Teile die Macht in der Region, lautet Obamas Botschaft bei einem Versöhnungsversuch mit dem Haus Saud und dessen Verbündeten am Persischen Golf
Von Birgit Cerha
„Kompliziert“ nennt Washington die Beziehungen zu Saudi-Arabien. Um in der Endphase seiner Präsidentschaft die Wogen des Ärgers über gravierende Differenzen zwischen den beiden Ländern zu glätten, traf US-Präsident Obama Mittwoch in Riad König Salman und nimmt heute, Donnerstag, am Gipfel des „Golfkooperationsrates“ (GCC) teil.
Die 60-jährige Allianz, die auf US-Sicherheitsgarantien im Gegenzug zu saudischen Präferenzen für US-Ölfirmen ruht, überstand so manche Krisen, doch nie zuvor herrschte im Hause Saud derart tiefes Misstrauen gegenüber seiner wichtigsten Schutzmacht. Ein Zeitungsinterview, in dem Obama Saudi-Arabien als „Trittbrettfahrer“ kritisierte, löste in Riad Empörung aus. Der US-Präsident meinte damit, dass die Saudis durch die von den USA geführte Militärkampagne gegen die Terrormiliz des „Islamischen Staates“ (IS) indirekt verstärkten Schutz genössen, sich aber selbst nicht aktiv beteiligten. In Riad sieht man dies ganz anders und verweist auf die rasche Entschlossenheit des Königshauses, sich der Allianz gegen den IS anzuschließen und ihr damit in den Augen der islamischen Welt den Makel eines „christlichen Kreuzzuges“ zu nehmen.
Die 60-jährige Allianz, die auf US-Sicherheitsgarantien im Gegenzug zu saudischen Präferenzen für US-Ölfirmen ruht, überstand so manche Krisen, doch nie zuvor herrschte im Hause Saud derart tiefes Misstrauen gegenüber seiner wichtigsten Schutzmacht. Ein Zeitungsinterview, in dem Obama Saudi-Arabien als „Trittbrettfahrer“ kritisierte, löste in Riad Empörung aus. Der US-Präsident meinte damit, dass die Saudis durch die von den USA geführte Militärkampagne gegen die Terrormiliz des „Islamischen Staates“ (IS) indirekt verstärkten Schutz genössen, sich aber selbst nicht aktiv beteiligten. In Riad sieht man dies ganz anders und verweist auf die rasche Entschlossenheit des Königshauses, sich der Allianz gegen den IS anzuschließen und ihr damit in den Augen der islamischen Welt den Makel eines „christlichen Kreuzzuges“ zu nehmen.
Doch die alte Vorstellung von der „ewigen Allianz“ hat sich gewandelt. Die Liste der Differenzen ist lang und wiegt schwer. Das autokratische Königreich verkörpert in vieler Hinsicht die Antithese der Werte, die die USA hochhalten: Religionsfreiheit, Menschen- und Minderheitenrechte, wirtschaftliche Freiheit, jahrzehntelange finanzielle Unterstützung islamistischer Terroristen, Förderung des radikalen Salafismus weltweit. Der „arabische Frühling“ und Obamas Sympathie für dessen demokratische Strömungen versetzten die Saudis in Panik. Seither ziehen sie im eigenen Land die Schraube der Repression an und stärken in der Region autokratische, sunnitische Herrscher, wie den König von Bahrain und vor allem Ägyptens Diktator Sisi.
Seit Salman Anfang 2015 an die Macht kam, arbeitet er aggressiv an der Verwirklichung eines geostrategischen Traums: Saudi-Arabien soll wie ein Phönix dem blutigen Chaos der Region als stärkste Macht entsteigen und die langersehnte Führungsrolle des sunnitischen Islam übernehmen. Diese Vision, zu deren Realisierung Riad kein Blutvergießen (massive Luftangriffe im Jemen oder zuletzt Versuche, amerikanisch-russische Friedensbemühungen in Syrien zu torpedieren) scheut, steht in krassem Gegensatz zu Obamas Traum einer multipolaren Region, in der die Regionalstaaten koexistieren, kooperieren und in zivilisierter Weise konkurrieren. Obamas Aufruf an die Saudis, die Macht am Golf mit dem Iran zu teilen, löste in Riad blankes Entsetzen aus. Annäherungsversuche des seit dem Atomabkommen mit den Weltmächten aus der Isolation befreiten Irans an Saudi-Arabien, wies Salman brüsk zurück.
Lange hatten sich die Saudis bemüht, die USA von dem Atomabkommen abzuhalten. Erst nach langem Zögern akzeptierte Salman den Deal, fürchtet aber nun verstärktes Hegemonialstreben Teherans. Mit Milliarden von Dollar und unter Missachtung von Menschenleben versuchte Riad den wachsenden iranischen Einfluss in der Region – vom Irak, über Syrien, dem Libanon bis zu Jemen – zu blockieren. Nur in Bahrain gelang dies. Die Tatsache, dass dieser geopolitische Kampf zunehmend konfessionellen Charakter – Sunniten gegen Schiiten – annimmt, verheißt nichts Gutes. So stehen denn Riad und seine GCC-Verbündeten auch in der internationalen Anti-Terrorkampagne längst nicht mehr voll auf der Seite US-Allianz. Sie wollen den Weltmächten weismachen, dass der Hauptübeltäter im internationalen Terrorismus der Iran ist, wiewohl der UN-Sicherheitsrat Al-Kaida und den IS als „beispiellose“ Gefahr für den Weltfrieden einstuft und westliche Staaten diesem Kampf, in dem der Iran wichtige aktive Hilfe leistet, höchste Priorität einräumen.
So kann Obama die Wogen des Zorns in den Beziehungen höchstens oberflächlich glätten und die Welt muss darauf hoffen, dass die jüngsten finanziellen Engpässe die gefährlichen Ambitionen der Saudis in eine Bereitschaft zur Koexistenz wandeln.
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