9.030 Kandidaten von 276 politischen Blöcke bewerben sich bei den Wahlen am 30. April um 328 Sitze des irakischen Parlaments. 21,5
Millionen Iraker sind aufgerufen, ihre Stimme in diesen Wahlen
abzugeben, in denen Stammesloyalitäten und konfessionelle
Zugehörigkeiten eine Schlüsselrolle spielen.
Größte
Erfolgschancen besitzt die von Premier Maliki 2009 formierte „Allianz
für den Rechtsstaat“ , ein Bündnis von zwölf Parteien und Gruppen,
darunter Malikis eigener Dawa-Partei, der Badr-Organisation und der
Unabhängigen unter dem gegenwärtigen stellvertretenden Premier Hussein
Shahristani. Das Bündnis wurde jüngst jedoch durch zahlreiche Austritte
geschwächt.
Ebenso erlitt Malikis stärkster Rivale bei den Parlamentswahlen
2010, der unabhängige säkulare Schiit und Übergangspremier nach dem
Sturz von Diktator Saddam Hussein 2003, Iyad Allawi schwere politische
Verluste, als seine „Iraqiyya
Koalition“, die die wichtigsten arabisch-sunnitischen Gruppierungen für
sich gewonnen und 2010 mit zwei Sitzen vor Maliki die Parlamentsmehrheit
errang, auseinanderbrach. Seine
neuen „Nationalistischen Koalition“ vereint Allawi erneut Sunniten und
Schiiten und kandidiert in allen arabischen Provinzen des Landes. Doch
es fehlt ihr die Unterstützung der traditionellen Anhängerschaft
Allawis. Zudem werden ihre Chancen angesichts der starken Polarisierung
zwischen arabischen Sunniten und Schiiten als gering eingestuft. Ein
attraktiver Konkurrenten ist die neue liberale „Zivilgesellschaftlichen
Allianz“. Ihr gehören angesehene Technokraten und Persönlichkeiten mit
langer Erfahrung in der Wirtschaft, im sozialen und politischen Leben
an. Sie dürfte vor allem unter säkularen Kreisen und einem Teil der
Jugend Stimmen gewinnen.
Die
Schiiten aber sind tief gespalten. Der „Ahrar-Block“ des vom Iran
unterstützten schiitischen Geistlichen Moktada Sadr unterstützt Maliki
ebenso awenig wie der „Islamische Höchste Rat des Iraks“ unter Ammar
al-Hakim, beide dem Iran nahestehende Gruppierungen. Hakims neue
„Bürger-Koalition“ ist die einzige Gruppierung, die ein detailliertes
Parteiprogramm präsentiert. Der junge Politiker aus einer angesehenen
Familie islamischer Geistlicher hat sich von fundamentalistischen Ideen
seiner Vorfahren gelöst und mit seiner neuen Koalition eine gemäßigte
islamische Bewegung gegründet, der sich zahlreiche Persönlichkeiten der
Bürgergesellschaft angeschlossen haben. Sie gibt Hoffnung auf eine Annäherung zwischen gemäßigten islamischen und säkularen Bewegungen.
Im
Gegensatz zu den Wahlen von 2010 sind auch die arabischen Sunniten tief
gespalten. Parlamentssprecher Osama al-Nujaifi führt den
„Mutahidoun“-Block und der stellvertretende Premier Saleh al-Mutlaq die
„Arabiya“-Allianz. Mehrere prominente Sunnis aber rufen zum Wahlboykott.
Auch die Kurden sind zerstritten: während die „Patriotische Union
Kurdistans“ unter dem schwer erkranken Präsidenten Talabani hinter
Maliki steht, will die „Demokratische Partei Kurdistans“ des kurdischen
Regionalpräsidenten Barzani eine dritte Amtsperiode des Premiers verhindern.
Wahlprognosen
lassen sich im politischen Wirrwarr des Iraks kaum erstellen. Um eine
legitime Regierung auf die Beine zu stellen, muss eine politische
Gruppierung mindestens 165 Parlamentssitze erobern, nach der derzeitigen
politischen Realität eine Unmöglichkeit. Kann sich Maliki etwa hundert
Mandate sichern, dann, so meinen Analysten, könnte er ausreichend
Bündnispartner aus anderen Gruppierungen für
eine dritte Amtsperiode gewinnen. Das große Feilschen beginnt erst nach
den Wahlen, und es könnte, wie in der Vergangenheit, viele Monate
dauern.
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