Rafsandschani, der einst einflussreichste Gegner Präsident Ahmadinedschads verliert Schlüsselposition im Regime
von Birgit Cerha
Seit eineinhalb Jahren hatten die Ultras der „Islamischen Republik“ um Präsident Ahmadinedschad alles versucht, um Ali Akbar Rafsandschani zu Fall zu bringen. Der erste Schritt ist nun gesetzt. Dienstag wählten die Mitglieder des Expertenrates den gemäßigt konservativen Ayatollah Mohammed Reza Mahdavi Kani zum neuen Chef dieses mächtigen Gremiums, das die Arbeit des „Geistlichen Führers“ zu überwachen hat, diesen abberufen kann und im Falle einer Vakanz einen neuen bestellt. Zuvor hatte der bisherige Vorsitzende Rafsandschani auf massiven Druck seiner erzkonservativen Gegner auf eine erneute Kandidatur verzichtet.
Rafsandschani bleibt – vorerst noch? – Vorsitzender des wichtigen „Wächterrates“, der de facto als Oberhaus des Parlaments agiert und über die Kandidaturen bei Präsidentschafts- und Parlamentswahlen entscheidet. Doch die Rufe nach seinem totalen politischen Sturz werden immer lauter.
Drei Jahrzehnte lang hatte dieser Geistliche, den der Volksmund wegen seiner ausgeprägten Bauernschläue „den Hai“ nennt, die politische Szene des Landes beherrscht. Nachdem fast die gesamte politische Führung der neu gegründeten Islamischen Republik in den frühen 80er Jahren durch Terror ausgerottet worden war, hatte sich für Rafsandschani das Tor an die Spitze des Staates geöffnet. Als engster Vertrauter Revolutionsführer Khomeinis spielte er eine entscheidende Rolle bei der Ernennung Khameneis zum neuen „Geistlichen Führer“. Seither verband die beiden mächtigsten Männer in der Islamischen Republik eine aus Machtgelüsten geborene, durch Rivalitäten geprägte Beziehung, mit einer starken Abhängigkeit Khameneis von diesem Meister des politischen Spiels. Acht Jahre lang stand Rafsandschani als Präsident und anschließend als Leiter wichtiger Gremien und Berater dem „Führer“ zur Seite.
Die Beziehung zeigte 2005 erstmals offen tiefe Risse, als Rafsandschani im zweiten Wahlgang um die Präsidentschaft gegen den unbekannten Ahmadinedschad verlor. Dass diese Wahlen – auf Wunsch Khameneis – manipuliert waren, wie jene 2009 steht längst fest. Doch Rafsandschani konnte seine Positionen behaupten, zeigte von da an aber offen seine Feindschaft gegenüber dem Präsidenten. Dramatisch spitzte sich die Situation während der blutigen Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen 2009 zu, als Rafsandschani, der indirekt Ahmadinedschads Gegenkandidaten Mussawi, den späteren Führer der „Grünen Bewegung“, unterstützte, politische Reformen und die Freilassung Hunderter während der Demonstrationen Verhafteter forderte. Daraufhin verlor er seine politisch einflussreiche Rolle als „Freitagsprediger“. Wochenlange Abwesenheit aus der Öffentlichkeit nährte Vermutungen, Rafsandschani versuche die hohen Geistlichen für ein Absetzungsverfahren gegen Khamenei zu mobilisieren. Er gewann jedoch nicht ausreichende Unterstützung.
Seither verschärften sich die Spannungen in der Spitze des Staates. Auch Rafsandschanis Familie geriet immer mehr ins Schussfeld. Die Tochter Faizeh, die sich offen der „Grünen Bewegung“ angeschlossen hatte, wurde nicht nur von Geheimagenten als „Prostituierte“ beschimpft, sondern mehrfach festgenommen. Ein Sohn, Mohsen Hashemi, zog sich in der Vorwoche als Chef des Teheraner U-Bahn-Projekts zurück, weil ihm dafür die Subventionen von der Regierung verweigert worden waren. Und erstmals zeigte das staatliche Fernsehen eine Kundgebung, bei der Demonstranten „Tod Hashemi Rafsandschani“ brüllten. Derart unter Druck distanzierte sich Rafsandschani schließlich offen von der Opposition: „Einige Leute sind unzufrieden. Ich rate ihnen, (zum Regime) zurückzukehren, denn wir haben derzeit keine Alternative“. Doch diese Erklärung erschien den Ultras um Ahmadinedschad und die Revolutionsgarden als zu wenig zu spät.
Rafsandschani ist ein Pragmatiker der Macht und persönlicher Interessen. Er schaffte mit zweifelhaften Methoden den Aufstieg zum reichsten Mann des Landes. Er trägt die Verantwortung für Morde an Oppositionellen der 80er Jahre im In- und Ausland. Dennoch hätte er eine entscheidende Vermittlerrolle zugunsten der „Grünen Bewegung“ spielen können. Nun aber sind die Ultras auf dem besten Weg, sich endgültig dieses mächtigen und lange so gefährlichen Gegners zu entledigen.
Dienstag, 8. März 2011
Irans Hardliner verstärken ihre Position
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