Während Premier Maliki und viele Iraker ein allmähliches Ende der US-Militärpräsenz herbeisehnen, weckt es unter Kurden und manchen Sunniten auch große Ängste
„Gott sei Dank ist es uns gelungen, uns von Rassismus und „blutigem Hass zwischen Angehörigen unterschiedlicher religiöser Gruppen „zu befreien“. Hocherhobenen Hauptes verkündet Iraks schiitischer Premier Maliki dem Volk, dass es gar nichts von einem Abzug der US-Truppen in Phasen, wie ihn US-Präsident Obama vorsieht, zu befürchten hätte. „Wir vertrauen auch voll darauf, dass unsere Streit- und Sicherheitskräfte das Land schützen, Sicherheit und Stabilität konsolidieren werden.“
Maliki präsentiert den Irakern den US-Truppenabzugsplan, nach dem die US-Kampftruppen bis 31. August 2010 den Irak verlassen haben, bis zu 50.000 Mann noch bis 31. Dezember 2011 verbleiben sollen, als klaren Vertrauensbeweis für seine Führungsfähigkeiten, in der Hoffnung, dass sich damit seine Position als neuer starker Mann weiter festigen werde.
Ein Blick in die lokalen Medien und die von Politikern jüngst angeschnittenen Diskussionsthemen läßt auch deutlich erkennen, dass im gequälten Nachkriegsirak tatsächlich eine neue Phase der Zuversicht begonnen hat. Sie wird begleitet von einer starken Wiederbelebung nationaler Gefühle, einer sich mehr und mehr manifestierenden Sehnsucht, ja Ungeduld, endlich selbst und allein Entscheidungen über die Zukunft des Landes zu treffen, dabei ruhig auch Fehler selbst zu machen, vor allem aber Erfolge für sich verbuchen zu können.
So dominieren nun schon länger nicht mehr Mord, Tod und Explosionen das Tagesgespräch. Da verkündet Maliki, man wolle den zweitreichsten Ölstaat der Welt aus der Abhängigkeit vom „schwarzen Gold“ lösen. Nun soll die volle Konzentration auf den Wiederaufbau beginnen. Medien berichten, dass die Stromversorgung (endlich) den Vorkriegsstand erreicht hat. In der zweitgrößten Stadt, Basra, die britische Besatzungs-Truppen im Dezember 2007 verlassen hatten, hat ein einigermaßen normales politisches Geschehen begonnen und auch wirtschaftlicher Fortschritt eingesetzt. Euphorisch, als Beweis endlich gefundener Stabilität, begrüßt Maliki ausländische Staatsgäste, wie den deutschen Außenminister Steinmeier und Frankreichs Präsidenten Sarkozy, den ersten westlichen Führer, der sich nicht an der von den USA geführten Koalition zum Sturz von Diktator Saddam Hussein beteiligt hatte. So manche politische Kreise im Irak stimmen Kommentaren französischer Medien zu, dass neue Beziehungen zu Frankreich den Irakern helfen würden, sich aus der „politischen Vormundschaft“ der USA zu lösen.
Beachtenswerte Fortschritte. Dennoch ist der Irak von Stabilität weit entfernt. Deshalb entschied auch Obama, den Großteil der US-Kampftruppen erst im Januar 2010 abzuziehen, damit sie in der potentiell explosiven Kampagne für die Parlamentswahlen im Dezember noch für Ruhe sorgen können. Ob Iraks von den USA ausgebildeten Streitkräfte tatsächlich ohne US-Hilfe den Herausforderungen gewachsen sind, erscheint höchst fraglich. Nach US-Militärkreisen fehlt es den 600.000 Soldaten und Polizisten an Logistik, erfahrenen Mechanikern, einem effizienten Geheimdienst, Analysten und vor allem einer Luftwaffe. Neu bestellte Kampfflugzeuge werden nicht vor 2013 zur Verfügung stehen und das Training von Piloten wird Jahre dauern. In den vergangenen Monaten hatte sich wiederholt gezeigt, dass die Iraker Kämpfe gegen Rebellen nicht allein siegreich beenden können.
Trotz der einigermaßen erfolgreich durchgeführten Provinzwahlen am 31. Januar bleiben die politischen Fortschritte, insbesondere auch Versuche einer nationalen Versöhnung höchst bescheiden. Unter arabischen Sunniten, manchen Schiiten, vor allem aber unter den Kurden wächst die Sorge über Malikis Machtgelüste. Immer noch konnte man sich auf kein Ölgesetz einigen, die genaue Struktur des Föderalismus bleibt umstritten, über den Status der von den Kurden beanspruchten Ölstadt Kirkuk zeichnet sich keine Einigung ab. Während die Türkei weiterhin nach Lust und Laune im Nord-Irak militärisch agiert, versetzen die US-Abzugspläne die Kurden in Panik. Deren Premierminister Nechirvan Barzani warnt vor Gewalt, sollten die Amerikaner nicht vor ihrem Abzug die wachsenden Probleme zwischen Bagdad und der Regionalregierung Kurdistans regeln.
Zwar haben sich so manche arabisch-sunnitische Gruppen, die lange die neue Ordnung bekämpft hatten, nun von den Vorzügen der Demokratie überzeugen lassen, die sie – etwa in Mosul – wieder in die Lokalverwaltung brachte. Doch jüngste Terrorakte gegen schiitische Pilger gelten als düstere Warnung, dass die Ursachen der Gewalt längst nicht behoben sind.
Weiterlesen ...
Freitag, 27. Februar 2009
Montag, 23. Februar 2009
Birgit Cerha: „Primitive Sprengsätze“ zielten auf Ägyptens Tourismus
Terror trifft das Land in einer Zeit politischer Höchstspannung – Einzelgänger oder islamistische Randgruppe als Täter vermutet
Die ägyptischen Sicherheitsbehörden reagierten in Windeseile. Wenige Stunden, nachdem zwei laut Polizei „primitive Sprengsätze“ im islamischen Herzen der Metropole Kairo eine Touristengruppe getroffen und eine 17-jährige Französin getötet, sowie 25 Urlauber verletzt hatten, wurden bereits alle Personen in der Umgebung befragt und elf Verdächtige festgenommen. Während über die Hintermänner noch Unklarheit herrscht, hegen Kairoer Sicherheitskreise keine Zweifel, dass dieser erste Terrorakt gegen Touristen seit drei Jahren von keiner der gut organisierten islamistischen Gruppen verübt worden ist, Vielmehr dürfte es sich Einzeltäter oder um eine kleine islamistische Splittergruppe handeln. Auch 2005 hatte ein Einzeltäter in diesem historischen Viertel zwei Touristen getötet.
Das Ziel lässt freilich darauf schließen, dass die Täter – wie während der islamistischen Terrorwelle der 90er Jahre – den ägyptischen Staat treffen wollten, und dies in Zeiten wachsender ökonomischer Probleme. Der Tourismus ist mit elf Milliarden Dollar (11,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) der drittgrößte Devisenbringer des Landes und beschäftigt 12,6 Prozent der Arbeitskräfte. 13 Millionen Urlauber besuchten im Vorjahr Ägypten.
„Die Art der Explosion lässt auf junge, unerfahrenen Amateure als Täter schließen, die die Ereignisse in Gaza zutiefst erzürnte“, mutmaßt Montasser el-Zayat, Verteidiger islamistischer Extremisten. Tatsächlich schwingen in Ägypten, wie in anderen Teilen der arabischen Welt, insbesondere unter Palästinensern die Emotionen gegen das Regime Mubarak hoch. Auch die verbotene, doch offiziell tolerierte Massenbewegung der Moslembrüder organisierte heftige Proteste gegen die Entscheidung Kairos, auch während der jüngsten israelischen Militäroffensive die Grenze zu Gaza hermetisch verriegelt zu lassen und den schwer bedrängten Palästinensern nur magere humanitäre Hilfe zu ermöglichen. In einer höchst angespannten internen Atmosphäre versucht das Regime seit Wochen Kritiker mit den üblichen Methoden der Repression – Verhaftung oder massive Einschüchterung – zum Schweigen zu bringen. Die Moslembrüder distanzierten sich jedoch rasch von diesem jüngsten Terrorakt.
Die verriegelte Grenze zu Gaza bleibt am Nil hochexplosives Thema und zentraler Streitpunkt bei Mubaraks Bemühungen um einen dauerhaften Waffenstillstand zwischen Israel und der palästinensischen Hamas im Elendsstreifen. Kairo demonstrierte am Wochenende erneut seine Entschlossenheit, sich von Gaza abzuschirmen und entsandte eine Polizeiverstärkung dorthin, nachdem Pläne der Palästinenser zu einem Massenansturm auf die Grenze bekannt geworden waren.
Durch massive Sicherheitsmaßnahmen war es den Behörden gelungen, die Terrorwelle der „Gamaa al Islamiya“ (GAI), die das Land in den 90er Jahren in Angst und Schrecken versetzte, und auch eine Serie von Anschlägen anderer islamistischer, vor allem mit Beduinen kollaborierender Gruppen im Sinai 2005/06 zu beenden. GAI und Tandhim al Jihad schworen der Gewalt ab und versuchten, sich in die Massenbewegung der Moslembrüder zu integrieren. Bemühungen des stellvertretenden Chefs der Al-Kaida, des Ägypters Ayman Zawahiri, das Terrornetz mit GAI zu fusionieren, schlugen offenbar fehl. Zawahiri war hinter den brutalsten Terroranschläge gegen Touristen in Ägypten in den 90er Jahren gestanden. 2004 war der Hauptideologe von GAI, Scheich Najih Ibrahim, aus dem Gefängnis entlassen worden. Er wies jüngst energisch Aufrufe der Al-Kaida zu Attacken gegen britische und andere westliche Ziele als Vergeltung gegen Israels Gaza-Offensive zurück. „Wir fürchten, al Kaida könnte Operationen durchführen, die (US-Präsident) Obama in einen neuen George Bush verwandeln.“ Auch ein anderer GAI-Führer, Isam al-Din Darbalah, appellierte an die Al-Kaida-Führung, die Absichten Obamas durch einen viermonatigen „Waffenstillstand“ zu testen und nur „in Notwehr“ zu agieren. „Wir begrüßen einen Frieden, der auf gemeinsamen Interessen mit Amerika und der Welt beruht, zum Wohle der Menschheit und jenseits eines Konflikts der Kulturen.“ Während seiner Gefangenschaft erarbeitete Isam al-Din gemeinsam mit Ibrahim und einigen anderen inhaftierten GAI-Führern an „Korrigierten Konzepten“, einer Art Neueinschätzung des religiös motivierten Extremismus.
Imam al Sharif, einer der Gründer der ägyptischen Islamistenbewegung , wendet sich in einem eben erschienen Buch scharf gegen den Terror der Al-Kaida als kontraproduktiv. Sharif, auch „Dr. Fadl“ genannt, sitzt in einem Kairoer Gefängnis eine lebenslange Strafe ab. „Amerika anzugreifen ist heute unter Arabern, unter Muslimen der kürzeste Weg zu Rum und Führung. Aber von welchem Nutzen ist es, Gebäude des Feindes zu zerstören, wenn er dann eines deiner Länder zerstört …. und Tausende deiner Mitbürger tötet?“ Zugleich kritisiert Sharif auch Muslime, die im Westen Schläferzellen bilden. „Wenn sie (westliche Staaten) dir erlauben, ihre Häuser und ihr Leben zu teilen, wenn sie dir und deinem Geld Sicherheit bieten und dir die Gelegenheit zu Arbeit und Studium verschaffen oder gar politisches Asyl gewähren, dann ist es unehrenhaft, sie durch Tod und Zerstörung zu verraten.“
Weiterlesen ...
Die ägyptischen Sicherheitsbehörden reagierten in Windeseile. Wenige Stunden, nachdem zwei laut Polizei „primitive Sprengsätze“ im islamischen Herzen der Metropole Kairo eine Touristengruppe getroffen und eine 17-jährige Französin getötet, sowie 25 Urlauber verletzt hatten, wurden bereits alle Personen in der Umgebung befragt und elf Verdächtige festgenommen. Während über die Hintermänner noch Unklarheit herrscht, hegen Kairoer Sicherheitskreise keine Zweifel, dass dieser erste Terrorakt gegen Touristen seit drei Jahren von keiner der gut organisierten islamistischen Gruppen verübt worden ist, Vielmehr dürfte es sich Einzeltäter oder um eine kleine islamistische Splittergruppe handeln. Auch 2005 hatte ein Einzeltäter in diesem historischen Viertel zwei Touristen getötet.
Das Ziel lässt freilich darauf schließen, dass die Täter – wie während der islamistischen Terrorwelle der 90er Jahre – den ägyptischen Staat treffen wollten, und dies in Zeiten wachsender ökonomischer Probleme. Der Tourismus ist mit elf Milliarden Dollar (11,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) der drittgrößte Devisenbringer des Landes und beschäftigt 12,6 Prozent der Arbeitskräfte. 13 Millionen Urlauber besuchten im Vorjahr Ägypten.
„Die Art der Explosion lässt auf junge, unerfahrenen Amateure als Täter schließen, die die Ereignisse in Gaza zutiefst erzürnte“, mutmaßt Montasser el-Zayat, Verteidiger islamistischer Extremisten. Tatsächlich schwingen in Ägypten, wie in anderen Teilen der arabischen Welt, insbesondere unter Palästinensern die Emotionen gegen das Regime Mubarak hoch. Auch die verbotene, doch offiziell tolerierte Massenbewegung der Moslembrüder organisierte heftige Proteste gegen die Entscheidung Kairos, auch während der jüngsten israelischen Militäroffensive die Grenze zu Gaza hermetisch verriegelt zu lassen und den schwer bedrängten Palästinensern nur magere humanitäre Hilfe zu ermöglichen. In einer höchst angespannten internen Atmosphäre versucht das Regime seit Wochen Kritiker mit den üblichen Methoden der Repression – Verhaftung oder massive Einschüchterung – zum Schweigen zu bringen. Die Moslembrüder distanzierten sich jedoch rasch von diesem jüngsten Terrorakt.
Die verriegelte Grenze zu Gaza bleibt am Nil hochexplosives Thema und zentraler Streitpunkt bei Mubaraks Bemühungen um einen dauerhaften Waffenstillstand zwischen Israel und der palästinensischen Hamas im Elendsstreifen. Kairo demonstrierte am Wochenende erneut seine Entschlossenheit, sich von Gaza abzuschirmen und entsandte eine Polizeiverstärkung dorthin, nachdem Pläne der Palästinenser zu einem Massenansturm auf die Grenze bekannt geworden waren.
Durch massive Sicherheitsmaßnahmen war es den Behörden gelungen, die Terrorwelle der „Gamaa al Islamiya“ (GAI), die das Land in den 90er Jahren in Angst und Schrecken versetzte, und auch eine Serie von Anschlägen anderer islamistischer, vor allem mit Beduinen kollaborierender Gruppen im Sinai 2005/06 zu beenden. GAI und Tandhim al Jihad schworen der Gewalt ab und versuchten, sich in die Massenbewegung der Moslembrüder zu integrieren. Bemühungen des stellvertretenden Chefs der Al-Kaida, des Ägypters Ayman Zawahiri, das Terrornetz mit GAI zu fusionieren, schlugen offenbar fehl. Zawahiri war hinter den brutalsten Terroranschläge gegen Touristen in Ägypten in den 90er Jahren gestanden. 2004 war der Hauptideologe von GAI, Scheich Najih Ibrahim, aus dem Gefängnis entlassen worden. Er wies jüngst energisch Aufrufe der Al-Kaida zu Attacken gegen britische und andere westliche Ziele als Vergeltung gegen Israels Gaza-Offensive zurück. „Wir fürchten, al Kaida könnte Operationen durchführen, die (US-Präsident) Obama in einen neuen George Bush verwandeln.“ Auch ein anderer GAI-Führer, Isam al-Din Darbalah, appellierte an die Al-Kaida-Führung, die Absichten Obamas durch einen viermonatigen „Waffenstillstand“ zu testen und nur „in Notwehr“ zu agieren. „Wir begrüßen einen Frieden, der auf gemeinsamen Interessen mit Amerika und der Welt beruht, zum Wohle der Menschheit und jenseits eines Konflikts der Kulturen.“ Während seiner Gefangenschaft erarbeitete Isam al-Din gemeinsam mit Ibrahim und einigen anderen inhaftierten GAI-Führern an „Korrigierten Konzepten“, einer Art Neueinschätzung des religiös motivierten Extremismus.
Imam al Sharif, einer der Gründer der ägyptischen Islamistenbewegung , wendet sich in einem eben erschienen Buch scharf gegen den Terror der Al-Kaida als kontraproduktiv. Sharif, auch „Dr. Fadl“ genannt, sitzt in einem Kairoer Gefängnis eine lebenslange Strafe ab. „Amerika anzugreifen ist heute unter Arabern, unter Muslimen der kürzeste Weg zu Rum und Führung. Aber von welchem Nutzen ist es, Gebäude des Feindes zu zerstören, wenn er dann eines deiner Länder zerstört …. und Tausende deiner Mitbürger tötet?“ Zugleich kritisiert Sharif auch Muslime, die im Westen Schläferzellen bilden. „Wenn sie (westliche Staaten) dir erlauben, ihre Häuser und ihr Leben zu teilen, wenn sie dir und deinem Geld Sicherheit bieten und dir die Gelegenheit zu Arbeit und Studium verschaffen oder gar politisches Asyl gewähren, dann ist es unehrenhaft, sie durch Tod und Zerstörung zu verraten.“
Weiterlesen ...
Donnerstag, 19. Februar 2009
Birgit Ceha: Irakischem Schuhwerfer drohen 15 Jahre Haft
In Bagdad beginnt der Prozeß gegen den „Helden der arabischen Welt“ – Ein Test für das Demokratieverständnis im neuen Irak
Zwei Monate lang saß Muntaser el Saidi in Untersuchungshaft in Bagdad. Nun begann am 19. Februar der Prozess gegen den 29-jährigen irakischen Journalisten, der vergangenen Dezember den scheidenden US-Präsidenten Bush bei einem Abschiedsbesucht in Bagdad mit seinen Schuhen bewarf. Als er dazu auch noch die Worte schrie, „das ist ein Abschiedskuss für dich, du Hund, das ist für dich von den Witwen, Waisen und jenen, die im Irak getötet wurden“, fügte er dem hohen Staatsgast nach arabischem Verständnis eine der schwersten Demütigungen zu. Die Schuhe trafen Bush nicht, der sich rechtzeitig duckte und anschließend die Bedeutung dieses Protestaktes durch Scherze, wie der Schuh habe Größe zehn gehabt, abzuschwächen suchte. Später erklärte der US-Präsident Saidis Akt als Beweis für die demokratischen Werte, die die Amerikaner dem Zweistromland gebracht hätten.
Doch die irakischen Führer reihen Saidis Protest nicht in die Kategorie der Meinungsfreiheit. Wie ein Schwerverbrecher wurde der junge Mann sofort von irakischen und amerikanischen Geheimagenten niedergeschlagen und später nach Aussagen seiner Familie im Gefängnis gefoltert. Nun muss er sich vor Gericht wegen einer „Attacke auf ein zu Besuch weilendes Staatsoberhaupt“ rechtfertigen, ein Delikt, das mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Saidis Anwälte, unterstützt von Zehntausenden irakischen Demonstranten, hatten sich vergeblich für die Freilassung ihres Mandanten eingesetzt, der „lediglich seine Meinung (ausgedrückt) und seinen Protest gegen die (amerikanische) Okkupation“ kundgetan hätte, so der Anwalt Dhiya al Saadi.
Der zentrale Strafgerichtshof in Bagdad, der mit Fällen von Terrorismus befasst ist, wird nun darüber entscheiden, ob der Journalist wegen „vorsätzlicher Aggression“ oder wegen „versuchter Aggression“ abgeurteilt werden soll, auf die die geringere Gefängnisstrafe von einem bis fünf Jahre Gefängnis steht. Saidi zeigt keine Reue und erklärte vor Gericht, Bushs eisiges Lächeln vor der Presse in Bagdad habe ihn angesichts von Hunderttausenden toten Landsleuten in Rage gebracht. Einer seiner Brüder hatte jedoch gegenüber irakischen Medien erklärt, dass der Angeklagte, tief erbittert über die Taten der US-Besatzungstruppen im Irak und die Opfer, die der Krieg gegen Saddam Hussein von der irakischen Bevölkerung forderte, schon lange über einen spektakulären Protestakt nachgesonnen hatte.
Saidi, Mitarbeiter des Al-Baghdadia Fernsehens, war im November 2007 von schiitischen Milizen entführt und drei Tage später wieder entlassen worden. Er gehört nach Aussagen seiner Familie keiner der politischen oder militanten Gruppen des Landes an, zeigte sich jedoch seit langem tief erschüttert über das gigantische Elend, das durch den von den USA geführten Krieg und die Besatzung über sein Heimatland hereingebrochen ist. In der Haft erlitt der Journalist nach Aussagen seiner Familie nicht nur Folter. „Es wurden ihm auch die simpelsten Rechte verwehrt“, klagt der Bruder des Häftlings, Dhargham.
Das 25-köpfige Anwaltsteam stützt seine Verteidigung auf das Argument, dass Saidi Bush keineswegs töten, sondern nur seinen Protest gegen Invasion und Besatzung kundtun wollte. Zudem sei ein Schuh kein Tötungsgerät.
In der gesamten arabischen und islamischen Welt, wo der Krieg im Irak und die US-Besatzung die ohnedies latente anti-amerikanische Stimmung drastisch verschärft hat, wird Saidi als Held gefeiert, als einer, der es endlich wagte, die Würde der so lange gedemütigten Araber wieder herzustellen. Plötzlich machen viele Menschen ihren tiefen Frustrationen durch Witze über Bush, die Zielscheibe des Schuhwerfers, Luft. Der Zwischenfall gab Inspiration für zahlreiche Computerspiele, in denen in kürzester Zeit Millionen von Menschen auf Bildschirmen den auftauchenden und immer wieder verschwindenden Kopf des ausgeschiedenen US-Präsidenten mit einem Schuh zu treffen suchten.
Ein Bronce-Schuh in Sofa-Größe wurde als Tribut für den Stolz des irakischen Volkes (so der Künstler) in Tikrit, Saddam Husseins Geburtsstadt, aufgestellt, musste jedoch nach wenigen Tagen wieder verschwinden.
Und schon fand Saidis Akt Nachahmung, wie etwa Anfang Februar, als ein 27-jähriger Mann Chinas Premier Wen Jiabao bei einem Vortrag an der Universität von Cambridge aus Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen in China mit einem Schuh bewarf.
Doch unter arabischen Intellektuellen fehlt es nicht an Kritik. So wertet der prominente ägyptische Journalist Salama Ahmed Salama die weit verbreitete Begeisterung über diese Form der Beleidigung Bushs und die nun anhaltenden Witze darüber als kläglichen Ausdruck arabischer Ohnmacht, der Unfähigkeit, sich Gegnern mit Intellekt zu widersetzen.
Weiterlesen ...
Zwei Monate lang saß Muntaser el Saidi in Untersuchungshaft in Bagdad. Nun begann am 19. Februar der Prozess gegen den 29-jährigen irakischen Journalisten, der vergangenen Dezember den scheidenden US-Präsidenten Bush bei einem Abschiedsbesucht in Bagdad mit seinen Schuhen bewarf. Als er dazu auch noch die Worte schrie, „das ist ein Abschiedskuss für dich, du Hund, das ist für dich von den Witwen, Waisen und jenen, die im Irak getötet wurden“, fügte er dem hohen Staatsgast nach arabischem Verständnis eine der schwersten Demütigungen zu. Die Schuhe trafen Bush nicht, der sich rechtzeitig duckte und anschließend die Bedeutung dieses Protestaktes durch Scherze, wie der Schuh habe Größe zehn gehabt, abzuschwächen suchte. Später erklärte der US-Präsident Saidis Akt als Beweis für die demokratischen Werte, die die Amerikaner dem Zweistromland gebracht hätten.
Doch die irakischen Führer reihen Saidis Protest nicht in die Kategorie der Meinungsfreiheit. Wie ein Schwerverbrecher wurde der junge Mann sofort von irakischen und amerikanischen Geheimagenten niedergeschlagen und später nach Aussagen seiner Familie im Gefängnis gefoltert. Nun muss er sich vor Gericht wegen einer „Attacke auf ein zu Besuch weilendes Staatsoberhaupt“ rechtfertigen, ein Delikt, das mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Saidis Anwälte, unterstützt von Zehntausenden irakischen Demonstranten, hatten sich vergeblich für die Freilassung ihres Mandanten eingesetzt, der „lediglich seine Meinung (ausgedrückt) und seinen Protest gegen die (amerikanische) Okkupation“ kundgetan hätte, so der Anwalt Dhiya al Saadi.
Der zentrale Strafgerichtshof in Bagdad, der mit Fällen von Terrorismus befasst ist, wird nun darüber entscheiden, ob der Journalist wegen „vorsätzlicher Aggression“ oder wegen „versuchter Aggression“ abgeurteilt werden soll, auf die die geringere Gefängnisstrafe von einem bis fünf Jahre Gefängnis steht. Saidi zeigt keine Reue und erklärte vor Gericht, Bushs eisiges Lächeln vor der Presse in Bagdad habe ihn angesichts von Hunderttausenden toten Landsleuten in Rage gebracht. Einer seiner Brüder hatte jedoch gegenüber irakischen Medien erklärt, dass der Angeklagte, tief erbittert über die Taten der US-Besatzungstruppen im Irak und die Opfer, die der Krieg gegen Saddam Hussein von der irakischen Bevölkerung forderte, schon lange über einen spektakulären Protestakt nachgesonnen hatte.
Saidi, Mitarbeiter des Al-Baghdadia Fernsehens, war im November 2007 von schiitischen Milizen entführt und drei Tage später wieder entlassen worden. Er gehört nach Aussagen seiner Familie keiner der politischen oder militanten Gruppen des Landes an, zeigte sich jedoch seit langem tief erschüttert über das gigantische Elend, das durch den von den USA geführten Krieg und die Besatzung über sein Heimatland hereingebrochen ist. In der Haft erlitt der Journalist nach Aussagen seiner Familie nicht nur Folter. „Es wurden ihm auch die simpelsten Rechte verwehrt“, klagt der Bruder des Häftlings, Dhargham.
Das 25-köpfige Anwaltsteam stützt seine Verteidigung auf das Argument, dass Saidi Bush keineswegs töten, sondern nur seinen Protest gegen Invasion und Besatzung kundtun wollte. Zudem sei ein Schuh kein Tötungsgerät.
In der gesamten arabischen und islamischen Welt, wo der Krieg im Irak und die US-Besatzung die ohnedies latente anti-amerikanische Stimmung drastisch verschärft hat, wird Saidi als Held gefeiert, als einer, der es endlich wagte, die Würde der so lange gedemütigten Araber wieder herzustellen. Plötzlich machen viele Menschen ihren tiefen Frustrationen durch Witze über Bush, die Zielscheibe des Schuhwerfers, Luft. Der Zwischenfall gab Inspiration für zahlreiche Computerspiele, in denen in kürzester Zeit Millionen von Menschen auf Bildschirmen den auftauchenden und immer wieder verschwindenden Kopf des ausgeschiedenen US-Präsidenten mit einem Schuh zu treffen suchten.
Ein Bronce-Schuh in Sofa-Größe wurde als Tribut für den Stolz des irakischen Volkes (so der Künstler) in Tikrit, Saddam Husseins Geburtsstadt, aufgestellt, musste jedoch nach wenigen Tagen wieder verschwinden.
Und schon fand Saidis Akt Nachahmung, wie etwa Anfang Februar, als ein 27-jähriger Mann Chinas Premier Wen Jiabao bei einem Vortrag an der Universität von Cambridge aus Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen in China mit einem Schuh bewarf.
Doch unter arabischen Intellektuellen fehlt es nicht an Kritik. So wertet der prominente ägyptische Journalist Salama Ahmed Salama die weit verbreitete Begeisterung über diese Form der Beleidigung Bushs und die nun anhaltenden Witze darüber als kläglichen Ausdruck arabischer Ohnmacht, der Unfähigkeit, sich Gegnern mit Intellekt zu widersetzen.
Weiterlesen ...
Montag, 16. Februar 2009
Birgit Cerha: Abdullah leitet Wende in Saudi-Arabien ein
Umfangreichste Personalveränderungen im religiösen Establishment seit zwei Jahrzehnten sollen den Weg der Reformen ebnen
„Es ist unser größtes Anliegen, dass die Stimme des Königreiches die ganze Welt erreicht und ihr die Botschaft von Frieden und Stablität vermittelt, Saudi-Arabien als ein Reich der Mäßigung, der Toleranz und der Flexibilität porträtiert.“ Mit diesen Worten beschreibt der neue Informations- und Kulturminister Aziz al-Khoja in der „Saudi Gazette“ die Gründe für die umfangreichsten Personalveränderungen im Königreich seit mehr als zwei Jahrzehnten.
Seit der heute 85-jährige König Abdullah 2005 die Macht im ölreichsten Staat der Welt übernahm, versprach er seinen bisher stets autoritär geführten Untertanen Reformen, Liberalisierung, ja gar den Ansatz von Demokratie. Doch bis heute zauderte der Monarch, zu stark erwies sich der Widerstand insbesondere des erzkonservativen religiösen Establishments der Wahabiten, auf deren Unterstützung das Königshaus seit seiner Gründung angewiesen ist. Nun aber wagte Abdullah einen höchst mutigen Schritt. Mohammed al-Zulfa, Mitglied des dem König geratend zur Seite stehenden Shura-Rates, spricht gar von einem „Wendepunkt“ in der politischen Entwicklung des autokratischen Königreiches. Denn der Monarch habe „neues Blut“ durch Vertreter der jungen Generation, in zahlreiche wichtige Positionen geholt, rühmt der neue Justizminister Mohamed Issa die Entscheidungen. Auch Jamal Khashoggi, Chefredakteur von „Al-Watan“ und erfahrener Beobachter der saudischen Politik, meint einen „überzeugenden Anfang der versprochenen Reformen“ zu erkennen.
Per Dekret besetzte Abdullah die die Ministerposten für Bildung, Justiz, Information und Gesundheit, sowie die Spitzen der Justiz, der Polizei und der Zentralbank neu. Erstmals sitzt ab nun sogar eine Frau im Kabinett, Nura el Fajes wurde zur stellvertretenden Bildungsministerin ernannt, eine kleine Sensation in einem Staat, der Frauen u.a. bis heute das Steuern von Autos verbietet.
Bemerkenswert ist auch die Entlassung des Chefs der gefürchteten „Sittenpolizei“, genannt Mutawas, Ibrahim al-Ghaith, der mit seinen brutalen Methoden zur Durchsetzung der puritanischen Lebensregeln des Wahabismus in jüngster Zeit ins Schussfeld der Öffentlichkeit geraten war. Der Chef der Justiz, Salih Ibn al-Luhaydan, verlor nach Ansicht von Beobachtern seinen Posten weil er vergangenen September öffentlich die Ermordung von Besitzern von Satelliten-Fernsehkanälen befürwortet hatte, die unmoralische Programme senden. Auch in führenden Positionen des militärischen Establishments setzte der Könige personelle Veränderungen durch. Die Neuen seien durchwegs gemäßigte Personen mit neuen Ideen, betont Khashoggi.
Abdullah geht mit diesen Veränderungen das nicht ungefährliche Risiko eines schweren Konflikts mit den mächtigen erzkonservativen Ulemas ein. Doch der König konnte diesen Schritt nicht ohne breiten Konsens im Hause Saud wagen, das sich unter allen Umständen seine autoritäre Macht zu erhalten sucht. Dafür, so haben die Herrscher längst begriffen, ist es notwendig, das Unvermeidbare – Veränderungen – in Angriff zu nehmen, bevor diese ihre Eigengesetzlichkeit erringen.
Die mächtigsten Positionen in der Regierung – die Ressorts für Wirtschaft, Finanzen, Öl, Außen- und Innenpolitik – bleiben freilich unverändert. Und längst ist noch nicht klar, ob Abdullahs Umbesetzungen den bisher hart verfolgten Liberalen und Demokraten im Königreich ein klein wenig Freiraum schenken werden.
Weiterlesen ...
„Es ist unser größtes Anliegen, dass die Stimme des Königreiches die ganze Welt erreicht und ihr die Botschaft von Frieden und Stablität vermittelt, Saudi-Arabien als ein Reich der Mäßigung, der Toleranz und der Flexibilität porträtiert.“ Mit diesen Worten beschreibt der neue Informations- und Kulturminister Aziz al-Khoja in der „Saudi Gazette“ die Gründe für die umfangreichsten Personalveränderungen im Königreich seit mehr als zwei Jahrzehnten.
Seit der heute 85-jährige König Abdullah 2005 die Macht im ölreichsten Staat der Welt übernahm, versprach er seinen bisher stets autoritär geführten Untertanen Reformen, Liberalisierung, ja gar den Ansatz von Demokratie. Doch bis heute zauderte der Monarch, zu stark erwies sich der Widerstand insbesondere des erzkonservativen religiösen Establishments der Wahabiten, auf deren Unterstützung das Königshaus seit seiner Gründung angewiesen ist. Nun aber wagte Abdullah einen höchst mutigen Schritt. Mohammed al-Zulfa, Mitglied des dem König geratend zur Seite stehenden Shura-Rates, spricht gar von einem „Wendepunkt“ in der politischen Entwicklung des autokratischen Königreiches. Denn der Monarch habe „neues Blut“ durch Vertreter der jungen Generation, in zahlreiche wichtige Positionen geholt, rühmt der neue Justizminister Mohamed Issa die Entscheidungen. Auch Jamal Khashoggi, Chefredakteur von „Al-Watan“ und erfahrener Beobachter der saudischen Politik, meint einen „überzeugenden Anfang der versprochenen Reformen“ zu erkennen.
Per Dekret besetzte Abdullah die die Ministerposten für Bildung, Justiz, Information und Gesundheit, sowie die Spitzen der Justiz, der Polizei und der Zentralbank neu. Erstmals sitzt ab nun sogar eine Frau im Kabinett, Nura el Fajes wurde zur stellvertretenden Bildungsministerin ernannt, eine kleine Sensation in einem Staat, der Frauen u.a. bis heute das Steuern von Autos verbietet.
Bemerkenswert ist auch die Entlassung des Chefs der gefürchteten „Sittenpolizei“, genannt Mutawas, Ibrahim al-Ghaith, der mit seinen brutalen Methoden zur Durchsetzung der puritanischen Lebensregeln des Wahabismus in jüngster Zeit ins Schussfeld der Öffentlichkeit geraten war. Der Chef der Justiz, Salih Ibn al-Luhaydan, verlor nach Ansicht von Beobachtern seinen Posten weil er vergangenen September öffentlich die Ermordung von Besitzern von Satelliten-Fernsehkanälen befürwortet hatte, die unmoralische Programme senden. Auch in führenden Positionen des militärischen Establishments setzte der Könige personelle Veränderungen durch. Die Neuen seien durchwegs gemäßigte Personen mit neuen Ideen, betont Khashoggi.
Abdullah geht mit diesen Veränderungen das nicht ungefährliche Risiko eines schweren Konflikts mit den mächtigen erzkonservativen Ulemas ein. Doch der König konnte diesen Schritt nicht ohne breiten Konsens im Hause Saud wagen, das sich unter allen Umständen seine autoritäre Macht zu erhalten sucht. Dafür, so haben die Herrscher längst begriffen, ist es notwendig, das Unvermeidbare – Veränderungen – in Angriff zu nehmen, bevor diese ihre Eigengesetzlichkeit erringen.
Die mächtigsten Positionen in der Regierung – die Ressorts für Wirtschaft, Finanzen, Öl, Außen- und Innenpolitik – bleiben freilich unverändert. Und längst ist noch nicht klar, ob Abdullahs Umbesetzungen den bisher hart verfolgten Liberalen und Demokraten im Königreich ein klein wenig Freiraum schenken werden.
Weiterlesen ...
Montag, 9. Februar 2009
Birgit Cerha: Khatami will den Iran retten
Kandidatur des gescheiterten Reformers für eine erneute Präsidentschaft droht das Land zu polarisieren
„Ist es denn möglich gegenüber dem Schicksal der (islamischen) Revolution gleichgültig zu bleiben und vor (einer Kandidatur zu) den Wahlen davon zu laufen?“ Mit diesen Worten begründete Mohammed Khatami, Präsident des Irans von 1997 bis 2005, seine erneute Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im Juni. Die Entscheidung des 65-jährigen Geistlichen dürfte der Wahlkampagne hohe Spannung verleihen und das Land scharf zwischen jenen polarisieren, die sich nach Veränderung, mehr Freiheit und Lebensqualität sehnen und den „Prinzipalisten“ der Revolution, die sich hinter Präsident Ahmadinedschad scharen.
An der erneuten Kandidatur Ahmadinedschads besteht kein Zweifel. Vorerst hat sich nur noch der gemäßigte Geistliche Mehdi Karrubi in den Ring geworfen. Andere Kandidaten im Lager der Reformer und der Konservativen sind noch im Gespräch.
Nach langem Zögern kam Khatami nach eigenen Worten zu der Überzeugung, dass er durch seine Kandidatur einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme des Landes leisten kann: Konfrontation mit dem Westen über das Atomprogramm, internationale Isolation, ökonomischer Zusammenbruch mit gravierenden sozialen Nöten durch verheerende Misswirtschaft Ahmadinedschads, verschlimmert durch internationale Sanktionen, die der Westen weiter zu verschärfen droht.
Doch ob Khatami tatsächlich Abhilfe zu schaffen vermag, bezweifeln viele. Der milde, bis heute wegen seiner Versöhnungspolitik im Westen geschätzte Philosoph würde zweifellos den katastrophalen politischen Stil des Irans drastisch verändern, sich Amerikanern und Europäern als williger Gesprächspartner anbieten. Das Eis zum Westen würde ein wenig schmelzen. Diese Aussicht dürfte auch konservativen Gegnern eine erneute Präsidentschaft durchaus attraktiv erscheinen lassen. Schon meinen erste Kommentare, allein aufgrund Khatamis Kandidatur könnte der Westen dem Iran mehr Zeit zum Stopp des Atomprogramms geben, in der Hoffnung auf eine friedliche Lösung.
Doch Khatami ist ein Politiker, der in dramatischer Weise seine Schwächen, seine völlig fehlende Durchschlagskraft gegenüber dem erzkonservativen Establishment bewiesen hat. Das Atomprogramm wurde gerade auch in seiner Amtszeit vorangetrieben. Als Präsident besitzt er nicht die Macht, dieses Programm zu stoppen. Zudem hat er sich auch nie davon distanziert.
Wiewohl Reformkreise davon überzeugt sind, dass Khatami bei einer starken Wahlbeteiligung haushoch über Ahmadinedschad siegen werde, erscheint unabhängigen Beobachtern ein solcher Ausgang keineswegs gewiss. Zunächst müsste der Ex-Präsident seine einstige Hausmacht – insbesondere die Studenten und die Frauen – aus ihren Frustrationen und einer tiefen politischen Apathie reißen. Einen großen Teil der Jugend hat Khatami durch die Vielzahl an nicht eingehaltenen Versprechen von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten bitter enttäuscht. „Seine Schwäche (gegenüber dem Establishment) ist seine Achillesferse“, meint die Reformpolitikern Fatemeh Haghighatjoo. Sein langes Zögern erneut zu kandidieren ermutigt vor allem jene seiner einstigen Anhänger nicht, die sich durch sein Schweigen angesichts von Morden, Attentaten, Repressionen, Folter selbst an seinen engsten Mitstreitern von ihm verraten fühlten. Viele fürchten Khatami werde als Zauderer und Schwächling in dieses Staatsamt zurückkehren. Zudem stimmt die Zersplitterung der Reformbewegung und das Fehlen eines klaren politischen Konzepts viele skeptisch.
Als entscheidend für Khatamis Wahlerfolg wird sich aber, wie stets, die Position des „Geistlichen Führers“ Khamenei erweisen. Dass der Ayatollah immer noch voll hinter Ahmadinedschad steht, bewies er jüngst, als er den Präsidenten als „revolutionär, engagiert, effizent, aktiv und mutig“ pries.
Während den Reformern für ihre Propaganda im Wahlkampf nur die von Zensoren bedrohten Websites und ein paar Zeitungen zur Verfügung stehen, kann sich das konservative Establishment eines dichten Netzes von Medien, Fernsehen, den paramilitärischen Bassidsch und den Revolutionsgarden bedienen. Aus diesen Kreisen kommen auch schon die ersten Anzeichen für einen erbitterten Wahlkampf. „Wir werden das Volk informieren, was ihr (Reformer) unter Khatami für hässliche Dinge getrieben habt“, warnt ein führender Kommandant der Garden.
Weiterlesen ...
„Ist es denn möglich gegenüber dem Schicksal der (islamischen) Revolution gleichgültig zu bleiben und vor (einer Kandidatur zu) den Wahlen davon zu laufen?“ Mit diesen Worten begründete Mohammed Khatami, Präsident des Irans von 1997 bis 2005, seine erneute Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im Juni. Die Entscheidung des 65-jährigen Geistlichen dürfte der Wahlkampagne hohe Spannung verleihen und das Land scharf zwischen jenen polarisieren, die sich nach Veränderung, mehr Freiheit und Lebensqualität sehnen und den „Prinzipalisten“ der Revolution, die sich hinter Präsident Ahmadinedschad scharen.
An der erneuten Kandidatur Ahmadinedschads besteht kein Zweifel. Vorerst hat sich nur noch der gemäßigte Geistliche Mehdi Karrubi in den Ring geworfen. Andere Kandidaten im Lager der Reformer und der Konservativen sind noch im Gespräch.
Nach langem Zögern kam Khatami nach eigenen Worten zu der Überzeugung, dass er durch seine Kandidatur einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme des Landes leisten kann: Konfrontation mit dem Westen über das Atomprogramm, internationale Isolation, ökonomischer Zusammenbruch mit gravierenden sozialen Nöten durch verheerende Misswirtschaft Ahmadinedschads, verschlimmert durch internationale Sanktionen, die der Westen weiter zu verschärfen droht.
Doch ob Khatami tatsächlich Abhilfe zu schaffen vermag, bezweifeln viele. Der milde, bis heute wegen seiner Versöhnungspolitik im Westen geschätzte Philosoph würde zweifellos den katastrophalen politischen Stil des Irans drastisch verändern, sich Amerikanern und Europäern als williger Gesprächspartner anbieten. Das Eis zum Westen würde ein wenig schmelzen. Diese Aussicht dürfte auch konservativen Gegnern eine erneute Präsidentschaft durchaus attraktiv erscheinen lassen. Schon meinen erste Kommentare, allein aufgrund Khatamis Kandidatur könnte der Westen dem Iran mehr Zeit zum Stopp des Atomprogramms geben, in der Hoffnung auf eine friedliche Lösung.
Doch Khatami ist ein Politiker, der in dramatischer Weise seine Schwächen, seine völlig fehlende Durchschlagskraft gegenüber dem erzkonservativen Establishment bewiesen hat. Das Atomprogramm wurde gerade auch in seiner Amtszeit vorangetrieben. Als Präsident besitzt er nicht die Macht, dieses Programm zu stoppen. Zudem hat er sich auch nie davon distanziert.
Wiewohl Reformkreise davon überzeugt sind, dass Khatami bei einer starken Wahlbeteiligung haushoch über Ahmadinedschad siegen werde, erscheint unabhängigen Beobachtern ein solcher Ausgang keineswegs gewiss. Zunächst müsste der Ex-Präsident seine einstige Hausmacht – insbesondere die Studenten und die Frauen – aus ihren Frustrationen und einer tiefen politischen Apathie reißen. Einen großen Teil der Jugend hat Khatami durch die Vielzahl an nicht eingehaltenen Versprechen von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten bitter enttäuscht. „Seine Schwäche (gegenüber dem Establishment) ist seine Achillesferse“, meint die Reformpolitikern Fatemeh Haghighatjoo. Sein langes Zögern erneut zu kandidieren ermutigt vor allem jene seiner einstigen Anhänger nicht, die sich durch sein Schweigen angesichts von Morden, Attentaten, Repressionen, Folter selbst an seinen engsten Mitstreitern von ihm verraten fühlten. Viele fürchten Khatami werde als Zauderer und Schwächling in dieses Staatsamt zurückkehren. Zudem stimmt die Zersplitterung der Reformbewegung und das Fehlen eines klaren politischen Konzepts viele skeptisch.
Als entscheidend für Khatamis Wahlerfolg wird sich aber, wie stets, die Position des „Geistlichen Führers“ Khamenei erweisen. Dass der Ayatollah immer noch voll hinter Ahmadinedschad steht, bewies er jüngst, als er den Präsidenten als „revolutionär, engagiert, effizent, aktiv und mutig“ pries.
Während den Reformern für ihre Propaganda im Wahlkampf nur die von Zensoren bedrohten Websites und ein paar Zeitungen zur Verfügung stehen, kann sich das konservative Establishment eines dichten Netzes von Medien, Fernsehen, den paramilitärischen Bassidsch und den Revolutionsgarden bedienen. Aus diesen Kreisen kommen auch schon die ersten Anzeichen für einen erbitterten Wahlkampf. „Wir werden das Volk informieren, was ihr (Reformer) unter Khatami für hässliche Dinge getrieben habt“, warnt ein führender Kommandant der Garden.
Weiterlesen ...
Abonnieren
Posts (Atom)