Warum Extremistenorganisationen zunehmend Minderjährige als Kämpfer, Mörder und für Selbstmordattentate einsetzen
von Birgit Cerha
Die Festnahme eines Zwölfjährigen, der einen Bombenanschlag auf den
 Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen geplant haben soll, wirft ein 
Schlaglicht auf die laut Experten „in beispiellosem Ausmaß“ zunehmende 
Mobilisierung von Kindern und Jugendlichen für Terrorakte durch radikale
 Islamistenorganisationen wie den „Islamischen Staat“ (IS), die 
nigerianische Boko Haram und die afghanischen Taleban.
Um eine neue Generation von „heiligen Kriegern“ für die Zukunft 
heranzuzüchten hatte der IS 2014 begonnen, Zehntausende Kinder und 
Jugendliche in seinen Herrschaftsgebieten im Irak und in Syrien zum 
Töten zu trainieren. Wissenschaftler der Georgia State University in 
Atlanta kamen aufgrund einer Auswertung von rund 90 Fotos und Videos, 
die der IS von Januar 2015 bis Januar 2016 in soziale Netzwerke gestellt
 hatte, zu dem Schluß, dass mit IS-Einsätzen von Minderjährigen in 
zunehmendem Maße zu rechnen sei. Zur Heranbildung der jungen Mörder hat 
die Terrormiliz ein eigenes Lern-App entwickelt, das schon den Kleinsten
 das arabische Alphabet mit martialischen Lernhilfen – Bildern von 
Gewehren, Granaten, Schwertern oder Panzern – beizubringen versucht.
Zwischen August 2015 und Februar 2015 dokumentierte der 
anti-islamistische Think-Tank „Quilliam“ 254 Fälle, in denen der IS 
Kinder für Propagandazwecke einsetzte und ihnen systematisch die Rolle 
als Spione, Frontsoldaten mit leichten Waffen, Scharfschützen und 
Selbstmordattentäter überträgt. Die Ausbeutung von Kindern durch 
Terrorgruppen ist nicht neu, doch der IS setzt zunehmend Kinder für 
Gewaltakte ein, die normalerweise Erwachsene durchführen. Dieser 
zutiefst schockierenden Entwicklung liegen strategische Motive zugrunde.
 Kinder lassen sich leichter indoktrinieren, sie leisten seltener 
Widerstand, da sie ihre eigene Mortalität noch nicht voll begreifen. Da 
sie grundsätzlich weniger misstrauisch sind als Erwachsene, führen ihre 
Missionen häufiger zum Erfolg.  Im Irak und in Syrien müssen Kinder aber
 auch die schrumpfende Zahl der erwachsenen Jihadis ausgleichen.
IS-Videos zeigen Trainingsmethoden, die Kinder als ‚“Henker“ 
ausbilden. Um sie psychisch abzuhärten, müssen sie Enthauptungen mit dem
 Schwert zusehen, bevor sie sie schließlich selbst durchführen. Die 
Terroristen lehren die Jugendlichen, dass die Teilnahme an solcher 
Barbarei höchstes Privileg und eine große Ehre sei. Zunehmend trainiert 
der IS auch Kinder für Selbstmordattentate und lässt sie „zur Gewöhnung“
 bei diversen Aktivitäten Sprengstoffgürtel tragen, während ihnen ihre 
Lehrmeister eintrichtern, dass ihnen durch solchen Tod höchste Ehre 
zuteil werde. Laut Quilliam waren zu Beginn dieses Jahres 31.000 Frauen 
im IS-Gebiet schwanger Wieviele Kinder sich insgesamt in der Gewalt des 
IS befinden, ist unklar. Nur ganz wenigen gelingt die Flucht. Die 
psychologischen Folgen dieser massiven Indoktrination lassen sich nur 
erahnen.
 
 
 
 
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