Geheimnisvolle sunnitische Rebellen setzen im bitterarmen Südosten ihren Kampf gegen Teheran fort – Wer steckt hinter der Dschundallah?
von Birgit Cerha
In auffallender Eile verurteilte US-Außenministerin Hillary Clinton mit schärfsten Worten die beiden Selbstmordanschläge gegen eine schiitische Moschee in der Hauptstadt der südostiranischen Provinz Sistan-Belutschistan. Die Zahl der Todesopfer des Attentats in Zahedan von Donnerstag abend stieg unterdessen auf 26. Mehr als 300 Menschen wurden verletzt. Nachdem Irans „Press-TV“ Clintons Stellungnahme ausgestrahlt hatte, verstummten zunächst auch weitere Attacken des offiziellen Teheran gegen die USA. Ein Sprecher der mächtigen Revolutionsgarden hatte zuvor erklärt, es bestünde „nicht der geringste Zweifel“ an einer Verwicklung der USA und Israels in dem Gewaltakt. Der Vorsitzende der Nationalen Sicherheitskommission im Parlament, Alaeddin Boroujerdi, betonte ebenfalls, dass „die Geheimdienste der USA, Israels und einiger westlicher Länder Terroraktionen im Namen Osten unterstützen und finanzieren… Solche Operationen werden den Iran jedoch nicht von seinem entschlossenen Kampf gegen die Mächte der Arroganz abbringen.“
Unterdessen bekannte sich die sunnitische Rebellengruppe Dschundallah („Soldaten Gottes“) zu dem Anschlag, mit dem sie nach einer über das Internet verbreiteten Erklärung „in das Herz der Revolutionsgarden“ treffen wollte, deren Angehörige sich in der Moschee zur Feier des „Tages der Revolutionsgarden“ versammelt hatten. Kommandanten hatten kurz zuvor triumphierend die „totale Kontrolle“ über die Unruheprovinz Sistan-Belutschistan hervorgehoben.
Die überwiegende Bevölkerungsmehrheit der bitterarmen Grenzprovinz gehört der kleinen sunnitischen Minderheit des Irans an. Dschundallah führt einen blutigen Kampf gegen das schiitische Regime in Teheran, durch das sich die Minderheit diskriminiert fühlt In den vergangenen Jahren hatte die Gruppe eine Serie blutiger Attacken insbesondere gegen Revolutionsgarden geführt. Im Oktober 2009 wurden bei einem Selbstmordanschlag mehr als 40 Angehörige der Revolutionsgarden, darunter führende Offiziere getötet. Eine massive Repressions- und Exekutionswelle folgte. Ende 2009 wurde Abdel Hamid Rigi, der Bruder des Dschundallah-Führers, in Pakistan festgenommen und an den Iran ausgeliefert und im Februar der Anführer Abdulmalik Rigi. Beide wurden unterdessen exekutiert. Der Anschlag vom Donnerstag wird auch als Racheakt des Rigi-Stammes gewertet und als Aktion, die dem Iran beweisen soll, dass der Kampf gegen das Regime unvermindert weitergeht.
Vor seiner Exekution hatte Abdulmalik Rigi im iranischen Fernsehen erklärt, dass die USA seiner Gruppe militärische Ausrüstung und einen Stützpunkt in Afghanistan, nahe der Grenze zum Iran, versprochen hätten. Teheran behauptet seit langem, dass die Amerikaner auf Initiative des damaligen Präsidenten Bush Dschunallah, immerhin eine dem Al-Kaida Netzwerk nahe stehende Extremistengruppe, mit dem Ziel unterstützten, das iranische Regime zu destabilisieren. Beweise für solche Behauptungen blieben bisher aus. Dass Abdulmaliks Behauptung der Wahrheit entsprach und nicht durch Folter erzwungen wurde, ist allerdings höchst fraglich.
Wer nun tatsächlich hinter Dschundallah steht und die Organisation finanziert, ist völlig unklar. Terrorexperten weisen darauf hin, dass Selbstmordanschläge, wie jener vom Donnerstag und vorangegangene der Gruppe nicht ohne finanzielle Unterstützung von außen möglich sind. Dschundallah nennt ihr Ziel offiziell die Vertreibung „des imperialistischen iranischen Regimes aus Belutschistan“ .Nachdem Abdulmalik Rigi 2003 seine Organisation gegründet hatte, fand er zunächst unter jungen fundamentalistischen Belutschen Zuspruch, mit verschärfter Diskriminierung und Repressionen durch das Regime sympathisierten zunehmend auch Belutschen des Mittelstandes, die mehr und mehr um ihre Identität fürchteten und sich gegen die Vorherrschaft der Farsi sprechenden Regime-Anhänger wehren wollten, mit dieser Gruppe.
Iran beschuldigte in der Vergangenheit auch Pakistan, Dschundallah zu unterstützen, um Teheran unter Druck zu setzen. Hilfe aus Saudi-Arabien, das Salafi-Gruppen, wie Dschundallah zu fördern pflegt, liegt nahe, zumal Teheran und Riad einen erbitterten Konkurrenzkampf um Vorherrschaft in der Region und in der islamischen Welt insgesamt führen. Auch dürfte Dschundallah durch den intensiven Rauschgiftschmuggel in diesem unwegsamen Grenzgebiet enorme Profite ziehen.
Experten in der Region meinen, westliche Truppen in Afghanisten dürften das Grenzland Belutschistan als Teherans Achillesferse erachten und könnten tatsächlich versucht sein, Gruppen wie Dschundallah als Mittel einzusetzen, um das iranische Regime unter Druck zu setzen. Zweifellos wird die Unruhe in diesem Teil der Welt weiter eskalieren, wenn Regionalstaaten nicht umdenken und ihre Beziehung zu ihren eigenen Bürgern und den Nachbarn friedlich regeln.
Bildquelle: Al-Arabiya
Freitag, 16. Juli 2010
IRAN: Blutiger Terror gegen Schiiten im Iran
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