Samstag, 7. Januar 2012

„…..näher und näher zum Krieg“

(BILD: "Paß auf, dass dir das Embargo nicht den Hals bricht", von Nikahang Kowsar.)

Iran plant die „größten Manöver“ in der „Straße von Hormus“ – Was steckt hinter den zunehmend gefährlichen Drohungen und Gegendrohungen?

von Birgit Cerha

Die Propagandamaschinerien beider Seiten arbeiten auf Hochtouren. Der Ton wird aggressiver, die Szene immer gefährlicher. Ein Funke, ein Missverständnis, ein Unglücksfall oder auch nur eine kleine Provokation und das Pulverfass explodiert. Die Welt steht am Rande eines Krieges – mit dem Iran - , der sich keineswegs nur auf die Region, auf dem Mittleren Osten beschränken wird. Westliche Medien stellen undifferenziert die „Islamische Republik“ als Provokateur und Aggressor dar, die Anschuldigungen gegen die Herrscher in Teheran häufen sich und erinnern fatal an die amerikanisch-britische Stimmungsmache gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein zur Kriegsvorbereitung. Auch diesmal ist wohl das erste Opfer die Wahrheit, wie die zur Kriegsmotivation hochstilisierte Behauptung des damaligen US-Präsidenten Bush, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen. Eine Lüge, wie sich später erwies.Die in Teheran herrschenden Geistlichen stehen mit dem Rücken zur Wand und derart in die Enge getrieben, werden sie eher die Waffen zücken, als Dialog und Kompromiss suchen, einen Dialog zudem, dem ihm der Gegner – USA und Europa – ohnedies nicht wirklich anbietet. Der Druck auf das Regime stieg, seit der neue Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Yakiya Anamo im November in seinem ersten von westlichen Medien kritiklos aufgenommenen Bericht keine Zweifel daran ließ, dass der Iran au Atomwaffen bastle. Der amerikanische Aufdeckungsjournalist Seymour Hersh blieb einer der ganz wenigen Journalisten, die darauf hinwiesen, dass das jüngste IAEA-Dokument gar nichts neues enthielte und schon gar keine Beweise. Es folgte eine Serie von Vorwürfen gegen Teheran, wie der angeblich und höchst mysteriöse Versuch der Iraner, Mitglieder eines mexikanischen Drogenkartells zur Ermordung des saudischen Botschafters in den USA anzuheuern oder die plötzliche, wenig glaubwürdige Behauptung, der Iran hätte Al-Kaida-Terroristen (Erzfeinde der schiitischen Herrscher immerhin) direkt für die Terrorakte vom 11. September in den USA unterstützt. Die daraufhin massiv verschärften US-Sanktionen schmerzen zunehmend und ein Stopp der Ölimporte, den die EU Ende Januar beschließen will, wird die Iraner noch massiver in die Enge treiben.

Mit ihrer Wirtschaft derart stranguliert sucht Teheran zum Gegenschlag, dem vermeintlich schmerzlichsten: Blockade der Straße von Hormus, durch die mehr als 20 Prozent der Weltölexporte fließen. Nach zehntägigen Marine-Manövern im Persischen Golf, bei denen die Revolutionsgarden nach eigenen Angaben Mittelstreckenraketen „mit neuester Technologie“ aus Eigenproduktion und Marschflugkörper getestet hatten, kündigten sie nun die „größten Marinemanöver“ an, die der Iran je durchgeführt hatte und sie werden als zusätzliche Provokation für den Westen direkt in der Straße von Hormus stattfinden. Die Kriegsspiele könnten direkt mit einemgemeinsam von Amerikanern und Israelis geplanten Seemanöver in der Region zusammenfallen, bei denen laut israelischen Angaben gemeinsame Raketenabwehrsysteme getestet werden sollen. Tausende US-Soldaten werden zu diesem Zweck in Israel stationiert, eine empfindliche Herausforderung für die iranischen Erzfeinde. Solches Zusammenspiel der Ereignisse zeigt nach Ansicht Jamal Abdis vom „National Iranian American Council“, dass „wir einem Krieg mit dem Iran näher und näher rücken“.

Iranisches Muskelspiel lässt nach Ansicht von Militärexperten jedoch keineswegs darauf schließen, dass Teheran tatsächlich eine militärische Konfrontation sucht. Die Teheraner Führung ist sich der hoffnungslosen Unterlegenheit gegenüber amerikanisch-israelischer Übermacht voll bewußt. Irans Militärkraft sind enge Grenzen gesetzt. So ist auch ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, des wichtigsten Partners der „Islamischen Republik“, davon überzeugt, dass der Iran, entgegen seiner Behauptungen, derzeit nicht über die Technologie zum Bau von Interkontinentalraketen – nicht einmal von Prototypen – verfügt. Selbst wenn Teheran in Zukunft Mittel- und Langstreckenraketen entwickle, seien diese Angriffswaffen keinesfalls jederzeit einsatzbereit.

Auch meinen unabhängige Experten, dass der Iran kaum die militärischen Fähigkeiten zur Blockade der Straße von Hormus besitze. Zwar haben die Revolutionsgarden eine schlagkräftige asymmetrische Marine-Einheit aufgebaut, mit einem Arsenal von diversen Seeminen, einer größeren Flotte kleiner Schnellbote, die für Selbstmordoperationen eingesetzt werden können, sowie mobilen Anti-Schiff-Raketensystemen. Doch diese Kapazitäten reichen nicht zur Sperre von Hormus aus. Irans Raketensysteme etwa leiden unter Zielgenauigkeit. Zudem wird ihre Effizienz durch die enorme Größe von Tankern beeinträchtigt, die 80 Prozent des durch die Meerenge transportierten Öls führen. Auch die Verminung der Straße wäre angesichts der unmittelbaren Nähe der in Bahrain stationierten 5. US-Flotte schier ein Ding der Unmöglichkeit.
Eine Blockade von Hormus würde darüber hinaus Irans eigene Ölexporte stoppen und das Land damit ökonomisch, wie auch politisch gegenüber den noch verbliebenen Freunden in Asien, in noch größere Bedrängnis bringen. Allein die Drohung der Sperre heizt jedoch die Spannungen derart auf, dass ein kleiner Funke für eine große Katastrophe reichen könnte.

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