Donnerstag, 8. November 2012

Islamische Welt: Seufzer der Erleichterung für Obama


Der Enthusiasmus ist geschwunden, viele hoffen nun auf größere Unterstützung in der zweiten Amtsperiode

von Birgit Cerha

Menschen im Iran und in der arabischen Welt reagierten in den sozialen Netzwerken Mittwoch mit einer Mischung aus Erleichterung und Vorsicht auf die Wiederwahl Barack Obamas. Der unterlegene Gegenkandidat  Romney erschien vielen als ein Schreckgespenst, das der islamischen Welt durch eine entschlossen selbstbehauptende Politik noch viel mehr Qualen aufbürden würde. Obama hingegen verhieß in seiner Siegesrede der Welt, das heißt vornehmlich dem Mittleren Osten das Ende eines zehnjährigen Krieges.
Ägyptens Präsident Mursi, selbst erst seit vier Monaten im Amt, sprach in einem Telegramm an den Wahlsieger die Hoffnung aus, Obama werde seine zweite Amtsperiode nutzen, um die „Freundschaft zwischen beiden Ländern im gemeinsamen Interesse, nämlich Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden“ zu stärken. Im Gegensatz zu Romney, hatte Obama sehr klar Dialogbereitschaft mit gemäßigten islamischen Strömungen, der auch Mursi angehört, bekundet und Ägyptens Präsidenten bereits im Weißen Haus empfangen. Ein führendes Mitglied der Moslembruderschaft Mursis hingegen sprach weitverbreitete Gefühle aus, dass auch von Obama in einer zweiten Amtsperiode keine signifikanten Veränderungen der US-Außenpolitik zu erwarten seien.
Der durch unerfüllte Versprechen der ersten Amtsperiode enttäuschte Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, ermutigte Obama, Friedensbemühungen fortzusetzen, während sein Chefverhandler Erekat die Hoffnung aussprach, dass Obama die Palästinenser bei den Bemühungen voll unterstützen werde, den Status als Nichtmitgliedsstaat der UNO zu erhalten. Die islamistische Hamas hingegen rief Obama  zu einer Abkehr der pro-israelischen Politik auf.
Während die US-Verbündeten am Persischen Golf sich von einem Präsidenten Romney eine härtere Politik gegenüber dem Iran und massivere – ja auch militärische -Unterstützung,  für die syrischen Rebellen erwartet hatten, ergab eine Umfrage unter jungen Saudis weit größere Sympathie für Obama. Die politische und militante syrische Opposition hingegen verhehlte ihre Enttäuschung über Obamas bisherige Zurückhaltung nicht. „Wir hoffen, dieser Sieg wird Obama die Stärke geben, die richtigen Entscheidungen zur Förderung von Freiheit und Würde in Syrien und in der ganzen Welt zu treffen“, betonte George Sabra, Sprecher des „Syrischen Nationalrats“.
Aus anderen Krisenherden, die Obama in den kommenden vier Jahren noch schwer zu schaffen machen werden – Libyen und Iran – herrschte zunächst offizielles Schweigen zur Wiederwahl, wiewohl das iranische „PressTV“ einen Diskussion zum Thema „Zionisten kontrollieren das Ergebnis der US-Wahlen“ ausstrahlte. Unter der iranischen Bevölkerung aber herrschte weithin große Erleichterung, dass nicht der große Israel-Freund Romney der neue Mann im „Weißen Haus“ ist. Dem Land steht ein Schicksalsjahr bevor. Bis zum Sommer 2013 muss die Entscheidung fallen, ob  Irans Atomprogramm durch Militärattacken (entweder unter Führung der USA oder durch Israel im Alleingang) zerstört werden soll.  Obama nährt weit größere Hoffnung als Romney, dass eine solche Katastrophe abgewendet werden kann. Ungeachtet der harten Rhetorik des wiedergewählten Präsidenten gegenüber dem Iran und der die Bevölkerung immer empfindlicher treffenden Sanktionen, halten Obama und seine Außenministerin Clinton, wie bereits mehrmals zuvor, Teheran das „Zuckerbrot“ entgegen. In dem Moment, da der Iran seinen Urananreicherungsprozess stoppe, betonte Clinton, könnten die USA  sich mit Teheran wieder an den Verhandlungstisch setzen und sogar erneut Wirtschaftsbeziehungen aufnehmen.  Kein Zweifel, Obamas Wiederwahl  hat die Schwelle der Angst vor neuen Katastrophen in der gesamten Region beträchtlich gesenkt.

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