Der neue, von Hisbollah gekürte Premier Mikati setzt voll auf interne Kooperation und Dialog mit der internationalen Gemeinschaft
„Präjudiziert mich bitte nicht und nicht mein Verhalten.“ Eindringlich appellierte der Dienstag von der schiitischen Hisbollah gekürte libanesische Premierminister Najib Mikati an die internationale Gemeinschaft, ihn nicht einfach als Handlanger der im Westen als „Terrororganisation“ verdammten „Partei Gottes“ abzutun. Mikati bekräftigt energisch seine Unabhängigkeit, er sei ein „Mann des Konsenses“ und war tatsächlich auch gar nicht Hisbollahs erste Wahl gewesen. Auch Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah stellt Dienstag in einer Fernsehrede klar: „Wir fordern nicht den Staat oder die Regierung für uns.“ Hisbollah wolle den Libanon keineswegs allein regieren. Und in diesem Sinn streckt auch Mikati seine Hand zu allen politischen Gruppierungen aus. Die Bildung einer nationalen Einheitsregierung ist erstes Ziel. Nasrallah vollführt einen heiklen Balanceakt, in dem er versucht, die Kontrolle über Libanons Politik weiter auszubauen, dabei aber seine Gegner nicht zu stark provozieren darf, um die Kluft zwischen den Fraktionen nicht bedrohlich zu vertiefen.
Vorerst sind alle Optionen offen. Der bei seiner Bewerbung für eine zweite Amtsperiode unterlegene Ex-Premier Saad Hariri weigert sich zunächst entschieden, einer von Hisbollah kontrollierten Regierung beizutreten. Er könnte in Opposition gehen und Mikatis Leben entscheidend erschweren. Nach dem libanesischen Nationalpakt zur Aufteilung der Macht kann keine Regierung gebildet werden, in der nicht alle politischen Gruppierungen proportional zu ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind. Beharrt Hariri mit seinem Block auf seinem „Nein“ zu Mikati, will der Premier nach eigener Aussage versuchen, ein Technokraten-Kabinett auf die Beine zu stellen. Erhält dies die Zustimmung der wichtigsten politischen Fraktionen, besitzt es durchaus Regierungschance. Der schiitische Parlamentssprecher sagte für einen solchen Fall bereits seine Unterstützung zu.
Mitaki ist ein enger Freund des syrischen Präsidenten Assad, unterhält zugleich aber auch gute Beziehungen zum saudischen Königshaus, das entschieden die Interessen Hariris und seiner sunnitischen Gemeinschaft im Libanon unterstützt. Der neue Premier und Milliardär gilt als gemäßigter Zentrist und Philantrop. Dass ihm Unabhängigkeit und Einheit des Libanons am Herzen liegt, bekräftigt er immer und immer wieder. Unabhängige politische Analysten werten ihn deshalb als Brückenbauer, der die Basis für Libanons Stabilität schaffen könne.
Seine erste große Herausforderung ist das Internationale Tribunal zur Aufklärung des Mordes an Ex-Premier Rafik Hariri 2005. Bisher hat Mitaki keine klare Position in dieser Frage bezogen. Er wird sich jedoch schwer den Wünschen von Nasrallah, Syriens und Irans, widersetzen können, die die Zusammenarbeit mit dem Sondergericht in Den Hag stoppen wollen. Das Gericht wird in den kommenden Wochen erste Anklage – vermutlich gegen Hisbollah-Angehörige – erheben. Die Regierung, so fordert Nasrallah, solle auch die finanzielle Unterstützung des Tribunals einstellen. Denn dieses Gericht ziele darauf ab „den Widerstand (Hisbollah) zu vernichten, doch es wird dabei scheitern“.
In einer ersten Stellungnahme erklärte Mitaki vage, er werde dieses explosive Problem durch Dialog zu lösen versuchen. „Das Tribunal zu stoppen, ist heute keine libanesische Entscheidung mehr.“ Was er damit meint, blieb vorerst unklar. Wahrscheinlich wird das Tribunal seine Arbeit ohne libanesische Kooperation und ohne Konsequenzen fortsetzen.
Ungeachtet der Tatsache, dass sich Mitaki als Unabhängiger versteht, gewinnen Hisbollahs Verbündete Syrien und Iran zweifellos nun noch größeren Einfluss im Libanon. Doch ihrer Macht bleiben Grenzen gesetzt. Selbst Nasrallah versteht sich als libanesischer Nationalist und hat mehrmals bewiesen, dass er ungeachtet seiner Abhängigkeit von den äußeren Mächten deren Dominanz über den Levantestaat entschieden ablehnt.
Mittwoch, 26. Januar 2011
Libanons Chance auf Stabilität
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