Dienstag, 24. Februar 2015

Das verlorene Erbe der Menschheit

von Birgit Cerha
[Bild: Arba'in in Tikrit]
Internationale Kulturhistoriker verfolgen mit Schaudern, wie die Liste der zerstörten Zeugnissen des einzigartigen Erbes der Menschheit im Irak und in Syrien immer länger wird. Hier eine Zusammenstellung einiger der dramatischsten Verluste:

Aleppo:  Die Zerstörungen in der alten syrischen Handelsstadt zählen zu den größten kulturhistorischen Katastrophen. Feuer als Folge von Kämpfen zwischen Rebellen und Regierungssoldaten vernichtete den 13 km langen  Al-Madina-Souks aus dem 17. Jahrhundert, den größte überdachte historische Markt der Welt. Rebellen beschädigten die Große Moschee, eine der ältesten Syriens, das eintausend Jahre alte Minarett stürzte ein, die Bibliothek ging in Flammen auf und Tausende seltene religiöse Manuskripte verbrannten.
Apameia:  Eine der größten und besterhaltenen römischen und byzantinischen Stätte in West-Syrien mit langen Kolonnaden und berühmten Mosaiken gleicht heute einer Mondlandschaft, nachdem der  IS  fünf Monate lang mit Maschinen den Boden nach Schätzen durchwühlen ließ.
Dura-Europos: Gravierend dürften Schäden und Verluste in dieser in Ost-Syrien, hoch über dem Euphrat um 300 v. Chr. gegründeten griechischen Stadt sein, die später dem Römischen Reich als Grenzfestung diente. Wegen der besonders gut erhaltenen Ruinen  wird Dura-Europos als das „Pompei des Ostens“ bezeichnet. Zu seinem reichen Schatz zählt eine Synagoge aus dem dritten Jahrhundert und eine Hauskirche, das älteste archäologisch nachgewiesen christliche Gotteshaus. Wie viele archäologische Stätten in Syrien wurde Dura-Europos wissenschaftlich kaum erforscht.
Nabi Younis: Die Jonas-Moschee ist vermutlich der bisher bedeutungsschwerste Verlust im Irak, im Juli 2014 von IS gesprengt. Auf dem Gelände der Moschee befinden sich Überreste von Bauten aus dem 8. Jahrhundert v.Chr. Hier soll nach Überlieferung der von Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen verehrte Prophet Jonas begraben sein. Unter der Moschee liegen die Reste eines assyrischen Palastes. Was davon nun zerstört oder geraubt wurde, ist bisher nicht bekannt.
Reliefs in Kalhu: In Nimrud,30 km südöstliche von Mosul, zerstörten IS-Fanatiker im einzigen gut erhaltenen und mit Reliefs geschmückten assyrischen Palast der antiken Stadt Kalhu die Gesichter der Abbildungen zerstört.
Niniveh:  Nach Berichten aus Mosul bereitet IS die Sprengung von Teilen der 2.700 Jahre alten Stadtmauer des assyrischen Ninivehs vor.
Mosul: Seit seiner Einnahme der Stadt im Juni 2014 führt der IS „kulturelle und historische Säuberungen“ durch:  Zahlreiche zum Gedenken an Verstorbene errichtete Moscheen, Kirchen und andere, insbesondere schiitische und Sufi- Heiligtümer und ein yezidischer Tempel wurden gesprengt, ebenso Gebäude aus der Zeit der osmanischen Herrschaft. Die Zerstörung des berühmten Wahrzeichens der Stadt, des „buckligen Minaretts“ scheiterte bisher am Widerstand der Bevölkerung.
Al-Arba’in Moschee: Die groteske Zerstörungswut des IS traf auch dieses Heiligtum in Tikrit, die älteste islamische Stätte im Irak, wo 40 Jünger Mohammeds („Salaf“) begraben sind, eine besondere Ironie, da IS doch den Salafismus praktiziert, der treu dem Weg Mohammeds und seiner Gefährten zu folgen sucht.

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