Vor Ablauf des Ultimatums der Armee wächst der Druck auf Präsident Mursi von allen Seiten
von Birgit Cerha
Dennoch hat das Ultimatum Mursis Gegner derart ermutigt, dass sie nun noch weniger geneigt erscheinen, von ihrer Forderung nach Abtritt des Präsidenten abzurücken.
Unterdessen bröckelt aber die Mursis Macht bedrohlich ab, während der Druck von allen Seiten massiv wächst. Während weiterhin Hunderttausende Menschen in Kairo und anderen Städten des Landes gegen Mursi demonstrieren, haben Dienstag Aktivisten die Tore zum Präsidentenpalast mit Ketten abgeriegelt und einen Sitzstreik im Park des Palastes begonnen. Außenminister Mohammed Kamel Amr schloss sich Dienstag fünf anderen Ministern an, die Montag aus „Solidarität mit den Forderungen des Volkes zum Sturz des Regimes“ zurückgetreten waren. Zwei Sprecher Mursis verließen ebenfalls das sinkende Schiff und nach informierten Kreisen hat auch Premierminister Hesham Qandil seinen Rücktritt eingereicht. Während die Regierung zerfällt, legten auch zehn Mitglieder des Oberhauses ihre Mandate zurück und die Spannungen mit den Streitkräften spitzen sich dramatisch zu. Dienstag legte auch General Sami Anan, ehemaliger Stabschef der Armee, seine Funktion als Sonderberater des Präsidenten zurück. Er war im August 2012 mit diesem Amt betraut worden, nachdem Mursi die Streitkräfte nach eineinhalbjähriger Übergangsperiode aus der politischen Führung gedrängt hatte. Auch die Justiz versetzte dem schwerbedrängten Präsidenten Dienstag einen schmerzlichen Schlag, als ein Berufungsgericht in einem „endgültigen Urteil“ den Ende November auf Betreiben des Präsidenten abgesetzten Generalstaatsanwalt Abdel Meguid Mahmud wieder in sein Amt einsetzte.
Auch aus dem Ausland mehren sich die Appelle an den Präsidenten, seinen Gegnern entgegen zu kommen. Doch Mursi beharrt kompromißlos auf seiner Position. Er lehnt empört das Ultimatum des Militärs ab, kritisiert die Armeeführung, dass sie ihn nicht zuvor konsultiert hatte und deutet damit an, dass es sich um eine Rebellion von Offizieren gegen die Autorität des gewählten Präsidenten handle. Er bekräftigt seine Entschlossenheit, an seinen eigenen Plänen zur nationalen Versöhnung festzuhalten und wiederholt die Aufforderung an die Opposition zum Dialog. Doch Mursis Gegner wollen davon nichts wissen. Schon in den vergangenen Monaten hatten sie, in tiefem Mißtrauen gegen den Präsidenten wiederholt dessen Gesprächsangebote zurückgewiesen und einen Boykott der Parlamentswahlen angekündigt. Nun fühlen sie sich durch die Position des Militärs gestärkt und siegessicher.
Das „andere Ägypten“ hingegen mauert. Mohammed al-Biltadschi, führendes Mitglied der Moslembruderschaft, drängte Dienstag die Anhänger Mursis, „ihre Familien in allen ägyptischen Provinzen in Straßen und auf Plätze zu strömen“, um ihre Unterstützung für den Präsidenten zu bekunden. „Ein wie auch immer gearteter Putsch wir nur über unsere toten Körper“ möglich sein.
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