Sonntag, 30. Januar 2011

Iran exekutiert Holländerin

Dramatische Eskalation des Terrors gegen die Zivilgesellschaft – Allein seit Jahresbeginn wurden mehr als 70 Menschen hingerichtet

von Birgit Cerha

Das Außenminsiterium der Niederlande sprach am Wochenende „Schock und Erschütterung über diesen Akt eines barbarischen Regimes“ aus und fror alle Kontakte mit dem Iran ein. Dieser Protest richtet sich gegen die Exekution der iranisch-niederländischen Doppelstaatsbürgerin Sahra Bahrami. Die 46-jährige Mutter von zwei Kindern war 2009 während eines Aufenthaltes im Iran festgenommen und zum Tode verurteilt worden. Intensive Interventionen der niederländischen Regierung erzielten keinen Erfolg. Der Iran anerkennt keine Doppelstaatsbürgerschaft und wies niederländischen Einsatz für Bahrimi als „Einmischung in interne Angelegenheiten“ zurück. Bahramis Anwalt zeigte sich Sonntag schockiert. Er war von der unmittelbar bevorstehenden Hinrichtung nicht informiert worden.
Bahramis Tochter hatte wiederholt erklärt, dass ihre Mutter – wie es im Iran weitgehend üblich ist – zu einem Geständnis gezwungen worden sei. Der ihr vorgeworfene Schmuggel von 450 Gramm Kokain und 420 Gramm Opium, die angeblich bei einer Durchsuchung ihrer Wohnung in Teheran wegen des Vorwurfs eines „Sicherheitsvergehens“ gefunden worden sei, hält sie für völlig undenkbar. Ihre Mutter rauche nicht einmal eine Zigarette. Die Behörden hatten die Frau der Teilnahme einem Drogenschmugglerring bezichtigt.

Bahramis Familie ist davon überzeugt, dass die Frau in Wahrheit Opfer einer eskalierenden Terrorkampagne geworden ist, durch die das Regime nun schon seit mehr als einem Jahr all jene einzuschüchtern sucht, die es wagen, gegen die Diktatur der „Gottesmänner“ zu protestieren, Freiheiten einzufordern und dabei vor allem auch Kontakt mit dem westlichen Ausland zu suchen. Bahrami hätte zugegeben, an einigen der zahlreichen Demonstrationen gegen die manipulierte Wiederwahl Präsidenten Ahmadinedschads teilgenommen zu haben. Am hohen schiitischen Feiertag „Ashura“ (dem 27. Dezember 2009), an dem die Proteste besonders massiv und auch blutig geworden waren, sei sie von Sicherheitskräften identifiziert und wenige Tage später verhaftet worden. Sie hatte während der vorangegangenen Demonstrationen auch Interviews mit westlichen Medien gegeben.

Der Fall Bahrami ist das jüngste Beispiel des sich dramatisch eskalierenden Terrors gegen die eigene Bevölkerung im Iran. Während das offizielle Teheran gegenüber dem Westen Festnahmen und Hinrichtungen mit seinem Kampf gegen Drogen rechtfertigt, steht längst fest, dass viele der Opfer nichts anderes verbrochen haben, als politisch anders zu denken und gar nicht selten auch nicht einmal dies.

Nach dem jüngsten Bericht der angesehenen „Human Rights Watch“ sind allein seit Jahresbeginn mindestens 74 Menschen im Iran exekutiert worden, häufig wegen angeblichen Drogenschmuggels. Seit November waren 13 Männer aufgrud der vagen Beschuldigung des „Mohareb“ (Feindschaft zu Gut) hingerichtet worden. Die Urteile werden meist in einem nach internationalem Recht höchst fragwürdigen Verfahren der Revolutionsgerichte gefällt. Hauptziel des Regimes sind in jüngster Zeit Verteidiger inhaftierter Oppositioneller. So wurde u.a. im Oktober Mohammed Seifzadeh, ein Mitbegründer des unterdessen verbotenen „Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte“ von Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Doch iranische Anwälte zeichnen sich durch eindrucksvollen persönlichen Mut aus und wagen es weiterhin, ihre Klienten zu verteidigen und damit den massiven Repressionspraktiken des Regimes zu trotzen.

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