Mutierende Al-Kaida Zellen infizieren Deutschland und andere europäische Staaten und finden immer neue Rückzugsgebiete und Terrorstrategien
von Birgit Cerha
Nach Monaten kursierender Hinweise auf Anschläge in verschiedenen europäischen Ländern hat nun in Deutschland die Bedrohungslage einen Höhepunkt erreicht. Terrorchef Osama bin Laden, so behaupten Geheimdienstkreise, hätte höchst persönlich Pläne zu spektakulären Schlägen in Europa sanktioniert und Deutschland sei neben Frankreich ihr Hauptziel. Schon seit einiger Zeit sammeln Anti-Terror-Experten nach eigenen Aussagen Hinweise darauf, dass militante Islamisten deutscher Herkunft ihr Training in Al-Kaida Lagern im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet beendet und die Heimreise angetreten hätten, um in Deutschland „das Gelernte“ einzusetzen. Als möglicher Drahtzieher des Komplotts wird Mohammed Ilyas Kashmiri genannt, der vor einigen Monaten einen Anschlag auf das populäre Touristenrestaurant „German Bakery“ im indischen Pune organisiert hatte, bei dem 17 Menschen ums Leben gekommen waren.Im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet halten sich, ungehindert von dem von den USA mit deutscher Beteiligung geführten Anti-Terror-Krieg neben der Al-Kaida-Führung um Bin Laden seit einiger Zeit mehrere Dutzend Islamisten aus Deutschland auf. Deutsche sind auch Mitglieder der „Islamischen Bewegung Usbekistan“ und könnten sich für Bluttaten in ihrer Heimat bereithalten.
Ungeachtet des neunjährigen Krieges gegen Osama bin Laden und seine Al-Kaida hat das Terrornetzwerk eine erstaunliche Überlebenskraft und Anpassungsfähigkeit an veränderte Gegebenheiten beweisen, zuletzt durch die teilweise durch Zufall, teilweise durch Informationen eines abgesprungenen Al-Kaida-Terroristen im letzten Moment in mehreren europäischen Städten entschärften Paketbomben. Al-Kaida bewies damit, dass sie immer wieder Sicherheitslücken entdecken kann und für ihre grausigen Zwecke auszunützen versucht.
Jemen, wo die Paketbomben abgesandt worden waren, bleibt damit neben dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet das gefährlichste Rückzugsfeld der Terroristen. Die dort ansässige „Al-Kaida in der Arabischen Halbinsel“ (AKAH), die sich zu den Paketbomben bekannt hatte, begann damit einen bis dahin lokal auf die Region begrenzten Terror auf Europa auszuweiten. Der 36-jährige Deutsche Ahmed Siddiqui, der sich seit März 2009 in Al-Kaida Lagern im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet einem Terrortraining unterzogen hatte, erwies sich nach seiner Festnahme im Juli in Kabul durch US-Spezialeinheiten als eine der wichtigsten Informationsquellen. Nach seinen Auskünften rekrutierte Scheich Younis al-Mauretani, die Nummer Drei der Al-Kaida, Freiwillige aus westlichen Ländern für größere Terrorattacken in Europa, insbesondere gegen Finanz- und Wirtschaftszentren.
Neben diesen Gerüchten aber ist die anhaltende Gefahr aus dem Jemen real. AKAH, die durch eine Fusionierung saudischer und jemenitischer Al-Kaida Zellen im Vorjahr geboren wurde und sich aus saudischen, jemenitischen sowie anderen arabischen Afghanistan-Veteranen und ehemaligen Häftlingen des von den USA auf Kuba geführten Guantanamo-Gefangenenlagers zusammensetzt, stützt sich in ihren Terrorplanungen vor allem auf das Geschick des 29-jährigen Saudi Ibrahim al-Asiri, hochwirksam Plastikbomben zu bauen.
AKAH findet im bitterarmen Jemen mit seinen starken, unabhängigen und hochbewaffneten Stämmen und einer hoffnungslos überforderten, korrupten und schwachen Zentralregierung ein ideales Rückzugs- und Rekrutierungsfeld. Eine Ende Oktober eingeleitete Offensive der von US-Militärs insbesondere aus der Luft unterstützten Regierungssoldaten gegen die Extremisten kann dem Terrornetz nur wenig anhaben.
Doch keineswegs nur aus Pakistan/Afghanistan und dem südlichen Zipfel der Arabischen Halbinsel muss sich Europa bedroht fühlen. Potentiell weit größere Gefahren lauern nach Ansicht von Anti-Terror-Experten gleich jeneseits des Mittelmeeres. Die nord-afrikanische Al-Kaida Filiale hat sich in den vergangenen Jahren zu einem gut organisierten und – dank Lösegelderpressungen - finanzkräftigen Netzwerk aufgebaut, das längst seine Zellen nach Frankreich und Spanien eingeschleust hat. Bisher fehlte es ihr noch an Entschlossenheit, ihren Ärger gegen den Westen blutig in Europa zu entladen.
Donnerstag, 18. November 2010
TERROR: Die Grenzen des Anti-Terror-Krieges
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen