Wie Saudi-Arabiens junger Verteidigungsminister Macht anhäuft, mit
sprunghaften und auch aggressiven Entscheidungen die Stabilität zu
gefährden droht
von Birgit Cerha
So auch jüngst als er beim Gipfel der „Organisation Erdölexportierender Staaten“ (OPEC) das von vielen Mitgliedsländern geforderte Einfrieren des Förderniveaus verhinderte, weil der Iran sich nicht daran beteiligen wollte, um durch die langjährigen internationalen Sanktionen verlorene Marktanteile zurückzuholen. So purzelt der Preis weiter in den Abgrund, was selbst die Saudis schmerzt, aber doch weit weniger als andere Ölstaaten.
Der rasante Aufstieg von Salmans Lieblingssohn schockierte im Königreich und weit darüber hinaus. Manche internationale Kommentatoren nennen ihn einen „unerfahrenen Hasardeur“, naiv und arrogant, der es liebt, mit dem Feuer zu spielen und sogar„den gefährlichsten Mann der Welt“. Andere hoffen, dass ein frischer Wind in der saudischen Gerontokratie das Königreich mit seiner überwiegend jungen Bevölkerung aus seiner politischen Starre schließlich in die Moderne führen könnte.
Irgendwann zwischen 1980 und 1985 geboren (das exakte Alter bleibt offenbar Staatsgeheimnis) schloss MbS das Jura-Studium an der King Saud Universität mit dem Bachelor ab, arbeitete anschließend einige Jahre im Privatsektor, bis ihn sein Vater als seinen persönlichen Assistenten engagierte. 2009 trat er als Sonderberater seines Vaters, der zum Gouverneur der Provinz Raid ernannt worden war, erstmals in die Politik ein. Um seine Eigenständigkeit zu beweisen, gründete er die „Prince Mohammed bin Salman Foundation“ für hilfsbedürftigen Jugendliche. Im Vorjahr übertrug der Königs MbS nicht nur das Verteidigungsressort, sondern auch die direkte Kontrolle über den gesamten Ölsektor und die Wirtschaft des Landes, eine einzigartige Konzentration der Macht in Saudi-Arabien. Nur der König, berichten Diplomaten, könne MbS widersprechen. Seine Stärke ruht auf der Tatsache, dass ihm der stete Zugang zum Monarchen gesichert ist, MbS gilt in seinem politischen Umfeld als das „wandernde Gedächtnis“ des greisen Herrschers und in Interviews mit internationalen Medien, wie etwa jüngst mit dem „Economist“ rutscht er wiederholt in das „königliche Singular“ als wäre er bereits der autokratische Herrscher, in Formulierungen wie: „Ich habe Boden-Boden-Raketen nun an meinen Grenzen“.
Die traditionelle saudische Besonnenheit ist dem ehrgeizigen jungen Mann ebenso fremd, wie Bescheidenheit, Arroganz wird ihm ebenso nachgesagt, wie mitunter rüpelhaftes und grobes Benehmen. Er sei ein Mann in Eile, meinen Diplomaten und er habe dies gleich nach seiner Ernennung als Verteidigungsminister bewiesen, als er Kampfjets gegen die vermeintlich vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen in den Jemen schickte und einen Krieg gegen das ärmste arabische Land vom Zaum brach, der Tausenden Zivilisten das Leben kostete, eine gravierende Hungersnot auslöste, verheerende Schäden anrichtete und dieTerrorgruppen der „Al-Kaida“ und des „Islamischen Staates“ enorm stärkte. Humanitäre Organisationen sprechen von schweren Kriegsverbrechen.
Der militärisch völlig unerfahrene MbS hält viel von militärischen Interventionen, insbesondere, um Irans Dominanz in der Region zu brechen. So vor allem in Syrien, wo Riad intensiv die islamistische Opposition gegen Assad unterstützt und entschieden auf dessen Sturz beharrt.
Die riskanten politischen Wagnisse des jungen Saudi bewogen den Deutschen Nachrichtendienst BND Ende 2015 zu einer höchst ungewöhnlichen Veröffentlichung eines eineinhalbseitigen Memorandums über die „impulsive Interventionspolitik“ Mohammed bin Salmans, die den Mittleren Osten noch weiter zu destabilisieren droht.
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