Donnerstag, 14. April 2016

Assads Zukunft bleibt tabu

Syrische Friedensgespräche in kritischer Phase während die wochenlange Feuerpause zusammenzubrechen droht
 
von Birgit Cerha
 
Bashar el Assad spielt auf Zeit und demonstriert Stärke. Während für Mittwoch in Genf der Beginn der nächsten Runde der syrischen Friedensverhandlungen angesetzt war, hat es Syriens Diktator nicht eilig. Seine Delegation wird erst am Donnerstag eintreffen, denn Assad ließ Mittwoch das unter seiner Herrschaft stehende Volk für ein neues Parlament wählen und will damit demonstrieren, dass unter seiner Führung der syrische Staat auch nach fünf grauenvollen Kriegsjahren und mehr als 250.000 Toten immer noch existiert und funktioniert. Seine internen und äußeren Gegner sprechen von Farce und einer ungeheuerlichen Provokation, sollte doch die neue Runde der Friedensgespräche nach den Wünschen des UN-Syrienbeauftragten de Mistura erstmals konkrete Pläne für eine politische Übergangsphase und eine neue Verfassung bringen. Doch die Frage der Zukunft, ja sogar einer Übergangsperiode, ohne ihn - worauf die Opposition beharrt - bleibt für Assad  tabu, seit den dank russischer Hilfe jüngst erzielten Geländegewinnen im Land wohl mehr denn je.
„Für unsere Kinder werden wir weitermachen“, lautete der Wahlslogan der Abgeordneten und vieler der 3.500 Kandidaten für die 250 Parlamentssitze. Von Kompromissbereitschaft zum Frieden also keine Rede. Seit Beginn der Rebellion im März 2011 setzte Assad auf militärischen Sieg, mit allen, selbst den brutalsten Mitteln. Je länger der Krieg währte und sich die Kriegsverbrechen - auf allen Seiten -  häuften, desto mehr wuchs die Entschlossenheit zum Durchhalten, denn eine Niederlage würde nicht nur ein grauenvolles Ende des Assad-Clans bedeuten, sondern mit ihm auch ein blutiges Gemetzel unter der alewitischen Minderheit Assads. Der Siegeszug der radikalen sunnitischen Jihadis in der Region mit der Vertreibung religiöser Minderheiten, wie der Christen und der Yeziden, hat die Vernichtungsängste Assads und seiner Alewiten drastisch gesteigert.  Von der UNO geforderte Reformen, die die Basis für die Friedensverhandlungen bilden, würden – so die vorherrschende Überzeugung im Regime Assads – das Ende nicht nur seiner Herrschaft, sondern auch der von der extremen sunnitischen Mehrheit als Härethiker verteufelten alewitischen Gemeinde bedeuten. Deshalb hat sich Assad bis heute geweigert, die Vertreter der Opposition in Genf zu treffen und als Verhandlungspartner anzuerkennen. Für ihn sind sie nach wie vor „Terroristen“, die es zu bekämpfen gelte.
Ende Februar hatte Assad zwar den durch amerikanisch-russische Vermittlung durchgesetzten Waffenstillstand zunächst weitgehend eingehalten, doch bombardiert seine Luftwaffe wieder intensiv Ziele insbesondere in der Region der einstigen Wirtschaftsmetropole Aleppo. Zugleich begann auch der syrische Al-Kaida Ableger „Al-Nusra“, ohnedies gemeinsam mit der Terrormiliz des „Islamischen Staates“ vom Waffenstillstand ausgenommen, heftige Kämpfe in der Region Aleppo, Hama und Latakia, an denen sich zunehmend auch andere Rebellengruppen beteiligen. Die Feuerpause droht damit zusammenzubrechen.
Kein Zweifel, Assad sieht keine Notwendigkeit, für ihn gefährliche Kompromisse einzugehen, zumal seine wichtigsten Verbündeten – Russland und Iran – nicht das geringste Interesse an seinem Untergang haben. Das stellte am Wochenende Irans „Geistlicher Führer“ auch entschieden klar. Assad setzt auf militärischen Sieg. Sollte die Feuerpause nun vollends zusammenbrechen, haben die USA einen „Plan B“ bereit: die Lieferung von Offensivwaffen an Rebellengruppen. Nach russischen Quellen haben die Saudis bereits Al-Nusra die von diesen radikalen Islamisten so lange geforderten Luftabwehrraketen geliefert. Das syrische Gemetzel droht in eine neue, noch blutigere Runde einzugehen.

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