Syrische Friedensgespräche in kritischer Phase während die wochenlange Feuerpause zusammenzubrechen droht
von Birgit Cerha
Bashar el Assad spielt auf Zeit und demonstriert Stärke. Während
für Mittwoch in Genf der Beginn der nächsten Runde der syrischen
Friedensverhandlungen angesetzt war, hat es Syriens Diktator nicht
eilig. Seine Delegation wird erst am Donnerstag eintreffen, denn Assad
ließ Mittwoch das unter seiner Herrschaft stehende Volk für ein neues
Parlament wählen und will damit demonstrieren, dass unter seiner Führung
der syrische Staat auch nach fünf grauenvollen Kriegsjahren und mehr
als 250.000 Toten immer noch existiert und funktioniert. Seine internen
und äußeren Gegner sprechen von Farce und einer ungeheuerlichen
Provokation, sollte doch die neue Runde der Friedensgespräche nach den
Wünschen des UN-Syrienbeauftragten de Mistura erstmals konkrete Pläne
für eine politische Übergangsphase und eine neue Verfassung bringen.
Doch die Frage der Zukunft, ja sogar einer Übergangsperiode, ohne ihn -
worauf die Opposition beharrt - bleibt für Assad tabu, seit den dank
russischer Hilfe jüngst erzielten Geländegewinnen im Land wohl mehr denn
je.
„Für unsere Kinder werden wir weitermachen“, lautete der Wahlslogan
der Abgeordneten und vieler der 3.500 Kandidaten für die 250
Parlamentssitze. Von Kompromissbereitschaft zum Frieden also keine Rede.
Seit Beginn der Rebellion im März 2011 setzte Assad auf militärischen
Sieg, mit allen, selbst den brutalsten Mitteln. Je länger der Krieg
währte und sich die Kriegsverbrechen - auf allen Seiten - häuften,
desto mehr wuchs die Entschlossenheit zum Durchhalten, denn eine
Niederlage würde nicht nur ein grauenvolles Ende des Assad-Clans
bedeuten, sondern mit ihm auch ein blutiges Gemetzel unter der
alewitischen Minderheit Assads. Der Siegeszug der radikalen sunnitischen
Jihadis in der Region mit der Vertreibung religiöser Minderheiten, wie
der Christen und der Yeziden, hat die Vernichtungsängste Assads und
seiner Alewiten drastisch gesteigert. Von der UNO geforderte Reformen,
die die Basis für die Friedensverhandlungen bilden, würden – so die
vorherrschende Überzeugung im Regime Assads – das Ende nicht nur seiner
Herrschaft, sondern auch der von der extremen sunnitischen Mehrheit als
Härethiker verteufelten alewitischen Gemeinde bedeuten. Deshalb hat sich
Assad bis heute geweigert, die Vertreter der Opposition in Genf zu
treffen und als Verhandlungspartner anzuerkennen. Für ihn sind sie nach
wie vor „Terroristen“, die es zu bekämpfen gelte.
Ende Februar hatte Assad zwar den durch amerikanisch-russische
Vermittlung durchgesetzten Waffenstillstand zunächst weitgehend
eingehalten, doch bombardiert seine Luftwaffe wieder intensiv Ziele
insbesondere in der Region der einstigen Wirtschaftsmetropole Aleppo.
Zugleich begann auch der syrische Al-Kaida Ableger „Al-Nusra“, ohnedies
gemeinsam mit der Terrormiliz des „Islamischen Staates“ vom
Waffenstillstand ausgenommen, heftige Kämpfe in der Region Aleppo, Hama
und Latakia, an denen sich zunehmend auch andere Rebellengruppen
beteiligen. Die Feuerpause droht damit zusammenzubrechen.
Kein Zweifel, Assad sieht keine Notwendigkeit, für ihn gefährliche
Kompromisse einzugehen, zumal seine wichtigsten Verbündeten – Russland
und Iran – nicht das geringste Interesse an seinem Untergang haben. Das
stellte am Wochenende Irans „Geistlicher Führer“ auch entschieden klar.
Assad setzt auf militärischen Sieg. Sollte die Feuerpause nun vollends
zusammenbrechen, haben die USA einen „Plan B“ bereit: die Lieferung von
Offensivwaffen an Rebellengruppen. Nach russischen Quellen haben die
Saudis bereits Al-Nusra die von diesen radikalen Islamisten so lange
geforderten Luftabwehrraketen geliefert. Das syrische Gemetzel droht in
eine neue, noch blutigere Runde einzugehen.
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