Mittwoch, 6. März 2013

Hugo Chavez: „Held der Araber“

Doch in die Trauer um Venezuelas Präsidenten mischt sich im Orient bittere Enttäuschung über die Freundschaft mit Diktatoren
 
von Birgit Cerha
 
Im Nahen Osten wurde er einst bewundernd-liebevoll „Chavez von Arabien“ genannt. Vor allem die Herzen der Palästinenser flogen ihm zu. 2009 deklarierten Mitglieder der Fatah-Partei des Palästinenser-Präsidenten Mahmud Abbas Venezuelas Präsidenten Hugo Chavez zu einem „Symbol des Freiheitskampfes“ aller Völker, die „sich Okkupation widersetzen und gegen sie kämpfen“. Sie stellten ihn auf eine Stufe mit dem legendären Che Guevara. Denn Chavez hatte bei unzähligen Gelegenheiten, immer und immer wieder israelische Repressionspolitik gegen die Palästinenser angeprangert, sie gar als „Genozid“ klassifiziert. Vor vier Jahren eroberte der wortgewaltige Populist nach einer Umfrage des angesehenen Meinungsforscher-Instituts „Zogby International“ in der arabischen Welt gar den ersten Platz in der Rangliste der beliebtesten internationalen Führer. Denn Chavez ging in seiner Kritik an Israels massiver Militäroffensive in Gaza gar so weit, den israelischen Botschafter in Caracas des Landes zu verweisen. Ein islamistischer Parlamentsabgeordneter in Kuwait beschrieb Chavez euphorisch als „arabischer als einige Araber“ und schlug vor, den Sitz der Arabischen Liga von Kairo nach Caracas zu verlegen. Denn kein Mitgliedsland der Liga hatte den Mut zu ähnlicher Protestaktion.
Die wachsenden sozialen Nöte werden in der Region als Fehlschlag des untrennbar mit der Weltdominanz der USA  verbundenen kapitalistischen Systems gewertet, gegen das Chavez so energisch gekämpft hatte. So hinterließ er auch in der arabischen Welt tiefen Eindruck, als er im März 2009 bei einem arabischen Gipfel in Doha, Katar  vorgeschlagen hatte, den Dollar durch eine neue, auf Öl gestützte Währung zu ersetzen. „Eine neue Welt wird geboren“, frohlockte Chavez damals, „Imperien werden einstürzen. Der Kapitalismus steckt in einer Weltkrise, die den ganzen Planeten bis ins Mark erschüttert.“ Das klang so wohlig in den Ohren vieler Menschen in der arabischen Welt.
Der charismatische Linksrevolutionär hatte von einer neuen Version der „Sozialistischen Internationale“ geträumt und zugleich Sozialismus mit Anti-Imperialismus gleichgesetzt. Die Feinde der amerikanischen Supermacht wurden so für ihn nach dem Motto „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ zu seinen Verbündeten. So trieb ihn die Sympathie für die lautstärksten Gegner der USA – lange den Libyer Muammar Gadafi etwa, allen voran aber den Iraner Ahmadinedschad in die Umarmung mit nahöstlichen Despoten, die – da selbst international isoliert -. Solche Verbrüderungen dankbar entgegennahmen. Chavez übersah dabei vollends die krassen ideologischen Gegensätze zwischen seinen sozialistischen Idealen und etwa der iranischen Theokratie, in der – ähnlich wie im Syrien der vergangenen 15 Jahre  oder auch in Gadafis Libyen  – die politisch Mächtigen das Land ökonomisch beherrschen, sich hemmungslos bereicherten und – ganz im Gegensatz zu Chavez‘ Venezuela - die Kluft zur Masse der Armen immer tiefer trieben. Feindschaft mit der Supermacht USA hat nichts mit Sozialismus zu tun, eine Weisheit, die Chavez verkannte. Zudem sind weder Syriens Baschar el Assad, noch war des Gadafi in den letzten Jahren seiner Herrschaft, vom selben Haß auf Washington getrieben, wie Chavez. Ganz im Gegenteil, Assad bemühte sich intensiv um Aussöhnung mit den USA.
Keinen der regionalen Führer aber schmerzt der Tod Chavez‘ so sehr wie Irans Präsidenten  Ahmadinedschad, der auch rasch einen Tag der „nationalen Trauer“ ausrief. Der Iraner hatte den fernen Freund mehrmals besucht und gemeinsam hatten sie über „den großen Satan“ im Norden gewitzelt. „Wenn wir uns treffen,“ frohlockte Chavez im Vorjahr, „werden die Teufel verrückt“ und bezog sich dabei auf Obamas Drängen, die international geächtete „Islamische Republik“ zu isolieren.
Unter der iranischen, im Gegensatz zur arabischen Bevölkerung, findet Ahmadinedschads Hass auf die USA  ebenso wenig Gegenliebe wie die Sympathie für Chavez, hatte sich doch der venezolanische Revolutionär 2009 in der blutigen Kraftprobe zwischen der mutig um Freiheit kämpfenden „Grünen Bewegung“ offen hinter das theokratische System und Ahmadinedschad gestellt. Doch auch unter den Arabern hat sich die Stimmung seit Beginn des „Arabischen Frühlings“ 2011 gewandelt. Denn auch dort bezog dieser venezolanische „Mann des Volkes“ Partei für die Diktatoren, unterstützte offen den „großen Kämpfer und Märtyrer“ Gadafi und engagierte sich wortgewaltig für Assad.

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