Der Tod Hashemi Rafsandschanis trifft die Islamische Republik, aber
auch die gesamte Region in einem besonders kritischen Zeitpunkt
von Birgit Cerha
„Die Seele eines großen Mannes der Revolution, eines Symbols der
Geduld und der Stärke ist in den Himmel aufgestiegen.“ Mit diesen Worten
beschreibt Irans Präsident Rouhani den Tod seines wichtigsten Mentors,
Ex-Präsident Hashemi Rafsandschani, der Sonntag im Alter von 82 Jahren
einem Herzinfarkt erlag. Mit einer dreitägigen Staatstrauer
verabschiedet die „Islamische Republik“ einen Geistlichen, der ihrem
Gründer Khomeini nahe gestanden war, ihn wie kaum ein anderer
beeinflusst und mitunter auch gelenkt hatte und der in verschiedensten
Funktionen, zweimal auch als Präsident, die Geschicke des Landes als
mächtigster Politiker bestimmt hatte. Sein Tod hätte für die gemäßigten
Kräfte in der “Islamischen Republik“, ja für Rouhani selbst, aber auch
für die gesamte Region zu kaum einem kritischeren Zeitpunkt kommen
können.
Im Iran spitzt sich der latente Machtkampf zwischen den dem
„Geistlichen Führer“ Khamenei nahestehenden radikalen Revolutionären und
den Gemäßigten unter Rouhani, wie den unter massivem Druck stehenden
Reformen dramatisch zu. Mit der Machtübernahme Trumps und seines
überwiegend extrem iranfeindlichen Teams in den USA halten die
radikalen, von Khamenei angeführten Gegner einer Aussöhnung mit der
Supermacht Aufwind. Macht Trump sein Wahlversprechen wahr und beginnt
mit der Zerschlagung des von seinem Vorgänger Obama so intensiv
betriebenen Atomabkommens mit dem Iran, dann droht eine Radikalisierung
der Außen- und Regionalpolitik Teherans. Es bedürfte dringend
Rafsandschanis Stimme der Mäßigung und der Vernunft. Dasselbe gilt für
den die Stabilität der ganzen Region so sehr gefährdenden Krieg zwischen
Schiiten und Sunniten, der jahrelang durch die Rivalitäten zwischen
Iran und Saudi-Arabien aufgeheizt wird. Rafsandschani hatte sich wie
kein anderer iranischer Politiker vor ihm lange und intensiv um eine
Aussöhnung mit den USA und dem Westen insgesamt bemüht, teilweise
allerdings vergeblich. Auf weniger Widerstand der Gegenseite stieß er in
den 1990er Jahren bei seinen Bemühungen um Annäherung an Saudi-Arabien
und hätte auch jetzt vermittelnd wirken können.
Rafsandschanis politische Karriere lässt sich in zwei völlig
unterschiedliche Phasen einteilen: jene des Pragmatikers und
skrupellosen Machtpolitikers, der sich als Meister des Ränkespiels zum
zweitmächtigsten Mann des „Gottesstaates“ katapultierte und
entscheidenden Einfluss selbst auf Khomeini gewann. Intime Kenntnisse
über Hintergründe der Massenmorde an politischen Gegnern in den ersten
Revolutionsjahren, wie auch spätere Repressionen und eine Mordserie an
Oppositionellen, Repräsentanten der Kurden und liberalen Intellektuellen
im In- und Ausland dürfte er nun mit sich ins Grab genommen haben. In
den Augen vieler sich nach Freiheit sehnenden Iraner aber gewann dieser
islamische Revolutionär der ersten Stunde ab der zweiten Hälfte der
1990er Jahre Sympathie, als er entscheidend zum Wahlsieg des
Reformer-Präsidenten Khatami beitrug und sich offen 2009 hinter die
massive Protestbewegung gegen die Manipulation der Wiederwahl Präsident
Ahmadinejads stellte. Viele Reformer sehen Rafsandschani als den „Paten“
ihrer Bewegung, ihren größten Förderer und Befürworter hinter den
Kulissen des Machtapparats. In dieser Rolle ist er unersetzlich. Rouhani
verdankt ihm seine Wahl zum Präsidenten und das Fehlen dieser starken
Stimme könnte seine Wiederwahl im Mai 2017 ernsthaft gefährden. Noch
einschneidender aber könnte sich Rafsandschanis Tod auf die Zukunft der
„Islamischen Republik“ auswirken, wenn der kränkliche „Geistliche
Führer“ stirbt. In der „Expertenversammlung“, die den Nachfolger zu
wählen hat, saß Rafsandschani als wichtigste und wahrscheinlich
unersetzliche Kraft der Mäßigung. Sein Tod erfüllt deshalb viele
reformhungrige Iraner mit tiefer Sorge.
wie wahr und keiner weiß wie es in der Region weiter geht, die armen Betroffenen!
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