Freitag, 26. März 2010

Gadafis Stunde des "Triumphs"

Zahlreiche arabische Führer aber verweigern Libyens Diktator ihre Ehrenbezeugung – Nur schwache Hoffnung auf Solidarität im Konflikt mit der Schweiz

von Birgit Cerha Es soll der „Gipfel der Gifel“ werden, zu dem Libyens Diktator Muammar Gadafi seine 20 Amtsbrüder aus der gesamten arabischen Welt gerufen hat, die Besiegelung seines Ausbruchs aus jahrzehntelanger internationaler Isolation. Samstag und Sonntag werden die Chefs der Arabischen Liga in Gadafis Heimatstadt Sirte vor allem über Wege zur „Rettung Jerusalems“ beraten. Es ist der ersten Arabische Gipfel, für den Libyen den Gastgeber spielen darf.

Sirte ist bepflastert mit Konterfeis seines weißbärtigen Führers und mit Plakaten, die die arabische Einheit beschwören. „Wir müssen gemeinsam arbeiten“, und „Für eine Zukunft ohne Konflikte“. Mit solchen Slogans setzt Gadafi, der sich ein Politikerleben lang für arabische Einheit engagierte und zugleich mit fast allen arabischen Führern immer wieder zerstritt, den Akzent der Konferenz. Unter den außenpolitischen Themen, die ihm besonders am Herzen liegen, steht vorrangig der Konflikt mit der Schweiz und der EU. Die Tatsache, dass Bern nun Einlenken in der Frage des Visumsverbots für 188 Libyer, darunter deren Staatschef selbst, signalisiert, stärkt Gadafis Position, wenn er um eine ausdrückliche Solidaritätsbezeugung der Arabischen Liga in diesem Konflikt wirbt. Schon zuvor hatten sich die Außenminister voll hinter Libyen gestellt und Bern, sowie die EU eindringlich zur Aufhebung des Visumsverbots gedrängt, ohne freilich die Inhaftierung des schweizer Bürgers Max Goeldi zu erwähnen.

Doch Gadafis Triumph sind enge Grenzen gesetzt. Denn der Vorkämpfer arabischer Einheit vermag zahlreiche und noch dazu wichtige Führer der arabischen Welt nicht zu diesem ersten Gipfel in seinem Wüstenreich zu ziehen. Etwa 14 der 21 Staatschefs werden erscheinen. Ägyptens Präsident Mubarak entschuldigte sich wegen Rekonvaleszenz nach einer Operation, Omans und Marokkos Herrscher bleiben fern, aber auch jene des Libanons und vor allem Saudi-Arabiens. Beirut kann sich mit Gadafi nicht versöhnen, dem es für die mutmaßliche Ermordung des 1978 bei einer Reise nach Tripoli verschwundenen Schiitenführers Mussa Sadr verantwortlich macht. Und Saudi-Arabiens König Abdullah kann dem exzentrischen Libyer die unfassbare Szene nicht vergessen, die er beim letzten Gipfel in Doha veranstaltet hatte, als der das saudische Königreich als ein „Produkt Großbritanniens“ und „Diener der USA“ beschimpfte.

Vorerst ist auch noch unsicher, ob Palästinenserpräsident Abbas in Sirte erscheinen wird. Gadafi hatte Abbas zutiefst erzürnt, als er sich weigerte, ihn bei einem jüngsten Besuch in Tripoli zu empfangen, weil Abbas des Libyers Vermittlungsdienste im Streit mit Hamas zurückgewiesen hatte.

Einen neuen Konflikt konnte Katar noch im letzten Moment Freitag schlichten, nachdem auch der Irak, erboßt über ein demonstratives Treffen Gadafis mit baathistischer irakischer Opposition die Konferenz boykottieren wollte.

Damit sind auch bei diesem Gipfel arabische Versöhnungsversuche zwischen den zerstrittenen Palästinensergruppen in Frage gestellt. Zum Hauptthema der Konferenz haben die Veranstalter die „Rettung Jerusalems“ gesetzt. Als Antwort auf Israels Entschlossenheit, die Siedlungspolitik in Jerusalem unter allen Umständen fortzusetzen, will man darüber diskutiere, ob die Liga nicht die 2002 beschlossene „Arabische Friedensinitiative“, die Israel Anerkennung im Austausch für die Rückgabe der 1967 besetzten arabischen Gebiete und einer gerechten Lösung der Palästinenserfrage, wieder zurückziehen soll. Doch da weder Saudi-Arabiens König Abdullah, noch Mubarak am Konferenztisch sitzen, besitzt solcher Plan wenig Chance.

Hingegen beschlossen die Außenminister in ihrem Vorbereitungstreffen die Errichtung eines Hilfsfonds von 500 Mio. Dollar für bedürftige Palästinenser. Der Gipfel verspricht damit nur magere Ergebnisse und der zahlreiche Boykott schadet nicht nur Gadafis Glaubwürdigkeit, sondern auch jener der ohnedies zahn- und muskellosen Arabischen Liga.

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