von Birgit Cerha
In seiner Wahlkampagne für die Präsidentschaft präsentierte sich Abdel Fatah al Sisi als „ägyptischer Muslim“ und als ein starker Führer, ein Mann mit eiserner Faust. Visionen für das neue Ägypten lässt er ebenso wenig erkennen, wie konkrete Pläne um das Land aus seiner schwersten politischen und ökonomischen Krise zu führen. Fast scheint es, als sollte es dem Volk reichen, ihn wegen seiner Person zu wählen.
Dennoch steht fest, dass Sicherheit und Stabilität für den
pensionierten Feldmarschall absolute Priorität besitzen. Alle anderen
Fragen seien diesen unterzuordnen, vor allem auch jene von Demokratie,
Freiheit, Würde und Menschenrechte - Ziele, für die überwiegend junge
Aktivisten 2011 die Revolution gegen Diktator Mubarak gewagt hatten.
Sisi verheißt nicht nur die totale Vernichtung der Moslembruderschaft,
die er mit deren ideologischer Ausgrenzung und extremen religiösen
Doktrin begründet, sowie die kompromisslose Durchsetzung von „Recht und
Ordnung“, sondern kündigt auch die Fortsetzung der nach dem Sturz des
Moslembruder-Präsidenten Mursi im Juli 2013 begonnene Knebelung der
Meinungsfreiheit an. Ein im November beschlossenes Gesetz, das die
brutale Auflösung von Protesten praktisch legalisiert, lange Haft- und
hohe Geldstrafen vorsieht müsse strikt befolgt werden. „Es ist
inakzeptabel, dass Gegner dieses Gesetzes dagegen protestieren“, stellt
Sisi mehrfach klar. „Zu viele Proteste untergraben die Stabilität des
Landes.“ Zugleich ermahnt er die Journalisten Kritik an Politikern und
insbesondere ihre Anti-Korruptionskampagnen zu stoppen. Entschlossen
verteidigt Sisi die nach dem Putsch gegen Mursi begonnene
Repressionswelle, die laut ägyptischer Menschenrechtsorganisation 21.000
Menschen seit Juli 2013 ins Gefängnis brachte. Die Zahl der politischen
Häftlinge in der gesamten Mubarak-Ära wird auf 30.000 geschätzt.
Er wolle die Freiheiten, wie sie in der Verfassung festgeschrieben
sind, nicht antasten, versucht Sisi Kritiker zu beschwichtigen. Es gehe
ihm lediglich darum, den Missbrauch dieser Freiheiten zu unterbinden.
Zugleich verspricht er politische Vielfalt, den Aufbau starker
politischer Parteien. Er lässt aber auch erkennen, dass er den drohenden
Zusammenbruch der Wirtschaft, die verzweifelten sozialen Probleme
seiner Bürger als eines der größten Probleme aussieht. Innerhalb von
zwei Jahren will er die Lebensbedingungen der armen Massen verbessern
und sollte ihm das nicht gelingen würde er vom Thron steigen, wenn das
Volk dies wünscht und nicht erst auf einen Militärputsch warten.
Konkrete Pläne zur wirtschaftlichen Erholung, zu der so dringend nötigen
Reform der staatlichen Institutionen unter anderen brennenden Fragen,
nennt Sisi nicht.
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