Dienstag, 31. März 2009

Birgit Cerha: Teheran sucht Hilfe im Kampf gegen Opium

Der Iran ist Hauptopfer des gigantischen Drogenhandels aus Afghanistan – US-Projekte bisher völlig „ineffektiv“
Trotz eines Rückgangs der Opiumproduktion um 19 Prozent im Vorjahr, liefert Afghanistan laut „International Narcotics Control Board“ mit rund 7.000 Tonnen immer noch rund 90 Prozent des weltweiten illegalen Heroinangebots. Zwei Drittel des Drogenhandels ist auf die südliche Provinz Helmand konzentriert, eine Hochburg des radikal-islamistischen Taliban. Die Opiumernte erbrachte 2007 mehr vier Mrd. Dollar, mehr als die Hälfte des afghanischen Nationaleinkommens.

Im Ringen um internationale Anerkennung hatten die blutig an die Macht gekommenen Taliban im Juli 2000 den Anbau von Mohn, der traditionell vielen armen Bauern einen Lebensunterhalt ermöglicht hatte, verboten. Bis 2001 war so die Mohnanbaufläche in Afghanistan von 82.000 ha auf 8.000 geschrumpft. Doch dies half den Taliban nach den Terror-Attacken vom 11.September 2001 in den USA wenig. Ihr Sturz und die Verfolgung ihres engsten Verbündeten, der Al-Kaida, waren Hauptziel des von den USA im Schock der Anschläge geführten Krieges. Unterdessen haben die Taliban ihre Aversion gegen Rauschgift abgelegt. Die nun blühende Produktion und der gigantische Handel sind für sie heute die wohl wichtigste Einnahmequelle, die ihre gewalttätigen Widerstand gegen die Regierung Karzai speist. Allein die von Mohnbauern erpresste zehnprozentige „Steuer“ erbrachte den Islamisten 2007 laut dem „UN-Office on Drug and Crimes“ 100 Mio. Dollar, von anderen Einkünften aus Schmuggel und Handel ganz zu schweigen.

Allein in Helmand hat sich das Mohn-Anbaugebiet seit 2006 verdreifacht. Diverse nationale und internationale Anti-Drogen-Kampagnen versagten kläglich. Eine in Kabul stationierte Expertengruppe sieht eine der Hauptursachen in gravierender Korruption. Korrupte Regierungsbeamte schritten nicht gegen den Drogenhandel ein, während jene, die sich dagegen engagierten häufig Schikanen und Drohungen ausgesetzt, ja mitunter auch ermordet würden. So gestand der Governeur von Helmand, Assadullah Wafa, dass einige Beamte nicht nur gemeinsam mit den Taliban „Steuern“ von Mohnbauern einforderten, sondern auch noch mit ihren eigenen Fahrzeugen am Schmuggel beteiligt seien. Die Korruption macht auch vor der afghanischen Armee nicht Halt.

Der neue US-Afghanistan-Beauftragte, Richard Holbrooke, übte dieser Tage schärfste Kritik am jahrelangen Anti-Opium-Programm der Amerikaner in Afghanistan, das „das verschwenderischste und ineffivste“ amerikanische Programm sei, das er in 40 Jahren gesehen hätte. Trotz des Einsatzes von 800 Mio. Dollar im Jahr hätten die Drogenbarone die Produktion nur stetig weiter ausgeweitet und die Taliban nicht den geringsten Schaden erlitten.

Hauptopfer dieses expandieren Heroinhandels ist der westliche Nachbar Iran. Um dem Schmuggel effizient Einhalt zu gebieten, bedarf Teheran dringend internationaler Unterstützung. Das ist denn auch Irans Hauptanliegen bei einer Kooperation mit westlichen Staaten und insbesondere den USA in der Afghanistan-Frage.

Nach Schätzungen der iranischen Regierung kommen jährlich 2.500 Tonnen Opium aus Afghanistan ins Land, rund 700 Tonnen davon für den Verbrauch durch die heimische Bevölkerung. Nach einem jüngsten UN-Bericht werden mit 500 Tonnen im Jahr in keinem anderen Land der Welt derart große Mengen an Opium beschlagnahmt. Teheran geht es nun vor allem darum, dass der Westen einerseits die Bemühungen in seiner Anti-Drogenkampagne anerkennt, anderseits den Iranern dabei aktive Hilfe leistet. Auf der Basis von scharfen Anti-Drogengesetzen sitzen heute an die 70.000 Drogenhändler in iranischen Gefängnissen. Tausende iranische Soldaten sind an der 1.600 km langen Grenze zu Afghanistan und Pakistan stationiert, wo sie einen verzweifelten Kampf gegen den Drogenschmuggel führen. Hunderte iranischer Drogen-Agenten sterben alljährlich in Kämpfen mit den schwer bewaffneten Schmugglern.


Der Drogenkonsum im Land wächst sich zu einem gigantischen sozialen Problem aus, das heute mehr als 1,7 Millionen Menschen, überwiegend frustrierte Jugendliche erfasst. Iran hofft deshalb auf aktive vor allem militärische Unterstützung westlicher Länder, aber auch aus der Golfregion, die zunehmend Ziel der Schmuggler wird, um die Grenzen besser abzusichern.