Montag, 10. Mai 2010

LEXIKON: LIBANON-KRIEG 2006

von Birgit Cerha

Die Libanesen nennen ihn „Juli-Krieg“. Jahrelange schwere Spannungen zwischen Israelis und der libanesischen Hisbollah, die wiederholt israelische Ziele mit Raketen beschoss, während Israel zurück schlug, fanden ihren Höhepunkt am 12. Juli 2006, als Hisbollah-Guerillas in israelisches Territorium eindrangen, acht israelische Soldaten töteten und zwei entführten. Israelische Jets begannen drauf hin einen 34-tägigen Krieg zur Zerschlagung der Hisbollah und deren militärischer Infrastruktur. Trotz gigantischer Opfer und Zerstörungen erreichten die Israelis ihr Ziel nicht. Während Hisbollah bis zum Waffenstillstand am 14. August rund 4000 Raketen auf Israel abfeuerte, darunter erstmals auch die drittgrößte Stadt, Haifa, traf, richtete die israelische Luftwaffe im Libanon gigantische Schäden und eine humanitäre Katastrophe an. Eine Woche lang ließen die USA Israel widerspruchslos gewähren, bis sie sich für ein Ende der Attacken einzusetzen begannen und schließlich die Bilanz der Kampfhandlungen die Welt in Schock versetzte:
Jeder fünfte Libanese auf der Flucht, rund 500.000 insgesamt; unter den 1.200 toten Libanesen fast nur Zivilisten, auf israelischer Seite 160 Tote, überwiegend Soldaten; eine weitgehend zerstörte Infrastruktur, 91 zerbombte Brücken, schwer beschädigte Wasser- und Stromversorgung, teilweise zerstörter Beiruter Flughafen, mehr als 800 zerstörte oder beschädigte Schulen, 107.000 zerstörte oder beschädigte Wohnungen, 3,6 Mrd. Dollar an direkten Wirtschaftsschäden und u.a. ein Todesteppich von rund einer Million Streubomben im Süd-Libanon, Zerstörung des Hisbollah-Hauptquartiers in Süd-Beirut. Doch die Widerstandskraft der Organisation blieb ungebrochen und der Konflikt ungelöst.

Diverse Thesen über die wahren Gründe dieses zerstörerischen Feldzuges reichen vom Kampf gegen gewalttätige Feinde Israels (Hisbollah und deren Schutzherren Iran und Syrien) bis zur Ausschaltung eines blühenden ökonomischen und touristischen Konkurrenten jenseits Israels Nord-Grenze.

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