Mittwoch, 28. Dezember 2011

Dunkler Schatten über der Syrien-Mission

Was der Delegationsleiter, der sudanesische General Dabi , vom Schutz der Menschenrechte hält.

von Birgit Cerha

Syrische Aktivisten, internationale Menschenrechtsaktivisten sind empört, „Enough-Project“, die sich mit Genozidverbrechen befassende Nicht-Regierungs-Organisation, ist „fassungslos“: „Statt ein Team (der Arabischen Liga“ zur Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Syrien zu anzuführen, sollte der Internationale Strafgerichtshof Untersuchungen gegen den General wegen ähnlicher Verbrechen im Sudan einleiten“, beklagt Omer Ismail, der für „Enough Project“ Verbrechen gegen die Menschlichkeit u.a. auch im Sudan dokumentiert.

Die Arabische Liga hat für ihr 150-köpfiges Beobachterteam, das Dienstag nach langem Tauziehen seinen Einsatz zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Syrien begann, den 63-jährigen sudanesischen General Mohammed Ahmed Mustafa al-Dabi als Leiter bestellt. Von einigen arabischen Kommentatoren seit langem „die Schlange“ genannt, würdigen Vertreter der Liga die unverzichtbare militärische und diplomatische Erfahrung dieses Sudanesen, der al einer der engsten Vertrauten seines Präsidenten Omar al-Baschir gilt. Dieser sudanesische Despot wird wegen Verbrechen des Genozid vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht. Gegen Dabi wurde kein internationaler Haftbefehl erlassen. Human Rights Watch nennt den General in ihren Dokumentation über den Völkermord in der west-sudanesischen Provinz Darfur nicht namentlich, doch Jehanne Henry, Sudanexpertin der Organisation ist davon überzeugt, dass Dabi als Chef des militärischen Geheimdienstes in den 1990er Jahren „wissen mußte, was die Sicherheitsdienste zu jener Zeit angerichtet hatten. Wir und andere dokumentierten, dass die (sudanesischen) Sicherheitskräfte schwere Menschenrechtsverletzungen, wie willkürliche Verhaftungen und Festnahmen politischer Aktivisten, Mißhandlungen und Folter“, Verschleppungen u.a… verübt hätten. Sudanesische Rebellenführer werfen Dabi schon lange Menschenrechtsverletzungen in Darfur vor. „Es ist offensichtlich, dass seine persönliches Profil nicht für die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen geeignet ist.“

Der Nahost-Experte Michael Rubin behauptet gegenüber dem britischen „Guardian“, dass Dabi alle internationalen Bemühungen, dem Massenmorden durch das Regime Bashir in Darfur Einhalt zu gebieten, „sabotiert“ hat. Laut Internationalem Strafgerichtshof tötete die sudanesische Armee in Darfur an die 300.000 Menschen.

Nachdem in Darfur jahrelang ein blutiger Krieg zwischen Arabern und den schwarzafrikanischen Masalit getobt hatte, entsandte Baschir Dabi 1999 in die Unruheprovinz, um dort „Ordnung“ zu schaffen, d.h. den Aufstand der Massalit gegen die in Khartum herrschenden Araber und deren Verbündete niederzuschlagen. Dabei gründete die gefürchteten arabische Dschandschawid-Miliz, die für die schwersten Verbrechen des Genozids verantwortlich ist. Die Reitermilizen überfielen meist in der Nacht Dörfer der schwarzafrikanischen Landbevölkerung, vergifteten Brunnen, stahlen den Bauern das Vieh und vertrieben die Zivilbevölkerung aus den Dörfern, die sie plünderten und dann in Brand steckten – 400 binnen 20 Monaten. Sie verfolgten die Flüchtlinge auch über Grenzen, etwa in den Tschad, wo sie Lager und Hilfskonvois attackierten. Die Folgen dieser Verbrechen wirken bis heute nach. Auch wenn bisher Beweise für eine direkte Verwicklung Dabis in diese Greueltaten fehlen, so hegen Menschenrechtsaktivisten keinerlei Zweifel daran, dass der General von den Verbrechen wußte und die Augen verschloß. Diese Vergangenheit wirft einen schweren Schatten auf die Syrien-Mission der Arabischen Liga, die derzeit einzige Hoffnung auf ein Ende der Brutalitäten im Lande Baschar el Assads.

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