Einer Aussöhnung zwischen den beiden Erzfeinden stehen auch nach
dem Atom-Deal noch starke Kräfte im Wege – Dennoch gibt es Hoffnung auf
Veränderung
von Birgit Cerha
„Unser Kampf gegen die Weltarroganz (USA) wird niemals enden…. . Er
ist das Wesen der (islamischen) Revolution…., unsere wichtigste
Aufgabe.“ Eine Abweichung von diesem Kurs sei „ein Sakrileg“. Irans
„Geistlicher Führer“ Khamenei wählte „Eid al Fitr“, einen der höchsten
islamischen Feiertage zum Ende des Fastenmonats Ramadan, um
klarzustellen, dass auch der am 14. Juli in Wien abgeschlossene
Atom-Deal mit den Weltmächten an der Erzfeindschaft mit dem „großen
Satan“ USA nichts ändern werde: keine Aussöhnung, keine Annäherung,
keine Verhandlungen über bilaterale und strategische Fragen. Die
iranische Außen- und Regionalpolitik bleibe unverändert. Und ebenso
brüllten Anhänger Khameneis und seiner revolutionären Hausmacht wie
seit Jahrzehnten fast jede Woche nach dem Freitagsgebet, „Tod Amerika“.
Khameneis Botschaft unterscheidet sich krass von der Euphorie, mit
der Präsident Rouhani und sein Außenminister Zarif das Atomabkommen als
„ein Ende und einen Neubeginn“ feierten und damit eine Fortsetzung des
Dialogs, ja gar Kooperation mit den USA signalisierten. Selbst Khamenei
hatte vor wenigen Wochen eine Verständigung mit den Amerikanern in
anderen Fragen nicht ausgeschlossen, solange diese sich bei der
Durchsetzung des Atom-Abkommens korrekt und fair verhielten. Doch dies
schloss er nun aus, obwohl wichtige strategische Interessen – allen
voran der Kampf gegen die sunnitische Terrormiliz des „Islamischen
Staates“ - auch für den schiitischen „Gottesstaat“ eine Kooperation mit
der Supermacht dringend erscheinen lassen.
Khamenei fürchtet um den für seine Machtposition entscheidenden
Rückhalt der Hardliner in den staatlichen Institutionen. Das
Atomabkommen, insbesondere der Dialog mit den USA, versetzte diesen
hartgesottenen islamischen Revolutionären eine schwere Niederlage.
Khameneis Bekenntnis zum unveränderten Konflikt mit den USA, ungeachtet
seiner Unterstützung des Atomabkommens, soll sie beschwichtigen und
davon abhalten, seine Stellung als „Geistlicher Führer“ zu gefährden.
Anti-amerikanische Gefühle sitzen tief in den herrschenden
revolutionären Kreisen, ganz im Gegensatz zur großen Mehrheit der
Bevölkerung, die sich nach einer Aussöhnung mit den Amerikanern sehnt.
Seit vier Jahrzehnten ist der Hass auf die USA ein entscheidender
Bestandteil der Identität und Ideologie der „Islamischen Republik“
Anti-Amerikanismus ermöglicht dem Iran einen Führungsanspruch über alle
Muslime, Schiiten, wie Sunniten, ist ein zentrales Element seiner
Politik in der Region und der Versuche , die islamische Revolution in
andere Länder zu exportieren.
Die Wurzeln dieses ursprünglich auch unter iranischen
Nationalisten, Linken und liberalen Demokraten verbreiteten Hasses auf
die USA gehen zurück auf die 1950er Jahre, als der US-Geheimdienst CIA
den demokratisch gewählten Präsidenten Mossadegh stürzte, um die
Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie rückgängig zu machen, Reza
Pahlevi aus dem Exil zurück auf den Thron holte und 26 Jahre lang sein
despotische Regime stützte. 1963 hatte Revolutionsführer Khomeini den
Schah als „Lakaien der Amerikaner“ gebrandmarkt und nach seiner
Machtübernahme 1979 den Anti-Amerikanismus institutionalisiert und den
Begriff „Großer Satan“ geprägt. Den allwöchentlich und bei
Großkundgebungen radikaler Kräfte skandierten Ruf „Tod Amerika“
allerdings wollte Khomeini in den späten 1980er Jahre abschaffen. Es
gelang ihm jedoch nicht.
Eine fast vier Jahrzehnte am Leben erhaltene Ideologie „kann nicht
über Nacht verschwinden“, meint Sadeq Zibakalam in einem Interview mit
der „Voice of America“. Und ungeachtet Khameneis feindseligen Worten,
ist der Politologieprofessor davon überzeugt, dass das Atomabkommen
einen Wendepunkt im Iran darstellt. Es sei „der Anfang vom Ende des
Anti-Amerikanismus“. Und ein anderer Iran-Experte, der in den USA
lebende Politikwissenschaftler Vali Nasr, ist davon überzeugt, dass es
bei der Durchsetzung des Atomabkommens nun vor allem um die Gestaltung
der Zukunft des Irans gehen werde.
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