Freitag, 14. Januar 2011

IRAN: Irans „gescheiterte „Geste des guten Willens“

Großmächte lehnen Besichtigung von Atomanlagen ab – Wenig Hoffnung auf Fortschritte bei der nächsten Runde der Nuklear-Verhandlungen in der Türkei

von Birgit Cerha

Es sollte eine Demonstration ernsthafter Kooperationsbereitschaft mit der Weltgemeinschaft im Streit um das iranische Atomprogramm und eine Geste des guten Willens werden. Doch die großen internationalen Mächte nahmen sie nicht an. Wenn die Iraner am Wochenende ausgesuchten Diplomaten Atomanlagen zur Besichtigung öffnen, um damit nach den Worten eines außenpolitischen Sprechers in Teheran die „Transparenz“ ihres Atomprogramms zu dokumentieren, wird nur eine kleine Schar von Vertretern arabischer und blockfreier Staaten und einiger anderer Freunde der „Islamischen Republik“ der Einladung folgen. Die USA waren nicht geladen, die EU lehnte ab und zuletzt verweigerte sich auch ein zögerndes China, das ungeachtet seiner Unterstützung verschärfter internationaler Sanktionen weiterhin kommerzielle Bindungen mit dem Iran aufrecht erhält.. Die Russen, wie Peking unter massivem Druck der USA, wiesen die Einladung zwar nicht offiziell zurück, bezeichneten sie als bemerkenswert, betonten jedoch zugleich, dass dies regelmäßige Inspektionen durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) nicht ersetze.
Der Iran, so heißt es in Teheran, wird heute, Samstag und Sonntag die geladenen Diplomaten nach Natanz und Bushehr führen. Der Anlage in Natanz, die der die Iraner mit der Anreicherung von Uran begonnen haben, gilt seit langem die Sorge internationaler Inspektoren, während das mit russischer Technologie fertiggestellte Bushehr als weniger gefährlich gilt, da die Anlage unter internationalen Sicherheitsgarantien läuft. Nicht auf dem Programm steht allerdings der Besuch einer Anlage in der Nähe der Heiligen Stadt Qom, deren Existenz die Obama-Administration Ende 2009 gelüftet hatte und die – da lange geheimgehalten – in den Augen westlicher Regierungen Irans zwielichtige Ambitionen symbolisert.

Westliche Regierungen und unabhängige Experten halten das Besichtigungsangebot ein diplomatisches Manöver des längst berüchtigten iranischen Stils. Es solle die internationale anti-iranische Koalition zerreissen und eine von den USA betriebene weitere Verschärfung der bereits schmerzenden Sanktionen abwenden. Insbesondere Russen und Chinesen haben beträchtliche kommerzielle und technologische Interessen im Iran und erfüllen die UN-Sanktionsbeschlüsse schon jetzt nur halbherzig.

Teheran legte großen Wert, die Besichtigung seiner Anlagen vor Beginn der für den 21. und 22. Januar geplanten nächsten Atomverhandlungen mit den fünf ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrats – USA, Frankreich, Großbritannien, China und Russland – sowie Deutschland (den “5+1“) in der Türkei durchzuführen, in der Hoffnung wohl, das Verhandlungeklima zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Diese Strategie ist nun wohl gescheitert.

Nach 14-monatiger Unterbrechung hatten sich die „5+1“ Anfang Dezember mit dem Iran in Genf wieder an den Verhandlungstisch gesetzt, um einen Ausweg aus dem bedrohlich festgefahrenen Atomkonflikt zu suchen. Die Atmosphäre der zweitägigen Gespräche war nach Aussagen von Diplomaten „frostig“. Amerikaner und Iraner vermieden direkte Kontakte außerhalb des Verhandlungsraums. Teheran weigerte sich in Genf ausdrücklich, über die Forderung des Weltsicherheitsrats nach Einfrierung der Uran-Anreicherung auch nur zu sprechen, eine Position, die der iranische Atomunterhändler Jalili auch weiterhin bekräftigt, bestärkt von Präsident Ahmadinedschad, der das „Atomdossier“ als „geschlossene Akte“ klassifiziert.

Doch, wie meist, dringt Widersprüchliches aus dem „Gottesstaat“. Irans IAEA-Botschafter Ali Asgar Soltanieh warnt den Westen, die Istanbuler Gespräche könnten seine „letzte Chance“ sein, da der Iran in diesem Jahr erstmals seinen eigenen Nuklearbrennstoff für den Forschungsreaktor in Teheran herstellen werde. Eine Rückkehr an den Verhandlungstisch sei dann nicht mehr möglich, sollten die Istanbuler Gespräche scheitern.

Irans amtierender Außenminister und Chef der Atombehörde des Landes, Ali Akbar Salehi hingegen schlägt nun einen milderen Ton an, bekräftigt die Bereitschaft, in Istanbul Vertrauen aufzubauen. „Wir werden jeden logischen Vorschlag der anderen Seite begrüßen“. Salehi ist ein Pragmatiker, der im Gegensatz zum ausgeschiedenen Außenminister Mottaki nicht zu Ahmadinedschads konservativen Rivalen zählt und vermutlich die Suche des Präsidenten nach einem Kompromiss in der Atomfrage unterstützt.

Zugleich aber weist Salehi entschieden jüngste Behauptungen amerikanischer Geheimdienste zurück, das iranische Atomprogramm sei durch diverse internationale Aktionen (Sanktionen, Computer Viren, die angeblich das Kontrollsystem der Uran-Anreicherunganlagen lahm legten und die Ermordung von Atomexperten) stark eingebremst worden. Der Iran, so Salehi, sei vielmehr nun in der Lage, erstmals eigene Kernbrennstoff-Platten und –Stäbe zu produzieren. Die Politik des Westens habe die iranische Nukleartechnologie sogar angespornt.

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