
Schon weigerte sich British Petroleum (BP), auf mehreren Flughäfen weltweit iranische Maschinen aufzutanken und ließ den Vertrag mit Iran Air Ende Juni auslaufen. Große Ölkonzerne, wie Shell, Total und Repsol stoppten ihre Lieferung von Raffinerie-Produkten an die Islamische Republik oder beschlossen, wie die italienische ENI und Russlands Lukoil, sich derzeit um keine neuen Investitionen im Iran zu bewerben. Andere, darunter die norwegische Statoil, wollen sich aus dem Iran zurückziehen, sobald begonnene Projekte fertig gestellt sind. Erste Probleme bei den Rohölexporten stellen sich ein. Um Käufer zu gewinnen, sucht Teheran zu Preisnachlässen Zuflucht. Niedrigere Ölerträge drohen die Devisenreserven binnen einen Jahres auf einen kritischen Stand reduzieren und das Regime entweder zu einer Abwertung der Landeswährung oder zu anderen drastischen Entscheidungen zwingen würden.
Besonders schmerzt der Boykott von Raffinerieprodukten, deren heimischen Bedarf der Iran zu 40 Prozent durch Importe decken muss. Nach einer Expertenstudie könnten die Sanktionen etwa ein Defizit von 88.000 Barrel des Tagesbedarfs von 128.000 importierten Benzins bewirken. Schon stiegen die Importkosten um zehn Dollar pro Tonne, was allein im Juli drei Mio. Dollar ausmachen wird. Vorläufig bieten sich noch einige Alternativquellen an: China, Venezuela, die Türkei, sogar Russland zeigt sich zur Lieferung bereit, ebenso die energiereichen zentralasiatischen Nachbarn. Schmuggel über die Grenze verspricht lukrative Geschäfte für illegale Händler auf beiden Seiten, doch höhere Preise für die Bevölkerung.
Ahmadinedschad will in all diesen Problemen eine große Chance sehen, um die Industrialisierung voranzutreiben. Neben möglicher verschärfter Benzinrationierung und Preiserhöhungen (derzeit kostet Benzin weniger als die vergleichbare Menge Mineralwassers) verheißt der Präsident dem Volk Autarkie bei Raffinerieprodukten bis zum Jahresende. Einige Anlagen werden ausgeweitet, neue Projekte begonnen. In Ermangelung westlichen Know-hows hofft Teheran auf die Chinesen. Doch viele Hürden und der enorme Finanzbedarf könnten die Pläne entscheidend verzögern und damit soziale Unruhen bewirken.
Einen großen Erfolg im Kampf um die Durchsetzung der verschärften Sanktionen haben die Amerikaner bereits erzielt: Irans jahrelang wichtigste „Hintertür“, Dubai, beginnt sich zu schließen. Durch seine schwere Finanzkrise im Vorjahr empfindlich geschwächt und unter Druck des großen Bruders und Retters Abu Dhabi begann der Emir dem regen Re-Export in den Iran zu Leibe zu rücken. An die 8000 iranische Firmen operieren seit vielen Jahren von Dubai aus. Allerlei Güter, erlaubte und verbotene, gelangen seit langem in kleinen Booten, den Dhows, an die iranische Küste. Insgesamt wurden in Dubai und anderen Scheichtümern der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Dutzende Firmen wegen illegaler Geschäfte geschlossen, 41 Bankkonten von führenden Vertretern des Teheraner Regimes gesperrt und 30 verdächtige Schiffs- und Flugzeugs-Ladungen beschlagnahmt.
Doch iranische Geschäftsleute in den VAE klagen, diese Maßnahmen träfen legale Händler und nicht die eigentlichen Übeltäter: die Revolutionsgarden, die durch viele Tricks ungestört ein höchst lukratives Schmuggelgeschäft betrieben. Tatsächlich meinen Iraner, wie auch unabhängige Experten, die Sanktionen könnten ihr eigentliches Ziel - Zerschlagung des Machtapparats der Revolutionsgarden - nicht nur verfehlen, sondern dieses Mafiaimperium gar noch stärken. Die Garden, die heute 30 bis 40 Prozent der iranischen Wirtschaftsaktivitäten dominieren, haben seit drei Jahrzehnten eine riesige Schmuggelindustrie von heute geschätzten fast zwölf Mrd. Dollar im Jahr aufgebaut und ausgeklügelte Methoden entwickelt. Dazu zählen die regelmäßge Neugründung oder Umbenennung von Firmen, Neubeflaggung von Schiffen, die Eröffnung von Scheinfirmen zur Maskierung illegaler Geschäfte, sowie Geldwäsche. „Sie haben überall ihre Finger drin“, meint der heute in den USA lebende Mohsen Sazegara, der einst entscheidend mitgeholfen hatte, die Garden aufzubauen. In dem Versteckspiel mit dem Westen genießen sie dank ihrer langjährigen Schmuggel-Praxis enormen taktischen Vorsprung.
Im Iran selbst verschaffen ihnen die Sanktionen tatsächlich die Chance, ihr Imperium – mit Hilfe Ahmadinedschads – weiter auszubauen. Indem sich westliche Firmen zurückziehen verlieren die Garden bei der Vergabe höchst lukrativer Staatsaufträge ihre wichtigsten Konkurrenten. Zunehmend übernehmen sie auch Großprojekte in der Öl- und Gas-Industrie. Wo ihnen die Expertise fehlt, holen sie Subunternehmer etwa aus China und lassen sich dafür reichlich bezahlen. „Sie gleichen einem Riesen, der allmählich die ganze Nation verschlingt“, meint ein Ökonom in Teheran.
Fest steht allerdings, dass sich vorerst die Auswirkungen der Sanktionen nicht abschätzen lassen. „Wenn die Regierung entschlossen und geschickt agiert“ glaubt Sohrab Razzaghi, einst Kabinettsmitglied von Präsident Khatami, „dann kann sie die Bevölkerung“ in einem aufwallenden Nationalismus „hinter sich scharen. Gelingt dies nicht, dann könnte das Regime zusammenbrechen.“
Bildquelle: Oneworldnews
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Sonntag, 18. Juli 2010
IRAK: Politgestrüpp im Irak
von Dr. Arnold Hottinger
Nach der Verfassung wäre die Frist am 14. Juli abgelaufen, innerhalb derer die neugewählten irakischen Parlamentarier einen Parlamentssprecher und einen Präsidenten hätten wählen sollen. Der Präsident hätte dann einen Ministerpräsidenten zu ernennen, der in der Lage wäre, eine parlamentarische Mehrheit zusammenzubringen. Als ersten sollte er den Kandidaten beauftragen, der die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich hat.
Doch die Verhandlungen der Politiker sind seit dem Wahltag, dem 7. März, blockiert, weil es zwei Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten gibt, und bisher wurde kein Weg gefunden, um eine Entscheidung für den einen oder den anderen herbeizuführen. Der abtretende Ministerpräsident Nuri al-Maleki hat 89 Gewählte auf seiner Seite; der theoretische Sieger in den Wahlen, Iyad Allawi gewann 91.
Doch Maleki, der interimistisch die Macht ausübt, hat einen Rechtsentscheid gewonnen, nach dem für den ersten Auftrag zur Regierungsbildung die Mehrheit nicht nur einer Partei oder Allianz von Parteien, die als solche in die Wahlen gezogen ist, zählt, sondern auch eine Mehrheit, die aus der Verbindung mehrerer solcher Parteien oder Allianzen hervorgeht, wenn sie sich nach den Wahlen (angesichts des Wahlresultates) zusammenschliessen. Malekis Formation („Rechtsstaat“ genannt) und jene von mehreren schiitischen Parteien (die sich „Nationale Allianz“ oder „Nationales Einverständnis“ nennen) haben nach den Wahlen erklärt, sie hätten sich zusammengeschlossen. Gestützt auf den Rechtsentscheid sind sie der Ansicht, dass ihr Zusammenschluss, der zusammen 159 Gewählte umfasst, das Recht habe, als erste Formation zur Regierungsbildung anzutreten. (163 Parlamentarier würden eine Mehrheit der Kammer bilden.)
Ein pro-Forma Zusammenschluss
Jedoch das Bündnis von „Rechtsstaat“ und „Nationalem Einverständnis“ ist sich in der zentralen Frage, welche die Person des Ministerpräsidenten betrifft, uneinig. Diese Frage ist dermassen wichtig, dass man sagen kann, die Allianz ist bloss eine formale Scheinallianz. Das „Nationale Einverständnis“ ist seinerseits ein Bündnis von zwei führenden und mehreren kleinen schiitischen Parteigruppierungen. Die beiden Grossen haben jede ihren Kandidaten für die Ministerpräsidentschaft, die grösste unter der Fernsteuerung von Muqtada Sadr (38 Gewählte), will Ibrahim Jaafari, den Vorläufer Malekis in der Ministerpräsidentschaft; die zweitgrösste Gruppe unter der Leitung der Hakim Familie (als SCIRI bekannt) stellt sich hinter Adel Abdel Mahdi. Die Sadr Gruppierung, mit der Mehrheit innerhalb der schiitischen Allianz, lehnt al-Maleki besonders entschieden ab. Sie beschuldigt ihn, gegen ihre politischen Kräfte und ihre Miliz einen grausamen Vernichtungskrieg geführt zu haben, als er im März 2008 im Süden des Iraks und später in Bagdad mit Hilfe der offiziellen irakischen Armee und der amerikanischen Streitkräfte blutig gegen sie durchgriff. Die Allianz Malekis ihrerseits, „Rechtsstaat“, hat sich ganz um die Person des Ministerpräsidenten der letzten 4 Jahre, geschart. Ohne ihn gäbe es sie überhaupt nicht, und Maleki geht eisern darauf aus, wieder Ministerpräsident zu werden.
Ringen um die Berufung zur Regierungsbildung
Warum ist die Frage, wer zuerst die Regierungsbildung versuchen darf, so umkämpft? – Weil die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass es dieser Person gelingen könnte, eine bedeutende, möglicherweise entscheidende Zahl von Abgeordneten für sich zu gewinnen, indem er ihren jeweiligen Gruppenoberhäuptern Regierungspositionen und andere Vergünstigungen verspricht, über die er als Regierungschef zu verfügen hätte.
Die Wahlallianzen, welche den Wahlkampf führten, sind keine eigentlichen Parteien mit einer inneren Disziplin. Man muss sie vielmehr als Allianzen von unterschiedlichen kleineren und grösseren, familienartigen, Gruppen sehen, die sich „Parteien“ nennen und deren jeweilige Oberhäupter ihrerseits auf eine gewisse Loyalität ihrer Gefolgschaft zählen können, aber selbst primär ihre eigenen Ziele für sich und für ihre Gruppen verfolgen, nicht unbedingt jene der Allianz, mit der sie in die Wahlen gezogen waren. „Klientelgruppen“ ist ein Begriff, welcher der Realität am ehesten nahe kommt.
Maleki dürfte rechnen: wenn er den Regierungsauftrag erhält, kann er seine bisherigen Verbündeten von der Nationalen Allianz und seine bisherigen Gegner von der „Irakiya! (Allawis) gegeneinander ausspielen, indem er verschiedenen Mitgliedern beider Allianzen Positionen in seiner Regierung zusagt, natürlich in erster Linie solchen, die ihrerseits möglichst viele Gefolgsleute im Parlament auf die Regierungsseite zu bringen vermögen.
Auch Allawi dürfte hoffen, wenn er den Regierungsauftrag erhält, aus seinen 91 Gefolgsleuten mit Hilfe der Untergruppierungen aus den Gegenallianzen, sowohl der schiitischen „Nationalen Übereinstimmung“, wie auch der von Maleki zusammengestellten „Rechtsstaat“ Allianz und ebenfalls unter den zahlreichen anderen Kleingruppen (einschliesslich der 44 Gewählten der Kurden), die sich keiner der drei grossen Verbindungen zugewandt haben, aber auch Parlamentssitze erhielten, eine parlamentarische Mehrheit zu finden.
Blockierte Präsidentschaftswahlen
Der erste Schritt nach den Wahlen, die Wahl von Sprecher und Präsident, sind an sich nicht davon abhängig, wer den Regierungsauftrag erhält. Doch diese Wahlen (der Präsident muss mit einer zwei Drittel Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden) konnten bisher auch nicht stattfinden, weil unklar ist, wer mit wem im Parlament zusammenarbeiten will, um die Wahlen zustande zu bringen. Eine solche Zusammenarbeit würde die Bildung eines echten mehrheitsfähigen politischen Zusammenschusses bedeuten, dem entweder beide Rivalen, Maleki und Allawi, oder einer von ihnen angehören müsste. Wenn es einer wäre, würde dieser den Regierungsauftrag erhalten, wenn aber beide, müsste der Präsident entscheiden. Was offenbar beide Rivalen vermeiden wollen, indem sie die Position ihrer Spitzenpolitiker im Voraus aushandeln.
Deblockierungsversuche
Vermittler, die den schleppenden Prozess der Regierungsbildung zu beschleunigen suchen, sind aufgetreten: sowohl die amerikanische Botschaft, wie auch die Delegation der UNO im Irak haben vorgeschlagen, es könnte leichter sein, einen Kompromiss zu finden, wenn die Machtfülle des Ministerpräsidenten – der heute praktisch allmächtig ist – eingeschränkt und an mehrere Personen verteilt würde, etwa an Vizeministerpräsidenten mit bestimmten Aufgabenbereichen, oder an bestimmte Ministerien, die dann bis zu den nächsten Wahlen der permanente Machtbereich bestimmter Gruppen und Parteiungen würden. Auf diesem Weg wäre es vielleicht zu erreichen, dass sich eine genügende Zahl von Klientelgruppen unter ihren jeweiligen Chefs auf die Person eines Ministerpräsidenten einigen könnten. Neben der Ministerpräsidentschaft stünden dann andere Machtpositionen als Trostpreise zur Verfügung.
Doch dies bedeutete für die nächste Regierung reduzierte Kompetenzen des Ministerpräsidenten, der dann auch nicht mehr frei wäre, seine Minister zu entlassen oder auszuwechseln. Die Hemmschuhe, die heute der Regierungsbildung entgegenstehen, würden damit ins Innere der zukünftigen Regierung verschoben und würden dort für künftige Blockierungen der Regierungsaktivitäten sorgen. Auch die laufenden Verhandlungen werden durch diese Vermittlungsbemühungen noch weiter kompliziert. Denn man verhandelt nun gleichzeitig einerseits darüber, wer Ministerpräsident werden soll, andrerseits aber auch darüber, wieviel Macht dieser künftige Ministerpräsident ausüben werde und daher auch darüber, wer sonst noch welche und wie abgesicherte Machtpositionen innerhalb der künftigen Regierung erhalten werde.
Zeitdruck für Alle ausser den Politikern
Den Amerikanern eilt es, sie planen Ende August ihre Präsenz auf 50 000 Mann abgebaut zu haben. Der irakischen Bevölkerung eilt es noch mehr. Sie kann nicht verstehen, warum ihre Politiker sich über Monate hin in grenzenlose Diskussionen verwickeln, wo doch so viele dringende Aufgaben einer Lösung harren, in erster Linie die Elektrizitäts- und Trinkwasserversorgung, die Sicherheit, die Korruptionsbekämpfung, Massnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Demonstrationen über die immernoch andauernden Elektrizitätsausfälle von vielen Stunden pro Tag bei mörderischer Hitze fanden kürzlich in allen Städten des Landes statt.
Was die mit Terror arbeitenden Subversionskräfte angeht, so suchen sie die Periode verminderter Regierungsautorität zu nutzen, indem sie die Terroranschläge nach Vermögen steigern und einmal mehr durch blutige Provokationen, primär der Schiiten, auf einen Bürgerkrieg hinarbeiten. Gegen sie treten heute die irakischen Sicherheitskräfte in Aktion. Die Amerikaner haben ihnen die Hauptrolle überlassen und greifen nur noch ein, wenn sie von den Irakern dazu aufgefordert werden. Doch die irakischen Politiker, die theoretisch für ihren Einsatz verantwortlich sind, gehören gegenwärtig – und solange das Machtringen weiter andauert – nur einer Interimsregierung an. – Wenn dies lange währt, bedeutet es aller Wahrscheinlichkeit nach, dass die (nicht politisch kontrollierte) Macht der Sicherheitskommandanten und Armeespitzen wächst und eigenständiger wird. – Wie dies im Irak seit der Unabhängigkeit von 1932 immerwieder geschehen ist.
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Nach der Verfassung wäre die Frist am 14. Juli abgelaufen, innerhalb derer die neugewählten irakischen Parlamentarier einen Parlamentssprecher und einen Präsidenten hätten wählen sollen. Der Präsident hätte dann einen Ministerpräsidenten zu ernennen, der in der Lage wäre, eine parlamentarische Mehrheit zusammenzubringen. Als ersten sollte er den Kandidaten beauftragen, der die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich hat.
Doch die Verhandlungen der Politiker sind seit dem Wahltag, dem 7. März, blockiert, weil es zwei Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten gibt, und bisher wurde kein Weg gefunden, um eine Entscheidung für den einen oder den anderen herbeizuführen. Der abtretende Ministerpräsident Nuri al-Maleki hat 89 Gewählte auf seiner Seite; der theoretische Sieger in den Wahlen, Iyad Allawi gewann 91.
Doch Maleki, der interimistisch die Macht ausübt, hat einen Rechtsentscheid gewonnen, nach dem für den ersten Auftrag zur Regierungsbildung die Mehrheit nicht nur einer Partei oder Allianz von Parteien, die als solche in die Wahlen gezogen ist, zählt, sondern auch eine Mehrheit, die aus der Verbindung mehrerer solcher Parteien oder Allianzen hervorgeht, wenn sie sich nach den Wahlen (angesichts des Wahlresultates) zusammenschliessen. Malekis Formation („Rechtsstaat“ genannt) und jene von mehreren schiitischen Parteien (die sich „Nationale Allianz“ oder „Nationales Einverständnis“ nennen) haben nach den Wahlen erklärt, sie hätten sich zusammengeschlossen. Gestützt auf den Rechtsentscheid sind sie der Ansicht, dass ihr Zusammenschluss, der zusammen 159 Gewählte umfasst, das Recht habe, als erste Formation zur Regierungsbildung anzutreten. (163 Parlamentarier würden eine Mehrheit der Kammer bilden.)
Ein pro-Forma Zusammenschluss
Jedoch das Bündnis von „Rechtsstaat“ und „Nationalem Einverständnis“ ist sich in der zentralen Frage, welche die Person des Ministerpräsidenten betrifft, uneinig. Diese Frage ist dermassen wichtig, dass man sagen kann, die Allianz ist bloss eine formale Scheinallianz. Das „Nationale Einverständnis“ ist seinerseits ein Bündnis von zwei führenden und mehreren kleinen schiitischen Parteigruppierungen. Die beiden Grossen haben jede ihren Kandidaten für die Ministerpräsidentschaft, die grösste unter der Fernsteuerung von Muqtada Sadr (38 Gewählte), will Ibrahim Jaafari, den Vorläufer Malekis in der Ministerpräsidentschaft; die zweitgrösste Gruppe unter der Leitung der Hakim Familie (als SCIRI bekannt) stellt sich hinter Adel Abdel Mahdi. Die Sadr Gruppierung, mit der Mehrheit innerhalb der schiitischen Allianz, lehnt al-Maleki besonders entschieden ab. Sie beschuldigt ihn, gegen ihre politischen Kräfte und ihre Miliz einen grausamen Vernichtungskrieg geführt zu haben, als er im März 2008 im Süden des Iraks und später in Bagdad mit Hilfe der offiziellen irakischen Armee und der amerikanischen Streitkräfte blutig gegen sie durchgriff. Die Allianz Malekis ihrerseits, „Rechtsstaat“, hat sich ganz um die Person des Ministerpräsidenten der letzten 4 Jahre, geschart. Ohne ihn gäbe es sie überhaupt nicht, und Maleki geht eisern darauf aus, wieder Ministerpräsident zu werden.
Ringen um die Berufung zur Regierungsbildung
Warum ist die Frage, wer zuerst die Regierungsbildung versuchen darf, so umkämpft? – Weil die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass es dieser Person gelingen könnte, eine bedeutende, möglicherweise entscheidende Zahl von Abgeordneten für sich zu gewinnen, indem er ihren jeweiligen Gruppenoberhäuptern Regierungspositionen und andere Vergünstigungen verspricht, über die er als Regierungschef zu verfügen hätte.
Die Wahlallianzen, welche den Wahlkampf führten, sind keine eigentlichen Parteien mit einer inneren Disziplin. Man muss sie vielmehr als Allianzen von unterschiedlichen kleineren und grösseren, familienartigen, Gruppen sehen, die sich „Parteien“ nennen und deren jeweilige Oberhäupter ihrerseits auf eine gewisse Loyalität ihrer Gefolgschaft zählen können, aber selbst primär ihre eigenen Ziele für sich und für ihre Gruppen verfolgen, nicht unbedingt jene der Allianz, mit der sie in die Wahlen gezogen waren. „Klientelgruppen“ ist ein Begriff, welcher der Realität am ehesten nahe kommt.
Maleki dürfte rechnen: wenn er den Regierungsauftrag erhält, kann er seine bisherigen Verbündeten von der Nationalen Allianz und seine bisherigen Gegner von der „Irakiya! (Allawis) gegeneinander ausspielen, indem er verschiedenen Mitgliedern beider Allianzen Positionen in seiner Regierung zusagt, natürlich in erster Linie solchen, die ihrerseits möglichst viele Gefolgsleute im Parlament auf die Regierungsseite zu bringen vermögen.
Auch Allawi dürfte hoffen, wenn er den Regierungsauftrag erhält, aus seinen 91 Gefolgsleuten mit Hilfe der Untergruppierungen aus den Gegenallianzen, sowohl der schiitischen „Nationalen Übereinstimmung“, wie auch der von Maleki zusammengestellten „Rechtsstaat“ Allianz und ebenfalls unter den zahlreichen anderen Kleingruppen (einschliesslich der 44 Gewählten der Kurden), die sich keiner der drei grossen Verbindungen zugewandt haben, aber auch Parlamentssitze erhielten, eine parlamentarische Mehrheit zu finden.
Blockierte Präsidentschaftswahlen
Der erste Schritt nach den Wahlen, die Wahl von Sprecher und Präsident, sind an sich nicht davon abhängig, wer den Regierungsauftrag erhält. Doch diese Wahlen (der Präsident muss mit einer zwei Drittel Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden) konnten bisher auch nicht stattfinden, weil unklar ist, wer mit wem im Parlament zusammenarbeiten will, um die Wahlen zustande zu bringen. Eine solche Zusammenarbeit würde die Bildung eines echten mehrheitsfähigen politischen Zusammenschusses bedeuten, dem entweder beide Rivalen, Maleki und Allawi, oder einer von ihnen angehören müsste. Wenn es einer wäre, würde dieser den Regierungsauftrag erhalten, wenn aber beide, müsste der Präsident entscheiden. Was offenbar beide Rivalen vermeiden wollen, indem sie die Position ihrer Spitzenpolitiker im Voraus aushandeln.
Deblockierungsversuche
Vermittler, die den schleppenden Prozess der Regierungsbildung zu beschleunigen suchen, sind aufgetreten: sowohl die amerikanische Botschaft, wie auch die Delegation der UNO im Irak haben vorgeschlagen, es könnte leichter sein, einen Kompromiss zu finden, wenn die Machtfülle des Ministerpräsidenten – der heute praktisch allmächtig ist – eingeschränkt und an mehrere Personen verteilt würde, etwa an Vizeministerpräsidenten mit bestimmten Aufgabenbereichen, oder an bestimmte Ministerien, die dann bis zu den nächsten Wahlen der permanente Machtbereich bestimmter Gruppen und Parteiungen würden. Auf diesem Weg wäre es vielleicht zu erreichen, dass sich eine genügende Zahl von Klientelgruppen unter ihren jeweiligen Chefs auf die Person eines Ministerpräsidenten einigen könnten. Neben der Ministerpräsidentschaft stünden dann andere Machtpositionen als Trostpreise zur Verfügung.
Doch dies bedeutete für die nächste Regierung reduzierte Kompetenzen des Ministerpräsidenten, der dann auch nicht mehr frei wäre, seine Minister zu entlassen oder auszuwechseln. Die Hemmschuhe, die heute der Regierungsbildung entgegenstehen, würden damit ins Innere der zukünftigen Regierung verschoben und würden dort für künftige Blockierungen der Regierungsaktivitäten sorgen. Auch die laufenden Verhandlungen werden durch diese Vermittlungsbemühungen noch weiter kompliziert. Denn man verhandelt nun gleichzeitig einerseits darüber, wer Ministerpräsident werden soll, andrerseits aber auch darüber, wieviel Macht dieser künftige Ministerpräsident ausüben werde und daher auch darüber, wer sonst noch welche und wie abgesicherte Machtpositionen innerhalb der künftigen Regierung erhalten werde.
Zeitdruck für Alle ausser den Politikern
Den Amerikanern eilt es, sie planen Ende August ihre Präsenz auf 50 000 Mann abgebaut zu haben. Der irakischen Bevölkerung eilt es noch mehr. Sie kann nicht verstehen, warum ihre Politiker sich über Monate hin in grenzenlose Diskussionen verwickeln, wo doch so viele dringende Aufgaben einer Lösung harren, in erster Linie die Elektrizitäts- und Trinkwasserversorgung, die Sicherheit, die Korruptionsbekämpfung, Massnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Demonstrationen über die immernoch andauernden Elektrizitätsausfälle von vielen Stunden pro Tag bei mörderischer Hitze fanden kürzlich in allen Städten des Landes statt.
Was die mit Terror arbeitenden Subversionskräfte angeht, so suchen sie die Periode verminderter Regierungsautorität zu nutzen, indem sie die Terroranschläge nach Vermögen steigern und einmal mehr durch blutige Provokationen, primär der Schiiten, auf einen Bürgerkrieg hinarbeiten. Gegen sie treten heute die irakischen Sicherheitskräfte in Aktion. Die Amerikaner haben ihnen die Hauptrolle überlassen und greifen nur noch ein, wenn sie von den Irakern dazu aufgefordert werden. Doch die irakischen Politiker, die theoretisch für ihren Einsatz verantwortlich sind, gehören gegenwärtig – und solange das Machtringen weiter andauert – nur einer Interimsregierung an. – Wenn dies lange währt, bedeutet es aller Wahrscheinlichkeit nach, dass die (nicht politisch kontrollierte) Macht der Sicherheitskommandanten und Armeespitzen wächst und eigenständiger wird. – Wie dies im Irak seit der Unabhängigkeit von 1932 immerwieder geschehen ist.
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Freitag, 16. Juli 2010
IRAN: Blutiger Terror gegen Schiiten im Iran
Geheimnisvolle sunnitische Rebellen setzen im bitterarmen Südosten ihren Kampf gegen Teheran fort – Wer steckt hinter der Dschundallah?
von Birgit Cerha
In auffallender Eile verurteilte US-Außenministerin Hillary Clinton mit schärfsten Worten die beiden Selbstmordanschläge gegen eine schiitische Moschee in der Hauptstadt der südostiranischen Provinz Sistan-Belutschistan. Die Zahl der Todesopfer des Attentats in Zahedan von Donnerstag abend stieg unterdessen auf 26. Mehr als 300 Menschen wurden verletzt. Nachdem Irans „Press-TV“ Clintons Stellungnahme ausgestrahlt hatte, verstummten zunächst auch weitere Attacken des offiziellen Teheran gegen die USA. Ein Sprecher der mächtigen Revolutionsgarden hatte zuvor erklärt, es bestünde „nicht der geringste Zweifel“ an einer Verwicklung der USA und Israels in dem Gewaltakt. Der Vorsitzende der Nationalen Sicherheitskommission im Parlament, Alaeddin Boroujerdi, betonte ebenfalls, dass „die Geheimdienste der USA, Israels und einiger westlicher Länder Terroraktionen im Namen Osten unterstützen und finanzieren… Solche Operationen werden den Iran jedoch nicht von seinem entschlossenen Kampf gegen die Mächte der Arroganz abbringen.“
Unterdessen bekannte sich die sunnitische Rebellengruppe Dschundallah („Soldaten Gottes“) zu dem Anschlag, mit dem sie nach einer über das Internet verbreiteten Erklärung „in das Herz der Revolutionsgarden“ treffen wollte, deren Angehörige sich in der Moschee zur Feier des „Tages der Revolutionsgarden“ versammelt hatten. Kommandanten hatten kurz zuvor triumphierend die „totale Kontrolle“ über die Unruheprovinz Sistan-Belutschistan hervorgehoben.
Die überwiegende Bevölkerungsmehrheit der bitterarmen Grenzprovinz gehört der kleinen sunnitischen Minderheit des Irans an. Dschundallah führt einen blutigen Kampf gegen das schiitische Regime in Teheran, durch das sich die Minderheit diskriminiert fühlt In den vergangenen Jahren hatte die Gruppe eine Serie blutiger Attacken insbesondere gegen Revolutionsgarden geführt. Im Oktober 2009 wurden bei einem Selbstmordanschlag mehr als 40 Angehörige der Revolutionsgarden, darunter führende Offiziere getötet. Eine massive Repressions- und Exekutionswelle folgte. Ende 2009 wurde Abdel Hamid Rigi, der Bruder des Dschundallah-Führers, in Pakistan festgenommen und an den Iran ausgeliefert und im Februar der Anführer Abdulmalik Rigi. Beide wurden unterdessen exekutiert. Der Anschlag vom Donnerstag wird auch als Racheakt des Rigi-Stammes gewertet und als Aktion, die dem Iran beweisen soll, dass der Kampf gegen das Regime unvermindert weitergeht.
Vor seiner Exekution hatte Abdulmalik Rigi im iranischen Fernsehen erklärt, dass die USA seiner Gruppe militärische Ausrüstung und einen Stützpunkt in Afghanistan, nahe der Grenze zum Iran, versprochen hätten. Teheran behauptet seit langem, dass die Amerikaner auf Initiative des damaligen Präsidenten Bush Dschunallah, immerhin eine dem Al-Kaida Netzwerk nahe stehende Extremistengruppe, mit dem Ziel unterstützten, das iranische Regime zu destabilisieren. Beweise für solche Behauptungen blieben bisher aus. Dass Abdulmaliks Behauptung der Wahrheit entsprach und nicht durch Folter erzwungen wurde, ist allerdings höchst fraglich.
Wer nun tatsächlich hinter Dschundallah steht und die Organisation finanziert, ist völlig unklar. Terrorexperten weisen darauf hin, dass Selbstmordanschläge, wie jener vom Donnerstag und vorangegangene der Gruppe nicht ohne finanzielle Unterstützung von außen möglich sind. Dschundallah nennt ihr Ziel offiziell die Vertreibung „des imperialistischen iranischen Regimes aus Belutschistan“ .Nachdem Abdulmalik Rigi 2003 seine Organisation gegründet hatte, fand er zunächst unter jungen fundamentalistischen Belutschen Zuspruch, mit verschärfter Diskriminierung und Repressionen durch das Regime sympathisierten zunehmend auch Belutschen des Mittelstandes, die mehr und mehr um ihre Identität fürchteten und sich gegen die Vorherrschaft der Farsi sprechenden Regime-Anhänger wehren wollten, mit dieser Gruppe.
Iran beschuldigte in der Vergangenheit auch Pakistan, Dschundallah zu unterstützen, um Teheran unter Druck zu setzen. Hilfe aus Saudi-Arabien, das Salafi-Gruppen, wie Dschundallah zu fördern pflegt, liegt nahe, zumal Teheran und Riad einen erbitterten Konkurrenzkampf um Vorherrschaft in der Region und in der islamischen Welt insgesamt führen. Auch dürfte Dschundallah durch den intensiven Rauschgiftschmuggel in diesem unwegsamen Grenzgebiet enorme Profite ziehen.
Experten in der Region meinen, westliche Truppen in Afghanisten dürften das Grenzland Belutschistan als Teherans Achillesferse erachten und könnten tatsächlich versucht sein, Gruppen wie Dschundallah als Mittel einzusetzen, um das iranische Regime unter Druck zu setzen. Zweifellos wird die Unruhe in diesem Teil der Welt weiter eskalieren, wenn Regionalstaaten nicht umdenken und ihre Beziehung zu ihren eigenen Bürgern und den Nachbarn friedlich regeln.
Bildquelle: Al-Arabiya
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von Birgit Cerha
In auffallender Eile verurteilte US-Außenministerin Hillary Clinton mit schärfsten Worten die beiden Selbstmordanschläge gegen eine schiitische Moschee in der Hauptstadt der südostiranischen Provinz Sistan-Belutschistan. Die Zahl der Todesopfer des Attentats in Zahedan von Donnerstag abend stieg unterdessen auf 26. Mehr als 300 Menschen wurden verletzt. Nachdem Irans „Press-TV“ Clintons Stellungnahme ausgestrahlt hatte, verstummten zunächst auch weitere Attacken des offiziellen Teheran gegen die USA. Ein Sprecher der mächtigen Revolutionsgarden hatte zuvor erklärt, es bestünde „nicht der geringste Zweifel“ an einer Verwicklung der USA und Israels in dem Gewaltakt. Der Vorsitzende der Nationalen Sicherheitskommission im Parlament, Alaeddin Boroujerdi, betonte ebenfalls, dass „die Geheimdienste der USA, Israels und einiger westlicher Länder Terroraktionen im Namen Osten unterstützen und finanzieren… Solche Operationen werden den Iran jedoch nicht von seinem entschlossenen Kampf gegen die Mächte der Arroganz abbringen.“
Unterdessen bekannte sich die sunnitische Rebellengruppe Dschundallah („Soldaten Gottes“) zu dem Anschlag, mit dem sie nach einer über das Internet verbreiteten Erklärung „in das Herz der Revolutionsgarden“ treffen wollte, deren Angehörige sich in der Moschee zur Feier des „Tages der Revolutionsgarden“ versammelt hatten. Kommandanten hatten kurz zuvor triumphierend die „totale Kontrolle“ über die Unruheprovinz Sistan-Belutschistan hervorgehoben.
Die überwiegende Bevölkerungsmehrheit der bitterarmen Grenzprovinz gehört der kleinen sunnitischen Minderheit des Irans an. Dschundallah führt einen blutigen Kampf gegen das schiitische Regime in Teheran, durch das sich die Minderheit diskriminiert fühlt In den vergangenen Jahren hatte die Gruppe eine Serie blutiger Attacken insbesondere gegen Revolutionsgarden geführt. Im Oktober 2009 wurden bei einem Selbstmordanschlag mehr als 40 Angehörige der Revolutionsgarden, darunter führende Offiziere getötet. Eine massive Repressions- und Exekutionswelle folgte. Ende 2009 wurde Abdel Hamid Rigi, der Bruder des Dschundallah-Führers, in Pakistan festgenommen und an den Iran ausgeliefert und im Februar der Anführer Abdulmalik Rigi. Beide wurden unterdessen exekutiert. Der Anschlag vom Donnerstag wird auch als Racheakt des Rigi-Stammes gewertet und als Aktion, die dem Iran beweisen soll, dass der Kampf gegen das Regime unvermindert weitergeht.
Vor seiner Exekution hatte Abdulmalik Rigi im iranischen Fernsehen erklärt, dass die USA seiner Gruppe militärische Ausrüstung und einen Stützpunkt in Afghanistan, nahe der Grenze zum Iran, versprochen hätten. Teheran behauptet seit langem, dass die Amerikaner auf Initiative des damaligen Präsidenten Bush Dschunallah, immerhin eine dem Al-Kaida Netzwerk nahe stehende Extremistengruppe, mit dem Ziel unterstützten, das iranische Regime zu destabilisieren. Beweise für solche Behauptungen blieben bisher aus. Dass Abdulmaliks Behauptung der Wahrheit entsprach und nicht durch Folter erzwungen wurde, ist allerdings höchst fraglich.
Wer nun tatsächlich hinter Dschundallah steht und die Organisation finanziert, ist völlig unklar. Terrorexperten weisen darauf hin, dass Selbstmordanschläge, wie jener vom Donnerstag und vorangegangene der Gruppe nicht ohne finanzielle Unterstützung von außen möglich sind. Dschundallah nennt ihr Ziel offiziell die Vertreibung „des imperialistischen iranischen Regimes aus Belutschistan“ .Nachdem Abdulmalik Rigi 2003 seine Organisation gegründet hatte, fand er zunächst unter jungen fundamentalistischen Belutschen Zuspruch, mit verschärfter Diskriminierung und Repressionen durch das Regime sympathisierten zunehmend auch Belutschen des Mittelstandes, die mehr und mehr um ihre Identität fürchteten und sich gegen die Vorherrschaft der Farsi sprechenden Regime-Anhänger wehren wollten, mit dieser Gruppe.
Iran beschuldigte in der Vergangenheit auch Pakistan, Dschundallah zu unterstützen, um Teheran unter Druck zu setzen. Hilfe aus Saudi-Arabien, das Salafi-Gruppen, wie Dschundallah zu fördern pflegt, liegt nahe, zumal Teheran und Riad einen erbitterten Konkurrenzkampf um Vorherrschaft in der Region und in der islamischen Welt insgesamt führen. Auch dürfte Dschundallah durch den intensiven Rauschgiftschmuggel in diesem unwegsamen Grenzgebiet enorme Profite ziehen.
Experten in der Region meinen, westliche Truppen in Afghanisten dürften das Grenzland Belutschistan als Teherans Achillesferse erachten und könnten tatsächlich versucht sein, Gruppen wie Dschundallah als Mittel einzusetzen, um das iranische Regime unter Druck zu setzen. Zweifellos wird die Unruhe in diesem Teil der Welt weiter eskalieren, wenn Regionalstaaten nicht umdenken und ihre Beziehung zu ihren eigenen Bürgern und den Nachbarn friedlich regeln.
Bildquelle: Al-Arabiya
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Donnerstag, 15. Juli 2010
IRAN: Die mysteriöse Odyssee Shahram Amiris
Iran feiert die Rückkehr des verschollenen Atomforschers aus den USA - Und wer gewinnt nun den Propagandakrieg?
von Birgit Cerha
Wie auf einem seiner YouTube Videos trug Shahram Amiri ein weißes Hemd und ein Tweed-Sportssakkom als ihn in einer überstürzten Abreise aus den USA seine Fr4au und sein siebenjähriger Sohn auf dem Teheraner Flughafen in die Arme schloss. Auch Irans stellvertretender Außenminister Hassan Qashqavi hatte sich eingefunden und beeilte sich auf einer Pressekonferenz klarzustellen, dass der während der islamischen Pilgerschaft (Hadsch) in Saudi-Arabien im Juni 2009 verschwundene Atomwissenschafter ja eigentlich gar kein wichtiger Nuklearexperte sei. Amiri stimmte zu, er hätte bisher nicht intensiv am iranischen Atomprogramm mitgearbeitet, er sei nur „ein einfacher Forscher, der an einer iranischen Universität arbeite. „Ich hatte nichts mit (den iranischen Atomanlagen) Natanz und Fordo zu tun, sondern sei von der „US-Regierung“ nur als „Werkzeug für politischen Druck“ gegen den Iran benutzt worden. Daraufhin dankte Qashqavi dem Wissenschafter für seinen „Widerstand gegen“ den von den US-Behörden auf ihn ausgeübten Druck.
Glücklich, wieder mit seiner Familie vereint zu sein, wiederholte Amiri Behauptungen, die er vor seiner Abreise aus Washington aufgestellt hatte, dass Agenten des US-Geheimdienstes CIA ihn im Juni 2009 während der Hadsch in der saudischen Stadt Medina in die USA entführt hätten. Er sei unter enormem psychischen Druck gestanden, habe aber das Angebot der CIA von 50 Mio.Dollar zurückgewiesen, wenn er nicht mehr in den Iran zurückkehre. „Die Amerikaner drängten mich, offiziell zu verkünden, dass ich in die USA abgesprungen sei, um mich zur Publikation falscher Information über Irans Atomprogramm zu missbrauchen. Doch mit Gottes Hilfe habe ich widerstanden.“
Die US-Behörden weisen solche Behauptungen energisch zurück. Es sei nicht ihr Stil, Menschen zu entführen, Amiri habe sich aus freiem Willen in den USA aufgehalten.
Der Atomphysiker war wohl ungewollt zwischen die Fronten eines sich stetig verschärfenden psychologischen Krieges zwischen den USA und dem Iran über Teherans Nuklearprogramm geraten. Der Fall ist so mysteriös wie kompliziert. Mehrere im Internet aufgetauchte Videos verschärften die Widersprüche, einmal behauptete er, er sei entführt worden, dann wieder er halte sich aus freiem Willen in den USA auf, um sich weiter zu bilden. In einem dritten, schließlich auch vom iranischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Video behauptete er im Juni schießlich, es sei ihm gelungen „US-Geheimagenten in Virginia“ zu entfliehen. Er befände sich aber weiterhin „in Gefahr und könnte wieder festgenommen werden.
US-Regierungskreise behaupten, Teheran habe gedroht, die Familie Amiris zu ermorden, sollte der Wissenschafter nicht heimkehren. Tatsächlich pflegt Teheran solche Maßnahmen immer wieder gegen prominente Iraner anzuwenden, die im Ausland Kritik am Regime üben oder wertvolle Informationen preisgeben könnten. US-Geheimdienstkreise behaupten, sie hätten tatsächlich wichtige Informationen, die Aufschluß über den Stand des Atomprogramms lieferten, erhalten und dem Wissenschafter dafür fünf Mio. Dollar bezahlt. Das Geld hätte Amiri nun aber aufgrund seiner überstürzten Abreise in den USA zurücklassen müssen. Der 32-jährige Atomexperte war überraschend Montag in der pakistanischen Botschaft in Washington, die Irans Interessen vertritt, aufgetaucht und hatte seine Heimreise angekündigt.
Als er vor einem Jahr verschwand schenkte das Regime in Teheran dieser Affäre wenig Beachtung. Das Land befand sich allerdings wegen der manipulierten Präsidentschaftswahlen in totalem Aufruhr. Teheran könnte nun beschlossen haben, mit Amiri ein Exempel zu statuieren, um die Flucht von Geheimnisträger und Experten ins Ausland zu unterbinden.
Die Affäre erweist sich sowohl für Washington als auch für Teheran als höchst peinlich. Die USA ließen einen Mann gehen, dessen Absprung sie als „Geheimdienstcoup“ gepriesen hatten. Irans Triumph über die Rückkehr ist aber schwer getrübt durch die Wahrscheinlichkeit, dass Amiri doch wichtige Geheimdienste preisgegeben hat.
Bildquelle: Reuters
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von Birgit Cerha
Wie auf einem seiner YouTube Videos trug Shahram Amiri ein weißes Hemd und ein Tweed-Sportssakkom als ihn in einer überstürzten Abreise aus den USA seine Fr4au und sein siebenjähriger Sohn auf dem Teheraner Flughafen in die Arme schloss. Auch Irans stellvertretender Außenminister Hassan Qashqavi hatte sich eingefunden und beeilte sich auf einer Pressekonferenz klarzustellen, dass der während der islamischen Pilgerschaft (Hadsch) in Saudi-Arabien im Juni 2009 verschwundene Atomwissenschafter ja eigentlich gar kein wichtiger Nuklearexperte sei. Amiri stimmte zu, er hätte bisher nicht intensiv am iranischen Atomprogramm mitgearbeitet, er sei nur „ein einfacher Forscher, der an einer iranischen Universität arbeite. „Ich hatte nichts mit (den iranischen Atomanlagen) Natanz und Fordo zu tun, sondern sei von der „US-Regierung“ nur als „Werkzeug für politischen Druck“ gegen den Iran benutzt worden. Daraufhin dankte Qashqavi dem Wissenschafter für seinen „Widerstand gegen“ den von den US-Behörden auf ihn ausgeübten Druck.
Glücklich, wieder mit seiner Familie vereint zu sein, wiederholte Amiri Behauptungen, die er vor seiner Abreise aus Washington aufgestellt hatte, dass Agenten des US-Geheimdienstes CIA ihn im Juni 2009 während der Hadsch in der saudischen Stadt Medina in die USA entführt hätten. Er sei unter enormem psychischen Druck gestanden, habe aber das Angebot der CIA von 50 Mio.Dollar zurückgewiesen, wenn er nicht mehr in den Iran zurückkehre. „Die Amerikaner drängten mich, offiziell zu verkünden, dass ich in die USA abgesprungen sei, um mich zur Publikation falscher Information über Irans Atomprogramm zu missbrauchen. Doch mit Gottes Hilfe habe ich widerstanden.“
Die US-Behörden weisen solche Behauptungen energisch zurück. Es sei nicht ihr Stil, Menschen zu entführen, Amiri habe sich aus freiem Willen in den USA aufgehalten.
Der Atomphysiker war wohl ungewollt zwischen die Fronten eines sich stetig verschärfenden psychologischen Krieges zwischen den USA und dem Iran über Teherans Nuklearprogramm geraten. Der Fall ist so mysteriös wie kompliziert. Mehrere im Internet aufgetauchte Videos verschärften die Widersprüche, einmal behauptete er, er sei entführt worden, dann wieder er halte sich aus freiem Willen in den USA auf, um sich weiter zu bilden. In einem dritten, schließlich auch vom iranischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Video behauptete er im Juni schießlich, es sei ihm gelungen „US-Geheimagenten in Virginia“ zu entfliehen. Er befände sich aber weiterhin „in Gefahr und könnte wieder festgenommen werden.
US-Regierungskreise behaupten, Teheran habe gedroht, die Familie Amiris zu ermorden, sollte der Wissenschafter nicht heimkehren. Tatsächlich pflegt Teheran solche Maßnahmen immer wieder gegen prominente Iraner anzuwenden, die im Ausland Kritik am Regime üben oder wertvolle Informationen preisgeben könnten. US-Geheimdienstkreise behaupten, sie hätten tatsächlich wichtige Informationen, die Aufschluß über den Stand des Atomprogramms lieferten, erhalten und dem Wissenschafter dafür fünf Mio. Dollar bezahlt. Das Geld hätte Amiri nun aber aufgrund seiner überstürzten Abreise in den USA zurücklassen müssen. Der 32-jährige Atomexperte war überraschend Montag in der pakistanischen Botschaft in Washington, die Irans Interessen vertritt, aufgetaucht und hatte seine Heimreise angekündigt.
Als er vor einem Jahr verschwand schenkte das Regime in Teheran dieser Affäre wenig Beachtung. Das Land befand sich allerdings wegen der manipulierten Präsidentschaftswahlen in totalem Aufruhr. Teheran könnte nun beschlossen haben, mit Amiri ein Exempel zu statuieren, um die Flucht von Geheimnisträger und Experten ins Ausland zu unterbinden.
Die Affäre erweist sich sowohl für Washington als auch für Teheran als höchst peinlich. Die USA ließen einen Mann gehen, dessen Absprung sie als „Geheimdienstcoup“ gepriesen hatten. Irans Triumph über die Rückkehr ist aber schwer getrübt durch die Wahrscheinlichkeit, dass Amiri doch wichtige Geheimdienste preisgegeben hat.
Bildquelle: Reuters
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Dienstag, 13. Juli 2010
Fadlallah und die Meinungsfreiheit des Westens
Wie zu erwarten und in einem Ifamo-Nachruf bereits vorhergesehen, erhitzt die Einschätzung von Leben, Wirken und Einfluss des am 2. Juli in Beirut verstorbenen schiitischen Groß-Ayatollahs Fadlallah die Gemüter nicht nur in der trauernden schiitischen Welt, sondern auch im Westen. Dort wird der Geistliche oft in totaler Unkenntnis seiner wahren Persönlichkeit und seiner Verdienste um eine liberalere und zeitgemäße Interpretation islamischer Lebensregeln und in völliger Ignoranz seines Kampfes gegen im Orient immer noch fortlebende inhumane Traditionen als angeblicher Förderer des gegen den Westen gerichteten Terrorismus verurteilt wird. Insbesondere CNN hat hier in krasser Weise entlarvt, was Journalisten, die sich jahrzehntelang mit der arabischen und islamischen Welt befassen, immer wieder bitter erfahren mussten: die Missachtung der Meinungsfreiheit in dem auf seine demokratischen Werte so stolzen Westen, insbesondere auch durch die Träger dieser Meinungsfreiheit, die Medien selbst. Die Erzwingung einer Entschuldigung Octavia Nasrs durch die CNN-Leitung, die der unter derart massiven Druck gesetzten Journalistin aber nicht einmal ihre Stellung rettete, erinnert ein wenig an Methoden, wie sie so gerne im Orient, insbesondere zur Zeit im Iran, praktiziert werden: erzwungene über das Fernsehen verbreitete Dementis oder „Schuldbekenntnisse“ politisch Andersdenkender.
Der Fall Fadlallah bietet somit ein eindrucksvolles Beispiel für die Medien-Manipulation im Westen. Dabei drängt sich der Gedanke auf, dass die CIA beträchtliches Eigeninteresse hat, Fadlallah zu verunglimpfen, um den Mord an 80 Zivilisten in Beirut, die bei einem von ihr organisierten Bombenattentat gegen Fadlallah ums Leben gekommen waren, zu rechtfertigen. CNN wird ein Naheverhältnis zur CIA nachgesagt.
Wir wollen in diesem Zusammenhang unseren Lesern einen im Londoner „Independent“ veröffentlichten erhellenden Beitrag des seit Jahrzehnten in Beirut lebenden Briten Robert Fisk nicht vorenthalten.
Birgit Cerha
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The Independent, July 13, 2010
Robert Fisk: CNN was wrong about Ayatollah Fadlallah
I might have guessed it. CNN has fired one of its senior Middle East editors, Octavia Nasr, for publishing a twitter – or twatter in this case, I suppose – extolling Grand Ayatollah Sayyed Mohammed Hussein Fadlallah of Lebanon, calling him "one of Hizbollah's giants whom I respect a lot".
Well, he wasn't Hizbollah's man, but no matter. He was definitely a giant. A man of immense learning and jurisprudence, a believer in women's rights, a hater of "honour crimes", a critic of the theocratic system of government in Iran, a ... Well, I'd better be careful because I might get a phone call from Parisa Khosravi, who goes by the title of CNN's "senior vice president" – what these boss types do or what they get paid for their gutless decisions I have no idea – who said this week that she had "had a conversation" with Nasr (who'd been with the company for 20 years) and "we have decided that she will be leaving the company".
Oh deary, deary. Poor old CNN goes on getting more cowardly by the hour. That's why no one cares about it any more. That can't be said about Fadlallah. The Americans put it about that he had blessed the suicide bomber who struck the US marine base in Beirut in 1983, killing 241 service personnel. Fadlallah always denied this to me and I believe him. Suicide bombers, however insane we regard them, don't need to be blessed; they think they are doing God's duty without any help from a marja like Fadlallah. But anyway, Washington used Saudi money to arrange a car bombing to assassinate Fadlallah in 1985. It missed Fadlallah. But it killed more than 80 innocent people. I do wonder what Ms Khosravi would have thought of that. No comment, I guess.
And now it turns out that the British ambassador to Lebanon, Frances Guy, has written on her personal blog that Fadlallah was a man she respected and most enjoyed meeting in Lebanon. What possesses these personalities to have blogapops all over the place I have no idea. But Ms Guy has incurred the anger of the Israeli foreign ministry, whose spokesman says it would be "interesting" to know what the British Foreign Office thinks of her remarks. Personally, I would be far more "interested" in what the Israeli foreign ministry knows of the British passports its government forged in order to murder a man in Dubai not many months ago.
But it just goes to show that Fadlallah – who was also a poet – can get people's backs up, even in death. When my friend and colleague Terry Anderson was kidnapped in Beirut – at almost seven years underground, he qualified as the longest-held hostage – I went to see Fadlallah, whom Anderson had himself recently interviewed. "He was in my home and he was under my protection," he said to me. "I regard him as my friend." This remark might have been what kept Terry alive: by extraordinary chance, Terry was back in Beirut this week with a party of students, although I always wondered if his visit to the southern suburbs of the city was what got him nobbled.
In those days, we journos called Fadlallah Hizbollah's "spiritual mentor", though that wasn't true. He did support the Lebanese resistance during Israel's invasion of Lebanon in 1982 and he was a fierce opponent of US policy in the region – like almost everyone else in the world, including the US, it seems – and he demanded an end of Shia blood-shedding ceremonies at Ashura (when Shias mourn the killing of the Prophet's grandson).
I went to see Fadlallah again with kidnapping much on my mind. I was heading off to Baghdad and sought his guidance on how to avoid being abducted. He listened kindly to me and announced that I should see a close Shia Muslim religious friend of his in the Iraqi capital. This I did. And was escorted to Najaf and Karbala by an associate of the friend who sat in his religious clothes in the front of the car, reading the Koran all the way. "I was very worried for you," Fadlallah's friend said when I returned. So now you tell me, I exclaimed.
But there was a further reason for Fadlallah's help. For every hour I was in the Iraqi holy cities, I had to meet a Shia clergyman, each of them former students of Fadlallah. And each of them would hand me a vast pile of writings and documents – their accumulated sermons over the past 10 or 15 years. To each I promised to pass their papers to Fadlallah. And thus it was that, a month later, a suspicious-looking Fisk turned up in the southern suburbs of Beirut with two massive suitcases. Fadlallah greeted me with a huge smile. He knew what the bags contained. Fisk had been a courier for more jurisprudence than he could imagine. And Fadlallah knew what his colleagues in Najaf and Karbala were talking about.
I couldn't, frankly, care less what senior vice president Khosravi of CNN thinks of this story – though spare me one of her "conversations" – nor do I care what the Israeli foreign ministry thinks. Nor British ambassadors, for that matter. But I do believe that Fadlallah was a very serious and very important man whose constant sermons on the need for spiritual regeneration and kindness did more good than most in a country constantly flooded in a rhetoric bath. Hundreds of thousands attended his funeral in Beirut on Tuesday. I am not surprised.
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Der Fall Fadlallah bietet somit ein eindrucksvolles Beispiel für die Medien-Manipulation im Westen. Dabei drängt sich der Gedanke auf, dass die CIA beträchtliches Eigeninteresse hat, Fadlallah zu verunglimpfen, um den Mord an 80 Zivilisten in Beirut, die bei einem von ihr organisierten Bombenattentat gegen Fadlallah ums Leben gekommen waren, zu rechtfertigen. CNN wird ein Naheverhältnis zur CIA nachgesagt.
Wir wollen in diesem Zusammenhang unseren Lesern einen im Londoner „Independent“ veröffentlichten erhellenden Beitrag des seit Jahrzehnten in Beirut lebenden Briten Robert Fisk nicht vorenthalten.
Birgit Cerha
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The Independent, July 13, 2010
Robert Fisk: CNN was wrong about Ayatollah Fadlallah
I might have guessed it. CNN has fired one of its senior Middle East editors, Octavia Nasr, for publishing a twitter – or twatter in this case, I suppose – extolling Grand Ayatollah Sayyed Mohammed Hussein Fadlallah of Lebanon, calling him "one of Hizbollah's giants whom I respect a lot".
Well, he wasn't Hizbollah's man, but no matter. He was definitely a giant. A man of immense learning and jurisprudence, a believer in women's rights, a hater of "honour crimes", a critic of the theocratic system of government in Iran, a ... Well, I'd better be careful because I might get a phone call from Parisa Khosravi, who goes by the title of CNN's "senior vice president" – what these boss types do or what they get paid for their gutless decisions I have no idea – who said this week that she had "had a conversation" with Nasr (who'd been with the company for 20 years) and "we have decided that she will be leaving the company".
Oh deary, deary. Poor old CNN goes on getting more cowardly by the hour. That's why no one cares about it any more. That can't be said about Fadlallah. The Americans put it about that he had blessed the suicide bomber who struck the US marine base in Beirut in 1983, killing 241 service personnel. Fadlallah always denied this to me and I believe him. Suicide bombers, however insane we regard them, don't need to be blessed; they think they are doing God's duty without any help from a marja like Fadlallah. But anyway, Washington used Saudi money to arrange a car bombing to assassinate Fadlallah in 1985. It missed Fadlallah. But it killed more than 80 innocent people. I do wonder what Ms Khosravi would have thought of that. No comment, I guess.
And now it turns out that the British ambassador to Lebanon, Frances Guy, has written on her personal blog that Fadlallah was a man she respected and most enjoyed meeting in Lebanon. What possesses these personalities to have blogapops all over the place I have no idea. But Ms Guy has incurred the anger of the Israeli foreign ministry, whose spokesman says it would be "interesting" to know what the British Foreign Office thinks of her remarks. Personally, I would be far more "interested" in what the Israeli foreign ministry knows of the British passports its government forged in order to murder a man in Dubai not many months ago.
But it just goes to show that Fadlallah – who was also a poet – can get people's backs up, even in death. When my friend and colleague Terry Anderson was kidnapped in Beirut – at almost seven years underground, he qualified as the longest-held hostage – I went to see Fadlallah, whom Anderson had himself recently interviewed. "He was in my home and he was under my protection," he said to me. "I regard him as my friend." This remark might have been what kept Terry alive: by extraordinary chance, Terry was back in Beirut this week with a party of students, although I always wondered if his visit to the southern suburbs of the city was what got him nobbled.
In those days, we journos called Fadlallah Hizbollah's "spiritual mentor", though that wasn't true. He did support the Lebanese resistance during Israel's invasion of Lebanon in 1982 and he was a fierce opponent of US policy in the region – like almost everyone else in the world, including the US, it seems – and he demanded an end of Shia blood-shedding ceremonies at Ashura (when Shias mourn the killing of the Prophet's grandson).
I went to see Fadlallah again with kidnapping much on my mind. I was heading off to Baghdad and sought his guidance on how to avoid being abducted. He listened kindly to me and announced that I should see a close Shia Muslim religious friend of his in the Iraqi capital. This I did. And was escorted to Najaf and Karbala by an associate of the friend who sat in his religious clothes in the front of the car, reading the Koran all the way. "I was very worried for you," Fadlallah's friend said when I returned. So now you tell me, I exclaimed.
But there was a further reason for Fadlallah's help. For every hour I was in the Iraqi holy cities, I had to meet a Shia clergyman, each of them former students of Fadlallah. And each of them would hand me a vast pile of writings and documents – their accumulated sermons over the past 10 or 15 years. To each I promised to pass their papers to Fadlallah. And thus it was that, a month later, a suspicious-looking Fisk turned up in the southern suburbs of Beirut with two massive suitcases. Fadlallah greeted me with a huge smile. He knew what the bags contained. Fisk had been a courier for more jurisprudence than he could imagine. And Fadlallah knew what his colleagues in Najaf and Karbala were talking about.
I couldn't, frankly, care less what senior vice president Khosravi of CNN thinks of this story – though spare me one of her "conversations" – nor do I care what the Israeli foreign ministry thinks. Nor British ambassadors, for that matter. But I do believe that Fadlallah was a very serious and very important man whose constant sermons on the need for spiritual regeneration and kindness did more good than most in a country constantly flooded in a rhetoric bath. Hundreds of thousands attended his funeral in Beirut on Tuesday. I am not surprised.
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Donnerstag, 8. Juli 2010
SYRIEN: Baschar el Assad, der vorsichtige Pragmatiker
Syriens Präsident hat sich in zehn Jahren an der Macht zu einem Führer aufgebaut, der sich nicht mehr ignorieren lässt
Als mehr als 97 Prozent der wahlberechtigten Syrer am 10. Juli 2000 den jungen, politisch völlig unerfahrenen Augenarzt Baschar el Assad in einem Referendum zum neuen Präsidenten Syriens kürten, da prophezeiten ihm so manche Kenner der Region eine kurze politische Lebensdauer. Baschar besäße keinerlei Chance, sich länger an der Spitze des Staates zu halten, weil sich die mächtigen Generäle der syrischen Armee niemals damit abfinden würden, dass dieses „Kind“ über sie herrsche. So lautete etwa die düstere Prognose Uri Lubranis, des einstigen Koordinators der israelischen Libanon-Politik und intimen Kenners des Damaszener Machtgefüges.
Ein Jahrzehnt später sitzt der heute 45-jährige Assad fest im Sattel, hat Syrien durch schwere regionalpolitische Krisen, externe Bedrohungen, Wirtschaftssanktionen und massiven diplomatischen Druck durch den Westen und Israel durchlaviert und sein Land aus quälender internationaler Isolation gezogen. Wie einst unter der 30-jährigen Herrschaft seines Vaters Hafez, des selbst von Gegnern bewunderten Meisters politischer Strategie, hat Syrien unter Bashar wieder einen zentralen Platz im regionalpolitischen Schlachtfeld eingenommen. Wieder, wie einst, lässt sich Syriens Diktator bei der Suche nach Frieden zwischen Israelis und Arabern und anderen wichtigen geopolitischen Fragen nicht ignorieren.
Dennoch fällt die Bilanz eines Jahrzehnts der Präsidentschaft Baschar el Assad auch vom syrischen Standpunkt keineswegs nur rosig aus. Das Schicksal hatte dem gewieften Machtpolitiker Hafez einen bitteren Streich gespielt, als sein ältester, in vielen Jahren zum Nachfolger gekürte Sohn Basil 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Baschar, der Zweitgeborene, musste seine Arztkarriere in London aufgeben und sich der Politik widmen, von der er sich nach eigenen Aussagen völlig fernhalten wollte. Der Vater starb plötzlich 2000, bevor er Baschars Machtübernahme vollends absichern konnte. Dennoch gelang der Wechsel an der Staatsspitze erstaunlich reibungslos. Rasch und ohne viel Diskussion wurde die Verfassung geändert, die ein Mindestalter für den Präsidenten von 40 Jahren vorgeschrieben hatte. Die alte Garde, die Elite in Militär und Politik, sahen in diesem unerfahrenen Diktatorsohn ohne eigener Machtbasis die beste Chance, ihre Positionen und Privilegien zu erhalten und zu stärken, begrub deshalb ihre Rivalitäten und stellte sich hinter Baschar. Dieser rasche, komplikationslose Übergang stärkte die Hoffnungen vieler Syrer auf eine neue Ära. Hatte Baschar sich doch, so lange der Vater lebte, als Reformer präsentiert, offen, modern, aufgeklärt, ein Internet-Freak, durch seine Studien in England vertraut mit dem Westen und dessen demokratischen Idealen, nach denen, zumindest einigen von ihnen, sich auch viele, vor allem junge und gebildetere Syrer, sehnten.
Baschar verhieß ihnen Liberalisierungen des politischen und ökonomischen Lebens und tatsächlich begannen schon bald die Blumen des „Damszener Frühlings“ zu sprießen, politische und kulturelle Foren, in denen engagierte Bürger in einer relativ offenen Atmosphäre über Demokratie und Freiheiten diskutierten. Doch die Ernüchterung kam rasch. Die um die Macht zitternde alte Garde zwang Baschar zur Gegenattacke. Schon nach wenigen Monaten wurden nicht nur die Foren verboten, sondern deren wortgewaltigsten Rhetoriker inhaftiert, manche bis heute. Die Tatsache, dass sich der junge Präsident dem Druck der mächtigen beugte, bewies nicht nur dessen politische Unerfahrenheit und Schwäche, sondern auch die fehlende Vision, eine unausgegorene Weltsicht, der es an Substanz mangelte.
Sehr rasch kehrte Syrien zu den alten Methoden des verstorbenen Diktators zurück, massive Restriktionen der Versammlungs- und Pressefreiheit, willkürliche Verhaftungen von Kritikern, Aufrechterhaltung des seit 1963 geltenden Kriegsrechts, das Festnahmen ohne Haftbefehl gestattet, Verfahren, die den Grundsätzen des Rechtsstaates Hohn sprechen und den Foltertraditionen keinerlei Einhalt gebietet. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren hat das Regime seine Repressionen, die Inhaftierung politischer Gegner und Angehöriger der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsaktivisten u.a. massiv verschärft. Wie einst unter dem Vater sind die Geheimdienste allmächtig und terrorisieren insbesondere die kurdische Minderheit.
Versprechungen politischer Liberalisierung, der Zulassung von Parteien blieben bis heute unerfüllt. Internet, Facebook, etc wird intensiv, doch teilweise erfolglos, blockiert.
Dabei ist es Baschar mehr und mehr gelungen, sich aus den Fangarmen der machtgierigen alten Garde zu lösen und seine Position abzusichern. Vorsichtig, Schritt für Schritt, doch mit zunehmendem Selbstvertrauen wagte er mutige Entscheidungen auch gegen den Rat und die Interessen der alten Elite. Gegen sie, die bedingungslos an der Widerstandsstrategie gegen Israel festhalten, setzte er eine Politik des vorsichtigen Pragmatismus durch, etwa wenn er sich – zunächst geheim – zu indirekten Gesprächen mit Israel in der Türkei entschied.
Er überstand die schwere Demütigung des erzwungenen Abzugs seiner Truppen aus dem Libanon 2005 und schaffte es, politisch und über seine Geheimdienste sich heute wieder die Kontrolle über den kleinen strategisch so wichtigen Nachbarn weitgehend zu sichern. Seit der US-Invasion des Iraks 2003 belagert, massiv unter Druck und international, sowie auch in der arabischen Welt isoliert, begann er 2008 eine Reihe mutiger Initiativen. Er verstärkte zuvor nur zaghaft eingeleitete wirtschaftliche Reformen und entschied sich nach intensiven internen Debatten für eine ausgewogenere Politik gegenüber dem Irak, eine schärfere Kontrolle der Grenzen, um den blutigen Widerstand gegen die die US-Truppen und die Bagdader Führer zu schwächen. „Er entscheidet in der Außenpolitik“, meint ein Syrien-Kenner, allerdings bleibt Baschars Spielraum eng begrenzt, gilt es immer noch, Widerstand der alten Garde gegen Pragmatismus und Reformen zu brechen.
Heute ist es Assad gelungen, wie einst sein Vater zu einem hofierten Staatsmann in der arabischen Welt aufzusteigen. Selbst Washington unter Präsident Obama hat erkannt, dass es für eine Entschärfung der schweren Spannungen in der Region der Hilfe des Syrers bedarf. Der enge Bund Assads mit einem regionalpolitisch erstarkenden Iran macht Assad zu einem unverzichtbaren Verhandlungspartner und potentiellen Vermittler. Eine sich neu heranbildende Dreierallianz - Türkei-Iran-Syrien – könnte das jahrzehntelange strategische Gleichgewicht in der Region erstmals zum gravierenden Nachteil Israels verschieben, eine Aussicht, die den um die Rückgabe des von Israel besetzten Golans bangenden Assad mit neuem Mut und Selbstvertrauen erfüllt.
In den vergangenen zwei Jahren hat Baschar auch mehr und mehr das von seinem Vater für dessen Ansprüche geformte Staatssystem zu reformieren begonnen. Mehr und mehr umgibt er sich mit jungen Technokraten, viele darunter aus dem Ausland heimgeholt, die seine Ideen, seine Reformgedanken teilen. Eine der wohl wichtigsten personellen Veränderungen gelang ihm 2008, als er seinen mächtigen Schwager Asef Shawkat, den lange als unantastbar geltenden Chef des militärischen Geheimdienstes, von vielen als der eigentliche „starke Mann Syriens“ angesehen, absetzte. Heute halten in Syrien viele junge, der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Männer die Zügel der Macht in ihren Händen. Und es ist ihnen gelungen, neue Hoffnung aufkeimen zu lassen. Die Haltung eines Geschäftsmannes mit engen Bindungen an das Regime mag symptomatisch erscheinen. Gegenüber der International Crisis Group erklärte der Mann, der ungenannt bleiben wollte, Anfang 2009: „Bisher vertrauen wir ihm (Baschar) nicht so wie seinem Vater.“ Wenige Monate später gestand er: „Syrien bewies, dass es in der Region nicht ignoriert werden kann. Mein Vertrauen zum Präsidenten ist gewachsen. Vielleicht war es teilweise Glück, waren teilweise die Umstände dafür verantwortlich, doch er hat seine Fähigkeiten bewiesen. Wir hätten das selbe Schicksal erleiden können wie der Irak.“
An der Oberfläche scheint auch ökonomisch in Syrien ein Boom einzusetzen. Eine Verschönerungskampagne lässt Damaskus heute grüner und sauberer erscheinen. „Selbst streunende Katzen sehen gut aus“, berichtet ein Besucher begeistert. Und gerade rechtzeitig zum zehnten Jahrestag der Machtübernahme Baschars gab die Zentralbank in Damaskus bekannt, dass die Wirtschaft im Vorjahr um 5,9 Prozent, um 2,3 Prozent mehr als erwartet, angewachsen sei. Doch die Korruption treibt unvermindert ihre Hochblüten und die Kluft zwischen Armen und einer winzigen Schichte Superreicher wird immer tiefer. 2,3 Millionen der etwa 20 Millionen Syrer leben heute in extremer Armut.
Allmählich wird sich Assad energischer darauf besinnen müssen, wofür er vor einem Jahrzehnt angetreten ist: die Modernisierung Syriens, ökonomisch, sozial und politisch. Hier werden seine Führungsqualitäten ihrem eigentlichen Test unterzogen.
Bildquelle: pbase.com
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Als mehr als 97 Prozent der wahlberechtigten Syrer am 10. Juli 2000 den jungen, politisch völlig unerfahrenen Augenarzt Baschar el Assad in einem Referendum zum neuen Präsidenten Syriens kürten, da prophezeiten ihm so manche Kenner der Region eine kurze politische Lebensdauer. Baschar besäße keinerlei Chance, sich länger an der Spitze des Staates zu halten, weil sich die mächtigen Generäle der syrischen Armee niemals damit abfinden würden, dass dieses „Kind“ über sie herrsche. So lautete etwa die düstere Prognose Uri Lubranis, des einstigen Koordinators der israelischen Libanon-Politik und intimen Kenners des Damaszener Machtgefüges.
Ein Jahrzehnt später sitzt der heute 45-jährige Assad fest im Sattel, hat Syrien durch schwere regionalpolitische Krisen, externe Bedrohungen, Wirtschaftssanktionen und massiven diplomatischen Druck durch den Westen und Israel durchlaviert und sein Land aus quälender internationaler Isolation gezogen. Wie einst unter der 30-jährigen Herrschaft seines Vaters Hafez, des selbst von Gegnern bewunderten Meisters politischer Strategie, hat Syrien unter Bashar wieder einen zentralen Platz im regionalpolitischen Schlachtfeld eingenommen. Wieder, wie einst, lässt sich Syriens Diktator bei der Suche nach Frieden zwischen Israelis und Arabern und anderen wichtigen geopolitischen Fragen nicht ignorieren.
Dennoch fällt die Bilanz eines Jahrzehnts der Präsidentschaft Baschar el Assad auch vom syrischen Standpunkt keineswegs nur rosig aus. Das Schicksal hatte dem gewieften Machtpolitiker Hafez einen bitteren Streich gespielt, als sein ältester, in vielen Jahren zum Nachfolger gekürte Sohn Basil 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Baschar, der Zweitgeborene, musste seine Arztkarriere in London aufgeben und sich der Politik widmen, von der er sich nach eigenen Aussagen völlig fernhalten wollte. Der Vater starb plötzlich 2000, bevor er Baschars Machtübernahme vollends absichern konnte. Dennoch gelang der Wechsel an der Staatsspitze erstaunlich reibungslos. Rasch und ohne viel Diskussion wurde die Verfassung geändert, die ein Mindestalter für den Präsidenten von 40 Jahren vorgeschrieben hatte. Die alte Garde, die Elite in Militär und Politik, sahen in diesem unerfahrenen Diktatorsohn ohne eigener Machtbasis die beste Chance, ihre Positionen und Privilegien zu erhalten und zu stärken, begrub deshalb ihre Rivalitäten und stellte sich hinter Baschar. Dieser rasche, komplikationslose Übergang stärkte die Hoffnungen vieler Syrer auf eine neue Ära. Hatte Baschar sich doch, so lange der Vater lebte, als Reformer präsentiert, offen, modern, aufgeklärt, ein Internet-Freak, durch seine Studien in England vertraut mit dem Westen und dessen demokratischen Idealen, nach denen, zumindest einigen von ihnen, sich auch viele, vor allem junge und gebildetere Syrer, sehnten.
Baschar verhieß ihnen Liberalisierungen des politischen und ökonomischen Lebens und tatsächlich begannen schon bald die Blumen des „Damszener Frühlings“ zu sprießen, politische und kulturelle Foren, in denen engagierte Bürger in einer relativ offenen Atmosphäre über Demokratie und Freiheiten diskutierten. Doch die Ernüchterung kam rasch. Die um die Macht zitternde alte Garde zwang Baschar zur Gegenattacke. Schon nach wenigen Monaten wurden nicht nur die Foren verboten, sondern deren wortgewaltigsten Rhetoriker inhaftiert, manche bis heute. Die Tatsache, dass sich der junge Präsident dem Druck der mächtigen beugte, bewies nicht nur dessen politische Unerfahrenheit und Schwäche, sondern auch die fehlende Vision, eine unausgegorene Weltsicht, der es an Substanz mangelte.
Sehr rasch kehrte Syrien zu den alten Methoden des verstorbenen Diktators zurück, massive Restriktionen der Versammlungs- und Pressefreiheit, willkürliche Verhaftungen von Kritikern, Aufrechterhaltung des seit 1963 geltenden Kriegsrechts, das Festnahmen ohne Haftbefehl gestattet, Verfahren, die den Grundsätzen des Rechtsstaates Hohn sprechen und den Foltertraditionen keinerlei Einhalt gebietet. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren hat das Regime seine Repressionen, die Inhaftierung politischer Gegner und Angehöriger der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsaktivisten u.a. massiv verschärft. Wie einst unter dem Vater sind die Geheimdienste allmächtig und terrorisieren insbesondere die kurdische Minderheit.
Versprechungen politischer Liberalisierung, der Zulassung von Parteien blieben bis heute unerfüllt. Internet, Facebook, etc wird intensiv, doch teilweise erfolglos, blockiert.
Dabei ist es Baschar mehr und mehr gelungen, sich aus den Fangarmen der machtgierigen alten Garde zu lösen und seine Position abzusichern. Vorsichtig, Schritt für Schritt, doch mit zunehmendem Selbstvertrauen wagte er mutige Entscheidungen auch gegen den Rat und die Interessen der alten Elite. Gegen sie, die bedingungslos an der Widerstandsstrategie gegen Israel festhalten, setzte er eine Politik des vorsichtigen Pragmatismus durch, etwa wenn er sich – zunächst geheim – zu indirekten Gesprächen mit Israel in der Türkei entschied.
Er überstand die schwere Demütigung des erzwungenen Abzugs seiner Truppen aus dem Libanon 2005 und schaffte es, politisch und über seine Geheimdienste sich heute wieder die Kontrolle über den kleinen strategisch so wichtigen Nachbarn weitgehend zu sichern. Seit der US-Invasion des Iraks 2003 belagert, massiv unter Druck und international, sowie auch in der arabischen Welt isoliert, begann er 2008 eine Reihe mutiger Initiativen. Er verstärkte zuvor nur zaghaft eingeleitete wirtschaftliche Reformen und entschied sich nach intensiven internen Debatten für eine ausgewogenere Politik gegenüber dem Irak, eine schärfere Kontrolle der Grenzen, um den blutigen Widerstand gegen die die US-Truppen und die Bagdader Führer zu schwächen. „Er entscheidet in der Außenpolitik“, meint ein Syrien-Kenner, allerdings bleibt Baschars Spielraum eng begrenzt, gilt es immer noch, Widerstand der alten Garde gegen Pragmatismus und Reformen zu brechen.
Heute ist es Assad gelungen, wie einst sein Vater zu einem hofierten Staatsmann in der arabischen Welt aufzusteigen. Selbst Washington unter Präsident Obama hat erkannt, dass es für eine Entschärfung der schweren Spannungen in der Region der Hilfe des Syrers bedarf. Der enge Bund Assads mit einem regionalpolitisch erstarkenden Iran macht Assad zu einem unverzichtbaren Verhandlungspartner und potentiellen Vermittler. Eine sich neu heranbildende Dreierallianz - Türkei-Iran-Syrien – könnte das jahrzehntelange strategische Gleichgewicht in der Region erstmals zum gravierenden Nachteil Israels verschieben, eine Aussicht, die den um die Rückgabe des von Israel besetzten Golans bangenden Assad mit neuem Mut und Selbstvertrauen erfüllt.
In den vergangenen zwei Jahren hat Baschar auch mehr und mehr das von seinem Vater für dessen Ansprüche geformte Staatssystem zu reformieren begonnen. Mehr und mehr umgibt er sich mit jungen Technokraten, viele darunter aus dem Ausland heimgeholt, die seine Ideen, seine Reformgedanken teilen. Eine der wohl wichtigsten personellen Veränderungen gelang ihm 2008, als er seinen mächtigen Schwager Asef Shawkat, den lange als unantastbar geltenden Chef des militärischen Geheimdienstes, von vielen als der eigentliche „starke Mann Syriens“ angesehen, absetzte. Heute halten in Syrien viele junge, der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Männer die Zügel der Macht in ihren Händen. Und es ist ihnen gelungen, neue Hoffnung aufkeimen zu lassen. Die Haltung eines Geschäftsmannes mit engen Bindungen an das Regime mag symptomatisch erscheinen. Gegenüber der International Crisis Group erklärte der Mann, der ungenannt bleiben wollte, Anfang 2009: „Bisher vertrauen wir ihm (Baschar) nicht so wie seinem Vater.“ Wenige Monate später gestand er: „Syrien bewies, dass es in der Region nicht ignoriert werden kann. Mein Vertrauen zum Präsidenten ist gewachsen. Vielleicht war es teilweise Glück, waren teilweise die Umstände dafür verantwortlich, doch er hat seine Fähigkeiten bewiesen. Wir hätten das selbe Schicksal erleiden können wie der Irak.“
An der Oberfläche scheint auch ökonomisch in Syrien ein Boom einzusetzen. Eine Verschönerungskampagne lässt Damaskus heute grüner und sauberer erscheinen. „Selbst streunende Katzen sehen gut aus“, berichtet ein Besucher begeistert. Und gerade rechtzeitig zum zehnten Jahrestag der Machtübernahme Baschars gab die Zentralbank in Damaskus bekannt, dass die Wirtschaft im Vorjahr um 5,9 Prozent, um 2,3 Prozent mehr als erwartet, angewachsen sei. Doch die Korruption treibt unvermindert ihre Hochblüten und die Kluft zwischen Armen und einer winzigen Schichte Superreicher wird immer tiefer. 2,3 Millionen der etwa 20 Millionen Syrer leben heute in extremer Armut.
Allmählich wird sich Assad energischer darauf besinnen müssen, wofür er vor einem Jahrzehnt angetreten ist: die Modernisierung Syriens, ökonomisch, sozial und politisch. Hier werden seine Führungsqualitäten ihrem eigentlichen Test unterzogen.
Bildquelle: pbase.com
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Zivile „Nation Builders“ für Afghanistan
Die Washington Post hat eine eindrückliche Reportage veröffentlicht, in der gezeigt wird, wie in den USA freiwillige Zivilisten geschult werden, die man dringend benötigt, um in Afghanistan die erhoffte politische Zuwendung der zivilen Bevölkerung zu Nato und ihren Anliegen zu erreichen. Das Ausbildungs- Programm ist offenbar realistisch genug, um den Kandidaten für Zivilhilfe in Afghanistan deutlich zu machen, welchen Schwierigkeiten und Gefahren sie in Afghanistan ausgesetzt sein werden. Seine Schilderung kann daher auch dazu dienen, Aussenseiter erkennen zu lassen, welche diese Schwierigkeiten und Gefahren sind. Diese erklären weitgehend, warum es nur wenige amerikanische Zivilisten geben dürfte, welche die Fähigkeiten besitzen, derartige Situationen soweit zu meistern, dass sie, ihnen ausgesetzt, dennoch Aufbau Arbeit zu Gunsten der afghanischen Bevölkerungen leisten könnten. Nebenbei kommt auch zur Sprache, dass die Reserven von Können, Erfahrung und Enthusiasmus, die einst in Amerika für die Belange von Zivilhilfe in der „Unterentwickelten Welt“ vorhanden waren, während der Regierungszeit Bushs und seiner Vorgänger abgebaut und herabgestuft worden sind. Nun sucht man die Bestände offenbar durch Eilkurse improvisiert wieder zu ergänzen.
Immerwieder wird in den Vereinigten Staaten selbst unterstrichen, dass der Krieg in Afghanistan letztlich dadurch entschieden werde, ob die afghanische Bevölkerung sich auf die Seite der Amerikaner und anderen Nato Soldaten stellt oder (freiwilliger oder gezwungener Massen) auf die der Taleban und ihrer politischen Verbündeten und Freunde. Doch was es bedeuten würde, die unter den heutigen, über viele Jahre hinweg beständig verschlechterten. Gesamtbedingungen fast unmögliche Arbeit zu vollbringen, welche das offensichtliche Abbröckeln der Bevölkerung weg von Nato und fort von der Karzai Regierung umkehren könnte, darüber gibt das Trainingsprogramm, wie es hier geschildert wird, beredte Auskunft.
Die Zahlen der zur Verfügung stehenden und einigermassen qualifizierten Freiwilligen sind offensichtlich völlig ungenügend. Dass es in den kurz bemessenen Fristen, von denen heute die Rede ist, genügend und genügend befähigte Freiwillige geben könnte, die diese gewaltigen, praktisch wohl übermenschlichen Anforderungen, auch nur ansatzweise bewältigen könnten, ist schwer vorstellbar. An dieser Stelle, vielmehr als im rein militärischen Bereich, dürften die wahren Hindernisse liegen, die ein Erreichen der politischen Ziele der Afghanistan Aktionen der USA und der Nato, sogar wenn man sie so gering wie nur möglich festlegt, als weitgehend unmöglich erkennen lassen.
Arnold Hottinger
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This Is War: How USAID workers are trained for work and danger in Afghanistan
By Kristin Henderson
Sunday, July 4, 2010; W22
The two-story yellow-brick building had seen better days.
Laura Mendelson followed the American soldiers guarding her and the rest of the team of U.S. government employees up the crumbling concrete steps. The dimly lighted lobby was loud with the strident voices of a crowd of women in headscarves and long tunics. They shouted for the team's attention. They wanted something.
"Don't stop," said the soldiers. "Keep moving."
Mendelson wished she could make out what the women were shouting. Through the rush and commotion, she could tell they were speaking Dari and not Pashto, two of the most common languages in southern Afghanistan, but not much more. Forty-eight hours ago, she'd been in Washington getting ready for this. She's with the U.S. Agency for International Development, or USAID, part of the State Department. She's a trained Arabic speaker. But in the push to deploy, no one on the team had had time for more than a couple of hours of Dari and Pashto instruction.
Mendelson and the team entering the building represent what military and civilian experts alike have called "the way out" of Afghanistan: a civilian surge, on par with the military surge, to help the country rebuild itself. More than a year after President Obama called for such action, this is what that way out looks like.
Down a quiet hall, the women's voices were a distant echo as Velcro tore apart and body armor came off the civilian team. Mendelson removed her helmet and adjusted her peach-colored head scarf. She'd never had to wear a scarf with a helmet before. She took a seat at one end of a battered table.
The far end was crowded with Afghan men: the police chief in his gray uniform; the other provincial officials and a mullah in the traditional outfit of tunic and baggy trousers known as salwar-kameez. They all wore jackets and shawls against the old building's unheated chill. A portrait of Afghan President Hamid Karzai hung on a wall that was flaking paint.
The provincial governor began with a long list of problems. The women begging for help in the lobby; a lack of fertilizer; a central government that coughed up only half of the promised budget; a police force with no training, gasoline or radios; a new road so poorly built that only goats and drug smugglers used it; broken promises from Americans who had come before. A young man in a prayer cap shuffled around the table serving tea. The mullah fingered his prayer beads.
Despite the overwhelming list of needs, it seemed to Mendelson that the meeting was going well. Her USAID colleague Adam Schumacher had volunteered to take the lead at this first meet-and-greet, and he was saying all the right things. He avoided offering to do for the Afghans what they could do for themselves. He deftly steered them toward resources within their own government. He made no promises he couldn't keep.
***
He was gathering useful information. Then the governor brought up the accidental bombing of a village a month ago.
"The Americans make mistakes and make problems for the government," he said through the interpreter. "Six innocent people were killed."
Mendelson exchanged glances with the State Department representative beside her. Six deaths? They'd been aware of only one. Compensation had been paid. They'd thought the problem had been handled. Apparently, it hadn't. Mendelson was filled with guilty relief that Schumacher was the one in the hot seat. She was 51, 10 years older than Schumacher, but she was new to USAID. She'd spent 3 years in Afghanistan as a civilian adviser to the Army, but that work had all been done at a safe emotional distance -- reading reports, writing assessments. She'd rarely left the base.
Schumacher, on the other hand, had been a USAID foreign service officer for five years; Afghanistan was his third overseas posting. But it was his first posting in a war zone. This time, to these Afghans, he was the American representative -- the face not just of USAID but also the U.S. military, and that was outside his comfort zone.
Schumacher tried to get clarification on the number of casualties. He tried to connect. He said he understood the pain caused by these deaths because many Americans had died in Afghanistan, as well.
That didn't go over well. At all. The Afghans objected that this was not the same, that the American military dead weren't members of Schumacher's family. One man's face grew red. The governor concluded: "I invite all of you to come to the village. We will invite the media. And you can apologize to the villagers who were bombed."
As the meeting was breaking up, another American standing by the wall stepped forward and said loudly: "Okay, if everyone will just keep their seats, we'll do the hot wash right here. First, let's find out how the Afghans think it went."
Although this rundown building might have felt as if it was in the Third World, it wasn't. Outside the dusty windows lay not the deserts and mountains of Afghanistan, but the rolling green fields of an Indiana National Guard training facility. Half a dozen trainers wearing armbands were watching from the edges of the room. The Afghans at the table were all immigrants with recent experience back home. This was a training exercise, and the role-playing was over. Now it was time for the critique.
A week from now, ready or not, Mendelson, Schumacher and most of the other Americans at the table would be leaving for Afghanistan. That was why, when the bombing issue came up, Schumacher had decided to experiment with a response he wasn't sure would work.
The feedback confirmed that it probably wouldn't. "I knew I was going out on a limb, tying their sorrow with my sorrow," he said later. "But that's what made it valuable. I came here to test limits, to find out what works and what doesn't. If you come to this training with any ego, you're not going to get anything out of it."
Tomorrow, it would be Mendelson's turn in the hot seat.
***
The civilian surge includes USAID development specialists, State Department diplomats, Justice Department lawyers, Agriculture Department agronomists, and experts from Treasury, Homeland Security, Health and Human Services, the Federal Aviation Administration and the Drug Enforcement Administration, among others. The reason Obama called for more of these people is because at that point, eight years into the war, the civilian effort was even more understaffed than the military effort. USAID, for instance, had 85 people in-country, most of them hunkered down inside a walled compound in Kabul.
"That's the first thing about USAID," says Robert Perito, a post-conflict stability expert at the U.S. Institute of Peace, a research and training institution established by Congress. "There's nobody at USAID." It wasn't always that way.
"USAID was a repository of expertise and knowledge about development ... that would result in the improvement of societies around the world and, by the way, serve the interests of the United States," recalls George Moose, a former assistant secretary of state. He's talking about USAID's heyday, the 1960s, when the agency fielded more people in Vietnam alone than the 1,569 it fields today worldwide.
After the Vietnam War, America turned inward. USAID and the State Department watched their budgets and staffs steadily shrink. "In the absence of other resources, there was an increasing readiness to rely on military commands to try to fill the gap," says Moose, who recently testified before Congress on the role of civilian and military agencies.
The terrorist attacks of Sept. 11, 2001, tested the military's ability to do it all -- fight wars and rebuild the nations it invaded. Provincial reconstruction teams, or PRTs, were set up in key Afghan provinces in 2002. The American teams consisted of military civil affairs soldiers, National Guard members and a few civilians.
The civilian effort had no consistency, according to Perito's surveys of civilians returning from the PRTs. "One person is an expert in tribal structures, and the next person is interested in building roads," Perito says. They came and went without overlapping each other. "No one gave the PRT leadership any overarching goals or strategic guidance. The teams were left to work it out on their own on the ground."
The lack of civilian focus and resources, combined with the inadequate military presence, disillusioned the Afghan population and contributed to the insurgency taking root and eventually threatening the whole country. "When you talk about a baseline, after nine years of war, of less than 100 people in the field doing [development] work for a country of 29 million, you realize some of the forces that led to this," says Anthony Cordesman, a national security scholar with the nonpartisan Center for Strategic and International Studies (CSIS) who has advised the top U.S. commander in Afghanistan, Gen. Stanley A. McChrystal.
The effort lost even more focus and resources when U.S. attention shifted to Iraq. "[The Iraq experience] reinforced the recognition that the military can't do this on its own," says Stephanie Sanok, a former Iraq policy specialist who served in the Baghdad embassy. "It's the Department of Defense, not the Department of Defense and Much, Much More."
The "more" includes economic development, reconstruction and improving the ability of the Afghan government to meet its people's needs, a process known as "capacity building." Sanok, now with the CSIS, says, "In order to work yourself out of a job and depart a nation in a responsible way, you are going to have to transition programs and projects to local authorities, and you're going to need civilian trainers to build that capacity."
By the time the Obama administration took over running the war in Afghanistan, it was clear that both the military and its civilian partners needed more boots on the ground, and fast. But whereas the Pentagon could call up reservists and the National Guard to supplement its active-duty service members, neglected civilian institutions such as USAID had to build up their workforces from scratch.
Finding civilians with the appropriate skills who were willing to leave home for a year or more of grueling days doing difficult work in a dangerous place, often while living in primitive conditions, has not been easy. Finding those civilians fast has been impossible. The initial goal was to boost the number of American USAID staffers from 85 to 333, but after more than a year, that increase hasn't been achieved. As Mendelson was completing her training in May, she was one of 271, according to Charles North, senior deputy director of USAID's Afghanistan-Pakistan task force. The goal now is 377 by year's end, he says.
At first, in the push to get people in the field, the main qualification for new hires seemed to be a simple willingness to go. Now, USAID targets people with expertise in agriculture, infrastructure, private enterprise, education, health care and good governance.
Hiring the right people, though, has been only half the battle. For years, civilians were shipped off to Afghanistan with, at most, a few days of training. It was as if "you add civilians and water, and get instant development," Cordesman says. Just adding more unprepared civilians to the mix wasn't going to solve that problem. So a year ago, as the surge got underway, State Department leaders made training mandatory.
USAID's new hires now spend a week in the Ronald Reagan Building's basement learning how to operate within the agency's bureaucracy. For two weeks, they commute to the campus of the State Department's Foreign Service Institute in Arlington for a crash course in provincial reconstruction teams; U.S. military and political strategy; and Afghan culture, history, politics, geography and religion. They trek to the West Virginia woods for a "crash-bang" course: how to drive their way out of an ambush, how to fire a weapon. They learn combat lifesaving techniques and countersurveillance -- spotting a tail and shaking it. And they spend a week at the Indiana National Guard's Muscatatuck Urban Training Center.
But with training time at a premium, stabilization and development experts complain that the crash-bang course and countersurveillance instruction is a waste of time for people who will be traveling only in military convoys. In-depth strategic training is still missing. "And they're still not learning how to build capacity in their Afghan counterparts," adds Lauren Van Metre, who specializes in education and training at the U.S. Institute of Peace.
However, none of the experts interviewed for this article disputes the value of the day-to-day tactical skills taught at Muscatatuck. Those skills are critical for USAID especially, because the majority of USAID's people in Afghanistan are now working out in the field, not holed up in Kabul. At Muscatatuck, the civilians train alongside the National Guard on the grounds of what was once a sprawling institution for the mentally handicapped. Among dozens of spooky, abandoned buildings, and a mocked-up marketplace, prison and cemetery, civilians are plunged into a military environment, many of them for the first time.
***
The grazing cows ignored the convoy of Humvees as it rumbled past. From a back seat, Mendelson caught glimpses of frame farmhouses and silos. She and a trainee from the Treasury Department chatted with the Indiana National Guard soldiers in the driver's seat and the turret. Water dripped from the Humvee's ceiling. Mendelson was nervous. They were on their way to another role-play, a meeting on women's affairs, and it was Mendelson's turn to take the lead.
The turret gunner, Spec. Joshua Diaz, sat on a strap slung below an opening in the roof, his upper body in the turret, his boots on the platform between the back seats. The soldier shouted down to Mendelson over the engine, "What's your specialty?"
"Anticorruption," Mendelson shouted back, laughing, "so this is kind of a stretch." She tended to smile when she talked. It made her sound enthusiastic, even after staying up late with Schumacher, blearily running through all the questions, solutions and pitfalls they could think of. "How do you feel about the training?" she asked. "Does it seem realistic to you?"
"Yeah, it seems pretty real. But what you guys are doing is new to us." Diaz and the driver, Sgt. Kenneth Arnett, were both in their mid-20s. Both had already done tours in Afghanistan and Iraq. But they were not just props for the civilians' training vignettes. They were here to train, too.
The National Guard provides security to all the American provincial reconstruction teams in Afghanistan. It guards the PRT compounds and protects the teams anytime they go outside the wire. Before this combined training began at Muscatatuck, Guard members had had no practice operating with civilians in tow and little sense of why the civilians were there in the first place. So, in addition to sharpening their convoy and security skills, they were learning how to work with civilians. Unlike soldiers, civilians tended to respond to orders with "Why?" instead of a salute, and they had the nerve-racking habit of veering away from their security detail if they spotted someone they needed to talk to.
Beyond the Humvee's small windows, thick, hazy and bulletproof, the Indiana countryside rolled by, tranquil and green. Mendelson adjusted her helmet over her bulky headscarf. Her boyfriend, a British Royal Marine, had worn the scarf in the Persian Gulf War, official military issue. For combat wear, its peachy hue was an odd touch. She called it her superhero cloak. It had gotten her boyfriend safely through. Now, she was counting on it to do the same for her.
Up ahead through the windshield, a field of jumbled, broken concrete loomed. They were coming up on the border between Indiana and Afghanistan. Here at Muscatatuck, the Afghan landscape was represented by crumbling buildings, forsaken construction sites, a mobile home graveyard, wrecked and rusted cars, and piles of concrete.
Mendelson pointed to a car parked out of the way at the rubble's edge. "Wherever we went in Afghanistan, if there was a car sitting over there, we'd be real careful now." What was simply a parked car in Indiana could be a spotter in Afghanistan, calling ahead to insurgents lying in wait that a target was on its way.
The road led into the rubble, piles of it on both sides. Muffled pops erupted, sudden and startling. "Fire!" Mendelson shouted. She strained to spot the source, saw the muzzle of a weapon sticking out from behind a rock. She shouted again, and the Treasury trainee did, too, both of them shouting out the location of the danger the way they'd been trained: "Fire at one o'clock!"
The volume of pops grew louder until it was drowned out by a steady string of bangs from the turret -- Diaz, firing back. His boots shuffled on the platform next to Mendelson as he turned the turret to fire at more pops from the other side of the road. The sharp smell of cordite filled the cab. Mendelson knew all the weapons were firing blanks, but she couldn't help ducking. With a boom, an explosion spouted up next to the road, a thin plume of smoke and dirt. It was a pale imitation of an improvised explosive device, an IED, but still a reminder of the No. 1 cause of death and injury in Afghanistan.
Then the convoy lumbered out of the rubble, and the ambush was over. It had lasted 20 seconds. The Humvees drove on, their pace unchanged.
At the wheel, Arnett made a leisurely turn and said, "Last time in Iraq, I got hit by an IED, and all I heard was my ears ringing."
***
A sense of adventure is one thing most people who sign up for this work have in common. While studying agriculture at the University of Arizona in the 1970s, Mendelson's adventurousness prompted the native New Yorker to drop out, jump in a pickup and drive across America with a Saint Bernard, headed for Alaska. She worked in a bar, waited for the salmon run in Montana, got tired of waiting and picked apples in Washington state.
She never made it to Alaska. Instead, she milked cows on a kibbutz in Israel, studied Arabic in Egypt and joined archeological digs in Turkey. After waitressing her way through a Georgetown MBA and working summers at the Commerce Department's Mideast-North Africa Desk, she joined the Washington office of Arthur Andersen and served as a business consultant to the Palestinian Authority.
She carries all of the important things in her life in an oversized backpack. When she hoists it onto her back, she looks like a little turtle. She's fond of saying: "Life is like a pinball game. It doesn't just go in one direction."
Mendelson was in Flint, Mich., representing Arthur Andersen at a meeting with city officials, when the planes flew into the twin towers. That day, she decided: "I have to figure out how to help. I have to help my home town. I have to help my country." She joined the New York City Police Department as its first civilian analyst, dispensing advice based on her unique combination of knowledge and experience. When she was offered a contractor job doing the same thing for the Army in Afghanistan, she grabbed it. She told her sisters it was a chance to get closer to the fight.
Three and a half years later, she made the switch to USAID. On a Friday afternoon a few weeks into the training, she hurried to Union Station and took Amtrak to New York to say goodbye.
It was a cold, rainy weekend. Mendelson spent Saturday afternoon at a high school baseball game, huddled under a wool blanket with her older sister Lisa and Lisa's teenage daughter Katie, watching Katie's brother at bat. An American flag was next to the scoreboard. Lisa and the other parents in the concrete bleachers talked about upcoming birthdays, player injuries, the PSAT, golf.
"When did you become such a big golfer?" Mendelson asked Lisa, amused.
"When I couldn't stand watching any more baseball," Lisa said.
Mendelson and Katie wandered around the edge of the baseball diamond to the refreshment stand. They sipped hot chocolate and talked about boyfriends, the kind of trivial talk that made Mendelson angry the first time she came home from Afghanistan three years ago. People there were fighting and dying, and people here were talking about boyfriends and golf. Eventually, though, she decided this was exactly what she was working so hard to protect -- this ordinary, unfearful life.
During Mendelson's time working for the Army, she shared an eight-person plywood hut on Bagram Airfield, just north of Kabul. In a cubicle in a cavernous old hangar, she pored over reports from the field. Back when she was advising distressed cities such as Flint for Arthur Andersen, one of the things she'd focused on was corruption. According to some development experts, Afghanistan is one of the most corrupt countries in the world.
Mendelson had figured that out for herself from the reports she was reading. "The corruption was just obvious from the start," she recalls. The military began taking steps to combat it, but only at the tactical level. She was frustrated by the lack of a broader strategy.
Then last fall, during a week of meetings in and around the embassy in Kabul, she had an epiphany: "Okay, this is where the policy and strategy happen, this is where it makes sense to happen -- the civilian side." While briefing incoming USAID staffers, she thought, I want to be them.
Talking with her sister Lisa, she debated the pros and cons of a job based out of an embassy instead of a large, secure military base, a job that would require her to "get out in the mix" more. Pros: better food; interesting people to work with. Con: more likely to get blown up. The pros won.
***
Day Three of training at Muscatatuck, and so far, so good. Mendelson's role play meeting with the director of women's affairs had gone so well that one trainer told another it was the best he'd ever seen. When Mendelson and her teammate Adam Schumacher heard that, they did a little jig.
After the meeting, the convoy loaded up and moved out. The road wound into the woods, where a onetime Girl Scout camp had been transformed into a forward operating base. FOBs are generally smaller and closer to population centers than the big airfields. The convoy pulled in through the FOB's guarded gate for lunch.
Inside the rustic wooden dining hall, the education continued. "Body armor," a civil affairs soldier advised two USAID trainees over steak salad and potatoes, "is like putting on a layer of distrust between you and the other person. Taking off the armor says, 'I trust you,' and that creates an obligation." Among older people in southern Afghanistan, he explained, the traditional honor code of Pashtunwali still means something.
Across the rows of rough-hewn tables, a training exercise was underway. Mendelson and half a dozen other trainees watched as a soldier playing the role of the FOB commander tried to convince two trainees playing visiting USAID officers that his district needed more civilian support. Wrapping up his pitch, he leaned forward with an eager salesman's grin. "So, shall we clear some cots off for you and move you in?"
Mendelson and the other trainees burst out laughing.
One of the faux USAID officers said dryly, "We'll get back to you."
After lunch, the convoy rolled on to another role-play, this one involving Afghans. The training program at Muscatatuck wouldn't be possible without them. That's true of USAID's programs in Afghanistan, too. In the past year, in addition to hiring more Americans, USAID has hired more Afghans in Afghanistan. Local staffers speak the language and can usually get around safely in cars or on motorbikes instead of the military convoys required to move Americans around. But not always. While USAID hasn't lost any Americans, 77 non-American staffers and contractors, mostly Afghans, have been killed as of May 31, according to the American Embassy in Kabul.
Among the role-players at Muscatatuck are those who have fled the violence. Some arrived so recently they speak almost no English. For each training session, 20 to 40 Afghans with recent Afghanistan experience are recruited from around the United States by McKellar Corp., the training and policy analysis firm that runs the training. Some once worked for the Afghan government, others for nongovernmental organizations. Some were police officers or soldiers. "Many," writes McKellar curriculum developer Lisa Backstrom in an e-mail, "have experienced life under the Taliban and/or the realities of life in a war-torn and under-developed country."
You can see it in the role-plays.
After acting their way through another meeting, a parade of Afghan officials, elders and American government civilians, flanked by soldiers carrying M-16s and led by a Humvee with a gunner in the turret, set off down the street. They trudged past a burned-out house. Beside it lay a heap of rubble.
The Americans carried boxes hand-labeled in black marker: Water, Blankets, and 12 Man Tents. One person carried a big stuffed cream-colored puppy labeled Sheep. These were "gheramat" gifts, compensation for the victims of the accidental American bombing of this ersatz village. As the man playing the governor had suggested in that first role-play meeting that Schumacher had led, the Americans had come to apologize.
The men playing villagers waited for them on carpets and tarps laid out under a tree. Off to the side two women in burqas huddled like lonely blue ghosts. Mendelson and a 25-year-old State Department trainee named Jacklyn Palme were led to the women by a man who said he was a cousin. Mendelson and Palme took off their helmets and knelt.
One of the women slowly rocked.
"We're so sorry," said Palme, her brows pulling together. "We're deeply sorry for your loss."
"I'm a medic," Mendelson said. That was her assigned role this time. "I would like to offer my services to you, if you have women or children who've been wounded."
From within the slowly rocking burqa came a small voice. The male cousin translated: "Treatment would not bring my son back. Can you bring him back?"
From the group of men behind them, a wail went up. An older man wrapped in a brown shawl wailed again and slapped the carpet. He clambered to his feet and shouted in a hoarse, broken voice. The villagers and officials jumped up and crowded around him. The American men sat very still.
The other woman spoke up firmly from inside her burqa. Once again, the cousin translated: "What kind of help can you offer?"
"We have brought engineers with us today to help rebuild," Mendelson said.
Behind her, the wailing man quieted and sank to the carpet.
Before her, the rocking woman murmured plaintively through the cousin: "I wish you could bring my son back."
"I'm sorry." Mendelson put her hand over her heart. "I can't bring your son back. But maybe I can help save other children in the village from disease or illness."
"You can rebuild my house, but my soul is gone, my heart is burning. I hope you never see such a sorrow as I saw."
Mendelson's eyes reddened. In a situation that wasn't real, she hadn't expected to react like this. Yet a feeling of loss rushed over her. She knew about loss, not violently, not as a mother, but as a daughter. During her time in Afghanistan, she had unexpectedly lost her mother, then her father. "I'm sorry," she said again, quietly. "There is nothing we can do to heal your pain. Only time will heal your pain."
The woman's hands pressed themselves to her burqa-covered face, and she rocked.
***
At the end of the week, Mendelson and the rest of the civilian trainees boarded a bus and left behind the Muscatatuck Urban Training Center's staged violence and destruction, its recitations of frustration and despair. The road took them through a quiet Midwestern town with wide streets lined with old brick storefronts, fast food chains, plastic signs, a Wal-Mart.
For a moment, looking at the faces around her on the bus, Mendelson suddenly feared for them, even as she joined them in talking about their plans and hopes for the work that lay ahead. The town gave way to peaceful green fields. Farmhouses slipped past, a pickup in the drive, a swing set next to the barn.
On the bus, they cracked jokes. They told stories such as the one the Treasury trainee told on himself: Two Afghan role-players came to him about a clinic that needed repairs; he asked if they had any photographs; they gave him a funny look because "apparently," he mocked himself, "local, poor Afghan villagers don't own digital cameras."
After an hour and a half, the trainees reached the Indianapolis airport. In a few days, they would board planes in Washington. They would make their way east, over the Atlantic, across Europe, to Dubai. And from there, waiting over the horizon, would be Afghanistan, where everything is real.
Kristin Henderson is the author of "While They're at War" and a regular contributor to the Magazine. She can be reached at wpmagazine@washpost.com.
© 2010 The Washington Post Company
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Immerwieder wird in den Vereinigten Staaten selbst unterstrichen, dass der Krieg in Afghanistan letztlich dadurch entschieden werde, ob die afghanische Bevölkerung sich auf die Seite der Amerikaner und anderen Nato Soldaten stellt oder (freiwilliger oder gezwungener Massen) auf die der Taleban und ihrer politischen Verbündeten und Freunde. Doch was es bedeuten würde, die unter den heutigen, über viele Jahre hinweg beständig verschlechterten. Gesamtbedingungen fast unmögliche Arbeit zu vollbringen, welche das offensichtliche Abbröckeln der Bevölkerung weg von Nato und fort von der Karzai Regierung umkehren könnte, darüber gibt das Trainingsprogramm, wie es hier geschildert wird, beredte Auskunft.
Die Zahlen der zur Verfügung stehenden und einigermassen qualifizierten Freiwilligen sind offensichtlich völlig ungenügend. Dass es in den kurz bemessenen Fristen, von denen heute die Rede ist, genügend und genügend befähigte Freiwillige geben könnte, die diese gewaltigen, praktisch wohl übermenschlichen Anforderungen, auch nur ansatzweise bewältigen könnten, ist schwer vorstellbar. An dieser Stelle, vielmehr als im rein militärischen Bereich, dürften die wahren Hindernisse liegen, die ein Erreichen der politischen Ziele der Afghanistan Aktionen der USA und der Nato, sogar wenn man sie so gering wie nur möglich festlegt, als weitgehend unmöglich erkennen lassen.
Arnold Hottinger
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This Is War: How USAID workers are trained for work and danger in Afghanistan
By Kristin Henderson
Sunday, July 4, 2010; W22
The two-story yellow-brick building had seen better days.
Laura Mendelson followed the American soldiers guarding her and the rest of the team of U.S. government employees up the crumbling concrete steps. The dimly lighted lobby was loud with the strident voices of a crowd of women in headscarves and long tunics. They shouted for the team's attention. They wanted something.
"Don't stop," said the soldiers. "Keep moving."
Mendelson wished she could make out what the women were shouting. Through the rush and commotion, she could tell they were speaking Dari and not Pashto, two of the most common languages in southern Afghanistan, but not much more. Forty-eight hours ago, she'd been in Washington getting ready for this. She's with the U.S. Agency for International Development, or USAID, part of the State Department. She's a trained Arabic speaker. But in the push to deploy, no one on the team had had time for more than a couple of hours of Dari and Pashto instruction.
Mendelson and the team entering the building represent what military and civilian experts alike have called "the way out" of Afghanistan: a civilian surge, on par with the military surge, to help the country rebuild itself. More than a year after President Obama called for such action, this is what that way out looks like.
Down a quiet hall, the women's voices were a distant echo as Velcro tore apart and body armor came off the civilian team. Mendelson removed her helmet and adjusted her peach-colored head scarf. She'd never had to wear a scarf with a helmet before. She took a seat at one end of a battered table.
The far end was crowded with Afghan men: the police chief in his gray uniform; the other provincial officials and a mullah in the traditional outfit of tunic and baggy trousers known as salwar-kameez. They all wore jackets and shawls against the old building's unheated chill. A portrait of Afghan President Hamid Karzai hung on a wall that was flaking paint.
The provincial governor began with a long list of problems. The women begging for help in the lobby; a lack of fertilizer; a central government that coughed up only half of the promised budget; a police force with no training, gasoline or radios; a new road so poorly built that only goats and drug smugglers used it; broken promises from Americans who had come before. A young man in a prayer cap shuffled around the table serving tea. The mullah fingered his prayer beads.
Despite the overwhelming list of needs, it seemed to Mendelson that the meeting was going well. Her USAID colleague Adam Schumacher had volunteered to take the lead at this first meet-and-greet, and he was saying all the right things. He avoided offering to do for the Afghans what they could do for themselves. He deftly steered them toward resources within their own government. He made no promises he couldn't keep.
***
He was gathering useful information. Then the governor brought up the accidental bombing of a village a month ago.
"The Americans make mistakes and make problems for the government," he said through the interpreter. "Six innocent people were killed."
Mendelson exchanged glances with the State Department representative beside her. Six deaths? They'd been aware of only one. Compensation had been paid. They'd thought the problem had been handled. Apparently, it hadn't. Mendelson was filled with guilty relief that Schumacher was the one in the hot seat. She was 51, 10 years older than Schumacher, but she was new to USAID. She'd spent 3 years in Afghanistan as a civilian adviser to the Army, but that work had all been done at a safe emotional distance -- reading reports, writing assessments. She'd rarely left the base.
Schumacher, on the other hand, had been a USAID foreign service officer for five years; Afghanistan was his third overseas posting. But it was his first posting in a war zone. This time, to these Afghans, he was the American representative -- the face not just of USAID but also the U.S. military, and that was outside his comfort zone.
Schumacher tried to get clarification on the number of casualties. He tried to connect. He said he understood the pain caused by these deaths because many Americans had died in Afghanistan, as well.
That didn't go over well. At all. The Afghans objected that this was not the same, that the American military dead weren't members of Schumacher's family. One man's face grew red. The governor concluded: "I invite all of you to come to the village. We will invite the media. And you can apologize to the villagers who were bombed."
As the meeting was breaking up, another American standing by the wall stepped forward and said loudly: "Okay, if everyone will just keep their seats, we'll do the hot wash right here. First, let's find out how the Afghans think it went."
Although this rundown building might have felt as if it was in the Third World, it wasn't. Outside the dusty windows lay not the deserts and mountains of Afghanistan, but the rolling green fields of an Indiana National Guard training facility. Half a dozen trainers wearing armbands were watching from the edges of the room. The Afghans at the table were all immigrants with recent experience back home. This was a training exercise, and the role-playing was over. Now it was time for the critique.
A week from now, ready or not, Mendelson, Schumacher and most of the other Americans at the table would be leaving for Afghanistan. That was why, when the bombing issue came up, Schumacher had decided to experiment with a response he wasn't sure would work.
The feedback confirmed that it probably wouldn't. "I knew I was going out on a limb, tying their sorrow with my sorrow," he said later. "But that's what made it valuable. I came here to test limits, to find out what works and what doesn't. If you come to this training with any ego, you're not going to get anything out of it."
Tomorrow, it would be Mendelson's turn in the hot seat.
***
The civilian surge includes USAID development specialists, State Department diplomats, Justice Department lawyers, Agriculture Department agronomists, and experts from Treasury, Homeland Security, Health and Human Services, the Federal Aviation Administration and the Drug Enforcement Administration, among others. The reason Obama called for more of these people is because at that point, eight years into the war, the civilian effort was even more understaffed than the military effort. USAID, for instance, had 85 people in-country, most of them hunkered down inside a walled compound in Kabul.
"That's the first thing about USAID," says Robert Perito, a post-conflict stability expert at the U.S. Institute of Peace, a research and training institution established by Congress. "There's nobody at USAID." It wasn't always that way.
"USAID was a repository of expertise and knowledge about development ... that would result in the improvement of societies around the world and, by the way, serve the interests of the United States," recalls George Moose, a former assistant secretary of state. He's talking about USAID's heyday, the 1960s, when the agency fielded more people in Vietnam alone than the 1,569 it fields today worldwide.
After the Vietnam War, America turned inward. USAID and the State Department watched their budgets and staffs steadily shrink. "In the absence of other resources, there was an increasing readiness to rely on military commands to try to fill the gap," says Moose, who recently testified before Congress on the role of civilian and military agencies.
The terrorist attacks of Sept. 11, 2001, tested the military's ability to do it all -- fight wars and rebuild the nations it invaded. Provincial reconstruction teams, or PRTs, were set up in key Afghan provinces in 2002. The American teams consisted of military civil affairs soldiers, National Guard members and a few civilians.
The civilian effort had no consistency, according to Perito's surveys of civilians returning from the PRTs. "One person is an expert in tribal structures, and the next person is interested in building roads," Perito says. They came and went without overlapping each other. "No one gave the PRT leadership any overarching goals or strategic guidance. The teams were left to work it out on their own on the ground."
The lack of civilian focus and resources, combined with the inadequate military presence, disillusioned the Afghan population and contributed to the insurgency taking root and eventually threatening the whole country. "When you talk about a baseline, after nine years of war, of less than 100 people in the field doing [development] work for a country of 29 million, you realize some of the forces that led to this," says Anthony Cordesman, a national security scholar with the nonpartisan Center for Strategic and International Studies (CSIS) who has advised the top U.S. commander in Afghanistan, Gen. Stanley A. McChrystal.
The effort lost even more focus and resources when U.S. attention shifted to Iraq. "[The Iraq experience] reinforced the recognition that the military can't do this on its own," says Stephanie Sanok, a former Iraq policy specialist who served in the Baghdad embassy. "It's the Department of Defense, not the Department of Defense and Much, Much More."
The "more" includes economic development, reconstruction and improving the ability of the Afghan government to meet its people's needs, a process known as "capacity building." Sanok, now with the CSIS, says, "In order to work yourself out of a job and depart a nation in a responsible way, you are going to have to transition programs and projects to local authorities, and you're going to need civilian trainers to build that capacity."
By the time the Obama administration took over running the war in Afghanistan, it was clear that both the military and its civilian partners needed more boots on the ground, and fast. But whereas the Pentagon could call up reservists and the National Guard to supplement its active-duty service members, neglected civilian institutions such as USAID had to build up their workforces from scratch.
Finding civilians with the appropriate skills who were willing to leave home for a year or more of grueling days doing difficult work in a dangerous place, often while living in primitive conditions, has not been easy. Finding those civilians fast has been impossible. The initial goal was to boost the number of American USAID staffers from 85 to 333, but after more than a year, that increase hasn't been achieved. As Mendelson was completing her training in May, she was one of 271, according to Charles North, senior deputy director of USAID's Afghanistan-Pakistan task force. The goal now is 377 by year's end, he says.
At first, in the push to get people in the field, the main qualification for new hires seemed to be a simple willingness to go. Now, USAID targets people with expertise in agriculture, infrastructure, private enterprise, education, health care and good governance.
Hiring the right people, though, has been only half the battle. For years, civilians were shipped off to Afghanistan with, at most, a few days of training. It was as if "you add civilians and water, and get instant development," Cordesman says. Just adding more unprepared civilians to the mix wasn't going to solve that problem. So a year ago, as the surge got underway, State Department leaders made training mandatory.
USAID's new hires now spend a week in the Ronald Reagan Building's basement learning how to operate within the agency's bureaucracy. For two weeks, they commute to the campus of the State Department's Foreign Service Institute in Arlington for a crash course in provincial reconstruction teams; U.S. military and political strategy; and Afghan culture, history, politics, geography and religion. They trek to the West Virginia woods for a "crash-bang" course: how to drive their way out of an ambush, how to fire a weapon. They learn combat lifesaving techniques and countersurveillance -- spotting a tail and shaking it. And they spend a week at the Indiana National Guard's Muscatatuck Urban Training Center.
But with training time at a premium, stabilization and development experts complain that the crash-bang course and countersurveillance instruction is a waste of time for people who will be traveling only in military convoys. In-depth strategic training is still missing. "And they're still not learning how to build capacity in their Afghan counterparts," adds Lauren Van Metre, who specializes in education and training at the U.S. Institute of Peace.
However, none of the experts interviewed for this article disputes the value of the day-to-day tactical skills taught at Muscatatuck. Those skills are critical for USAID especially, because the majority of USAID's people in Afghanistan are now working out in the field, not holed up in Kabul. At Muscatatuck, the civilians train alongside the National Guard on the grounds of what was once a sprawling institution for the mentally handicapped. Among dozens of spooky, abandoned buildings, and a mocked-up marketplace, prison and cemetery, civilians are plunged into a military environment, many of them for the first time.
***
The grazing cows ignored the convoy of Humvees as it rumbled past. From a back seat, Mendelson caught glimpses of frame farmhouses and silos. She and a trainee from the Treasury Department chatted with the Indiana National Guard soldiers in the driver's seat and the turret. Water dripped from the Humvee's ceiling. Mendelson was nervous. They were on their way to another role-play, a meeting on women's affairs, and it was Mendelson's turn to take the lead.
The turret gunner, Spec. Joshua Diaz, sat on a strap slung below an opening in the roof, his upper body in the turret, his boots on the platform between the back seats. The soldier shouted down to Mendelson over the engine, "What's your specialty?"
"Anticorruption," Mendelson shouted back, laughing, "so this is kind of a stretch." She tended to smile when she talked. It made her sound enthusiastic, even after staying up late with Schumacher, blearily running through all the questions, solutions and pitfalls they could think of. "How do you feel about the training?" she asked. "Does it seem realistic to you?"
"Yeah, it seems pretty real. But what you guys are doing is new to us." Diaz and the driver, Sgt. Kenneth Arnett, were both in their mid-20s. Both had already done tours in Afghanistan and Iraq. But they were not just props for the civilians' training vignettes. They were here to train, too.
The National Guard provides security to all the American provincial reconstruction teams in Afghanistan. It guards the PRT compounds and protects the teams anytime they go outside the wire. Before this combined training began at Muscatatuck, Guard members had had no practice operating with civilians in tow and little sense of why the civilians were there in the first place. So, in addition to sharpening their convoy and security skills, they were learning how to work with civilians. Unlike soldiers, civilians tended to respond to orders with "Why?" instead of a salute, and they had the nerve-racking habit of veering away from their security detail if they spotted someone they needed to talk to.
Beyond the Humvee's small windows, thick, hazy and bulletproof, the Indiana countryside rolled by, tranquil and green. Mendelson adjusted her helmet over her bulky headscarf. Her boyfriend, a British Royal Marine, had worn the scarf in the Persian Gulf War, official military issue. For combat wear, its peachy hue was an odd touch. She called it her superhero cloak. It had gotten her boyfriend safely through. Now, she was counting on it to do the same for her.
Up ahead through the windshield, a field of jumbled, broken concrete loomed. They were coming up on the border between Indiana and Afghanistan. Here at Muscatatuck, the Afghan landscape was represented by crumbling buildings, forsaken construction sites, a mobile home graveyard, wrecked and rusted cars, and piles of concrete.
Mendelson pointed to a car parked out of the way at the rubble's edge. "Wherever we went in Afghanistan, if there was a car sitting over there, we'd be real careful now." What was simply a parked car in Indiana could be a spotter in Afghanistan, calling ahead to insurgents lying in wait that a target was on its way.
The road led into the rubble, piles of it on both sides. Muffled pops erupted, sudden and startling. "Fire!" Mendelson shouted. She strained to spot the source, saw the muzzle of a weapon sticking out from behind a rock. She shouted again, and the Treasury trainee did, too, both of them shouting out the location of the danger the way they'd been trained: "Fire at one o'clock!"
The volume of pops grew louder until it was drowned out by a steady string of bangs from the turret -- Diaz, firing back. His boots shuffled on the platform next to Mendelson as he turned the turret to fire at more pops from the other side of the road. The sharp smell of cordite filled the cab. Mendelson knew all the weapons were firing blanks, but she couldn't help ducking. With a boom, an explosion spouted up next to the road, a thin plume of smoke and dirt. It was a pale imitation of an improvised explosive device, an IED, but still a reminder of the No. 1 cause of death and injury in Afghanistan.
Then the convoy lumbered out of the rubble, and the ambush was over. It had lasted 20 seconds. The Humvees drove on, their pace unchanged.
At the wheel, Arnett made a leisurely turn and said, "Last time in Iraq, I got hit by an IED, and all I heard was my ears ringing."
***
A sense of adventure is one thing most people who sign up for this work have in common. While studying agriculture at the University of Arizona in the 1970s, Mendelson's adventurousness prompted the native New Yorker to drop out, jump in a pickup and drive across America with a Saint Bernard, headed for Alaska. She worked in a bar, waited for the salmon run in Montana, got tired of waiting and picked apples in Washington state.
She never made it to Alaska. Instead, she milked cows on a kibbutz in Israel, studied Arabic in Egypt and joined archeological digs in Turkey. After waitressing her way through a Georgetown MBA and working summers at the Commerce Department's Mideast-North Africa Desk, she joined the Washington office of Arthur Andersen and served as a business consultant to the Palestinian Authority.
She carries all of the important things in her life in an oversized backpack. When she hoists it onto her back, she looks like a little turtle. She's fond of saying: "Life is like a pinball game. It doesn't just go in one direction."
Mendelson was in Flint, Mich., representing Arthur Andersen at a meeting with city officials, when the planes flew into the twin towers. That day, she decided: "I have to figure out how to help. I have to help my home town. I have to help my country." She joined the New York City Police Department as its first civilian analyst, dispensing advice based on her unique combination of knowledge and experience. When she was offered a contractor job doing the same thing for the Army in Afghanistan, she grabbed it. She told her sisters it was a chance to get closer to the fight.
Three and a half years later, she made the switch to USAID. On a Friday afternoon a few weeks into the training, she hurried to Union Station and took Amtrak to New York to say goodbye.
It was a cold, rainy weekend. Mendelson spent Saturday afternoon at a high school baseball game, huddled under a wool blanket with her older sister Lisa and Lisa's teenage daughter Katie, watching Katie's brother at bat. An American flag was next to the scoreboard. Lisa and the other parents in the concrete bleachers talked about upcoming birthdays, player injuries, the PSAT, golf.
"When did you become such a big golfer?" Mendelson asked Lisa, amused.
"When I couldn't stand watching any more baseball," Lisa said.
Mendelson and Katie wandered around the edge of the baseball diamond to the refreshment stand. They sipped hot chocolate and talked about boyfriends, the kind of trivial talk that made Mendelson angry the first time she came home from Afghanistan three years ago. People there were fighting and dying, and people here were talking about boyfriends and golf. Eventually, though, she decided this was exactly what she was working so hard to protect -- this ordinary, unfearful life.
During Mendelson's time working for the Army, she shared an eight-person plywood hut on Bagram Airfield, just north of Kabul. In a cubicle in a cavernous old hangar, she pored over reports from the field. Back when she was advising distressed cities such as Flint for Arthur Andersen, one of the things she'd focused on was corruption. According to some development experts, Afghanistan is one of the most corrupt countries in the world.
Mendelson had figured that out for herself from the reports she was reading. "The corruption was just obvious from the start," she recalls. The military began taking steps to combat it, but only at the tactical level. She was frustrated by the lack of a broader strategy.
Then last fall, during a week of meetings in and around the embassy in Kabul, she had an epiphany: "Okay, this is where the policy and strategy happen, this is where it makes sense to happen -- the civilian side." While briefing incoming USAID staffers, she thought, I want to be them.
Talking with her sister Lisa, she debated the pros and cons of a job based out of an embassy instead of a large, secure military base, a job that would require her to "get out in the mix" more. Pros: better food; interesting people to work with. Con: more likely to get blown up. The pros won.
***
Day Three of training at Muscatatuck, and so far, so good. Mendelson's role play meeting with the director of women's affairs had gone so well that one trainer told another it was the best he'd ever seen. When Mendelson and her teammate Adam Schumacher heard that, they did a little jig.
After the meeting, the convoy loaded up and moved out. The road wound into the woods, where a onetime Girl Scout camp had been transformed into a forward operating base. FOBs are generally smaller and closer to population centers than the big airfields. The convoy pulled in through the FOB's guarded gate for lunch.
Inside the rustic wooden dining hall, the education continued. "Body armor," a civil affairs soldier advised two USAID trainees over steak salad and potatoes, "is like putting on a layer of distrust between you and the other person. Taking off the armor says, 'I trust you,' and that creates an obligation." Among older people in southern Afghanistan, he explained, the traditional honor code of Pashtunwali still means something.
Across the rows of rough-hewn tables, a training exercise was underway. Mendelson and half a dozen other trainees watched as a soldier playing the role of the FOB commander tried to convince two trainees playing visiting USAID officers that his district needed more civilian support. Wrapping up his pitch, he leaned forward with an eager salesman's grin. "So, shall we clear some cots off for you and move you in?"
Mendelson and the other trainees burst out laughing.
One of the faux USAID officers said dryly, "We'll get back to you."
After lunch, the convoy rolled on to another role-play, this one involving Afghans. The training program at Muscatatuck wouldn't be possible without them. That's true of USAID's programs in Afghanistan, too. In the past year, in addition to hiring more Americans, USAID has hired more Afghans in Afghanistan. Local staffers speak the language and can usually get around safely in cars or on motorbikes instead of the military convoys required to move Americans around. But not always. While USAID hasn't lost any Americans, 77 non-American staffers and contractors, mostly Afghans, have been killed as of May 31, according to the American Embassy in Kabul.
Among the role-players at Muscatatuck are those who have fled the violence. Some arrived so recently they speak almost no English. For each training session, 20 to 40 Afghans with recent Afghanistan experience are recruited from around the United States by McKellar Corp., the training and policy analysis firm that runs the training. Some once worked for the Afghan government, others for nongovernmental organizations. Some were police officers or soldiers. "Many," writes McKellar curriculum developer Lisa Backstrom in an e-mail, "have experienced life under the Taliban and/or the realities of life in a war-torn and under-developed country."
You can see it in the role-plays.
After acting their way through another meeting, a parade of Afghan officials, elders and American government civilians, flanked by soldiers carrying M-16s and led by a Humvee with a gunner in the turret, set off down the street. They trudged past a burned-out house. Beside it lay a heap of rubble.
The Americans carried boxes hand-labeled in black marker: Water, Blankets, and 12 Man Tents. One person carried a big stuffed cream-colored puppy labeled Sheep. These were "gheramat" gifts, compensation for the victims of the accidental American bombing of this ersatz village. As the man playing the governor had suggested in that first role-play meeting that Schumacher had led, the Americans had come to apologize.
The men playing villagers waited for them on carpets and tarps laid out under a tree. Off to the side two women in burqas huddled like lonely blue ghosts. Mendelson and a 25-year-old State Department trainee named Jacklyn Palme were led to the women by a man who said he was a cousin. Mendelson and Palme took off their helmets and knelt.
One of the women slowly rocked.
"We're so sorry," said Palme, her brows pulling together. "We're deeply sorry for your loss."
"I'm a medic," Mendelson said. That was her assigned role this time. "I would like to offer my services to you, if you have women or children who've been wounded."
From within the slowly rocking burqa came a small voice. The male cousin translated: "Treatment would not bring my son back. Can you bring him back?"
From the group of men behind them, a wail went up. An older man wrapped in a brown shawl wailed again and slapped the carpet. He clambered to his feet and shouted in a hoarse, broken voice. The villagers and officials jumped up and crowded around him. The American men sat very still.
The other woman spoke up firmly from inside her burqa. Once again, the cousin translated: "What kind of help can you offer?"
"We have brought engineers with us today to help rebuild," Mendelson said.
Behind her, the wailing man quieted and sank to the carpet.
Before her, the rocking woman murmured plaintively through the cousin: "I wish you could bring my son back."
"I'm sorry." Mendelson put her hand over her heart. "I can't bring your son back. But maybe I can help save other children in the village from disease or illness."
"You can rebuild my house, but my soul is gone, my heart is burning. I hope you never see such a sorrow as I saw."
Mendelson's eyes reddened. In a situation that wasn't real, she hadn't expected to react like this. Yet a feeling of loss rushed over her. She knew about loss, not violently, not as a mother, but as a daughter. During her time in Afghanistan, she had unexpectedly lost her mother, then her father. "I'm sorry," she said again, quietly. "There is nothing we can do to heal your pain. Only time will heal your pain."
The woman's hands pressed themselves to her burqa-covered face, and she rocked.
***
At the end of the week, Mendelson and the rest of the civilian trainees boarded a bus and left behind the Muscatatuck Urban Training Center's staged violence and destruction, its recitations of frustration and despair. The road took them through a quiet Midwestern town with wide streets lined with old brick storefronts, fast food chains, plastic signs, a Wal-Mart.
For a moment, looking at the faces around her on the bus, Mendelson suddenly feared for them, even as she joined them in talking about their plans and hopes for the work that lay ahead. The town gave way to peaceful green fields. Farmhouses slipped past, a pickup in the drive, a swing set next to the barn.
On the bus, they cracked jokes. They told stories such as the one the Treasury trainee told on himself: Two Afghan role-players came to him about a clinic that needed repairs; he asked if they had any photographs; they gave him a funny look because "apparently," he mocked himself, "local, poor Afghan villagers don't own digital cameras."
After an hour and a half, the trainees reached the Indianapolis airport. In a few days, they would board planes in Washington. They would make their way east, over the Atlantic, across Europe, to Dubai. And from there, waiting over the horizon, would be Afghanistan, where everything is real.
Kristin Henderson is the author of "While They're at War" and a regular contributor to the Magazine. She can be reached at wpmagazine@washpost.com.
© 2010 The Washington Post Company
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Sonntag, 4. Juli 2010
LIBANON: Im Westen gehasst, von Schiiten hoch verehrt
Mit Libanons Großayatollah Fadlallah, einem scharfen Kritiker der US-Nahostpolitik verlor der schiitische Islam eine seiner bedeutendsten Autoritäten
von Birgit Cerha
Er wurde nicht müde, Washingtons Nahostpolitik zu geißeln. Noch in seiner letzten Freitagspredigt, am 2. Juli von einem Vertreter in einer Beiruter Moschee verlesen, während er selbst in einem Hospital der Stadt mit dem Tod rang, verurteilte Großayatollah Mohammed Hossein Fadlallah die fortgesetzte jüdische Siedlungspolitik in Ost-Jerusalem aufs schärfste und kritisierte die USA, die die Aktionen „des Feindes (Israel) decken“.
Die Welt der Schiiten aber betrauert mit Fadlallah, der Samstag im Alter von 74 Jahren verstarb, eine ihrer bedeutendsten religiösen Autoritäten. In den Interpretationen des Lebens und Wirkens dieses Mannes zeigt sich die tiefe Kluft, die die islamische Welt vom Abendland trennt.
Neben der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah und deren Führer Hassan Nasrallah stand Fadlallah nämlich bis zu seinem Tode auf der US-Terrorliste und Israel hasste den Geistlichen als einen seiner radikalsten Feinde. Doch dieser islamische Theologe, den der schwarze Turban und der Titel „Sayyed“ als Nachkommen des Propheten Mohammed ausweist, hinterließ auch ein reiches Erbe an Regeln und Lehren, an der sich seine vom Libanon über den Irak bis nach Zentralasien erstreckende Anhängerschar zur weiteren Gestaltung ihres Lebens orientieren wird.
Von libanesischen Eltern in der heiligen Schiitenstadt Nadschaf im Irak geboren, war Fadlallah nach dem Studium der Jurisprudenz, Logik, Arabistik und Philosophie in der geistlichen Hierarchie rasch aufgestiegen, bis er schließlich mit dem „Marja el Taqlid“ (der „Quelle der Nachahmung“) den höchsten geistlichen Status der schiitischen Welt erreichte. Seit 1966 lebte und wirkte er in seiner libanesischen Heimat, wo er sich entschlossen der traditionell schwer diskriminierten schiitischen Bevölkerungsmehrheit annahm. Damit verfing er sich nicht nur in libanesischer, sondern zunehmend auch in internationaler Politik und wurde zu einem bedeutenden Gegenspieler israelischer und amerikanischer Interessen in der Levante.
Geschockt durch die israelische Invasion des Libanons 1982, hob er gemeinsam mit Abgesandten des iranischen Revolutionsführers Khomeini im Libanon die „Hisbollah“ aus der Taufe und wurde im Westen stets als „Mentor“ dieser Organisation genannt, die sich den Widerstandskampf gegen die israelischen Besatzer zum Ziel gesetzt hatte. Sowohl Hisbollah, als auch Fadlallah aber leugneten stets eine führende Rolle des Geistlichen in der Organisation, wiewohl sich die Ansichten zwischen beiden vor allem in den 80er Jahren meist deckten. Fadlallah war der erste führende Geistliche, der Selbstmordattentate im Widerstandskampf gegen Besatzung sanktioniert und damit wohl eine Serie blutiger Anschläge u.a. gegen Hauptquartiere der amerikanische und französischen Truppen in Beirut ermutigt hatte, die Hunderten Soldaten das Leben kosteten und schließlich zum Abzug der „Multilateralen Friedenstruppe“ aus dem Libanon führten. Fadlallah leugnete aber jede direkte Verwicklung in solche Terrorakte und verurteilte später entschieden Selbstmordattentate gegen Zivilisten. Ebenso verurteilte er auch die Entführungen westlicher Bürger, die den Libanon in den 80er Jahren zu einem Schlachtfeld internationaler Konflikte gemacht hatten.
Nach Recherchen des US-Journalisten Bob Woodward war es der US-Geheimdienst CIA gewesen, der mit denselben Methoden Fadlallah auszuschalten suchte. Eine Autobombe nahe der Wohnung des Geistlichen zerstörte 1985 ein Apartmenthaus und riss 80 Menschen in den Tod. Fadlallah blieb unversehrt, so wie auch bei zahlreichen nachfolgenden Attentatsversuchen.
Zunächst Anhänger Khomeinis und der „Islamischen Revolution“ distanzierte er sich später vom iranischen System des „Gottesstaates“ und lehnte wiederholt entschieden die absolute Autorität der Geistlichen ab: „Kein religiöser Führer besitzt ein Monopol auf die Wahrheit.“ So geriet er auch zunehmend in Konflikt mit Hisbollah, die sich im Laufe der Jahre mehr und mehr dem Iran annäherte.
Im Libanon wird nun ein Nachfolgekampf um die Führung der zahlreichen religiösen, intellektuellen und sozialen Institutionen ausbrechen, die Fadlallah aufgebaut hatte. Und in der Welt der Schiiten wird die liberale Stimmen fehlen, die mit mutigen Fetwas (Rechtsgutachten) orthodoxe Regeln verwarf und sich insbesondere für eine aktive Rolle der Frauen im gesellschaftlichen, ja sogar im religiösen Leben einsetzte.
Zu seinen unter erzkonservativen Geistlichen scharf kritisierten Fetwas zählen das Verbot der Beschneidungen von Mädchen, der „Ehrenmorde“, die Ermutigung der Frauen, sich gegen Gewalt durch den Ehemann zu wehren., insgesamt sein Einsatz für eine Modernisierung des Lebens, sowie die scharfe Verurteilung des „Jihad“ (Heiligen Krieges), zu dem Terrorchef Osama bin Laden immer wieder aufruft.
Bilduquelle: "Al Arabiya"
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von Birgit Cerha
Er wurde nicht müde, Washingtons Nahostpolitik zu geißeln. Noch in seiner letzten Freitagspredigt, am 2. Juli von einem Vertreter in einer Beiruter Moschee verlesen, während er selbst in einem Hospital der Stadt mit dem Tod rang, verurteilte Großayatollah Mohammed Hossein Fadlallah die fortgesetzte jüdische Siedlungspolitik in Ost-Jerusalem aufs schärfste und kritisierte die USA, die die Aktionen „des Feindes (Israel) decken“.
Die Welt der Schiiten aber betrauert mit Fadlallah, der Samstag im Alter von 74 Jahren verstarb, eine ihrer bedeutendsten religiösen Autoritäten. In den Interpretationen des Lebens und Wirkens dieses Mannes zeigt sich die tiefe Kluft, die die islamische Welt vom Abendland trennt.
Neben der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah und deren Führer Hassan Nasrallah stand Fadlallah nämlich bis zu seinem Tode auf der US-Terrorliste und Israel hasste den Geistlichen als einen seiner radikalsten Feinde. Doch dieser islamische Theologe, den der schwarze Turban und der Titel „Sayyed“ als Nachkommen des Propheten Mohammed ausweist, hinterließ auch ein reiches Erbe an Regeln und Lehren, an der sich seine vom Libanon über den Irak bis nach Zentralasien erstreckende Anhängerschar zur weiteren Gestaltung ihres Lebens orientieren wird.
Von libanesischen Eltern in der heiligen Schiitenstadt Nadschaf im Irak geboren, war Fadlallah nach dem Studium der Jurisprudenz, Logik, Arabistik und Philosophie in der geistlichen Hierarchie rasch aufgestiegen, bis er schließlich mit dem „Marja el Taqlid“ (der „Quelle der Nachahmung“) den höchsten geistlichen Status der schiitischen Welt erreichte. Seit 1966 lebte und wirkte er in seiner libanesischen Heimat, wo er sich entschlossen der traditionell schwer diskriminierten schiitischen Bevölkerungsmehrheit annahm. Damit verfing er sich nicht nur in libanesischer, sondern zunehmend auch in internationaler Politik und wurde zu einem bedeutenden Gegenspieler israelischer und amerikanischer Interessen in der Levante.
Geschockt durch die israelische Invasion des Libanons 1982, hob er gemeinsam mit Abgesandten des iranischen Revolutionsführers Khomeini im Libanon die „Hisbollah“ aus der Taufe und wurde im Westen stets als „Mentor“ dieser Organisation genannt, die sich den Widerstandskampf gegen die israelischen Besatzer zum Ziel gesetzt hatte. Sowohl Hisbollah, als auch Fadlallah aber leugneten stets eine führende Rolle des Geistlichen in der Organisation, wiewohl sich die Ansichten zwischen beiden vor allem in den 80er Jahren meist deckten. Fadlallah war der erste führende Geistliche, der Selbstmordattentate im Widerstandskampf gegen Besatzung sanktioniert und damit wohl eine Serie blutiger Anschläge u.a. gegen Hauptquartiere der amerikanische und französischen Truppen in Beirut ermutigt hatte, die Hunderten Soldaten das Leben kosteten und schließlich zum Abzug der „Multilateralen Friedenstruppe“ aus dem Libanon führten. Fadlallah leugnete aber jede direkte Verwicklung in solche Terrorakte und verurteilte später entschieden Selbstmordattentate gegen Zivilisten. Ebenso verurteilte er auch die Entführungen westlicher Bürger, die den Libanon in den 80er Jahren zu einem Schlachtfeld internationaler Konflikte gemacht hatten.
Nach Recherchen des US-Journalisten Bob Woodward war es der US-Geheimdienst CIA gewesen, der mit denselben Methoden Fadlallah auszuschalten suchte. Eine Autobombe nahe der Wohnung des Geistlichen zerstörte 1985 ein Apartmenthaus und riss 80 Menschen in den Tod. Fadlallah blieb unversehrt, so wie auch bei zahlreichen nachfolgenden Attentatsversuchen.
Zunächst Anhänger Khomeinis und der „Islamischen Revolution“ distanzierte er sich später vom iranischen System des „Gottesstaates“ und lehnte wiederholt entschieden die absolute Autorität der Geistlichen ab: „Kein religiöser Führer besitzt ein Monopol auf die Wahrheit.“ So geriet er auch zunehmend in Konflikt mit Hisbollah, die sich im Laufe der Jahre mehr und mehr dem Iran annäherte.
Im Libanon wird nun ein Nachfolgekampf um die Führung der zahlreichen religiösen, intellektuellen und sozialen Institutionen ausbrechen, die Fadlallah aufgebaut hatte. Und in der Welt der Schiiten wird die liberale Stimmen fehlen, die mit mutigen Fetwas (Rechtsgutachten) orthodoxe Regeln verwarf und sich insbesondere für eine aktive Rolle der Frauen im gesellschaftlichen, ja sogar im religiösen Leben einsetzte.
Zu seinen unter erzkonservativen Geistlichen scharf kritisierten Fetwas zählen das Verbot der Beschneidungen von Mädchen, der „Ehrenmorde“, die Ermutigung der Frauen, sich gegen Gewalt durch den Ehemann zu wehren., insgesamt sein Einsatz für eine Modernisierung des Lebens, sowie die scharfe Verurteilung des „Jihad“ (Heiligen Krieges), zu dem Terrorchef Osama bin Laden immer wieder aufruft.
Bilduquelle: "Al Arabiya"
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Freitag, 2. Juli 2010
PAKISTAN: Zum Bombenschlag gegen den Schrein der Hujwiri Sufis in Lahore
Was Juan Cole zu den Bomben im Hujwiri Schrein von Lahore zu sagen hat, ist einmal mehr so präzise und gleichzeitig informiert, dass ich es erneut zitieren möchte. Nur ein Fachmann bringt die Nuancen so klar ans Tageslicht, die zwischen Wahhabis, Deobandis und den gegenwärtigen radikalen Extremisten unter den Taleban bestehen. Von der Doktrin aus gehören sie zusammen, aber sie sind auch unterschiedlich, ja Gegner, durch die brutale, und in den Augen der anderen Fundamentalisten verbotene, Praxis sowie durch die Politisierung der Zielsetzungen im Falle der Taleban. Des ungeachtet suchen die Taleban sich durch derartige Untaten als Vorkämpfer für einen "reinen Islam" zu profilieren. Bezeichnend für die Verwirrung, die sie in Pakistan selbst stiften, sind die Stimmen von Pakistanis, die den Verdacht aussprechen, es sei überhaupt die CIA, welche die Bomben lege, oder "die Amerikaner" seien Schuld daran, was geschehe. Vor ihrem Kommen sei soetwas nicht denkbar gewesen..Auch andere traditionell als feindliche Mächte gesehene Gruppen werden geannnt, die Ahmedis, die Inder etc. Dies ist trübes Wasser, von ihnen selbst bewusst getrübt, in dem die Taleban fischen können.
(Vgl. Washington Post : http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/07/02/AR2010070200236.html)
Arnold Hottinger
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Fundamentalist bombings of Lahore mystical Shrine leave 42 Dead, 175 Wounded
Posted on July 2, 2010 by Juan
The FT says that at least two suicide bombers struck at the shrine of medieval Sufi master Datta Ganj Bakhsh (Sayyid Ali Hujwiri), the patron saint of Lahore, on Thursday evening, killing at least 42 and wounding 175. (The death toll will rise since many of the injured are in critical condition). Pakistan’s The News has more details.
A panic spread in Lahore at other shrines, and the Pakistani government increased security at religious buildings.
One Panjabi to whom I spoke predicted that there would be an enormous backlash in Lahore against the Taliban as a result.
AP has video via Geo:
Pakistani intelligence officials blamed the Taliban, against whom the Pakistani army has fought extended campaigns in Bajaur, Swat and South Waziristan in the past two years. The FT quotes a security official who said, “They [the Taliban] seem to be telling us they have the means and the will to disrupt Pakistan’s urban areas if we keep on battling them.”
It is true that such bombings in the eastern, Panjabi city of Lahore, are meant to retaliate for the army’s pushback against Pashtun, Taliban fighters in the northwest. The aim is to spread fear and destabilize the capital of Pakistan’s largest, most influential province.
In addition, however, the Taliban have been using terrorism to mark a theological terrain. Most Panjabis and Sindhis in Pakistan practice a form of Islam deeply influenced by Sufism, and many visit shrines to obtain the blessings of God through their mediation. In Lahore, malangs or itinerant Sufis, attend melas or religious festivals at shrines like the one attacked. There, qawwali or Muslim spirituals, are sung to the accompaniment of drums.
In late December and again in February, the Taliban bombed Shiite Muslim religious processions. In May they struck at a mosque belonging to the Ahmadi sect. And on Thursday they attacked a Sufi shrine. Each of these forms of Islam is considered heretical and even to have departed from Islam by the Taliban, who adhere to a radical branch of the Deobandi movement that has been deeply influenced by the Wahhabism of Saudi Arabia. Wahhabism forbids music and attendance at saints’ shrines.
Deobandis, named after the town in which a reformist seminary or madrasah arose in the 19th century, stressed studying and emulating the sayings and doings of the Prophet Muhammad and his early companions. This approach was their way of trying to achieve a purer form of Islam in the Indian subcontinent under British colonial rule, where many Muslims were influenced by Hindu ideas and practices or by British ones. But Deobandi leaders were in the nineteenth and twentieth century themselves adherents of Islamic mysticism or Sufism, a form of Islam that stressed the quest of the believer for union with the divine beloved, God.
When Deobandi seminaries came to form the front line of the anti-Soviet struggle in northwest Pakistan in the 1980s, they attracted funding from Saudi Arabia and came under the influence of the Saudi national sect of Islam, Wahhabism. Begun in the 18th century by Muhammad ibn Abdul Wahhab, Wahhabism was from the beginning highly hostile to Shiism and to Sufism, both of which it considered heretics. Wahhabis are the militant Protestants of Islam. The sect predominates in Saudi Arabia, and has few adherents elsewhere in the Muslim world, though Saudi oil money allows the kingdom to spread it elsewhere. Among the targets of Saudi missionaries and officials are Sufi shrines, and they attempt to convince other Muslim governments to close them down. It would be sort of like Calvinist Protestants from Geneva gaining influence over religious policy in Mexico and trying to stop people from visiting the shrines of saints. Note that there are only about 22 million Saudis, by no means all of whom are Wahhabis (12 percent are Shiites). There are 1.5 billion Muslims. So the Saudi form of Islam is very much a minority taste among Muslims. And note that although Wahhabism tends to be practiced in a narrow-minded way and has often disadvantaged Shiites and others, there is no evidence for Wahhabis being more often terrorists than other forms of Islam.
The targeting of religious buildings and processions by the Taliban in Pakistan during the past more than six months, then, signals not only a determination to destabilize the country but also a conviction that Pakistan has departed from the true, pure Islam and that its heretics deserve condign punishment. These Taliban are underlining their faithfulness to the rigid theological ideas of the Wahhabis as the neo-Deobandis interpret them–though contemporary Wahhabi clerical authorities in Saudi Arabia forbid such suicide bombings.
The shrine of Datta Ganj Bakhsh is that of the medieval Sufi master Sayyid Ali al-Hujwiri (d. 1072), who traveled widely in Iraq, Iran, Afghanistan and what is now Pakistan, settling in Lahore.
Fans of Sayyid Ali Hujwiri put up a facebook page for him here.
An amateur translation of Hujwiri’s major treatise, “The Unveiling of the Mysteries,” written in Persian, is available in pdf form on the Web in pdf format. I cannot for the life of me understand why R. A. Nicholson’s 1911 translation hasn’t been scanned and put up– it is the most scholarly and long out of copyright.
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(Vgl. Washington Post : http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/07/02/AR2010070200236.html)
Arnold Hottinger
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Fundamentalist bombings of Lahore mystical Shrine leave 42 Dead, 175 Wounded
Posted on July 2, 2010 by Juan
The FT says that at least two suicide bombers struck at the shrine of medieval Sufi master Datta Ganj Bakhsh (Sayyid Ali Hujwiri), the patron saint of Lahore, on Thursday evening, killing at least 42 and wounding 175. (The death toll will rise since many of the injured are in critical condition). Pakistan’s The News has more details.
A panic spread in Lahore at other shrines, and the Pakistani government increased security at religious buildings.
One Panjabi to whom I spoke predicted that there would be an enormous backlash in Lahore against the Taliban as a result.
AP has video via Geo:
Pakistani intelligence officials blamed the Taliban, against whom the Pakistani army has fought extended campaigns in Bajaur, Swat and South Waziristan in the past two years. The FT quotes a security official who said, “They [the Taliban] seem to be telling us they have the means and the will to disrupt Pakistan’s urban areas if we keep on battling them.”
It is true that such bombings in the eastern, Panjabi city of Lahore, are meant to retaliate for the army’s pushback against Pashtun, Taliban fighters in the northwest. The aim is to spread fear and destabilize the capital of Pakistan’s largest, most influential province.
In addition, however, the Taliban have been using terrorism to mark a theological terrain. Most Panjabis and Sindhis in Pakistan practice a form of Islam deeply influenced by Sufism, and many visit shrines to obtain the blessings of God through their mediation. In Lahore, malangs or itinerant Sufis, attend melas or religious festivals at shrines like the one attacked. There, qawwali or Muslim spirituals, are sung to the accompaniment of drums.
In late December and again in February, the Taliban bombed Shiite Muslim religious processions. In May they struck at a mosque belonging to the Ahmadi sect. And on Thursday they attacked a Sufi shrine. Each of these forms of Islam is considered heretical and even to have departed from Islam by the Taliban, who adhere to a radical branch of the Deobandi movement that has been deeply influenced by the Wahhabism of Saudi Arabia. Wahhabism forbids music and attendance at saints’ shrines.
Deobandis, named after the town in which a reformist seminary or madrasah arose in the 19th century, stressed studying and emulating the sayings and doings of the Prophet Muhammad and his early companions. This approach was their way of trying to achieve a purer form of Islam in the Indian subcontinent under British colonial rule, where many Muslims were influenced by Hindu ideas and practices or by British ones. But Deobandi leaders were in the nineteenth and twentieth century themselves adherents of Islamic mysticism or Sufism, a form of Islam that stressed the quest of the believer for union with the divine beloved, God.
When Deobandi seminaries came to form the front line of the anti-Soviet struggle in northwest Pakistan in the 1980s, they attracted funding from Saudi Arabia and came under the influence of the Saudi national sect of Islam, Wahhabism. Begun in the 18th century by Muhammad ibn Abdul Wahhab, Wahhabism was from the beginning highly hostile to Shiism and to Sufism, both of which it considered heretics. Wahhabis are the militant Protestants of Islam. The sect predominates in Saudi Arabia, and has few adherents elsewhere in the Muslim world, though Saudi oil money allows the kingdom to spread it elsewhere. Among the targets of Saudi missionaries and officials are Sufi shrines, and they attempt to convince other Muslim governments to close them down. It would be sort of like Calvinist Protestants from Geneva gaining influence over religious policy in Mexico and trying to stop people from visiting the shrines of saints. Note that there are only about 22 million Saudis, by no means all of whom are Wahhabis (12 percent are Shiites). There are 1.5 billion Muslims. So the Saudi form of Islam is very much a minority taste among Muslims. And note that although Wahhabism tends to be practiced in a narrow-minded way and has often disadvantaged Shiites and others, there is no evidence for Wahhabis being more often terrorists than other forms of Islam.
The targeting of religious buildings and processions by the Taliban in Pakistan during the past more than six months, then, signals not only a determination to destabilize the country but also a conviction that Pakistan has departed from the true, pure Islam and that its heretics deserve condign punishment. These Taliban are underlining their faithfulness to the rigid theological ideas of the Wahhabis as the neo-Deobandis interpret them–though contemporary Wahhabi clerical authorities in Saudi Arabia forbid such suicide bombings.
The shrine of Datta Ganj Bakhsh is that of the medieval Sufi master Sayyid Ali al-Hujwiri (d. 1072), who traveled widely in Iraq, Iran, Afghanistan and what is now Pakistan, settling in Lahore.
Fans of Sayyid Ali Hujwiri put up a facebook page for him here.
An amateur translation of Hujwiri’s major treatise, “The Unveiling of the Mysteries,” written in Persian, is available in pdf form on the Web in pdf format. I cannot for the life of me understand why R. A. Nicholson’s 1911 translation hasn’t been scanned and put up– it is the most scholarly and long out of copyright.
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