Mit seinem wilden Ehrgeiz und Hang zu Exzessen trieb Dubais Herrscher sein kleines Emirat in eine schwere Existenzkrise – Kann er wieder internationales Vertrauen gewinnen?
von Birgit Cerha
„Wir werden weiter nach großen Zielen streben.“ Scheich Mohammed bin Raschid Al Maktoum, Herrscher über das von einer schweren Existenzkrise geschüttelte Mini-Reich Dubai, gibt sich unbeeindruckt, stolz und unnahbar. „Wir sind stark und beharrlich.“ Und erbittert fügt er bei einem der wenigen Auftritte in der Öffentlichkeit, seit das riesige Firmenkonglomerat „Dubai World“ in der Vorwoche de facto seine Zahlungsunfähigkeit anmeldete, hinzu: „Sie (gemeint sind die Dubai verleumdenden internationalen Medien und Finanzexperten) verstehen überhaupt nichts.“ Kein Zweifel, wer die Schuld trägt, wenn der von ihm so energisch in die Tat gesetzte Traum von Weltgröße vollends zerplatzt: „Es ist der Früchte tragende Baum, der das Ziel von jenen wird, die ihn (mit Steinen) bewerfen.“
Es ist der Stil dieses von grenzenlosem Selbstbewusstsein und wildem Ehrgeiz getriebenen Araberfürsten, der in den kommenden Tagen und Wochen darüber Ausschlag geben dürfte, ob internationale Geldgeber und der superreiche Bruder am Golf, Abu Dhabi, das in seinem kometenhaften Aufstieg stecken gebliebene Dubai rettend unter die Arme greifen.
„Unsagbar arrogant“, „unfähig zu raschen und klugen Entscheidungen“, „schockierende Geheimnistuerei und Mangel an Transparenz“, „die besorgte Finanzwelt grob durch Unwahrheiten abwimmeln“, „den Kopf in den Sand stecken“. Solche Kommentare aus Experten- und Journalistenkreisen machen nun die Runde. Sie erhalten neue Nahrung durch Berichte, Scheich Mohammed hätte nur am Tag nach der die Finanzwelt schockierenden Bitte von „Dubai World“ um Zahlungsaufschub für einen Teil seiner fast 60 Mrd. Dollar Schulden seinem größten Hobby gefrönt und für 1,95 Mio. Dollar in England acht Fohlen erstanden. Mohammed träumt nicht nur davon, Dubai von einer kleinen arabischen Provinz-Hafenstadt zu Weltgröße a la New York oder Manhattan zu heben. Er, selbst immer noch aktiver, begeisterter und gefeierter Reiter, ist der größte Besitzer und Züchter von Rennpferden in der Geschichte des Sports, mit gegenwärtig mehr als 700 Rassentieren im Training.
Persönlich verfügt Mohammed laut „Forbes“ über ein Nettovermögen von zwölf Milliarden Dollar , unterhält Aktien an dem Banken- und Versicherungsgiganten HSBC, an Sony und an Immobilienholdings, wie dem Essex House Hotel. Er besitzt eine 15.000 Quadratkilometer große Farm in Kentucky und kaufte eine weitere in Australien für 460 Mio.Dollar.
„Mit dem Scheich gibt es ein fundamentales Problem“, meint ein Finanzexperte, der lange in Kuwait gearbeitet hatte. „Er ist gewohnt, dass die Menschen um ihn widerspruchslos tun was er sagt. Er ist der Herrscher und sie sind die Untergebenen.“ So sei er auch stets mit den Bankern der Vereinigten Arabischen Emirate umgegangen. Doch internationale Finanzinstitute fürchten nicht den Verlust der Patronanz. Mohammed könne mit dieser Situation nicht umgehen.
Die Zahlungsunfähigkeit des größten Firmenkonglomerats seines kleinen Reiches, muss Mohammeds Ego schwer treffen, meinen Eingeweihte. Noch im April erklärte er fragenden Journalisten: „Ich kann mit Sicherheit sagen, dass wir die Risiken der globalen Finanzkrise in Rekordzeit eingeschränkt haben.“ Als wenige Monate zuvor die Immobilienblas platzte und Tausende Arbeitskräfte, insbesondere aus Indien und Pakistan ihrer Jobs beraubte, spielte der Scheich stolzer Gastgeber der größten Party, die je im Mittleren Osten gefeiert wurde. 20 Mio. Dollar ließ er sich das fantastische Spektakel der Eröffnung der 1,5 Mrd.Dollar schweren „Atlantis-Hotel-Anlage“ kosten.
Der Traum war auf Sand gebaut, auf geborgtem Geld, das internationale Finanzinstitute bereitwillig zur Verfügung stellten, im Vertrauen darauf, dass hinter dem ehrgeizigen Scheich die reichsten Ölherrscher der Welt stünden. Doch Saudi-Arabien ließ den Unterstützung erbittenden Mohammed abblitzen und die Finanzkraft des Vetters am Thron von Abu Dhabi würde zwar leicht ausreichen, um Mohammed von allen Sorgen zu befreien. Der Scheich half zwar bisher schon mit 15 Mrd. Dollar, doch knüpft er weitere Finanzspritzen an harte Bedingungen: kein Blankoscheck, Entscheidung von Fall zu Fall und möglicherweise auch Beteiligung an den immer noch bestehenden lukrativen Unternehmen Dubais, wie allen voran „Emirates Airways“ und das größte Hafenunternehmen der Welt.
Arroganz und die total fehlende Transparenz sind eine der Hauptgründe für einen katastrophalen Vertrauensverlust, den Mohammed nun erlitt. In den glorreichen Zeiten legte er großen Wert darauf, „Dubai World“ als staatliche Institution zu präsentieren. Nun distanziert er sich voll von dem Unternehmenskonglomerat, nicht bereit, Garantien für die Schulden zu unternehmen und den Gläubigern läßt er durch seinen Finanzchef Abdulrahman al Saleh „einen Teil der Verantwortung“ zuschieben, denn sie hätten sich bei der Kreditvergabe entsprechend informieren und absichern sollen.
Ob Scheich Mohammed mit solcher Haltung das nun dringend benötigte Wohlwollen der Finanzwelt gewinnt, wenn „Dubai World“ in den nächsten Tagen zum ersten Mal seit Ausbruch der Krise direkt mit den Gläubigern nach einer Lösung sucht, bleibt dahingestellt.
Freitag, 4. Dezember 2009
DUBAI: Scheich Mohammeds Traum von Weltgröße
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