Der Enthusiasmus ist geschwunden, viele hoffen nun auf
größere Unterstützung in der zweiten Amtsperiode
von Birgit Cerha
Menschen im Iran und in der arabischen Welt reagierten in
den sozialen Netzwerken Mittwoch mit einer Mischung aus Erleichterung und
Vorsicht auf die Wiederwahl Barack Obamas. Der unterlegene Gegenkandidat Romney erschien vielen als ein
Schreckgespenst, das der islamischen Welt durch eine entschlossen
selbstbehauptende Politik noch viel mehr Qualen aufbürden würde. Obama hingegen
verhieß in seiner Siegesrede der Welt, das heißt vornehmlich dem Mittleren
Osten das Ende eines zehnjährigen Krieges.
Ägyptens Präsident Mursi, selbst erst seit vier Monaten im
Amt, sprach in einem Telegramm an den Wahlsieger die Hoffnung aus, Obama werde
seine zweite Amtsperiode nutzen, um die „Freundschaft zwischen beiden Ländern
im gemeinsamen Interesse, nämlich Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden“ zu
stärken. Im Gegensatz zu Romney, hatte Obama sehr klar Dialogbereitschaft mit
gemäßigten islamischen Strömungen, der auch Mursi angehört, bekundet und
Ägyptens Präsidenten bereits im Weißen Haus empfangen. Ein führendes Mitglied
der Moslembruderschaft Mursis hingegen sprach weitverbreitete Gefühle aus, dass
auch von Obama in einer zweiten Amtsperiode keine signifikanten Veränderungen
der US-Außenpolitik zu erwarten seien.
Der durch unerfüllte Versprechen der ersten Amtsperiode
enttäuschte Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas,
ermutigte Obama, Friedensbemühungen fortzusetzen, während sein Chefverhandler
Erekat die Hoffnung aussprach, dass Obama die Palästinenser bei den Bemühungen
voll unterstützen werde, den Status als Nichtmitgliedsstaat der UNO zu
erhalten. Die islamistische Hamas hingegen rief Obama zu einer Abkehr der pro-israelischen Politik
auf.
Während die US-Verbündeten am Persischen Golf sich von einem
Präsidenten Romney eine härtere Politik gegenüber dem Iran und massivere – ja auch
militärische -Unterstützung, für die
syrischen Rebellen erwartet hatten, ergab eine Umfrage unter jungen Saudis weit
größere Sympathie für Obama. Die politische und militante syrische Opposition
hingegen verhehlte ihre Enttäuschung über Obamas bisherige Zurückhaltung nicht.
„Wir hoffen, dieser Sieg wird Obama die Stärke geben, die richtigen
Entscheidungen zur Förderung von Freiheit und Würde in Syrien und in der ganzen
Welt zu treffen“, betonte George Sabra, Sprecher des „Syrischen Nationalrats“.
Aus anderen Krisenherden, die Obama in den kommenden vier
Jahren noch schwer zu schaffen machen werden – Libyen und Iran – herrschte zunächst
offizielles Schweigen zur Wiederwahl, wiewohl das iranische „PressTV“ einen
Diskussion zum Thema „Zionisten kontrollieren das Ergebnis der US-Wahlen“
ausstrahlte. Unter der iranischen Bevölkerung aber herrschte weithin große
Erleichterung, dass nicht der große Israel-Freund Romney der neue Mann im „Weißen
Haus“ ist. Dem Land steht ein Schicksalsjahr bevor. Bis zum Sommer 2013 muss
die Entscheidung fallen, ob Irans
Atomprogramm durch Militärattacken (entweder unter Führung der USA oder durch
Israel im Alleingang) zerstört werden soll.
Obama nährt weit größere Hoffnung als Romney, dass eine solche
Katastrophe abgewendet werden kann. Ungeachtet der harten Rhetorik des
wiedergewählten Präsidenten gegenüber dem Iran und der die Bevölkerung immer
empfindlicher treffenden Sanktionen, halten Obama und seine Außenministerin
Clinton, wie bereits mehrmals zuvor, Teheran das „Zuckerbrot“ entgegen. In dem
Moment, da der Iran seinen Urananreicherungsprozess stoppe, betonte Clinton,
könnten die USA sich mit Teheran wieder
an den Verhandlungstisch setzen und sogar erneut Wirtschaftsbeziehungen
aufnehmen. Kein Zweifel, Obamas
Wiederwahl hat die Schwelle der Angst
vor neuen Katastrophen in der gesamten Region beträchtlich gesenkt.
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