Donnerstag, 4. Juli 2013

Adly Mahmud Mansour: Ein „politischer Niemand“

Ägyptens neuer Interimspräsident ist ein einst von Ex-Präsident Mubarak eingesetzter Richter und Karrierebürokrat

von Birgit Cerha


Hätte sich Adly Mahmud Mansur unter die Massen der auf dem Kairoer Tahrir-Platz gegen den Mittwoch abend gestürzten Präsidenten Mursi gemischt, niemand hätte ihn beachtet oder erkannt. Nun soll der Vorsitzende des Obersten Verfassungsgerichts ein tief gespaltenes Ägypten als Interimspräsident zu Demokratie und Stabilität führen. In seiner Antrittsrede streckte er Donnerstag seine Hand zu den erzürnten Anhängern der Moslembrüder aus und versprach, die Verfassung und das Gesetz zu achten und im Interesse des Volkes zu handeln. Er wolle ein „fairer“ Präsident sein. Ägypten müsse „die Industrie zur Produktion von Tyrannen“ einstellen. Freie und faire Wahlen seien „der einzige Weg in eine bessere Zukunft“.

Die ägyptische Website „Masrawi“ beschreibt Mansur als einen „geheimnisvollen“ Mann, der bisher nicht das Licht der Öffentlichkeit. Nur wenig ist bekannt über sein Leben und schon gar nichts über seine politische Einstellung. Er sei ein „politischer Niemand“, bemerkt ein ägyptischer Kommentator.
Seine Position als Chef des Obersten Verfassungsgerichts hatte Mansour erst am 1.Juli angetreten, nachdem ihn Mursi als Nachfolger des pensionierten Vorsitzenden vorgeschlagen und er von der Generalversammlung des Verfassungsgerichts am 19. Mai für diese Position bestätigt worden war.1945 in Kairo geboren, studierte Mansour Rechtswissenschaft an der Universität von Kairo, wo er 1070 graduierte und seine Studien anschließend in Paris fortsetzte. Von 1983 bis 1990 arbeitete er als Rechtsberater im Handelsministerium Saudi-Arabiens und wurde 1984 von Präsident Mubarak zum Richter ernannt. Er arbeitete sich schließlich als Karrierebürokrat zunächst in beratenden Funktionen innerhalb der ägyptische Administration hinauf und wurde 1992 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verfassungsgerichtes ernannt. Diese Institution spielte eine zentrale Rolle im intensiven Konflikt zwischen Mursi und der ägyptischen Justiz, so etwa v ergangenen November als sich Mursi mit außerordentlichen Vollmachten ausstattete, u.a. um einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verfassungsversammlun g, in der Mursi im Vorjahr ein neues, nach den Vorstellungen der Moslembruderschaft verfasstes Grundgesetzt durchgepeitsch hatte, zu verhindern. Das Gericht stellte daraufhin aus Protest vorübergehend seine Arbeit ein, erklärte nun aber rückwirkend diese Versammlung für ungültig und den Senat, nach Auflösung des Parlaments wegen formaler Fehler im Wahlgesetz für verfassungswidrig. Im Dezember hatten Angehörige der Moslembruderschaft das Auto von Mansours Vorgänger, Maher al-Beheiry, attackiert.
Mansour selbst arbeitete am Wahlgesetzt für die Präsidentschaftswahlen 2012 mit, das die Teilnahme von Mursis nur knapp unterlegenen Konkurrenten, dem letzten Premierminister unter Mubarak, Ahmed Shafik ermöglichte. Generell hatte das Gericht in der Vergangenheit eine starke Position in Fragen des Islamischen Rechts, dem Islamisten stärkere Geltung verschaffen wollten, eingenommen, jedoch wesentlich mehr in der Praxis zurückgehalten, Zivilisten in Militärgerichten abzuurteilen. D
Nichts ist darüber bekannt, welche Position Mansour grundsätzlich zum Militär einnimmt, das traditionell die Regierung kontrolliert. Doch die Richter genießen den Ruf relativer Neutralität. Richterkollegen beschreiben den neuen Führer als einen „Mann der Fairness“, der treu nach Verfassung und Gesetz handelt, Er werde kooperativ sein und verständnisvoll gegenüber dem Willen des Volkes.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen