Selbst der weithin verhasste, 2011 gestürzte ägyptische
Diktator Mubarak hat in den brutalsten Zeiten des Kampfes gegen islamistischen
Terror am Nil nicht derartige Justiz-Farce gewagt, wie seine Nachfolger, die
dem Land eine Zukunft in Demokratie und Freiheit verheißen. Die Massenprozesse
und Massen-Todesurteile, die jedem Prinzip eines Rechtsstaates Hohn sprechen
beweisen klar, welch geringen Stellenwert die neuen Herrscher Ägyptens Gerechtigkeit
und Versöhnung einräumen. Die Zerschlagung ihrer größten Feinde, der
Massenbewegung der Moslembrüder, soll für sie das Tor zu einem neuen System
öffnen. Mächtige vor ihnen waren in den acht Jahrzehnten der Bruderschaft schon
an diesem Ziel gescheitert. All zu tief ist diese Bewegung im Volk verankert,
all zu schmerzhaft sind für Ägyptens bitterarme Massen die erbarmungslosen
Schläge des Staates gegen die zahlreichen sozialen und medizinischen
Einrichtungen der Bruderschaft, die ihnen nun nicht mehr zur Verfügung stehen
und unersetzbar sind. Ob Ägyptens derzeitige Führung mit den willkürlich im
Schnellverfahren verkündeten Todesurteilen tatsächlich über das Ziel geschossen
und sich einen Bumerang eingehandelt hat, lässt sich noch nicht abschätzen. Die
kommenden Wochen werden zeigen, ob die Toleranzgrenze der durch dreijährige
Unruhen zermürbten schweigenden Bevölkerungsteils nun durchstoßen ist und die
Massen solch despotische Willkür nicht länger hinnehmen. Zwei Wege bleiben dem
um seine Freiheit so bitter betrogenen Volk offen: eine neue, noch brutalere Diktatur der
Generäle oder die dritte Runde der Revolution.
Dienstag, 25. März 2014
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