Donnerstag, 5. September 2013

Die gefährlichen Machenschaften der Ölprinzen

Warum und wie Saudi-Arabien, gemeinsam mit Israel, die USA zum Krieg gegen das syrische Regime drängt
 
von Birgit Cerha
 
[Bild: Bandar bin Sultan]
Prinz Saud al Faisal, jahrzehntelang Außenminister des ölreichsten Staates der Welt, konnte seine  Enttäuschung über  den Aufschub einer US-Militäraktion gegen Syrien kaum noch hinter diplomatischem Gehabe verbergen. Worte reichten nicht mehr aus, bemerkte  der Prinz bitter vor der auch über Syrien, wie so viele andere Probleme tief zerstrittenen Arabischen Liga in Kairo. Während die offiziellen Medien des Königsreiches in scharfen Worten gegen die mangelnde Entschlusskraft, wie sie es sehen, der befreundeten Supermacht zu Felde ziehen, setzen die politischen Führer alles daran, dass der US-Präsident seine „letzte Chance“ wahrnimmt, um – durch eine Militärintervention gegen das Assad-Regime - die Glaubwürdigkeit der USA in der Region zu retten. Und dabei, so Kommentatoren, die die politische Position des Königshauses wiedergeben, dürften sich die Amerikaner keineswegs mit einem kurzen Militärschlag begnügen, denn dieser könnte Assad intern mehr nützen als schaden.
Die Diplomatie des seit dem Sturz des Ägypters Mubarak 2012 engsten arabischen Verbündeten der USA lässt sich an Hektik und Intensität kaum noch überbieten. Und dabei finden sich die Saudis an der Seite eines anderen US-Bündnispartners, ihrem langjährigen Erzfeind Israel. Beiden geht es keineswegs primär um den Sturz des syrischen Diktators und ein Ende der beispiellosen humanitären Tragödien. Mit Assads Sturz wäre iranisches Hegemoniestreben in der Region blockiert und Teheran zum Bau einer Atombombe entmutigt – ein Ziel, das sowohl die Israelis als auch die Saudis anstreben und das durch Obamas mangelnde Bereitschaft zu einem Militärschlag gegen den Iran in immer größere Ferne gerückt war. Die Wahl des gemäßigten Rouhani zum neuen Präsidenten in Teheran könnte gar das Tor zu einer umfangreichen Übereinkunft zwischen den USA und dem Iran öffnen und damit würden die Chancen sinken, den „Gottesstaat“ entscheidend aus der Region zurück zu drängen, ein Ziel, das nur mit massiver US-Hilfe zu erreichen wäre.
Saudischer Hauptakteur in diesem wilden Washingtoner Lobbying ist Prinz Bandar bin Sultan, in 22-jähriger Tätigkeit als Botschafter seines Landes in den USA nicht nur zu einem intimen Kenner der politischen Szene in den USA  und engen Freund der Mächtigen aufgestiegen, sondern auch zu einem Veteranen diplomatischer Intrigen. 2012 zum Chef des mächtigen saudischen Geheimdienstes ernannt und ausschließlich mit der „Syrien-Akte“ betraut, hat sich der umtriebige Prinz zum wichtigsten  und dank seiner langjährigen Tätigkeit in Washington auch höchst einflussreichen  „Kriegstreiber“ entwickelt, der auch vor höchst zweifelhaften Methoden nicht zurückschreckt.
Als vor zweieinhalb Jahren in Tunesien und dann Ägypten der „Arabische Frühling“ langjährige Diktatoren stürzte wurde auch das autokratische Haus Saud tief ins Mark getroffen. Doch als der Bazillus der Demokratie und Freiheit auch Syrien erreichte, witterte n die Saudis eine einzigartige Chance, durch den Sturz Assads das regionale Gleichgewicht zu „korrigieren“, ihrem historischen Rivalen um politische, aber auch religiöse Vormachtstellung in diesem Teil der Welt, Grenzen zu setzen. Seit Jahren fühlen sich die sunnitischen Saudis von den schiitischen Iranern zunehmend eingekreist. Tatsächlich konnte Teheran seinen Einflussbereich vom Jemen, über die schiitischen Bevölkerungsgruppen auf der arabischen Seite des Persischen Golfes, den Irak, über den syrischen Verbündeten und die libanesische Hisbollah bis zur israelischen Grenze hin ausweiten. Syrien unter einem von Saudi-Arabien abhängigen sunnitischen Regime würde, so Riads Vorstellung, diesen bedrohlichen „schiitischen Halbmond“ sprengen. Somit setzte sich das Königshaus, in Panik, es könnte schließlich gar die ölreiche, von der unterdrückten schiitischen Minderheit bewohnte Ostprovinz verlieren,  den Sturz Assads zur höchsten regionalpolitischen Priorität. Prinz Bandar wurde mit der militärischen und finanziellen Unterstützung islamistischer Rebellen betraut und zeigte sich dabei keineswegs zimperlich. Auch mit Al-Kaida eng verbündete Kämpfer nennen ihn heute ihren ihren „Habib“ (Liebling).Hartnäckig halten sich unterdessen auch Vermutungen, dass nicht das syrische Regime, sondern islamistische, von Riad bezahlte Rebellen am 21. August in dem Damaszener Vorort Ghouta von Bandar erhaltenes Giftgas eingesetzt hätten. Die Behauptung stützt sich auf Interviews einer erfahrenen Nahost-Korrespondentin der US-Nachrichtenagentur AP, ebenso wie Mitarbeiterin des BBC mit Rebellen und deren Angehörigen in Ghouta. Eine „Aktion unter falscher Flagge“, um Assad die Schuld zuzuschieben und Washington zur lange erhofften Militäraktion zu zwingen? Ob die Wahrheit je ans Tageslicht kommt?
Nicht nur in seiner Förderung von radikalen Jihadis zeigt sich Prinz Bandar hemmungslos. Wie weit der Prinz im Auftrag des Königshauses sich auch auf dem diplomatischen Bankett vorwagt, zeigte jüngst ein in Rußland durchgesickertes Protokoll eines Gesprächs zwischen ihm und Präsident Putin, in dem Bandar dem Russen ein mafiöses Angebot zur Kontrolle des Öl- und Gasmarktes als Gegenleistung für die Aufgabe seiner Unterstützung Assads machte. Bandar scheute nicht vor einer offenen Drohung von Terrorakten der von Saudi-Arabien kontrollierten tschetschenischen Rebellen gegen die Olympischen Spiele in Sotschi 2014 zurück, provozierte jedoch lediglich Putins Zorn.
 Die höchst effiziente Schützenhilfe, die  die Hisbollah-Kämpfer im Juni der bedrängten Armee Assads leisteten, versetzten Riad, ebenso wie Israel in Panik. Das Königshaus fürchtete, die Schlacht um Kontrolle Syriens sei verloren. Nach libanesischen Medienberichten gab Prinz Bandar Beiruter Politikern, die ihn in Riad besuchten, daraufhin klar zu verstehen, dass er keine Mühe scheuen werde, um Hisbollah für ihre Verwicklung im Syrienkrieg zu „bestrafen“. Libanesen haben eine lange Tradition, sich für andere für deren Zwecke militärisch einsetzen zu lassen. Und Bandars Geldbeutel ist groß. Unabhängige Quellen in Beirut sind überzeugt, dass die Saudis, vielleicht auch Israel bei den jüngsten Bombenexplosionen gegen Hisbollah-Ziele ihre Hand im Spiel haben.  Eine drohende Destabilisierung des Libanons dürfte Riad als kein zu hoher Preis für eine empfindliche Schwächung der Hisbollah erscheinen.
Saudische und israelische Entschlossenheit, Assad so rasch wie möglich zu Fall zu bringen  wuchs mit der Überzeugung, dass die Zeit amerikanischer Hegemonie in der Region zur Neige gehe und damit auch ihre eigene Vorrangstellung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen