Dienstag, 25. März 2014

Rachejustiz am Nil

Selbst der weithin verhasste, 2011 gestürzte ägyptische Diktator Mubarak hat in den brutalsten Zeiten des Kampfes gegen islamistischen Terror am Nil nicht derartige Justiz-Farce gewagt, wie seine Nachfolger, die dem Land eine Zukunft in Demokratie und Freiheit verheißen. Die Massenprozesse und Massen-Todesurteile, die jedem Prinzip eines Rechtsstaates Hohn sprechen beweisen klar, welch geringen Stellenwert die neuen Herrscher Ägyptens Gerechtigkeit und Versöhnung einräumen. Die Zerschlagung ihrer größten Feinde, der Massenbewegung der Moslembrüder, soll für sie das Tor zu einem neuen System öffnen. Mächtige vor ihnen waren in den acht Jahrzehnten der Bruderschaft schon an diesem Ziel gescheitert. All zu tief ist diese Bewegung im Volk verankert, all zu schmerzhaft sind für Ägyptens bitterarme Massen die erbarmungslosen Schläge des Staates gegen die zahlreichen sozialen und medizinischen Einrichtungen der Bruderschaft, die ihnen nun nicht mehr zur Verfügung stehen und unersetzbar sind. Ob Ägyptens derzeitige Führung mit den willkürlich im Schnellverfahren verkündeten Todesurteilen tatsächlich über das Ziel geschossen und sich einen Bumerang eingehandelt hat, lässt sich noch nicht abschätzen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Toleranzgrenze der durch dreijährige Unruhen zermürbten schweigenden Bevölkerungsteils nun durchstoßen ist und die Massen solch despotische Willkür nicht länger hinnehmen. Zwei Wege bleiben dem um seine Freiheit so bitter betrogenen Volk offen:  eine neue, noch brutalere Diktatur der Generäle oder die dritte Runde der Revolution.

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