Rebellen in Ghouta bekennen sich zu der humanitären
Katastrophe – Wahrheit oder eine Propaganda-Aktion des Assad-Regimes?
von Birgit Cerha
Die Bemühungen um Rückendeckung des US-Kongresses und des
Parlaments in Frankreich für einen Militärschlag gegen das Assad-Regime in Syrien
laufen auf Hochtouren. Doch wer am 21. August das Giftgas in Ghouta bei
Damaskus gegen Zivilisten, darunter viele Kinder, tatsächlich eingesetzt hat,
bleibt ebenso unerwiesen, wie die Zahl der Todesopfer : Die Amerikaner sprechen
von 1.429, darunter 426 Kinder, der britische Geheimdienst von mindestens 350
und die Franzosen von 281.
So verwerflich diese menschenverachtende Attacke auch ist,
eine von US-Präsident Obama betriebene „Strafaktion‘“ gegen Assad wird nicht
nur die humanitäre Tragödie für Syriens Zivilbevölkerung weiter dramatisch
verschärfen, sie könnte auch den Falschen treffen. Auch vor zehn Jahren hatten die USA den Krieg
gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein – wiewohl einem der
blutrünstigsten des vergangenen Jahrhunderts – unter dem Vorwand geführt, er
produziere Massenvernichtungswaffen. Beweise dafür wurden auch nach Saddams
Sturz nicht gefunden.
Eindeutige Beweise für die wahren Täter werden wohl auch im
Fall Syriens kaum gefunden werden. Dennoch dominiert in der politischen
Diskussion im Westen die Version, dass Assad
„ohne Zweifel“ für dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit
verantwortlich sei. Andere Informationen werden weitgehend verschwiegen. Einem
Bericht der Korrespondentin der US-Nachrichtenagentur AP, Dale Gavlak gebührt
jedoch Beachtung. Er stützt sich auf Interviews mit mehr als einem Dutzend
Ärzten und Bewohnern von Ghouta, Rebellen und deren Familien wenige Tage nach
dem Giftgasangriff. Nach Aussagen der befragten Rebellen seien diese von einem Saudi,
der unter dem Decknamen Abu Ayesha ein Bataillon von Rebellen gegen Assad
anführt, beauftragt worden, verschiedene Waffen, die die „Form von Rohren“ und „riesigen
Gasflaschen“ gehabt hätten, in Tunnels zu verwahren. Sie seien nicht informiert
worden, worum es sich bei diesen Waffen gehandelt hätte, noch wie man sie einsetzen
würde, berichteten Rebellen Gavlaks syrischem Mitarbeiter Yahya Abaneh. „Wir
hatten keine Ahnung, dass es sich hier um chemische Waffen handelte“, berichtete
eine Kämpferin, die als Namen nur den Buchstaben „K“ angab. Die Interviewten
waren überzeugt, dass der Chef des saudischen Geheimdienstes, Prinz Bandar bin
Sultan, diese, wie viele andere Waffenlieferungen zuvor, organisiert hatte und
dass sie für die größte und effizienteste Jihadi-Gruppe, die mit Al-Kaida
verbündete „Al-Nusra-.Front“ bestimmt gewesen sei. Einige gaben auch an, das
Logo einer „saudischen Fabrik“ auf den Flaschen und Röhren entdeckt zu haben.
Ein Rebellenführer in Ghouta, der wie alle anderen Interviewten nur ein Initial
– „J“ – angab, betonte: „Al Nusra“ kooperiert, außer bei Kämpfen nicht mit anderen
Gruppen. Sie behält Geheiminformationen für sich . Rebellen, die ihr nicht
angehören setzt sie höchstens als Träger oder für den Einsatz von Waffen“ nach
ihrer Anordnung ein.
Unter den Interviewten war auch Abdel Moneim, dessen Sohn,
wie zahlreiche andere Rebellen bei den Explosionen am 21. August ums Leben
gekommen war. Er bestätigte dass die Rebellen keine Ahnung von der
Gefährlichkeit dieser Waffen gehabt hätten. Sie seien unsachgemäß mit ihnen
umgegangen und hätten so die katastrophalen Explosionen ausgelöst. Die
interviewten Rebellen gaben alle an, dass sie regelmäßigen Lohn aus
Saudi-Arabien erhielten.
Es ist keineswegs das erste Mal, dass Rebellen für den
Einsatz von chemischen Waffen beschuldigt werden. Der russische Geheimdienst hat
nach Aussagen von Präsident Putin Beweise, dass
radikale Gegner Assads bereits im Februar 2013 chemische Waffen
eingesetzt hätten.
Dale Gavlak ist eine seriöse Journalistin, die seit zwei
Jahrzehnten aus dem Mittleren Osten für AP, das amerikanische „National Public
Radio“ und BBC berichtet. AP allerdings weigerte sich diesmal, die Interviews
zu veröffentlichen. Der Artikel erschien erstmals im unabhängigen, im
amerikanischen Minnesota stationierten Internetportal „Mint Press“ http://www.mintpressnews.com/witnesses-of-gas-attack-say-saudis-supplied-rebels-with-chemical-weapons/168135/.
Das syrische Regime weist energische jede Behauptung zurück,
Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen und beschuldigte wiederholt
radikale islamistische Rebellen im Dienste Saudi-Arabiens.
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