Die lange erwartete Befreiungsaktiion des syrischen Rakka stellt die Anti-Terror-Allianz vor enorme Herausforderungen
Während die irakische Armee mit US-Unterstützung aus der Luft dem westlich von Bagdad gelegenen Falludscha immer näher rückt, begann das mit Washingtons Unterstützung im Vorjahr formierte Rebellenbündnis der „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF) die lange geplante Offensive zur Befreiung einer anderen Hochburg der Terrormiliz des „Islamischen Staates“ (IS), des syrischen Rakka. 30.000 kampferprobte kurdische Männer und Frauen und rund 5000 Angehörige arabischer Stämme konzentrieren ihren Kampagne, unterstützt von US-Jets, zunächst auf die Vertreibung von IS-Jihadis aus dem nördlichen Teil der Provinz Rakka. Bei der Eroberung einiger größerer und kleinerer Dörfer stießen sie bisher auf wenig Widerstand. Die Offensive, an der auch Russland seine Beteiligung angeboten hatte, ist von großer militärischer und auch symbolischer Bedeutung im Kampf gegen den IS.
Der IS hatte Rakka, am nördlichen Ufer des Euphrat, rund 200 km östlich von Aleppo gelegen, im August 2013 im Zuge rapider territorialer Eroberungen vom IS besetzt und am 29. Juni 2014 mit einer großen Parade zur Hauptstadt seines grenzüberschreitenden „Kalifats“ erklärt. Während sich Teile der ursprünglich rund 400.00 überwiegend sunnitischen Bewohner mit der Terrormiliz zu arrangieren suchten, flüchteten nach Diplomatenkreisen rund 185.000 Bürger vor der von den Jihadis errichteten Terrorherrschaft. Wenn Rakka falle, „ist dies der Anfang des Endes vom Kalifat“, beschreibt der US-Militärsprecher Steve Warren die zentrale Bedeutung dieser Kampagne. Dementsprechend rechnen westliche Militärkreise mit intensivem Widerstand des IS, der bereits Verteidigungsanlagen und Sprengfallen errichtet hat.
Der IS ist in der Stadt und im südlichen Teil der Provinz konzentriert, setzt jedoch von dort auch die nördliche, an das Kurdengebiet angrenzende Region wiederholten Attacken aus. Dieses Gebiet abzusichern und damit den Bewegungsspielraum für den IS empfindlich einzuschränken, ist das erste Ziel der Offensive, bevor der weitere Vormarsch auf die Stadt beginnt. Auf Flugblättern fordert die US-Koalition die Bewohner der nördlichen Vororte Rakkas aber bereits zum Verlassen auf. Die Angst vor einer massiven Bombenkampagne versetzt viele Bewohner in Panik. Denn der IS lässt die Menschen nur in die von ihm kontrollierten Gebiete flüchten, um sie als menschliche Schutzschilder zu missbrauchen und so den Vormarsch seiner Feinde zu blockieren.
Die Eroberung Rakkas stellt die Anti-Terror-Allianz vor enorme Herausforderungen. Wird das lokale Bündnis gegen die Terrormiliz halten, wenn die von den kurdischen „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG) dominierte und kommandierte SDF tiefer in arabisches Territorium vordringt? Die YPG hat sich als verlässlichster und schlagkräftigster Partner für USA im Bodenkampf gegen IS erwiesen und in den vergangenen zwei Jahren mit Unterstützung der US-Luftwaffe ein Territorium von 26.000 km2, darunter einen 400 km langen Grenzstreifen zur Türkei, vom IS befreit. Bisher haben die Kurden ihren Kamf auf die nördlichen, überwiegend von ihrer Minderheit bewohnten Regionen beschränkt und sich weitgehend bemüht ethnische Spannungen abzubauen. Doch das Misstrauen unter sunnitischen Arabern gegen sie ist groß und damit die Gefahr, dass die Kurden als Befreier abgelehnt werden. Deshalb hoffen die USA nun für den weiteren Vormarsch in sunnitisch-arabisches Gebiet mehr und mehr arabische Stämme zu gewinnen, um die Kampfkraft gegen den IS durch die lokale Bevölkerung zu stärken. Erschwert wird die Situation noch zusätzlich durch den fanatischen – aktiven - Widerstand der Türken gegen jegliche militärischen Erfolge der Kurden gegen den IS.
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