von Birgit Cerha
Sympathisch, voll Verständnis für die sich weitende Kluft zwischen dem Volk und seinem Regime, präsentierte sich Baschar el Assad Samstag den Syrern, als er in seiner zweiten Rede seit Beginn der blutig niedergeschlagenen Proteste Anfang März und dem internationalen Schrei nach Veränderung das Wort an seine Untertanen richtete. Fast alle ihre Sorgen sprach er an, vor allem auch ihr Hauptanliegen: die Aufhebung der seit 1963 das Volk terrorisierenden Notstandsgesetze.
Bis Ende dieser Woche sollen sie annulliert werden. Mit diesem Ölzweig hofft Assad die schweigende Mehrheit, die Chaos, Anarchie und gar einen Bürgerkrieg nach irakischem Beispiel fürchten, davon abzuhalten, sich den radikaleren Demokratie-Aktivisten anzuschließen. Zugleich aber hielt er drohend die Peitsche hoch: „Ordnung“ über alles lautet die Botschaft. Sobald die Reform in Kraft trete, würden keine weiteren Demonstrationen toleriert. Doch die Aufhebung der Notstandsgesetze, sollte sie tatsächlich Realität werden, bedeutet keine Lockerung der Repressionen. Die außerordentliche Macht und Willkür der zahlreichen Geheimdienste bleiben ebenso unangetastet wie das korrupte Justizsystem und der Verfassungsartikel Acht, der der Baath-Partei das Machtmonopol sichert. Die Freilassung politischer Gefangener versprach der Präsident vor wenigen Tagen. Tausende schmachten in Haftanstalten, manche gar seit Jahrzehnten ohne Prozess. Ihre Freilassung wäre ein Zeichen echten Reformwillens. Doch die Demokratie-Aktivisten bleiben skeptisch und gingen schon wieder auf die Straße, rufen über Facebook zu weiteren Protesten auf. Gibt die schweigende Mehrheit Baschar noch eine Chance?
Sonntag, 17. April 2011
SYRIEN: „Ordnung“ über alles
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