Wie Syriens Diktator die „Shabiha“ als Stoßtrupps einsetzt, um durch ihren Terror seine Macht zu retten von Birgit Cerha
Sie sind meist jung, schwarz gekleidet, lieben sadistische Gewalt, und töten hemmungslos und bestialisch. Ihr Name "Shabiha" (Arabisch für „Geister“ oder „Phantome“) lässt die Syrer erzittern. Nun haben sie durch das Massaker in der sunnitischen Stadt Hula die Brutalitäten in Syrien in eine neue erschreckende Dimension gehoben. Nur wenige hegen Zweifel, dass ein Großteil der Mörder von 116 syrischen Zivilisten, darunter mehr als 30 Kindern unter der „Shabiha“-Miliz des Regimes zu suchen sind. Ähnlich wie in Ägypten und anderen Ländern des „arabischen Frühlings“ setzt die Diktatur Bashar el Assads Schlägertrupps in zivil ein, die durch Terror die rebellierende Zivilbevölkerung derart einschüchtern soll, dass sie den Widerstand gegen das Regime aufgibt und Assad die Macht rettet. Der Herrscher versucht sich so von den Brutalitäten am Volk zu distanzieren, beschuldigt „Terrorbanden“ der Mordtaten und gewinnt zugleich verstärkte Argumente, die Repression gegen das Volk zur vermeintlichen Sicherung der Stabilität noch zu steigern. In dieser menschenverachtenden Strategie spielen die „Shabiha“ seit Beginn der Revolution im März 2011 eine zunehmend entscheidende Rolle. Der Ursprung dieser bewaffneten Bande geht auf die 70er Jahre zurück, als Baschars Vater Hafez Angehörigen seiner herrschenden Alawiten-Minderheit die Bildung mafia-artiger Banden gestattete, die durch Schmuggel insbesondere von Waffen und Drogen insbesondere in den mediterranen Hafenstädten Latakia, Banias und Tartous ihr Unwesen treiben konnten. Der Assad-Familie treu ergeben, raubten und mordeten sie ungestraft und blieben unantastbar für Polizei und Geheimdienste. Ihre Mitglieder wurden von Militäreinheiten bewaffnet, die Hafez‘ Bruder Rifaat kommandierte. Doch im Laufe der Jahre gewannen sie insbesondere in Latakia derart an Macht und setzten ihre Interessen mit derartiger Brutalität durch, dass Hafez el Assad ihnen Grenzen zu setzen suchte. Er beauftragte damit seinen designierten Nachfolger Bashar, dem es allerdings nur gelang, die schlimmsten Exzesse, nicht aber die tatsächliche Macht der „Shabiha“ einzudämmen. Die Banden blieben der Assad-Familie treuj ergeben und werden inzwischen offenbar von Bashars Cousins Fawwaz und Munzir angeführt, gegen die die EU im Mai 2011 Sanktionen verhängt hatte. Als es im Zuge der im März 2011 ausgebrochenen Revolten gegen das Regime den regulären Sicherheitskräften nicht mehr gelang, die traditionelle Mauer der Furcht aufrecht zu erhalten, begann Assad zunehmend die „Shabiha“ einzusetzen, deren Brutalitäten mit der Hoffnungslosigkeit stieg, der Opposition das Rückgrat zu brechen. Niemand weiß, wie stark die Banden heute sind. Nach manchen Schätzungen könnten sie bis zu 60.000 Bewaffnete zählen. Loyalität zu den Assads und zur alawitischen Minderheit ist nicht mehr das Hauptmotiv dieser Gangs, in die das Regime bewußt auch aus den Gefängnissen freigelassene Kriminelle integrierte. Sie foltern und morden in brutalster Weise, solange das Geld stimmt und das staatliche Fernsehen strahlt immer wieder Videoaufnahmen dieser Barbareien aus mit dem klaren Ziel, die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen. Zu den Aufgaben der „Shabiha“ zählt nach Aussagen von Deserteuren der Armee auch die Ermordung von Soldaten, die sich weigerten auf Zivilisten zu schießen. Ihr Einsatz war bisher meist „hinter der Front“, sie ziehen in Orte und Städte ein, nachdem die Armee die Aufständischen verjagt hatte, um zu plündern und wahllos unter der Zivilbevölkerung zu morden, aber auch gezielt, wie nun in Hula, Angehörige der sunnitischen Mehrheit zu töten. Sie heizen damit Rachegefühle auf, die Syrien noch lange heimsuchen werden. Schon tauchen unter den gequälten Gegnern Assads Slogans wie jener auf: „Wir werden die Alawiten in ihre Särge schicken.“Dienstag, 29. Mai 2012
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