Dramatischer Konflikt um das Amt des Regierungschefs lähmt das Land im verzweifelten Kampf gegen den Vormarsch der IS-Terroristen
Von Birgit Cerha
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[Bild: Haider Al-Abadi]
„Kinder sterben, während die Politiker um Posten feilschen“, ruft ein empörter Iraker gegenüber einem Vertreter der britischen BBC. Während die sunnitischen Terroristen des selbsternannten „Islamischen Staates“ (IS) nordöstlich von Bagdad weitere Geländegewinne erzielen, die Kurden sich zur großen Gegenoffensive rüsten und im Nord-Irak die Angst vor einem Genozid steigt, konzentriert sich in Bagdad der amtierende Premier Maliki auf die Erhaltung seiner Macht für eine dritte Amtsperiode. Nachdem er Sonntag abend dem (kurdischen) Präsidenten Fuad Masum über das Staatsfernsehen Bruch der Verfassung vorgeworfen hatte, weil er ihn als Führer der stärksten Parlamentspartei nicht mit der Regierungsbildung beauftragt hätte, ließ Maliki Montag mit einem Großaufgebot der von ihm kontrollierten Sicherheitskräfte und Milizen in Bagdad seine militärischen Muskeln spielen.
Ist der sich zum Diktator gemauserte Premier angesichts steigenden Drucks von innen und außen gegen ihn entschlossen, seine Macht mit allen Mitteln zu retten und dies zu einem Zeitpunkt, da seine schärfsten Gegenspieler – die Kurden und die arabischen Sunniten – durch einen erbitterten Krieg vom politischen Entscheidungsprozess in Bagdad weitgehend ausgeschlossen sind?
„Kinder sterben, während die Politiker um Posten feilschen“, ruft ein empörter Iraker gegenüber einem Vertreter der britischen BBC. Während die sunnitischen Terroristen des selbsternannten „Islamischen Staates“ (IS) nordöstlich von Bagdad weitere Geländegewinne erzielen, die Kurden sich zur großen Gegenoffensive rüsten und im Nord-Irak die Angst vor einem Genozid steigt, konzentriert sich in Bagdad der amtierende Premier Maliki auf die Erhaltung seiner Macht für eine dritte Amtsperiode. Nachdem er Sonntag abend dem (kurdischen) Präsidenten Fuad Masum über das Staatsfernsehen Bruch der Verfassung vorgeworfen hatte, weil er ihn als Führer der stärksten Parlamentspartei nicht mit der Regierungsbildung beauftragt hätte, ließ Maliki Montag mit einem Großaufgebot der von ihm kontrollierten Sicherheitskräfte und Milizen in Bagdad seine militärischen Muskeln spielen.
Ist der sich zum Diktator gemauserte Premier angesichts steigenden Drucks von innen und außen gegen ihn entschlossen, seine Macht mit allen Mitteln zu retten und dies zu einem Zeitpunkt, da seine schärfsten Gegenspieler – die Kurden und die arabischen Sunniten – durch einen erbitterten Krieg vom politischen Entscheidungsprozess in Bagdad weitgehend ausgeschlossen sind?
In Bagdad herrschte Montag große Verwirrung. Ein Gerichtssprecher wies Malikis Behauptung, das Verfassungsgericht hätte Masoum der Verletzung der Verfassung bezichtigt, entschieden zurück. Wenig später nominierte Malikis eigener politischer Block Haider al-Abadi, den stellvertretenden Parlamentssprecher, für das Amt des Premiers. Masum beauftrage diesen prominenten Schiiten sogleich mit der Regierungsbildung und zog Maliki damit den Teppich unter den Füßen weg.
Es ist ein bitterer Schlag für diesen machthungrigen Politiker, der stets behauptete, dass Iraks schiitische Bevölkerungsmehrheit voll hinter ihm stünde. Tatsächlich aber hatte sich Maliki durch brutale Ausgrenzung nicht nur den Hass der arabischen Sunniten zugezogen und damit den dramatischen Vormarsch der Jihadis mit verursacht. Auch mit den Kurden trug er schwere Konflikte aus und einflussreiche schiitische Gruppierungen entzogen ihm wegen seines Despotismus, Nepotismus und der gravierenden Korruption längst ihre Unterstützung. Zuletzt hat sich auch die höchste geistliche Autorität der Schiiten, Großayatollah Ali Sistani, in ungewöhnlicher Offenheit für ein Ausscheiden Malikis aus der Politik eingesetzt, da immer deutlicher wurde, dass sich unter ihm die gefährliche Polarisierung des Landes nicht überwinden läßt. Schließlich dürften nicht nur die Amerikaner sondern auch Malikis mächtiger Verbündeter, der Iran angesichts des Vormarsches der sunnitischen IS-Fanatiker, den umstrittenen Premier fallengelassen haben.
Haider Al-Abadi ist ein langjähriger Mitstreiter und Verbündeter Malikis, bekämpfte wie dieser als Mitglied der „Dawaa-Partei“ vom Exil aus die Diktatur Saddam Husseins. Der in England ausgebildete Elektroingenieur war bereits nach dem Sturz Saddam Husseins 2003 als Kommunikationsminister Mitglied des von den USA eingesetzten Regierungsrates und 2006, wie 2010 als Alternative zu Maliki als Kandidat für den Regierungschef im Gespräch. Er hatte sich aber nicht durch Opposition gegen seinen Parteifreund hervorgetan. Dennoch könnte allein der Wechsel der Personen an der Regierungsspitze Bagdad aus der monatelangen Lähmung reißen. Doch nur, wenn es Abadi gelingt, den arabischen Sunniten und den Kurden überzeugend die Hand zur Versöhnung zu reichen, gewinnt er die Chance, den blutigen Zerfall des Zweistromlandes zu stoppen.
Zunächst bleibt offen, ob Maliki sich dem verfassungsmäßigen Prozess beugt oder ob er seine Macht über ein dichtes Netzwek von Sicherheitskräften, Polizei und Geheimdiensten, das er in den vergangenen Jahren geflochten hatte, zur illegalen Erhaltung seiner Führungsposition als neuer Diktator einsetzt und damit den Irak in die totale Katastrophe reißt.
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