Libyen mit seinen fast unentdeckten Schätzen wartet auf seinen großen Auftritt auf der internationalen Bühne
von Birgit Cerha
In Suwaara, westlich von Tripolis, leben die vielleicht schönsten Mädchen Nord-Afrikas. Weite Sandstrände, in ihrer unberührten Ausdehnung einzigartig am Mittelmeer, warten ungeduldig auf Investoren. Und nur wenige Touristen besuchen vorerst die römischen Ruinen Leptis Magna, Sabratha, Cyrenaica, die zu den eindrucksvollen antiken Stätten der Welt zählen. Uralte Felsenmalereien geben der sanften Dünenlandschaft der Wüste zusätzliche Attraktivität. Über all den atemberaubenden Schönheiten lasten die düsteren Wolken jahrzehntelanger exzentrischer Politik Muammar Gadafis, der nicht nur der Welt peinliche Wahrheiten entgegenzuschleudern pflegt, die andere nur zu denken wagen, sondern durch seine langjährige Unterstützung von Rebellen und Terroristen aller Art, wie durch seine internen Repressionen Libyen das Stigma eines internationalen Aussätzigen aufprägte. Viel Ignoranz, Vorurteil und Missverständnis auf der Seite des Westens verschärfte dramatisch die Isolation der sechseinhalb Millionen Libyer.
Nun aber herrscht Aufbruchstimmung im Land, seit Gadafi vielen seiner Exzesse abschwor, sich dem Westen öffnete und der erste US-Botschafter seit 1972 sich wieder in Libyen niederließ. Die Hauptstadt Tripolis mit ihren eindrucksvollen weißen Gebäuden und Plätzen aus der Zeit der italienischen Kolonialherrschaft, gleicht einer großen Baustelle, aus der internationale Luxushotels, Wohnblocks, Bürotürme, Geschäftszentren und – nahegelegen - ein neuer Flughafen hervorgehen.
Mehr als hundert Ölfirmen, darunter amerikanische und europäische Konzerne, zogen wieder ins Land, um dessen hochwertige Bodenschätze zu heben. Westliche Firmen halten sich bereit, Milliarden von Dollar zu investieren. Und die Libyer warten sehnsüchtig auf die Veränderungen.
Den Schmerz jahrzehntelanger Ächtung, das demütigende Gefühl, so lange von einer gleichgültigen Welt missverstanden worden zu sein, zeigen sie fremden Besuchern nicht. Herzliche Gastfreundschaft besitzt immer noch höchste Priorität in ihrem Leben, gemischt mit einem starken Wunsch nach Gespräch und Gedankenaustausch (freilich nur unpolitischem), nach Entdeckung der Welt, die ihnen nun, seit Gadafi die strengen Ausreisevisa-Regelungen aufgehoben hat, ein wenig mehr offen steht, soweit zumindest andere Länder sie einreisen lassen.
Die Libyer zeichnen sich aber auch durch hohe persönliche Würde (Bakschisch ist ebenso verpönt, wie Feilschen) aus und einen erstaunlichen Langmut. Wieso hat der Ölreichtum dieses Landes, das pro Kopf der Bevölkerung etwa genauso viel „schwarzes Gold“ exportiert wie Saudi-Arabien, die Bewohner immer noch nicht erreicht? Wieso finden 25 Prozent der durchaus gut gebildeten jungen Bevölkerung keine Arbeit? Solche Fragen und Frustrationen aber haben sich – bisher – nicht zu explosivem Zorn aufgestaut. Ein Land, ein Volk, dessen Liebreiz und Schönheit die Welt erst noch entdecken muß.
Karte: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/61/Karte_Libyens.png
Erschienen in : "Neue Luzerner Zeitung" am 04.04.2010
Samstag, 3. April 2010
LIBYEN: Ein Land in Aufbruchstimmung
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