Donnerstag, 17. Dezember 2015

Saudi-Arabiens schmerzhafter Ölkrieg

Was treibt die Scheichs am Persischen Golf zu einem gnadenlosen Sinkflug des Ölpreises und beginnt ihre Offensive zu wirken?
 
„Niemand kann den Preis von Öl festsetzen. Das bleibt Allah überlassen.“ Diese Worte des saudischen Ölministers al-Naimi sollten wohl eine gewisse Ohnmacht  des nach Venezuela zweitgrößten Ölreiches der Welt angesichts der dramatischen Entwicklungen auf dem internationalen Ölmarkt vortäuschen . Denn der dramatische Sinkflug des Ölpreises hält an, stürzt zahlreiche Produzentenländer in gravierende ökonomische Schwierigkeiten, einige gar an den Rand des Bankrotts, und bringt selbst in der „Organisation erdölexportierender Länder“ (OPEC) die verwundbaren Ärmeren mehr und mehr gegen die Superreichen  am Persischen Golf auf. Dass die neuen in Politik, Diplomatie und Ölstrategie weit energischer bis aggressiv agierenden Führer Saudi-Arabiens, unterstützt von ihren Verbündeten am Persischen Golf, bewusst die Ölwaffe schwingen, können sie auch durch angeblichen Fatalismus und Gottglauben nicht mehr vertuschen. Mit kaum mehr als 30 Dollar pro Barrel hat der Preis für ein Barrel Öl schon fast den Tiefstand der Wirtschaftskrise 08/09 erreicht.
Doch nun haben sie mit ihrer Strategie, verschärft durch die schwache Weltkonjunktur, Rezession großer Schwellenländer, verringertes Wachstumstempo in China und den Aufstieg der USA durch ihre umstrittene Fracking-Fördertechnik zum weltweit drittgrößten Öl- und -Gasproduzenten auch die eigene Schmerzgrenze erreicht. Insgesamt dürften die Einkünfte der OPEC in diesem Jahr nur 400 Mrd. Dollar erreichen. 2012 waren es noch 1,2 Billionen. Auch die Ölscheichs sehen ihre wichtigste Geldquelle versiegen, haben mit Defiziten und schrumpfendem Wirtschaftswachstum zu kämpfen. Wiewohl Saudi-Arabien noch die stärkste Durchhaltekraft besitzt, droht ihm auch ein Haushaltsdefizit von fast 20 Prozent seiner Wirtschaftsleistung und die Währungsreserven schmelzen in alarmierendem Maße  – von 730 Mrd.2014 auf derzeit 650 Mrd. Dollar – dahin, genug freilich, um nicht aufzugeben..
So bleiben die Al-Sauds, unterstützt von den Scheichs am Golf, hart, denn sie denken in Generationen. Es geht darum, den Marktanteil nicht zu verlieren, vor allem aber auch die unverzichtbare Bedeutung von Öl und Gas für die Zukunft zu sichern. Ein niedriger Preis soll Investitionen in die kostspielige Entwicklung von Alternativenergien zum Schutz der Umwelt bremsen. Zugleich verfolgt Riad geopolitische Interessen, insbesondere in seinem bitteren Rivalitätskampf mit dem Iran, aber auch Russland. Beiden setzt der niedrige Ölpreis bereits schmerzlich zu. Der Kreml, so die Hoffnung der Ölscheichs, soll sich der OPEC anschließen und dieses Super-Kartell könnte dann die Hälfte der Weltproduktion kontrollieren.
Die neue Strategie - Menge ist wichtiger als der Preis – entspringt auch der bitteren Erfahrung aus der Vergangenheit, als der traditionelle „Swing-Producer“Saudi-Arabien vor drei Jahrzehnten zur Verteidigung der OPEC-Preisstruktur seine Produktion von 9,5 Mio. Barrel 1980 auf 2,5 Mio. 1985 drosselte, während Konkurrenten auch innerhalb des Kartells die Quotenregelung ignorierten,so viel Öl wie möglich verkauften und einen Teil der saudischen Marktanteile eroberten.
Haupziel der saudischen Ölwaffe aber ist die amerikanische Fracking-Industrie, mit deren Hilfe die USA auf dem besten Weg ist, sich aus der Abhängigkeit von nahöstlichem, vor allem saudischem Öl zu lösen und autark zu werden. Weil die Preise am Boden liegen, geht das Geschäft für immer weniger US-Anbieter auf. Dennoch zeigt die Fracking-Industrie eine starke Widerstandskraft. Erst allmählich beginnen Förderungen von „Light Tight Oil“ zu schrumpfen und auch Investitionen zurückzugehen. Ein Signal, das die Ölscheichs bestärkt, trotz der Gefahr eines weiteren Preissturzes, an ihrer Strategie festzuhalten.
 

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