Militärisches Patt bei anhaltenden Kämpfen setzt Zivilisten immer größeren Gefahren aus
von Birgit Cerha
Während sowohl die hochmotivierten Gegner Gadafis, wie die dem libyschen Diktator noch treu ergebenen Einheiten an den Endsieg glauben, verstärken sich die Anzeichen, dass der achtwöchige Krieg in ein militärisches Patt mündet. Die NATO-Luftangriffe vermögen weder ihren eigentlichen Auftrag – den Schutz der Zivilisten – zu erfüllen, noch einen dauerhaften Vormarsch der Rebellen zu ermöglichen. Die Aufständischen können Geländegewinne in West-Libyen nicht zu halten.
Hauptgrund dafür ist nicht so sehr die schlechtere militärische Ausrüstung der Rebellen, sondern deren Desorganisation und fehlende Ausbildung. Eroberungen gelangen, wenn sich Gadafis Soldaten zurückgezogen hatten, doch sobald die Rebellen auf gut vorbereitete Verteidigungspositionen stießen, wurden sie rasch zum eiligen Rückzug gezwungen. Abgesprungene Offiziere der Armee versuchen nun, etwas Ordnung in die Rebellentruppen zu bringen. Viele untrainierte Kämpfer hatten im Einsatz an vorderster Front durch ihre mangelnde Erfahrung dem Gegner enorme strategische Vorteile verschafft. Gadafi verstand es, diese Schwäche zu nutzen. Nun haben ausgebildete Soldaten unter Führung von ehemaligen Offizieren den Kampf an der Front übernommen, während die unerfahrenen Unterstützung nur im Hintergrund liefern. Ob diese Änderung der Strategie wirklich das Blatt zu wenden vermag, bleibt fraglich.
Fest steht, dass der Lufteinsatz der NATO zwar Gadafis Luftwaffe und Luftabwehr vernichten, sowie Kommando- und Kontroll- und Kommunikationszentren zerstören kann, doch nicht die Fähigkeit am Boden Krieg zu führen, wenn die Alliierten nicht zivile Opfer riskieren wollen. Dies trifft in hohem Maße im Falle eines Gegners wie den Libyer zu, der keine Skrupel kennt, seine eigene Bevölkerung zu massakrieren. Gadafi praktiziert dies in der drittgrößten Stadt Misrata, die seine Truppen seit Wochen bombardieren und nun aushungern, um den Kampfgeist der Menschen zu brechen. Hier, wie anderswo ereignen sich Kriegsverbrechen unter den Augen der NATO.
Seit Beginn der Luftangriffe hat Gadafi seine Militärstrategie wirkungsvoll verändert. Er verzichtet auf Panzer, setzt kleine Kampf- und Zivilfahrzeuge ein, damit die Piloten Rebelleneinsätze nicht mehr von jenen des Regimes unterscheiden können. Zudem wendet er zunehmend Guerilla-Taktik an. Kleine Kampfeinheiten attackieren Konvois der Opposition und schießen dann mit schwerer Artillerie auf deren Stellungen. Schließlich rücken Regierungstruppen in Zivilfahrzeugen, wie eben bei Ajdabiya, vor Nach Aussagen von NATO-Generälen gibt es auch Beweise dafür, dass Gadafis Soldaten schwere Waffen in der Nähe von Zivilisten, von deren Wohngebäuden und Moscheen stationieren und sich hinter Frauen und Kindern verstecken.
Dennoch dürfte es Gadafi nach Einschätzung von Militärexperten nicht gelingen, Benghazi wieder zurück zu erobern, solange die NATO-Luftwaffe seine Einheiten an der Durchquerung weiter Wüstengebiete, die den Golf von Sidra von diesem wichtigsten Rebellenzentrum, sowie dem östlichen Rest des Landes trennen, hindern. Dennoch können sich die Aufständischen im Osten nicht sicher fühlen, denn Gadafi kann sie mit Hilfe von Sabotage-Teams, die er in die Ölproduktiions-Zentren, wie auch zu den Hauptquartieren der Rebellen entsendet, zermürben. Und die Kontrolle West-Libyens mit all den Folgen für die Sicherheit für den Mittelmeer-Raum, dürfte ihm garantiert bleiben.
Mittwoch, 13. April 2011
LIBYEN: Wettlauf gegen die Zeit
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