von Birgit Cerha
Das Todesurteil gegen den ersten freigewählten Präsidenten verheißt
Ägypten nichts Gutes. Mursis politisches Ende hätte auch auf
rechtstaatlichem Wege durch ein Amtsenthebungsverfahren besiegelt werden
können, hatte sich der Moslembruder doch krassen Machtmissbrauchs
schuldig gemacht. Doch Ägyptens neuer Pharao Sisi strebt nach Rache und
totaler Vernichtung der Moslembruderschaft, die dem alten System
gefährlich wurde wie keine andere Kraft am Nil. Massive Repression aber
wird diese Bewegung nicht zerstören, ganz im Gegenteil. Sie wird sie in
neuer, weit radikalerer Form zum Leben erwecken – und dies insbesondere
dann, wenn Mursi tatsächlich exekutiert wird. Durch Todesurteile und
Repression verliert Gewaltlosigkeit im politischen Ringen, zu der sich
die Moslembrüder seit Jahrzehnten bekannten, jegliche Attraktivität.
Was, fragen sich Demokratieaktivisten in der Region, außer neuer
Repression habe ihnen das friedliche Engagement gebracht? Etwa 20
Prozent der Ägypter sympathisieren mit der Moslembruderschaft. Dauerhaft
die gesamte religiöse Rechte als Terroristen zu brandmarken und sie
auszuschließen, wird gerade jenen Terrorismus produzieren, den Sisi so
energisch verhindern will. Mit dieser Haltung hat er ein Klima des
Hasses und der beiderseitigen Existenzängste geschaffen, das den einzig
zu echter Stabilität führenden Versöhnungsprozess für lange unmöglich
macht.
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